November Rain

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Walther

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November Rain


Es tröpfelt der Novemberregen
Auf die Krempe seines Huts.
Nicht immer ist er guten Muts;
Nicht jeder Regen ist ein Segen:
Aber regnen, regnen tut’s.

Er schließt fest seinen Mantelkragen,
Fühlt sich ekelig und kalt.
An solchen Tagen ist man alt,
Selbst wenn sie dumm sind, jene Klagen:
Diese Tage ärgern halt.

Mit großen Schritten geht er weiter.
Hat den Wegrand klar im Blick,
Verflucht das Pech und das Geschick:
Das Leben eine Hühnerleiter,
Oben bleiben ist der Trick.

Die Wolken drücken seinen Himmel,
Hängen grau und fett und schwer:
Er fühlt sich unwohl und so leer,
Verachtet sich und das Gewimmel,
Treibt ein Steinchen vor sich her.

Am Ende steht er vor der Türe,
Sucht den Schlüssel und tritt ein:
Man kann zu zweit alleine sein.
Er schwört die Eide, spricht die Schwüre,
Wahrt die Ehre, wahrt den Schein.
 
Lieber Walther,
ein perfekt gereimtes Gedicht, das wegen seines Wortwitzes im grauen November recht gut tut.
Allerdings vermisse ich ein wenig eine originelle Pointe.
Vielleicht habe ich aber auch etwas nicht kapiert?!
Liebe Grüße
Karl
 

Gerd Geiser

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Einer dieser armen Tröpfe, die unfähig sind, dem Novemberregen Freude ab zu gewinnen, weil sie verheiratet sind und sich vormachen, ihre Ehe bereite ihnen die Probleme, die sie alleine nicht hätten. Allemal gut gereimt, vielleicht nicht unbedingt zwingend in sich. Aber durchaus lesenswert.

LG
Gerd
 

Walther

Mitglied
Hallo Karl,

Danke für Deinen Eintrag und Deine Bemerkungen hinsichtlich des Formalen. Du fragst nach der Pointe. Das ist eine schwierige Frage, weil Humor etwas ist, das nicht alle Menschen gleich verstehen.

Das Gedicht wirkt dann, und dann zünden auch die kleinen ironischen Schlenker, ich habe es ausprobiert und jedesmal laute Lacher produziert, wenn man es so (vor-)liest, wie es gemeint ist. Da ist einer, der ein wenig unglücklich mit sich und der Welt ist, er macht einen Novemberspaziergang, denkt sich seinen Teil über Welt und Leben, kehrt nach Hause zurück und wahrt das, was man, wenn man Verantwortung hat, tut: den Schein. Der (An-)Schein ist fast alles im Leben, auch wenn wir es gern authentisch haben würden. Wir könnten es nur kaum ertragen, wenn jeder gleich mit der - meist recht unangenehmen - Wahrheit und Weisheit ins Haus platzte.

Ich habe es gerne etwas Feinsinniger, was meine Ironie angeht. Mir liegt der laute Effekt ebenfalls nicht so sonderlich.

Das Gedicht selbst ist in der Tat technisch anspruchsvoll. Die Form ist so unter der (Sprach-)Melodie verborgen, daß man es fast nicht bemerkt.

Wer die Strophen gegen den Strich liest, wird in jeder eine Pointe finden. Den Schlußpunkt setzt die letzte: Hier kehrt der Ehemann und Vater und das funktionierende Glied im deutschen Wirtschaftskörper an den heimischen Herd zurück, und egal, was gedacht, was geträumt und was spekuliert wurde auf dem Weg durch den Novemberregen, nun gilt:
Am Ende steht er vor der Türe,
Sucht den Schlüssel und tritt ein:
Man kann zu zweit alleine sein.
Er schwört die Eide, spricht die Schwüre,
Wahrt die Ehre, wahrt den Schein.
Das ist bürgerliche Pflichterfüllung pur: Die wahre Freiheit ist das zu tun, was man muß. Wer sagte das: Schau an, Friedrich Schiller.

Na denn.

Lieber Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Moin Gerd,
damit ist Deine Bemerkung ebenfalls beantwortet. Du warst auf dem richtigen Pfad.
Nur, wie gesagt, Ironie ist schwer hinzubekommen. Da fehlt die MP3. Aber vielleicht schaffen wir das ja noch ..,
Und: Nicht alles gelingt so, wie mans gerne hätte. Was zuhause und bei Freunden wirkt, muß auswärts noch lange nicht zünden ...
Gruß W.
 
Lieber Walther,
alles, was du schreibst kann ich voll und ganz akzeptieren. Ich mag deinen feinsinnigen Humor. Und in der Tat steckt in jeder Strophe ein kleine Pointe. Allerdings wird die Pointe am Ende kaum in den vorher gehenden Strophen vorbereitet. Vielleicht müsste wenigstens irgendwo einmal erwähnt werden, dass dieser Mann z.B. verheiratet ist.
So hat die letzte Strophe nahezu auch nur eine ähnliche Pointe wie die anderen Strophen.
Möglicher Weise ist für eine Schlusspointe noch ein weitere Strophe nötig?
Das Gedicht hat ja etwas von einer Ballade. Mir fehlt der letzte Akt. (Siehe Erlkönig - in seinen Armen das Kind war tot.)

Hoffentlich konnte ich mich verständlich machen.
Liebe Grüße
Karl
 

Walther

Mitglied
Hallo Karl,

danke für Deine Erläuterungen. Ich glaube, ich habe verstanden, wo für Gerd und Dich das Problem liegen könnte. Ich schaue mal in mir nach, wo ich die 6. Strophe finde. :)

Mehr in Bälde an dieser Stelle.

Gruß Ihr Lieben

W.
 
Lieber Walther,
es freut mich natürlich, dass du mit meiner Kritik nun doch etwas anfangen kannst.
Ich bin gespannt auf die 6. Strophe.
Herzlichen Grüße
Karl
 

Walther

Mitglied
Hallo Karl,
an Kritik ist immer was dran, auch wenn man sich manchmal schwertut damit. :)
Danke vielmals daher, und nichts für ungut.
Gruß W.
 



 
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