Duisburger
Mitglied
Es riecht durchdringend nach Formaldehyd und von den alten weißen Kacheln hallt das Klappern von Metall zurück. Das langsame Schlurfen wird lauter. Jemand nähert sich. Ein verhaltenes Husten klingt wie ein Pistolenschuss in dieser Stille. Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, dass die linke hintere Ecke des Raumes in ein Halbdunkel getaucht ist; die Leuchtstoffröhre an der Decke glimmt nur noch schwach. Über mir schwebt ein grelles Licht, welches mich kaum etwas anderes erkennen läßt. Es ist unangenehm kalt.
Ich versuche mich zu erinnern, was geschehen war. Meine Gedanken wandern zurück bis zu jenem Moment, als ich in der Hotelbar diese Frau sah. Ich hatte sie angestarrt, konnte meine Augen nicht abwenden. Sie bemerkte es und hielt meinem Blick stand. Ich hatte schon viele faszinierende Frauen gesehen, doch diese hier war anders. Man konnte sie nicht einmal als schön bezeichnen. Doch da war etwas an ihr, das es mir unmöglich machte, mich abzuwenden. Bevor ich ergründen konnte, was an dieser Frau so besonders war, befand ich mich mit ihr schon im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben. Bis dahin wurde kein Wort gewechselt. Ich hätte auch nicht gewusst, was ich sagen sollte, war ein Gefangener meiner aufgewühlten Emotionen. Wir befanden uns plötzlich in einem Hotelzimmer.
„Trinken wir erst einmal einen Martini. Sie scheinen einen Drink nötig zu haben.“
Wie in Trance nahm ich das Glas, das sie mir reichte. Ich merkte nicht einmal, dass ich es in einem Zug leerte. Das letzte, was ich sah, war ihr Lächeln. Ein unnatürliches, wie aufgesetzt wirkendes Lächeln. Zufrieden, dachte ich noch. Dann war da nichts mehr. Stille, Dunkelheit.
Über mir sehe ich eine Hand, die an irgendetwas hantiert. Ein Räuspern.
Klick.
„Männliche Leiche, ca. 180 cm, 85 Kilo, kurze braune Haare, keine besonderen Merkmale.“
Mein Horizont kippt zur Seite, verharrt einem Moment und schwingt wieder zurück.
„Der Körper weist keine sichtbaren Verletzungen auf, Blutungen und Blutergüsse sind nicht erkennbar. Keine sichtbare Fremdeinwirkung von außen.“
Klick.
Schritte entfernen sich, Papier knistert.
„Verdammt, schon wieder kein Senf. Dabei weiß sie genau, dass ich auf meine Leberwurst Senf haben will.“
Ich kann hören, dass gegessen wird. Backenzähne mahlen. Aus einer Sprudelflasche entweicht zischend die Kohlensäure. Die Schritte nähern sich wieder und ich kann einen warmen Hauch auf meiner nackten Brust spüren. Nackt. Ich bin nackt? Langsam wird mir bewusst, wo ich mich befinde; wird mir klar, was passiert, was passieren würde. Angst kriecht in mir hoch. Beginnende Panik.
Ich muss ihm sagen, dass ich noch lebe.
In meinem Kopf formen sich die Worte, doch meine Lippen bewegen sich nicht. Bleiben stumm, können nicht.
Ich bin nicht tot, hörst du?
Siehst du das nicht.
Nicht tot.
Doch der Mann über mir zeigt keine Reaktion.
Klick.
„Die Zunge sieht normal aus, keine Verfärbungen oder auffällige Beläge.“
Ein glatter Finger wühlt in meiner Mundhöhle. Es schmeckt nach Gummi. Latexhandschuhe, schießt es mir durch den Kopf. Finger auch in den Ohren.
„Kein Blut in den Gehörgängen, die Nase ist frei.“
Verdammt, er muss doch spüren, dass mein Körper warm ist; dass mein Blut noch pulsiert.
Diese Frau. Das musste es sein. Sie hat mir irgendetwas in meinen Martini gemischt. Eine Droge vielleicht, die mich daran hindert, mich zu bewegen, zu sprechen, die mich lähmt.
„Nachdem äußere Einwirkungen ausgeschlossen werden können, werde ich nun die inneren Organe in Augenschein nehmen.“
Klick.
Meine Gedanken rasten.
Was tun.
Die Panik lässt mich keinen klaren Gedanken fassen.
Muss mich bewegen, muss schreien.
Nichts.
So sehr ich mich auch anstrenge; ich bin nicht in der Lage, etwas zu tun. Metallgeklapper.
„Einmalskalpelle, Unfug. Ich hatte immer schon ein Faible für Edelstahl.“
Klick.
„Ich werde nun die Bauchdecke öffnen, um die inneren Organe in Augenschein zu nehmen. Besonders der Mageninhalt offenbart häufig einen brauchbaren Anhaltspunkt für die Todesursache. Ich beginne mit dem Schnitt unterhalb des Brustbeins und schneide ...“
Ich schreie.
Durchdringend, panisch, in höchster Verzweiflung.
Höre meine Stimme.
Höre?
Aber...
„Was ist mit Ihnen?“, fragt jemand besorgt.
Ich greife an meinen Bauch, reiße die Knöpfe vom Hemd. Warum habe ich plötzlich ein Hemd an? Verstört schaue ich mich um. Mir gegenüber sitzt die Frau aus der Hotelbar.
Sie ist seltsam ruhig.
Fixiert mich.
Das Martiniglas in ihrer Hand bewegte sich leicht und das Eis schlägt gegen das Glas.
Klick.
„Beruhigen Sie sich doch, Sie waren wohl mit ihren Gedanken einen Moment woanders.“
Sie hält mir das Glas hin.
„Trinken Sie erst mal etwas, dann geht es Ihnen gleich besser.“
Ich starre abwechselnd das Glas und die Frau an.
„Ich... Nein, ich möchte nichts trinken. Muss jetzt gehen“
Ich stürme aus dem Zimmer.
Renne.
Ziellos.
Die Frau starrt hinter mir her. Plötzlich befinde ich mich einem Hinterhof. Außer Atem versuche ich mich zu orientieren.
Beruhige dich, Junge.
Ein Traum, es war nur ein verdammter Traum. Allmählich gelingt es mir, meine Gedanken wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Als ich nach oben schaue, blicke ich geradewegs auf ein riesiges Werbeplakat.
Ich erschauere und beginne unkontrolliert zu zittern. Das ist unmöglich.
Auf dem Plakat sitzt eine faszinierende Frau auf einem Sofa, ein Glas Martini in der Hand.
Doch nicht irgendeine Frau, sondern jene aus der Hotelbar.
Sie scheint mich direkt anzusehen.
Lächelt.
„Wo wollen Sie denn hin?“, fragt jemand hinter mir. Ich schaue mich um, da ist kein Hoteleingang, kein Portier, nur ein Mann im weißen Kittel mit Gummihandschuhen. Er lächelt. Ich bin völlig nackt.
Mein Kopf ruckt wieder nach vorne.
„Trinken wir erst einmal einen Martini. Sie scheinen einen Drink nötig zu haben.“
Wie befinden im Hotelzimmer und ich bin vollkommen angezogen.
Sie lächelt mich an.
Klick …
Ich versuche mich zu erinnern, was geschehen war. Meine Gedanken wandern zurück bis zu jenem Moment, als ich in der Hotelbar diese Frau sah. Ich hatte sie angestarrt, konnte meine Augen nicht abwenden. Sie bemerkte es und hielt meinem Blick stand. Ich hatte schon viele faszinierende Frauen gesehen, doch diese hier war anders. Man konnte sie nicht einmal als schön bezeichnen. Doch da war etwas an ihr, das es mir unmöglich machte, mich abzuwenden. Bevor ich ergründen konnte, was an dieser Frau so besonders war, befand ich mich mit ihr schon im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben. Bis dahin wurde kein Wort gewechselt. Ich hätte auch nicht gewusst, was ich sagen sollte, war ein Gefangener meiner aufgewühlten Emotionen. Wir befanden uns plötzlich in einem Hotelzimmer.
„Trinken wir erst einmal einen Martini. Sie scheinen einen Drink nötig zu haben.“
Wie in Trance nahm ich das Glas, das sie mir reichte. Ich merkte nicht einmal, dass ich es in einem Zug leerte. Das letzte, was ich sah, war ihr Lächeln. Ein unnatürliches, wie aufgesetzt wirkendes Lächeln. Zufrieden, dachte ich noch. Dann war da nichts mehr. Stille, Dunkelheit.
Über mir sehe ich eine Hand, die an irgendetwas hantiert. Ein Räuspern.
Klick.
„Männliche Leiche, ca. 180 cm, 85 Kilo, kurze braune Haare, keine besonderen Merkmale.“
Mein Horizont kippt zur Seite, verharrt einem Moment und schwingt wieder zurück.
„Der Körper weist keine sichtbaren Verletzungen auf, Blutungen und Blutergüsse sind nicht erkennbar. Keine sichtbare Fremdeinwirkung von außen.“
Klick.
Schritte entfernen sich, Papier knistert.
„Verdammt, schon wieder kein Senf. Dabei weiß sie genau, dass ich auf meine Leberwurst Senf haben will.“
Ich kann hören, dass gegessen wird. Backenzähne mahlen. Aus einer Sprudelflasche entweicht zischend die Kohlensäure. Die Schritte nähern sich wieder und ich kann einen warmen Hauch auf meiner nackten Brust spüren. Nackt. Ich bin nackt? Langsam wird mir bewusst, wo ich mich befinde; wird mir klar, was passiert, was passieren würde. Angst kriecht in mir hoch. Beginnende Panik.
Ich muss ihm sagen, dass ich noch lebe.
In meinem Kopf formen sich die Worte, doch meine Lippen bewegen sich nicht. Bleiben stumm, können nicht.
Ich bin nicht tot, hörst du?
Siehst du das nicht.
Nicht tot.
Doch der Mann über mir zeigt keine Reaktion.
Klick.
„Die Zunge sieht normal aus, keine Verfärbungen oder auffällige Beläge.“
Ein glatter Finger wühlt in meiner Mundhöhle. Es schmeckt nach Gummi. Latexhandschuhe, schießt es mir durch den Kopf. Finger auch in den Ohren.
„Kein Blut in den Gehörgängen, die Nase ist frei.“
Verdammt, er muss doch spüren, dass mein Körper warm ist; dass mein Blut noch pulsiert.
Diese Frau. Das musste es sein. Sie hat mir irgendetwas in meinen Martini gemischt. Eine Droge vielleicht, die mich daran hindert, mich zu bewegen, zu sprechen, die mich lähmt.
„Nachdem äußere Einwirkungen ausgeschlossen werden können, werde ich nun die inneren Organe in Augenschein nehmen.“
Klick.
Meine Gedanken rasten.
Was tun.
Die Panik lässt mich keinen klaren Gedanken fassen.
Muss mich bewegen, muss schreien.
Nichts.
So sehr ich mich auch anstrenge; ich bin nicht in der Lage, etwas zu tun. Metallgeklapper.
„Einmalskalpelle, Unfug. Ich hatte immer schon ein Faible für Edelstahl.“
Klick.
„Ich werde nun die Bauchdecke öffnen, um die inneren Organe in Augenschein zu nehmen. Besonders der Mageninhalt offenbart häufig einen brauchbaren Anhaltspunkt für die Todesursache. Ich beginne mit dem Schnitt unterhalb des Brustbeins und schneide ...“
Ich schreie.
Durchdringend, panisch, in höchster Verzweiflung.
Höre meine Stimme.
Höre?
Aber...
„Was ist mit Ihnen?“, fragt jemand besorgt.
Ich greife an meinen Bauch, reiße die Knöpfe vom Hemd. Warum habe ich plötzlich ein Hemd an? Verstört schaue ich mich um. Mir gegenüber sitzt die Frau aus der Hotelbar.
Sie ist seltsam ruhig.
Fixiert mich.
Das Martiniglas in ihrer Hand bewegte sich leicht und das Eis schlägt gegen das Glas.
Klick.
„Beruhigen Sie sich doch, Sie waren wohl mit ihren Gedanken einen Moment woanders.“
Sie hält mir das Glas hin.
„Trinken Sie erst mal etwas, dann geht es Ihnen gleich besser.“
Ich starre abwechselnd das Glas und die Frau an.
„Ich... Nein, ich möchte nichts trinken. Muss jetzt gehen“
Ich stürme aus dem Zimmer.
Renne.
Ziellos.
Die Frau starrt hinter mir her. Plötzlich befinde ich mich einem Hinterhof. Außer Atem versuche ich mich zu orientieren.
Beruhige dich, Junge.
Ein Traum, es war nur ein verdammter Traum. Allmählich gelingt es mir, meine Gedanken wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Als ich nach oben schaue, blicke ich geradewegs auf ein riesiges Werbeplakat.
Ich erschauere und beginne unkontrolliert zu zittern. Das ist unmöglich.
Auf dem Plakat sitzt eine faszinierende Frau auf einem Sofa, ein Glas Martini in der Hand.
Doch nicht irgendeine Frau, sondern jene aus der Hotelbar.
Sie scheint mich direkt anzusehen.
Lächelt.
„Wo wollen Sie denn hin?“, fragt jemand hinter mir. Ich schaue mich um, da ist kein Hoteleingang, kein Portier, nur ein Mann im weißen Kittel mit Gummihandschuhen. Er lächelt. Ich bin völlig nackt.
Mein Kopf ruckt wieder nach vorne.
„Trinken wir erst einmal einen Martini. Sie scheinen einen Drink nötig zu haben.“
Wie befinden im Hotelzimmer und ich bin vollkommen angezogen.
Sie lächelt mich an.
Klick …