Patricio

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Retep

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Patricio
(nach einer Idee von Edgardo Matus)

Alejandro sah am Stand der Sonne, dass es schon nach 12.00 Uhr war. Er hatte Hunger und vor allem Durst. Nur einmal war er nachts hinunter zum Fluss gegangen, als Patricio noch bei ihm gewesen war.
Danach hatte er sich im Gestrüpp versteckt. Er hatte sich kaum bewegt aus Angst, dass ihn jemand sehen könnte.
Viele Autos fuhren auf der Hauptstraße vorbei.
Er rechnete damit, dass Patricio jeden Moment kommen würde.
Patricio........, hieß er wirklich Patricio? Oder Carlos?
Schließlich war es egal, wie er hieß. Er war nach L. geflüchtet, hatte vorher vergeblich versucht, Kontakte aufzunehmen. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als eine alte Freundin, die mit ihm die Universität besucht hatte, aufzusuchen, fast hatte die Sperrstunde begonnen.
Aber sie war nicht zu Hause gewesen, man hatte sie vor zwei Tagen festgenommen.
Aber Patricio, ihr Bruder, war da. Er konnte bei ihm schlafen, er gab ihm trockene Kleidung und etwas zu essen.
Vor allem interessierte er sich für seinen Plan, über die Hügel in die Großstadt zu gehen und zu versuchen, Bekannte zu finden. Er war sicher, dass das gelingen würde, er kannte mehrere Adressen.
Patricio schlug zunächst vor, dass er ihn begleiten könne. Besser sei noch, sagte er, er würde alleine gehen, um zu vermeiden, dass Alejandro erkannt würde.

Und jetzt war Alejandro hier am Rand der Stadt, wartete auf ihn schon zwei Tage.
Er hoffte, dass Patricio einige Probleme gelöst hatte, ihm warme Kleidung für die kalten Nächte und etwas Essen mitbringen würde.
Patricio würde auch einen sicheren Weg ausgekundschaftet haben und eine Adresse, wo er sich einige Zeit verstecken konnte. Einen neuen Ausweis brauchte er auch.

Die Sonne stach jetzt direkt auf ihn ein, sein Durst wurde immer unerträglicher. Er entschloss sich zum Fluss hinunter zu gehen, zu trinken und sich abzukühlen. Danach würde er ein Versteck im Schatten von Bäumen suchen.
Er humpelte langsam den Hügel hinunter, alle Knochen und Gelenke taten ihm weh. Er dachte, dass er in seiner Jugend besser weniger gelesen und mehr Sport getrieben hätte.
Er kam an den Fluss, glaubte etwas zu hören, drehte sich um und bemerkte Patricio, der auf ihn zeigte. Vier Soldaten begleiteten ihn. Sie zielten mit ihren Gewehren auf ihn.
Rauch stieg aus den Gewehrläufen auf, er spürte einen Schlag gegen seine Brust, der ihn zurücktaumeln ließ.
Er sah das freundliche Gesicht seiner Mutter, die ihm einen Pudding brachte. Das machte sie immer, wenn er krank war, sah Lucía, seine Schulfreundin, wie sie beide in einer Ecke des Schulhofes standen und sich unterhielten, sah sich, wie er sein Universitäts-Diplom überreicht bekam.
Patricio zeigte noch immer auf ihn, und er merkte, dass er seiner Schwester überhaupt nicht ähnelte.
Er fiel ins Wasser und sah nichts mehr.
 
hallo Retep

eine kurzgehaltene, prägnante Geschichte, einzig irritierend für mich: " fast hatte die Sperrstunde begonnen"

ein Satz der mir nicht gefällt:
"Die Sonne stach jetzt direkt auf ihn ein, sein Durst wurde immer unerträglicher"
Hier ist doch ein Zeitsprung und am Anfang schreibst du, es war gerade kurz nach Mittag, und hier "jetzt stach sie direkt" obwohl es bereits Nachmittag sein musste.

Vorschlag: Die Sonne brannte erbärmlich herab (und), sein Durst wurde unerträglich.
 

Retep

Mitglied
Hallo Gernot,

einzig irritierend für mich: " fast hatte die Sperrstunde begonnen"
- ich vergesse öfter, dass hier manches nicht so klar ist wie in Südamerika. In Diktaturen gibt es eine "Sperrstunde". Wenn "Unruhen" zu befürchten sind, darf ab einer bestimmten Uhrzeit niemand mehr auf die Straße gehen.

Die Sonne stach jetzt direkt auf ihn ein, sein Durst wurde immer unerträglicher
- habe ich geändert.

Danke für deinen Kommentar und für das genaue Lesen.

Gruß

Retep
 

Retep

Mitglied
Patricio
(nach einer Idee von Edgardo Matus)

Alejandro sah am Stand der Sonne, dass es schon nach 12.00 Uhr war. Er hatte Hunger und vor allem Durst. Nur einmal war er nachts hinunter zum Fluss gegangen, als Patricio noch bei ihm gewesen war.
Danach hatte er sich im Gestrüpp versteckt. Er hatte sich kaum bewegt aus Angst, dass ihn jemand sehen könnte.
Viele Autos fuhren auf der Hauptstraße vorbei.
Er rechnete damit, dass Patricio jeden Moment kommen würde.
Patricio........, hieß er wirklich Patricio? Oder Carlos?
Schließlich war es egal, wie er hieß. Er war nach L. geflüchtet, hatte vorher vergeblich versucht, Kontakte aufzunehmen. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als eine alte Freundin, die mit ihm die Universität besucht hatte, aufzusuchen, fast hatte die Sperrstunde begonnen.
Aber sie war nicht zu Hause gewesen, man hatte sie vor zwei Tagen festgenommen.
Aber Patricio, ihr Bruder, war da. Er konnte bei ihm schlafen, er gab ihm trockene Kleidung und etwas zu essen.
Vor allem interessierte er sich für seinen Plan, über die Hügel in die Großstadt zu gehen und zu versuchen, Bekannte zu finden. Er war sicher, dass das gelingen würde, er kannte mehrere Adressen.
Patricio schlug zunächst vor, dass er ihn begleiten könne. Besser sei noch, sagte er, er würde alleine gehen, um zu vermeiden, dass Alejandro erkannt würde.

Und jetzt war Alejandro hier am Rand der Stadt, wartete auf ihn schon zwei Tage.
Er hoffte, dass Patricio einige Probleme gelöst hatte, ihm warme Kleidung für die kalten Nächte und etwas Essen mitbringen würde.
Patricio würde auch einen sicheren Weg ausgekundschaftet haben und eine Adresse, wo er sich einige Zeit verstecken konnte. Einen neuen Ausweis brauchte er auch.

Sein Durst wurde immer unerträglicher. Er entschloss sich zum Fluss hinunter zu gehen, zu trinken und sich abzukühlen. Danach würde er ein Versteck im Schatten von Bäumen suchen.
Er humpelte langsam den Hügel hinunter, alle Knochen und Gelenke taten ihm weh. Er dachte, dass er in seiner Jugend besser weniger gelesen und mehr Sport getrieben hätte.
Er kam an den Fluss, glaubte etwas zu hören, drehte sich um und bemerkte Patricio, der auf ihn zeigte. Vier Soldaten begleiteten ihn. Sie zielten mit ihren Gewehren auf ihn.
Rauch stieg aus den Gewehrläufen auf, er spürte einen Schlag gegen seine Brust, der ihn zurücktaumeln ließ.
Er sah das freundliche Gesicht seiner Mutter, die ihm einen Pudding brachte. Das machte sie immer, wenn er krank war, sah Lucía, seine Schulfreundin, wie sie beide in einer Ecke des Schulhofes standen und sich unterhielten, sah sich, wie er sein Universitäts-Diplom überreicht bekam.
Patricio zeigte noch immer auf ihn, und er merkte, dass er seiner Schwester überhaupt nicht ähnelte.
Er fiel ins Wasser und sah nichts mehr.
 



 
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