Rache ist süß (eine Schulgeschichte)

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Wasserlinse

Mitglied
Rache ist süß

„Diese dumme Nuss“, schimpfte Alexandra, die von ihren Freundinnen nur Alex gerufen wurde.
Seit mehr als fünf Wochen ging Alex nun schon in die erste Klasse. Noch nie hatte sie vergessen ihre Hausaufgaben zu machen.
Sie war wütend auf ihre Lehrerin.
„Ich glaube dir ja, dass du deine Hausaufgaben gemacht hast“, sagte diese und rückte ihre altmodische Nickelbrille zurecht. „Aber, wenn du mir dein Heft nicht zeigen kannst, dann muss ich dir eine Zusatzaufgabe geben.“
`Musst du nicht!`, dachte Alex und kämpfte mit ihren Tränen. „Aber Frau Kluge! Ich habe doch nur vergessen mein Heft wieder in die Büchertasche zu packen.“
Doch ihre Lehrerin blieb hart. „Morgen zeigst du mir dein Heft und die zusätzlich gemachte Aufgabe.“ Sie drehte sich um und ließ Alex einfach stehen.
Eigentlich ging Alex gerne zur Schule und sie mochte auch ihre Lehrerin Frau Kluge. Doch heute machte ihr sogar ihr Lieblingsfach Heimat- und Sachkunde keinen Spaß. Dabei hätte sie einiges gewusst, aber sie meldete sich nicht. Sie schmollte. `Soll die blöde Gans doch ihren Unterricht alleine machen`, dachte sie. Sie freute sich, als endlich die Schulglocke das Ende des Unterrichts anzeigte.
Ihr Nachhauseweg führte sie immer an einem Schnellimbiss vorbei und war deshalb gesäumt von Abfallpackungen aller Art. So fand Alex immer etwas, was sie vor sich her kicken konnte. Zornig kickte Alex eine kleine Plastikflasche ins Gebüsch. Dann sah sie sich um und suchte noch etwas, woran sie ihre Wut auslassen konnte. Mist! Heute mussten die Straßenarbeiter der Stadt wohl aufgeräumt haben.
`Dann hol ich mir diese olle Flasche wieder´, dachte Alex und lief zu dem Gebüsch zurück. Sie bückte sich und erstarrte vor Schreck. Eine Schlange! Zuerst wagte Alex nicht sich zu bewegen. Doch auch die Schlange bewegte sich nicht. Vorsichtig schubste sie das Tier mit ihrer Schuhspitze am Schwanz. `Na, die lebt wohl nicht mehr´, dachte sie. `Die ist ja mausetot.´ Ihr fiel der Igel ein, den sie vor kurzem am Straßenrand gefunden hatte. „Oh, der arme Kerl. Der ist ja mausetot“, hatte ihre Mutter gesagt. `Wieso sagt Mutti immer mausetot und nicht igeltot oder schlangentot?´, überlegte Alex und da kam ihr eine Idee.
Am nächsten Tag rutschte Alex im Unterricht unruhig auf ihrem Stuhl herum. Dreimal hatte Frau Kluge sie schon ermahnt, doch sie konnte sich überhaupt nicht konzentrieren. `Es muss funktionieren´, dachte sie.
Die Zeit wollte heute gar nicht vergehen. Alex dachte an die tote Schlange. Die Lehrerin erzählte und erzählte. Alex hörte überhaupt nicht hin. Ihre Gedanken kreisten nur um das Eine: Ihren Racheplan, den sie ganz alleine ausgeheckt hatte und den sie niemandem, nicht einmal ihrer besten Freundin verraten hatte. Mehr als eine halbe Stunde hatte sie für diese Zusatzaufgabe gebraucht. Das musste bestraft werden.
`Die Hausaufgaben werden immer an die Tafel geschrieben, damit wir sie ins Merkheft abschreiben können´, tröstete Alex sich. `Dann, ja dann würde sie sich rächen!´
„So, das wollen wir uns mal aufschreiben“, sprach Frau Kluge und suchte die Kreide in der Rille am unteren Tafelrand. „Nanu! Keine Kreide mehr da?“ Sie ging ans Pult und öffnete die oberste Schublade, um neue Kreide herauszunehmen.
`Jetzt!´ Gespannt blickte Alex zur Lehrerin. `Sie hat es verdient einen richtigen Schock zu bekommen´, dachte sie. `Meinetwegen kann sie auch vor Schreck auf der Stelle tot umfallen.´ Alex hielt die Luft an.
Doch die Lehrerin zuckte nur kurz und wurde blass im Gesicht.
Auch einige Mitschüler merkten, dass etwas nicht stimmte. „Was guckt die so?“, fragte ein Mädchen hinter Alex ihre Nachbarin.
Alex war enttäuscht. Sie hatte gehofft, dass Frau Kluge laut schreiend aus dem Klassenzimmer stürzen würde. Den Schreck konnte sie ihr ansehen. `Wenigstens ein kleiner Erfolg`, grinste Alex.
`Rache ist süß´, fiel ihr ein. Den Spruch kannte sie von ihrer Oma.
Frau Kluge musterte ihre Schüler der Reihe nach und ließ sich viel Zeit damit. Bald hatte auch der letzte Schüler aufgehört zu schwätzen oder sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Alle warteten gespannt darauf, was jetzt passieren würde.
„Alexandra, würdest du bitte diese Schlange aus meiner Schublade nehmen?“, sagte Frau Kluge betont ruhig.
Plötzlich war es mucksmäuschenstill. Alle Augen waren auf Alex gerichtet. Nur Alex konnte ja wissen, dass diese Schlange schon lange tot war. Die meisten Kinder glaubten wohl, dass sich eine lebendige Schlange im Pult verkrochen hätte. Einigen sah man ihre Angst richtig an.
Zuerst wollte Alex protestieren. `Warum ausgerechnet ich?´
Doch dann überlegte sie: `Hat sie etwas bemerkt? Bestimmt! Vielleicht ist sie doch nicht so dumm.´ Langsam stand Alex auf, ging nach vorne und warf die Schlange in den Abfall. Sie wagte nicht dabei ihrer Lehrerin ins Gesicht zu sehen.
Jetzt schämte sie sich. Es wäre ihr sogar lieber gewesen eine Strafarbeit zu bekommen, als diesen verachtenden Blick von ihrer Lehrerin ertragen zu müssen. Rache kann auch bitter sein.
 

Axel B

Mitglied
Hallo Wasserlinse,

schöne Geschichte, gute Idee. Leider hat sich ein inhaltlicher Fehler eingeschlichen: Nach 5 Wochen erste Klasse sind die Kinder wohl eher nicht in der Lage, aufgaben an der Tafel zu lesen bzw. in ihr Aufgabenheft zu schreiben. Vielleicht wäre eine "Versetzung" in eine höhere Klasse eine Lösung?

Axel
 
B

Biggi Mama

Gast
Am Anfang hat mir die Geschichte sehr gefallen. Die Situation kennt wohl jeder, man kann sich gut in das Mädchen hinein versetzten und verstehen wie sie sich fühlt.
Aber dann, ab dem Zeitpunkt wo die tote Schlange ins Spiel kam musste ich mich schon etwas wundern. Muss es denn eine tote Schlange sein? Ich habe selbst Kinder in dem Alter und ich glaube nicht, dass es so ganz altersgerecht ist.
Dann zum Schluss als die Lehrerin Alex auffordert das Tier zu entfernen finde ich die Geschichte nicht ganz nachvollziehbar. Alex versucht nichtmal es abzustreiten, gibt nach dieser aufwendigen Aktion einfach klein bei? Woran sieht die Lehrerin, dass es Alex war? Und dann frage ich mich auch was mit dem Mädchen nicht stimmt, dass es wegen einmaligen Zusatzaufgaben so etwas tut?
Letztendlich glaube ich auch, dass die Lehre die man daraus ziehen soll nicht genau rüber kommt. Du schreibst dann, dass Rache auch bitter sein kann. Diesem Hinweis bedarf es auch, denn aus dem Text kann man es nicht umbedingt entnehmen.

Ich hoffe du nimmst mir die Kritik nicht böse, ist nur meine Meinung, kann ja sein, dass du es ganz anders siehst.

Liebe Grüße,

Biggi
 

Wasserlinse

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von Biggi Mama
Am Anfang hat mir die Geschichte sehr gefallen. Die Situation kennt wohl jeder, man kann sich gut in das Mädchen hinein versetzten und verstehen wie sie sich fühlt.
Aber dann, ab dem Zeitpunkt wo die tote Schlange ins Spiel kam musste ich mich schon etwas wundern. Muss es denn eine tote Schlange sein? Ich habe selbst Kinder in dem Alter und ich glaube nicht, dass es so ganz altersgerecht ist.
Dann zum Schluss als die Lehrerin Alex auffordert das Tier zu entfernen finde ich die Geschichte nicht ganz nachvollziehbar. Alex versucht nichtmal es abzustreiten, gibt nach dieser aufwendigen Aktion einfach klein bei? Woran sieht die Lehrerin, dass es Alex war? Und dann frage ich mich auch was mit dem Mädchen nicht stimmt, dass es wegen einmaligen Zusatzaufgaben so etwas tut?
Letztendlich glaube ich auch, dass die Lehre die man daraus ziehen soll nicht genau rüber kommt. Du schreibst dann, dass Rache auch bitter sein kann. Diesem Hinweis bedarf es auch, denn aus dem Text kann man es nicht umbedingt entnehmen.

Ich hoffe du nimmst mir die Kritik nicht böse, ist nur meine Meinung, kann ja sein, dass du es ganz anders siehst.

Liebe Grüße,

Biggi
Danke für die Kritik! Die Lehrerin erkennt es natürlich am Gesichtsausdruck (nur ein Kind freut sich, die anderen schauen eher ängstlich drein). Die Lehrerin spricht ihrer Verdacht ja nicht aus, also kann sich das Mädchen ja nicht rechtfertigen, denn dadurch würde sie sofort zugeben, dass sie es war.
Es gibt viele Kinder, die gerade am Schulanfang noch nicht gelernt haben, auch eine negative Bemerkung der Lehrerin einzustecken.
Mein Sohn war immer stocksauer, wenn er nicht gelobt wurde und mal eine kleine Zusatzaufgabe bekommen hat.

Ich werde versuchen, die Geschichte noch etwas abzuändern.
Danke, ich bin froh, gerade für negative Kritik.
Durch ausschließliches Lob wird die Geschichte nicht besser
und es gibt immer noch etwas, was besser gemacht werden kann.
Gruß
Wasserlinse
 



 
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