Ohne Hoffnung - Märchenhaftes im Krieg?

Godjes

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Häuser liegen in Schutt und Asche. Das Trinkwasser ist verschmutzt.
Es ist genau wie damals. Bilder machen sich in seinem Gehirn breit. Auch seine gehegten Gedanken in dieser Zeit werden ihm wieder bewusst. Wie in einem Film sieht er diese Bilder, Erinnerungen vor seinen Augen. Die wahrscheinlich wichtigsten Tage seines Lebens:

Da, dort unter all dem Geröll und Schutt liegt ein zersprungener Bilderrahmen und daneben ein kleiner Teddybär. Beides bedeckt mit Staub. Was ist nur geworden. Vor ein paar Wochen stand hier noch ein prachtvolles Haus, bewohnt von netten Menschen. Und nun. Nichts als Leere. Um mich herum liegt alles in Trümmern. Was mache ich hier nur? Was mag mit der Familie geschehen sein, die hier wohnte? Sind die geflohen oder jetzt unter all dem Schutt verborgen? Ob das Kind noch lebt, dem dieser Teddy gehörte? Warum machen die so was, ist das Leben nicht so schon schwer genug? Müssen Bomben auf unschuldige Menschen schmeißen. Sonnen denn noch mehr Bilder zerspringen?
Damals, wie schön war das damals, und nun muss ich froh sein, wenn ich überhaupt irgendwo was Essbares finde.
Wie verwirrend sind meine Gedanken. Damals, damals existiert nicht mehr! Alles ist anders. Es herrscht Krieg. Krieg zwischen Menschen, die so verschieden nicht sein können.
Ich mag es nicht zwischen all dem Schutt rumzuwühlen. (Man findet da nicht nur Schönes.)
Die Hilfsorganisationen sind auch noch nicht hier angekommen. Sie kommen nicht durch. Alle Hauptverkehrswege sind unter Beschuss. Ständig kommen andere „neue“ Meldungen. Wenigstens ist der große Beschuss zu Ende. Es ist mir eh egal ob ich das hier überlebe, meinen Glauben an Gott habe ich verloren.
Wo ist er denn dieser große Gott? Warum sind denn so viele Menschen gestorben. Kleine Kinder, Frauen – Unschuldige.
Wie gern wäre ich jetzt bei Frau und Kind. Fortschicken musste ich sie. Auf „gut Glück“ habe ich sie zu meiner Schwester geschickt. Im Glauben Frauen werden sie schon nichts tun. Aber als ich dann die Berichte hörte von all den Opfern auf dem Weg, da wurde mir ganz flau im Magen. (Bei mir hätten sie es aber auch nicht geschafft.) Es kam auch kein Brief oder so von ihnen. Die Post existiert sowieso nicht mehr. Das war neben dem Regierungsgebäude mit das erste, was sie zerstörten. Alles kaputt. Die Hoffnung sie wieder zu sehen habe ich schon so gut wie aufgegeben. Und wenn sie noch leben sollten, glaube ich nicht, dass ich unser Wiedersehen noch erleben werde.
Viele Menschen sind in die Kirche geflüchtet um Hilfe zu bekommen, aber auch die wurde zerbombt. Einfach so, von jetzt auf gleich war alles weg und hunderte Menschen tot.
Es wird dunkel. Ich muss sehen, dass ich einen Unterschlupf finde. Nachts patrouillieren die Truppen noch durch die Straßen. Die erschießen Jeden, der ihnen in den Weg kommt. So lautet der Befehl. Jedenfalls sagen das alle. Selbst bin ich noch niemanden begegnet, aber die Angst treibt weiter.
Mein Nachtlager schlage ich Heute in der Nähe eines ehemaligen Supermarktes auf. Geplündert und zerbombt. Doch Hinten sind noch einige Verschläge. Kann vielleicht mal ein Kühlraum gewesen sein. Nachts hört man ab und zu ein paar Kinder weinen. Ihre Mütter, sofern sie noch welche haben schimpfen sie dann zu Ruhe, die Wachen könnten sie hören. Aber es kommt niemand.

Am nächsten Morgen hatte sich die Lage ein wenig beruhigt. Lange hatte man schon davon gesprochen, dass Hilfe unterwegs sein und Friede einkehre. Aber bitte was ist das für ein Friede. Überall Stille, kein Kind spielt mehr auf der Straße nur leblose Körper liegen dort, kein Vogel zwitschert mehr. Das ist Friede?


‚Meine Welt ist das nicht mehr. Niemand hat mich damals gefragt, ob ich leben will und niemand frag jetzt ob man sterben will. Keinen interessiert es, in welcher Situation wir leben, welche Wünsche wir haben. Sie leben ja in Frieden. Geborgen in der Familie, ein Dach über dem Kopf. Naja die meisten. Ach ich bin verwirrt, habe durst, brauche Wasser um einen klaren Kopf zu bekommen.’ Doch die Pfützen sind ausgedorrt wie alles hier, ob Mensch oder Tier. ‚Also muss ich weiter den Schutt anderer Leute durchkämmen auf der Suche mach Essbarem.’

Tag für Tag schlug er sich so durch. Immer auf der Suche nach Nahrung. Er lebte ständig unter der Angst entdeckt zu werden.

Ein Mann kommt auf ihn zu, will mit ihm reden.
‚Nein das ist kein Militär. Er ist zerlumpt wie ich. Drum sei es.’ Geht zu ihm. „Hinten am alten Stadttor sind Laster zu sehen.“, berichtet er. „Wahrscheinlich das Kreuz. Eine weiße Flagge auf dem Dach, ohne Armee. Sie kommen um zu helfen. Komm schnell wir wollen schauen.“ „Nein Freund, lass mich hier, geh du nur, wir werden sehen.“, aus Angst vor einer Falle der Armee schickt er ihn fort.
„Wenn es wirklich Hilfe ist dann werden sie uns, mich, schon finden.“, so denkt er weiter und bemerkt gar nicht, dass er das gerade laut gesagt.
Der Mann geht. Enttäuscht, aber erwartungsvoll macht er sich auf den Weg zum Tor.

‚Ja, sie werden mich schon finden. Wenn er Recht hat, werde ich es schon früh genug erfahren. Soll sich wirklich von Jetzt auf Gleich alles zum Guten ändern. Ich mag noch nicht dran glauben.’

Aber der Mann hatte Recht. Schon am Abend liefen Menschen mit weißen Armbinden durch die Straßen. Auch ihm blieb das nicht verborgen, egal wie sehr er die Augen vor der Realität verbergen wollte.
Nun setzt auch er sich in Bewegung. Der Hoffnungsschimmer, Frau und Kind doch noch lebend wieder zu sehen ist zu stark. Und tatsächlich, am alten Stadttor stehen sie. Lastwagen vollbeladen mit Medikamenten und Lebensmitteln. Er sieht sich um. Nirgends sind bekannte Gesichter zu erblicken. Keiner seiner Nachbarn, Freunde oder Bekannten. Der Lärm macht ihn irre. Überall laufen schreiende Kinder, Mütter oder Väter, die ihre Kinder anschreien ruhig zu sein und entsetzte Mäuler, die ihr Leid beklagen. „Meine Kinder, oh meine Kinder alle tot.“ So tönt es aus vielen Ecken.
‚Was denken sie nur. Es herrscht Krieg, sollen doch froh sein, dass sie noch leben. Ich sollte helfen. Aber wie kann ich. Starr sind meine Muskeln, träge meine Glieder, mein Gehirn wie ausgeknockt.’ Die Reihe an der Vergabestelle wird lang und länger. Kinder werden von Erwachsenen Menschen verdrängt. Diese fangen an zu schreien, weinen. Sie schluchzen sich die Augen aus, halten aber ihre Schälchen noch vor ihre hungrigen Mägen.
‚Dort anstellen nein. Sollen sie nur essen. Ich halte es noch eine Weile aus.’ Alle denken nur an sich. Niemand beachtet ihn oder die Kinder. Er steht mitten auf dem Platz, dreht sich im Kreis und schaut, aber bewegt sich nicht. Darauf wird einer der Helfer aufmerksam. Er kommt auf ihn zu, einen Becher Wasser in der Hand haltend. „Hier trinken sie, sie müssen doch völlig erschöpft sein.“ Ein freundliches Gesicht schaut ihn mit ernsten Augen an. ‚Erschöpft, er, na ja, schon. Ich darf es mir nicht anmerken lassen.’ „Melden sie sich bei mir, wenn ich ihnen noch irgendwie helfen kann.“, verabschiedet er sich und geht wieder zum Versorgungswagen. ‚Helfen, helfen. Nicht mir muss geholfen werden, ich muss helfen.’
Die letzten Worte wiederholend geht er auf die lange Menschenkette zu und an ihr vorbei. Nimmt sich eines der Kinder am Arm, gleich darauf ein zweites und schiebt sich durch die Erwachsenen. „Hier gebt den Kindern, ihr könnt warten!“, so schreit er hinaus. Nimmt einem der Männer die Suppenkelle aus der Hand und beginnt mit der Vergabe. Ermutigt, kommen viele Kinder zu ihm gelaufen, lassen sich Essen geben. Beeindruckt von dieser Aktion, kommen nun auch die Helfer in Fahrt, teilen die Menschen in neue Gruppen ein.
Als der größte Teil versorgt ist. Geht er auf seinen Helfer zu und lässt dich einen Schreibblock geben. „Die Leute, es muss doch aufgeschrieben werden, wer sie sind sonst findet man doch niemanden wieder in diesem Chaos.“ So macht er sich an die Arbeit. Bis zum nächsten Morgen hatte er hunderte von Namen notiert nur sein eigener stand nicht darauf.
Er machte sich keine Hoffnungen mehr Angehörige seiner Familie zu finden. Sie wohnten doch alle im Zentrum der Stadt und dieses wurde zuerst nieder gemacht. Trotzdem bat er, als der Helfertrupp sich wieder in Bewegung setzten musste, da noch mehr Teile der Stadt versorgt werden musste, darum mitfahren zu dürfen. Allein um zu helfen. So fuhr er mit ihnen in den nördlichen Teil des Landes. An einem Versorgungsgroßpunkt trafen sie auf viele kleinere Hilfsorganisationen und private Gruppen, die sich zusammengeschlossen hatten zu helfen. Die Laster wurden neu beladen und es ging weiter. An jedem Tag kamen sie an drei oder fünf neue Orte. Tausende von Mäuler wurden ernährt, baldige Hilfe versprochen. Obwohl niemand genau wusste, wann wirklich geholfen werden kann.
Bald wusste er gar nicht mehr, wo er Tag für Tag aufwachte. Alle Orte sahen für ihn gleich aus. Menschen über Menschen.

An einen Ort aber sollte er sich genau erinnern. Schon der Einzug in die Stadt war anders als sonst. Die Menschen standen nicht wie sonst in Scharren vor den Toren. Von fern wirkte es für ihn wie eine Geisterstadt aus den Geschichten, die er seinem Kind erzählte als sie alle noch zusammen waren. Er stieg aus dem Wagen und sah sich um. Der Platz war Menschenleer. Das hätte er sich nicht träumen lassen. Auch die anderen schienen ganz perplex zu sein. Wo waren die Menschen. Die Häuser waren noch ganz, keine Bombe schien sich hier her verirrt zu haben. Dabei war die Nebenstadt praktisch nicht mehr existent. Selbst da aber liefen noch ein paar hundert Menschen. Dennoch, wo waren sie hin?
Er lief auf ein Haus zu, klopfte. Niemand öffnete. Die anderen taten es ihm gleich. Aus irgendeinem Grund hatten sie ihn zu ihrem Führer erklärt und waren oft dankbar für seine Anweisungen.
Er kannte diese Stadt, oder wirkte es nur so. Sie waren sich alle so ähnlich.
In seine Gedanken vertieft ging er weiter die Straße entlang, bog die nächste Querstraße rechts ab und kam an das letzte Haus, von einem kleinen Fluss aufgehalten. Dieser musste irgendwo mitten in der Stadt entstehen. Draußen vor den Toren hatten sie nie einen Flusslauf erblicken können. Er ging zurück zu dem Haus und klopfte an die Tür. Zweimal, dreimal. Es schien, als wolle er nicht glauben, dass niemand zu Hause sei. Ein viertes und fünftes Mal schlug er gegen die Tür, niemand öffnete. „Wer seid ihr?“, tönt es in einem festen Ton hinter ihm. ‚Diese Stimme, ich kenne sie.’ Kaum ist der Gedanke gedacht schleudert er herum. ‚Tatsächlich.’ Er traut seinen Augen kaum. Stumm fallen sie sich in die Arme. Alle Hoffnung hatte er aufgegeben. Nun stand sie vor ihm. Tränen liefen ihnen über das Gesicht.
Sie war da. Alles wird gut. Nichts kann uns mehr passieren.
 

Rainer

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hallo godjes,

deinen text finde ich teilweise gut; z.b. den gesamten teil welcher mit der bevorzugten suppenausgabe an die kinder endet.

an anderen stellen finde ich dagegen plattitüden und tausendfach gelesen bilder, beschriebene stimmungen und detailliert dargestellte nebensächlichkeiten. ich glaube, du solltest den text stark straffen, EINE quintessenz herausdestillieren und dir die rechtschreibung nochmals sehr genau ansehen - dann wird er sehr gewinnen.

viele grüße

rainer
 

Godjes

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von Rainer
hallo godjes,

deinen text finde ich teilweise gut; z.b. den gesamten teil welcher mit der bevorzugten suppenausgabe an die kinder endet.

an anderen stellen finde ich dagegen plattitüden und tausendfach gelesen bilder, beschriebene stimmungen und detailliert dargestellte nebensächlichkeiten. ich glaube, du solltest den text stark straffen, EINE quintessenz herausdestillieren und dir die rechtschreibung nochmals sehr genau ansehen - dann wird er sehr gewinnen.

viele grüße

rainer
Ich dachte gerade die Suppenausgabe ist ein vielgeschriebenes Bild. Für mich machen gerade idese Nebensächlichkeiten diese Geschichte aus. Man hört, sieht, liest immer die Fakten über Krieg(Wieviele Tote...) Aber selten über die Gefühle der Menschen(naja,zum Teil). Die Rechtschreibung okay da muss ich noch mal ran aber ob ich sie noch kürzen werde weiß ich nicht. Bis jetzt habe ich nämlich fast jede meiner Geschichten eher verlängert als sie zu kürzen. Trotzdem Danke für deinen Kommentar Ich denke weiter drüber nach.
 



 
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