Nur ein Abschied

dazone

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Nur ein Abschied


Einsam geh’ ich durch die Straßen,
Mond scheint hell in dunkler Nacht.
Den Abschied kann ich noch nicht fassen,
Gedanken bleiben ungedacht.

Wolken ziehen stumm vorüber,
dunkeln Mond und Firmament.
Alles Denken ist voll trüber
Sehnsucht, die wie Feuer brennt.

Meine Schritte auf den Steinen
Donnern in der Nachtesruh’,
übertönen selbst das Weinen,
denk an Dich, was ich auch tu’.


Bald wird Nacht dem Morgen weichen,
Mond flieht vor der Sonne Macht.
Doch wird der Tag nie jenen gleichen,
die ich hab’ mit Dir verbracht.
 

maskeso

Mitglied
3/10

In media res:
"Denk an dich, was ich auch tu" - mit diesem Satz, einem kleinen Meisterwerk des Kampfreimes, wie ich es mal nennen will, versaust du schon das ganze Gedicht. Wenn sich an gewissen Stellen kein Reim finden lässt, dann verzichte doch eher drauf, als dass du deine eigenen Verse so vergewaltigst.
"Meine Schritte DONNERN.." mag ich nicht, das ist meiner Meinung nach das ganz falsche Wort - woher die Kraft, zu stampfen wie der letzte Dino?
"Mond FLIEHT vor der Sonne Macht" - a) der Mond flieht nicht, b) "Der Sonne Macht" ist zu "optimistisch".
"Gedanken bleiben ungedacht" - WELCHE?

Insgesamt finde ich es wirklich schwach. Die Bilder passen nicht, die Verse passen zwar vom Rhythmus her und vom Thema aber inhaltlich sind da einige Widersprüche.
Wo soviel Schatten ist, da findet sich aber immer noch genug Licht: Die zweite Strophe finde ich sehr gelungen, tadellos. Da stimmen die Worte und den Absatz nach "trüber" finde ich großartig, das passt auf den Punkt genau. Die beiden letzten Verse sind zwar nicht ganz so gut aber mit zwei besseren vorhergehenden Versen könnte aus denen meiner Meinung nach noch was werden. So RICHTIG schlimm finde ich eigentlich nur die zweite Strophe, die gehört in die Ablage P(apierkorb), der Rest enthält doch zumindest brauchbare Ansätze.
 

dazone

Mitglied
Ich tu' antworten

Hallo Maskeso!

Vielen Dank für deine Kritik, bin immer erfreut, berührt eines meiner Werke den Leser, sei’s nun posi- oder negativ. Ich finde es gut, wenn es zu Gedichten etwas zu sagen gibt und sie nicht einfach am Leser vorüberziehen.
Konkret zu Deiner Kritik ist zu sagen:
Die sprachliche Übersteigerung einzelner Begriffe, Handlungen oder Stimmungen deuten auf die innerliche Zerrüttung des Autors (in diesem Falles ich ‚meine Zerrüttung’ klang nur nicht so elegant) hin. ‚Gedanken bleiben ungedacht’ bezieht sich in diesem Falle auf die Gedanken allgemein, soll die momentane Unfähigkeit aufzeigen, sich mit rationalen Gedanken an den Alltag, das Sein, das Morgen, Heute und Gestern zu beschäftigen, gleichermaßen sind aber auch die Gedanken an die vergangene bzw. vorbeigegangene Liebe.
Die Schritte auf den Steinen ‚donnern’, da die zu diesem Reim inspirierende Situation sich auf in einer Stadt auf einer kleinen, malerischen Nordseeinsel zutrug, ich im Begriff war, mein Nachtquartier aufzusuchen und mit Ledersohlen über glattes Kopfsteinpflaster ging. Da das einzige zu diesem späten Zeitpunkt vernehmbare Umgebungsgeräusch der Wind in den Bäumen war, erfreuten sich die zu Tönen emporgestiegenen Schallwellen, ausgelöst durch meine Schuhe einer –relativ zur Umgebung- großen Lautstärke. Setzte man diese Relation zwischen Umgebungsgeräusch und Einzelton vor die Kulisse einer –sagen wir- belebten Innenstadt, würde ich mich donnernden Schrittes durch die Einkaufspassage bewegen.
Die Zeile ‚Denk an Dich, was ich auch tu’’ gefällt mir selber nicht so 100%ig. Irgendwie verstößt -tu’- auch gegen meine ganz persönlichen ‚dichterischen’ Regeln. Andererseits ist es schwer ein Synonym (außer ‚machen’) für ‚tun’ zu finden, ohne sich dabei auf weitere Konkretisierungen einzulassen. Diese Konkretisierungen nämlich sollten vermieden werden, da die totale gedankliche Beanspruchung des Autors (s.o.) (über)deutlich gemacht werden sollte.
Strophe vier soll positiv klingen. ‚flieht’ ist ein absichtlich gesetzter paradoxer Kontrast. Eigentlich müsste der Autor glücklich sein über die endende dunkle Nacht, scheint aber dem Mond etwas hinterher zu trauern, doch nur bis zur Mitte des Verses. ‚Der Sonne Macht’ erfüllt den Protagonisten mit neuem Mut, lässt ihn Hoffnung schöpfen, mit dieser Macht auch über den Schicksalsschlag dieser Nacht hinwegzukommen. Er sieht den neuen Tag vor Augen, fällt dann noch einmal etwas zurück, jedoch nicht so tief wie zuvor, um einen letzten Wehmutstropfen auf dieses Gedicht fallen zu lassen, ‚doch wird der Tag... ’. Als dramaturgischer Höhe- und Endpunkt dient diese vierte Strophe, die ein auf und ab der Gefühle inszeniert und den Leser so bis zur letzten Zeile im Unklaren darüber lässt, ob der Autor am Ende des Gedichtes glücklicher oder unglücklicher ist als eingangs.
Die Bilder sind in dem Sinne keine Bilder sondern nur Kulisse. Das Gedicht spielt sich auf zwei Ebenen ab. Es sind zwei Schilderungen, die miteinander verknüpft sind. Ebene 1 beschreibt die optisch-akustische Wahrnehmung der Umgebung, Ebene 2 die Gefühle die sich im Inneren des Autors abspielen. Als dem tatsächlichen Empfinden, dem Wechsel zwischen Betrachtung der Umgebung und Betrachtung des Inneren nachgestellt wurde diese Verknüpfung benutzt.
So, genug der Worte.
Ich beantworte nicht jede Kritik so ausgiebig und habe das nicht getan, weil mein Dichter-Ego verletzt wurde, ich hatte gerade mal Lust, ein bisschen zu schreiben. Also: Ich freue mich (s.o.) über Kritik also mach ruhig weiter, dazu ist diese Seite ja irgendwie auch da.

Viele Grüße
David
 

Sherie

Mitglied
Danke erstmal für dieses schöne Gedicht.
Auch wenn maskeso es, sagen wir mal, ziemlich runtergemacht hat.
Besonders gut finde ich es, weil es meine momentanen Gefühle total widerspiegelt. Ich hätte es ABSOLUT nicht besser sagen können.
Es hat mich wirklich berührt...

s.
 

dazone

Mitglied
Hallo Sherie!

Vielen Dank für Deine Antwort.
Es freut mich natürlich besonders, wenn ich mit einem meiner Gedichte auch die momentane Gefühlslage anderer Ansprechen kann.
Auch finde ich es sehr interessant, so zwei total unterschiedliche Feedback, nein, besser: 'Antworten/Meinungen' zu bekommen, das zeigt, wie unterschiedlich das Empfinden, der Leselupe-Leser sein kann.

Ich wünsche Dir noch einen wunderschönen, neuen Tag!

Viele Grüße
David
 

maskeso

Mitglied
AWARD!

Es müsste einen Preis für hervorragenden Umgang mit Kritik geben. Und da so etwas hier offensichtlich nicht vorhanden ist, verleihe ich hiermit den Ersten Alljährlichen Kritisierten - Award an DICH. Genau so erwarte ich, dass mit positiver und negativer Kritik umgegangen wird - sachlich, nüchern und engagiert.
Zu deinen Ausführungen: Subjektiv gefällt mir das Gedicht immer noch nicht besser (den Hauptgrund würde ich jetzt darin sehen, dass ein Gedicht für mich nur EINE Gefühlslage schildern sollte, aber das ist ein normativer Einwand). Jedoch hast du meinen ersten Eindruck, dass es nur dahingeschludert war und ich mehr Mühe für die Kritik aufgewendet hatte als du fürs eigentliche Werk, EINDRUCKSVOLL widerlegt.
Weiter so. Denn wer derart "professionell" mit Kritik umgehen kann, hat viele Möglichkeiten, sich zu verbessern.
Zu Sherie: Das selbe Gedicht, zwei vollkommen verschiedene Meinungen - so ist der Mensch und das ist GUT.
 

TheRealCure

Mitglied
ohne jetzt eine technische analyse abliefern zu wollen: das gedicht gefällt mir sehr gut! bewährte (wenn auch abgegriffene) bilder zusammengesetzt zu einer durchaus nachempfindbaren emotion! 8 von 10 punkten wäre es mir wert!
 



 
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