Opa allein zu Haus

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Muffin

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Opa allein zu Haus




„Und? Wie kommst Du zurecht ohne mich?“ Oma zieht die Decke hoch und lächelt ihren Mann an.
„Gut, warum auch nicht.“
Oma zeigt ihm ein vielsagendes Lächeln. Opa verzieht das Gesicht.
„Ziemlich stressig,“ sagt er nur. Oma war jetzt schon vier Tage im Krankenhaus und Opa sah noch immer nicht verhungert aus. Sie war ein bisschen enttäuscht.
„Warum bist Du heute morgen eigentlich nicht da gewesen?“ fragt sie neugierig.
„Äh, ich sach ja, es war zu stressig. Das Telefon hat ständig geklingelt. Erst hab ich Hilde angerufen, um ihr zu gratulieren, aber die war nicht da, da hab ich bei Lotte angerufen und da hab ich sie dann noch so eben erwischt. Sie hatte schon den Schlüssel in der Hand. Die war schon auf dem Weg zu Karin. Und dann ich hatte kaum aufgelegt, da klingelte es schon. Das war Annemarie und die hat dann so erzählt. Das die Blumen so schön wären und dann hab ich ihr erzählt, dass du im Krankenhaus bist. Schöne Grüße übrigens und dann hat Deine Schwester angerufen und mir erzählt wie gut es ihr geht und dass ihr Urenkel schon rumbrabbelte. Ja, da war schon der halbe Morgen um und dann, dachte ich, muss ich ja wohl noch mal in den Garten und die Hecke schneiden und dann hab ich auf die Uhr gesehen und da war es schon zwölf und um eins sollte ich ja bei Ulrike sein, Mittagessen und ich musste ja noch abspülen und mich umziehen und dann konnte ich die Hecke nicht mehr schneiden und musste ja noch in den Keller, gucken ob da noch Wasser steht. Und als ich dann auf die Uhr sah, war es schon fünf vor eins. Dann bin ich ins Auto gestiegen und zur Ulrike gefahren. Ich war eine Minute zu spät. Da sag ich, Ulrike, ich bin eine Minute zu spät und dann sagt die, das macht nichts ich bin ohnehin noch nicht fertig. Dann bin ich noch zu Daniel hochgegangen und hab mit ihm sein Model bewundert und dann gab’ s Essen. Ulrike hatte Hackbraten mit Pommes Frites gemacht und mir hatte sie noch extra Rosenkohl gemacht in Sahnesoße.“
Aha, dachte Oma, sagte aber nichts.
„Das hat gut geschmeckt. Bor, die Ulrike hat mir so viel draufgetan, aber ich hab es gegessen. Und Sarah meinte dann, Da siehst Du mal, was wir unter Mamas Diät zu leiden haben. Was sie nicht isst, müssen wir essen. Ja, die Kinder wollten ja nix, da wär so viel über geblieben...“
„Georch, du kommst vom Thema ab. Wie ging’s weiter?“
„Ja, sicher. Ich bin dann nach Hause gefahren und hab mich hingelegt. Und als ich dann aufgestanden bin, dachte ich: Georch, Du kannst hier nicht nur rumsitzen und nix tun, geh die Hecke schneiden! Und dann bin ich runter gegangen und hab die Hecke geschnitten. Und dann, das war heftig, bin ich hochgegangen, um den Wohnungsschlüssel von Bohms zu holen, bin reingegangen, bei Bohms, und hab durchgelüftet, damit es nicht so stinkt, wenn die zurückkommen, hab mir den Kellerschlüssel genommen und hab bei denen mal in den Keller geguckt. Die Wohnungstür hatte ich einfach hinter mir zugezogen.“
Er macht eine erwartungsvolle Pause. Oma ahnt was kommt.
„Ich bin also in den Keller von Bohms gelaufen und hab geguckt, ob da alles ordentlich trocknet, weil die ja auch Wasser im Keller hatten. Nach den Maschinen da hab ich geguckt und danach bin ich noch bei mir im Keller gewesen und hab gerödelt.“
„Gerödelt,“ wiederholte Oma. „Ach so, und dann?“
„Dann bin ich hoch gegangen, um den Kellerschlüssel von Bohms wieder wegzubringen und als ich vor der Tür stand und in meine Hosentasche griff, da war er nicht mehr da. So, dann hab ich überlegt. Bist Du vielleicht so gedankenlos gewesen und hast ihn in Bohms Wohnung drinnen aufs Bord gelegt und die Haustür zugezogen? Und weil er nirgends zu finden war hab ich Frau Bohms Schwester angerufen und gesagt: Es tut mir furchtbar leid, aber ich hab den Wohnungsschlüssel in der Wohnung liegen lassen und die Tür zugezogen. Ja, und dann hat die ihren Schlüssel gesucht und ist gekommen.“
Opa macht eine Pause zum Luft holen. Oma verdreht die Augen.
„Man kann Dich auch nicht alleine lassen.“
„Nein,“ bestätigt Opa. „aber ich bin auch noch nicht fertig. Sie hat nämlich die Türe aufgeschlossen und wir in die Wohnung, aber da ist kein Schlüssel.“
Oma verdreht die Augen so sehr, dass Opa überlegt ob er jetzt einen Arzt holen soll.
„Warten Sie mal kurz, hab ich dann gesagt, ich seh noch mal im Keller nach und was war? Der Schlüssel lag da mitten auf dem Fußboden. Er muss mir beim Rödeln aus der Tasche gerutscht sein.“
„Ich hoffe Du hast Dich bei der Frau entschuldigt.“ sagt Oma streng.
„Natürlich hab ich das! Ich hab mich tausend Mal entschuldigt. Mindestens!“
Oma schüttelte den Kopf. „Ich muss dem Arzt sagen: Beeilen Sie sich mal ein bisschen, mein Mann reißt das Haus ab, wenn ich nicht auf ihn aufpassen.“
„Und er kriegt morgens kein Frühstücksei.“
„Werktags gibt’s auch kein Ei.“
„Ja aber gestern war Sonntag und da hatte ich auch kein Ei.“
Oma gab auf.
„Weißt Du denn nicht wie man Eier kocht?“
„Schon, aber es ist so stressig.“
Oma lacht.
„Hast Du mir wenigstens die Handtücher mitgebracht?“
„Sicher hab ich das!“ Er reicht Oma eine Plastiktüte.
„Du solltest doch die Blauen mitbringen.“
„Öh,“ macht Opa. „Die sind doch blau.“
„Die sind weiß!“
„Mit fast blauen Streifen...“
Oma seufzt.
„Georch, du solltest die mitbringen, die oben auf dem Badezimmerschrank lagen.“
„Ja, die hatte ich doch auch in der Hand, aber ich dachte wo du doch krank bist...“
„Ist weiß mit fast blauen Streifen besser?“
„Nein! Die Blauen waren zu hart, das wollt ich Dir nicht antun.“
Als die Tür aufging und der Arzt das Zimmer betrat, lächelt Oma und sagte:
„Herr Doktor ich muss nach Hause!“
 



 
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