PLATT-Gedicht mit Übersetzung: Wie spät es ist!

Haget

Mitglied
PLATT mit Übersetzung - möglichst wörtlich! Platt/Niederdeutsch ist eine der Hauptquellen für Hochdeutsch, Niederländisch, Englisch, Flämisch.
Aussprache:
Weg = Wäch (End-G wie CH, E ganz kurz, nahe Ä);
Raasen = ca. Roasen (Doppel-A = Mitte zwischen O und A)

Wi laat dat is!
Wie spät es ist! Haget 213

Wenn in’n Raasen de bunten Krokusse blöht,
de Vogeln sik plustert und fleut dorbi sööt,
op de Wei’ de ersten Lämmer rümspringt,
de Vadder in’t Bad bi’t Raseern luut singt,
de korten Röck wär to sehn in’t Straatenbild,
de Mannslüüd ganz unruhig und innerli’ wild,
de Fruunslüüd de Putzwuut kriegt - denn ist kloor,
de Daag wart nu länger - dat Fröhjohr is dor!​
Wenn im Rasen die bunten Krokusse blühn,
die Vögel sich plustern und flöten dabei süß (lieblich-schön),
auf der Weide die ersten Lämmer rumspringen,
der Vater im Bad beim Rasieren laut singt,
die kurzen Röcke wieder zu sehen im Straßenbild,
die Männer ganz unruhig und innerlich wild,
die Frauen die Putzwut kriegen - dann ist klar,
die Tage werden nun länger - der Frühling ist da.


Könnt de Adebaarkinner in’t Nest all stohn,
ji bi Daglicht noch laat spazeeren gohn,
hockt de Naaverskinner op dien Plummboom an’n Tuun,
schnackt vun Urlaubsfohrten de Mannslüüd und Fruun
und loot sik in op’n Maagerkur,
wiel de Boodbüxen nich rümpasst üm de Winterfigur,
rüük’t no Heu in de Wischen - nee’ Kartüffeln vun’ Goorn,
ob Regen, ob Sünnschien - is Sommer nu woorn!​
Können die Storchenkinder im Nest schon stehn,
ihr bei Tageslicht noch spät spazieren gehen,
hocken die Nachbarskinder auf deinem Pflaumenbaum beim Zaun,
sprechen von Urlaubsfahrten die Männer und Frau’n
und lassen sich ein auf ’ne (Mager-)Schlankheitskur,
weil die Badehosen nicht herumpassen um die Winerfigur,
riecht’s nach Heu in den Wissen - (schon) neue Kartoffeln vom Garten,
ob Regen, ob Sonnenschein - ist’s Sommer nun geworden.


Moolt de Natur de ersten Blääd geel beet bruun,
hängt root de Meelbeern an Doornhoogentuun,
fangt bald an’n Noo’mdag - biet Kaffeedrinken -
all wedder de helle Sünn an to sinken,
joogt de Huulwind de Wolken an’n Heeven lang,
ward de ersten Göörn wedder grippekrank,
sind op de Kubbeln nich Kartüffeln und Kurn mehr to sehn,
is de Sommer vörbie - jetzt mutt Haarstied ween!​
Malt die Natur die ersten Blätter gelb bis braun,
hängen rot die Mehrbeeren am Dornengehölz-Zaun,
beginnt früh am Nachmittag - beim Kaffeetrinken -
schon wieder die helle Sonne an zu sinken,
jagt der Sturmwind die Wolken am Himmel entlang,
werden die ersten Kinder wieder grippekrank,
sind auf den Koppeln nicht Kartoffeln und Korn mehr zu sehen,
ist der Sommer vorbei - jetzt muss Herbstzeit sein!


Hört man vun mi blots Hussen und Pruschen
und ik ligg op’t Sofa mit dick Halsdook und Puschen,
schnack gorni - oder blots liesen und heesch,
appetitloos - und fall dordörch meis funt Fleesch,
mit troonende Oogen und drüppelnde Nees,
mook üm miene Laag noch een grootes Gewees,
mit rot-schwoll’n Gesich’, datt mi meis‘ keener kennt,
denn weet miene Fruu - is wedder Advent!​
Hört man von mir bloß Husten und Nießen
und ich lege auf’m Sofa mit dickem Halstuch und Hausschuhen,
spreche gar nicht - oder nur leise und heiser.
appetitlos - und falle dadurch fast vom Fleisch,
mit tränenden Augen und tropfender Nase,
mach um meine Lage noch ein großen Aufheben,
mit rot-geschwollenem Gesicht, (so) dass mich fast keiner kennt,
dann weiß meine Frau - (es) ist wieder Advent!
 



 
Oben Unten