Paul Müller - September 2017

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Krischa

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Paul Müller. Logbuch 20.09.2017.
Wir haben Kim bis in das Heimland zurückgetrieben. Amerika hat viel bombardiert im Norden, und auch dort, was von Südkorea noch geblieben ist. Das waren wirklich gute Leute. Bei der Rückeroberung, Hyuna, Seongyon und Jenyo, das waren wirklich gute Jungs. Wirklich gute Menschen. Hyuna, der immer einen Witz auf den Lippen hatte, ist jetzt tot. Do yu amerikans nou about za sitwueshon in korea? It's fubar. Just lika in zat James Ryan movie. Fubar.“ Seongyon, der ununterbrochen von seiner Tochter erzählte. Sumin isa nau sebenteen, she ru mighto be dokuta samu dei. Jenyo, der Student der Biologie. Hat stets von seinen Tricks erzählt, wie man es im Krieg schafft, am Leben zu bleiben.
Jetzt ist er tot.
Alle sind tot.
Ich liege jetzt seit sieben Stunden auf der Lauer. Verfickte sieben Stunden.
„Müller, time for your big appearance!“ hiess es vom Korporal, „Some big deal, ya!“
McCormick ist auch tot. Wischniewski ist tot. Kunert und Zimmermann sind tot. Verdammt, Zimmermann hatte eine zwei Monate alte Tochter, als er nach Korea kam. Heute ist sie auf den Tag genau fünf Monate alt.
Meine Arme sind so erschöpft, dass ich nicht einmal mehr Schmerz empfinde.
„Müller, yer the best Sniper Korea has ever seen!“
Schön. Aber ich wäre lieber ein durchschnittlicher Scharfschütze daheim in Deutschland. Daheim bei Mayu.
Sie haben uns immer gesagt, dass wir an unsere Familie daheim denken sollen. Dass wir für die Lieben daheim kämpfen. Die Oberste Heeresleitung ermutigte uns, stets an unsere Frauen zu denken, sie sind die jenigen, für die wir kämpfen.
Brüder bekämpfen Brüder und Schwestern werden vergewaltigt. Huber war ein echt lieber Kerl, aber als er die Frau auf den Tisch presste und seine Hose aufmachte, bekam er meinen Gewehrkolben in die Fresse.
Mayu. Bevor ich gegangen bin, hat sie mich verlassen. Der Krieg war wohl nicht der Hauptgrund, aber einer. Ich liebe sie. Mehr, als ich alles andere jemals liebte.
Dein Lebensgefährte zieht in den Krieg. Ob nun Expartner oder nicht, wer im Krieg war, ist ein Held, oder nicht? Hab ich dann wieder ein Anrecht auf Mayu? Ich suche nach einem Grund, diesen Krieg zu kämpfen und wieder heimzukehren. Aber Mayu macht es mir so schwer.
Devo mag ich gern. Grade im Moment fährt mir „So fresh“ im Kopf rum. Bei Devo sind ja schon die Hälfte der Mitglieder gestorben. Die sind aus Arizona, glaube ich. Da ist es ja auch sehr heiß. Es ist so heiß und sie können trotzdem solche Musik machen. Mir ist es sehr heiß und ich könnte jetzt keine Musik machen. Ich kenne keine Band aus Afrika. Da ist es jeden Tag unglaublich heiß. Aber die lieben Musik. Oder Indien. Die Leute dort haben ja eine andere Hautfarbe als wir. Macht die wirklich so resistent gegen die Hitze? Also gegen die Sonne wohl schon, ja. Aber gegen die Hitze an sich eher nicht. Ich denke, eine Hautfarbe schützt nicht gegen Hitze.
Es ist so warm hier. Ich schwitze jeden Tag fast mehr als ich trinke. Und sammle meinen Urin in Glasflaschen, damit ich selbst beim Pinkeln das Ziel im Auge habe.
Was Mayu wohl sagen würde? Mayu würde weggucken. Mayu fand ja sogar pupsen unanständig. Mayu fand es unanständig, wenn ich sie geleckt habe, aber genossen hat sie es dennoch. Verdammtnochmal, sie ist nicht mehr meine Mayu. Aber sie sollte meine Mayu sein. Ich will mit niemand anderem zusammen sein als Mayu. Vielleicht sitzt sie gerade da und raucht in Einsamkeit eine Zigarette. Oder sie liegt nackt dort, krallt sich ins Laken und lässt sich von einem anderen nehmen.
Ich habe solche Vorstellungen seit der Trennung und sie lassen mich nicht los. Es ist bescheuert, so etwas zu denken, aber es ist natürlich, denke ich. Der Mensch ist so gestrickt und-
Zwei Schüsse rauschen durch die heisse Luft. Der erste trifft Kim Jeong an der Schulter, der zweite zerfetzt seinen Lungelflügel. Der Blutverlust und der Schock werden für das Übrige sorgen.
Ich packe mein Gewehr, das Dreibein und die zwei mit Urin gefüllten Flaschen.
Ob Mayu an mich denkt? Ihr Mann hat gerade einen General erschossen. Einen ihrer Landsmänner. Und ihr Mann trägt gerade eine volle und eine halbvolle mit Pisse gefüllten Flaschen mit sich.
„Main quarter Pusan, please come“
„Here main quarter Pusan, please come.“
„Main quarter Pusan, it is Müller. I got him.“
„Fine job. Please return.“
„Yes sir. Will return. Over.“
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Krischa, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von Ralph Ronneberger

Redakteur in diesem Forum
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Paul Müller

Liebe/r Krischa,

so ganz schlau werde ich aus deinem Text nicht. Ich spekuliere mal und du sagst mir, ob ich falsch oder richtig liege: Wir schreiben das Jahr 2017, Deutschland (und die NATO) befinden sich im Krieg mit Nord-Korea, der Süden wurde von Kim Jong Un angegriffen, der Bündnisfall ausgelöst. Müller ist ein deutscher Scharfschütze und bekommt den Auftrag, ein feindliches Ziel zu liquidieren. In Warteposition ergeht sich Paul in Gedanken an Mayu (Koreanerin oder Japanerin?), die in Deutschland (?) ist.

Atmosphärisch gefällt mir der Text, auch bin ich grundsätzlich Texten, in denen man sich das Ereignis zusammenreimen muss, nicht abgeneigt, da ich sie spannender finde als Texte, in denen dem Leser alles mundgerecht serviert wird und Dialoge nur als an den Leser gerichtete Informationen mißbraucht werden. Schön finde ich auch, dass du mit wenigen Worten und einer einzelnen Situation ein ganzes Panorama einer zukünftigen Kriegssituation verdeutlichst.

Alles in allem ein recht gelungener Text.

Willkommen auf der lelu.

Liebe Grüße,

CPMan
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Hallo Krischa und Willkommen in der Leselupe,

der Text hat in mir ein paar Bilder geweckt - die Sache mit der Pisse zum Beispiel.
Die englischen Passagen fand ich teils recht interessant und spannend, wobei ab einem gewissen Punkt vielleicht etwas überzogen und unverständlich.
Inhaltlich bin ich nicht so recht mitgekommen, das mag daran liegen, wie es CPMan beschrieben hat, dass du absichtlich den Leser "mitarbeiten" lässt um somit die Konzentration und Aufmerksamkeit zu fördern.

Alles in allem finde ich das Stück etwas reizlos und langweilig, wobei ich gleichzeitig auch fasziniert und verzaubert bin, unentschlossen was damit anzufangen ist vergab ich fünf Punkte.

Geblieben ist die Stelle an der du aufzählst wer alles gestorben ist und die Szene in der du beschreibst, dass die Freundin des Erzählers es unanständig fand geleckt zu werden.

Ich bin wie gesagt unentschlossen wie ich konstruktive Vorschläge oder eine tiefere Analyse liefern kann ... Ich hoffe das hilft erstmal und ich war nicht zu brutal und ehrlich ...

LG Etma
 



 
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