Raum.Zeit.Sound

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zeitsucht

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Eins.

Der Sound schnappte ihn.

Sog ihn ein, spülte ihn kräftig durch.

Befreiend aber zugleich beklemmend. Extrem.

Wie geil. Sprach der andere, der dort stand und im gleichen Moment ebenfalls gegen diese Wand aus akustischen Verrenkungen stieß.

Verdammt. Hurra. Unglaublich.



Also schlurften sie zu diesem Sofa.

„Sitzen geht über schwitzen!“ schnaufte der und warf seinen Körper in die Polster. Gute Idee. Wieso nicht?

Schloss er die Augen so empfand er die Eindrücke, welche seine Ohren sammelten noch viel intensiver.

Er musste aufpassen.

Das menschliche Gehirn hat auch eine Belastungsgrenze.

Dieser Gedanke machte ihn etwas besorgt, weshalb er auch sogleich dazu überging nach der Schachtel zu suchen.

Solch einen Stängel steckte er sich zwischen die Lippen, er zog daran.



Halt.

Raunte der und er fragte ihn auch sofort, weshalb er denn so etwas von sich gab.

Der hatte es scheinbar mit der Angst zu tun bekommen.

Zu laut der Sound, zu komplex die Klänge, zu voll der Laden.

Ignorant.

Genieße.

Das sagte er ihm.

Ins Gesicht.

Genieße.

Der stand auf.

Stand einfach auf und begab sich zu den Toiletten.

Adieu.



Kaum hatte er das gesagt, nahm sie Platz. Einfach so. Ganz lässig.

Frau.

Sein Blick blieb kleben. Das störte.

Jedenfalls sprach sie und er konnte verstehen, dass er rein gar nichts verstand.

Es galt, umzudenken.

Sprachlich fremd. Fremdsprache. Anders.

Zuviel.

Und Halt.

Bevor die Verständigung zu kompliziert geworden wäre, umschlungen sie sich schnell.

Lippen, Nase, er sah Augen.

Sehr nah. Da waren Haare.

Sehr schnell ging das Alles.

Intensiv.

Und weg war sie. Tja.

Besser so.

Durchatmen.









Der Rauch zwängte sich, gelockt von seiner unbändigen Lunge, die mehr wollte von dieser Selbstzerstörung, durch die Poren des Filters. Er streifte die Zunge, sah hinauf zum Gaumen, dann ging es runter. Es wurde enger. Dunkler. Und schnell verteilen. Im Blut. Ah!





Zwei.

Er musste aufstehen. Er stand auf.

Streckte seine Arme.

Und er schrie es raus. Wie laut er schrie.

Ohne gehört zu werden. Das brauchte er.

All das, was sich im Laufe des Abends in ihm angesammelt hatte, das wollte auch wieder raus.

Weit raus. Noch weiter raus. Unter die Leute.

Plötzlich verspürte er solch eine Energie.

Ja, auch Glück. Glücksgefühl.

Die Musik trug dazu bei. Unter anderem.

Unverschämt gut hier.

Halt krass.



Krass! Der. Was denn? Nix. Wo warst du? Frischmachen! Und? Gut!



Und jetzt? Ging es weiter, far away. From reality.

As a matter of fact. Obviously.



Zucken hielt die Leiber zusammen.

Formte sie zu einer Masse. Wie lebender Teig.

Nur menschliche. Krasser.





Extrem! Was denn? Tanzen! Meinst du?



Der rannte aber schon. Und wurde sogleich von dieser Gemeinschaft aufgenommen.

Wortlos. Sie wussten, was er wollte.

Er wollte, was sie wussten. Er wusste zuviel.



Gerade eben war er doch noch so ruhig.

Stille Wasser sind tief. Toll.

Er schaute. Lieber. Öfter. Genauer. Besser.

I am on top of the world.

Schau runter. Schau herab.



Ja, sag mal, du! Hier!

Ein Mensch. Störte. Drang ein in seinen Mikrokosmos. Sprach mit ihm.

Subjekt bekannt. Freundlich gesinnt? Abwarten.



Ja, ich hier! Klasse, oder? Schon extrem! Saugeil!

Öfters hier? Nee, aber in Zukunft bestimmt schon!

Krass.























I gonna get myself a drink!

Bitte? Cocktail! Man sieht sich!





Bloody Mary. 4 €. White Russian. 4,50 €. Beck’s. 3 €.

Friday, 22-24 h. Happy Hour. Alle Cocktails nur 2,50 €.



Knopfdruck. Lampe leuchtet auf. 1:30. Verdammt.



Tequila Sunrise. 5 €. Caipirinha 6 €.

² Chininhaltig. Glaspfand: 1 €. Flaschenpfand: 50 Cent. No drugs please. Coca.

Cola. ³ Koffeinhaltig. Hemmingway. 4,50 €.



Drei.

Was kann ich dir machen? Blick.

Mach mir. Einen Drink. Was? T-R-I-N-K-E-N! Ja, was? Such es dir aus! Pause.

Idiot. Dachte sie und ging ans Werk.

Was ist das? Cocktail des Hauses! Lecker? Ja. Cool.



Hände wühlen in Münzen.

Münzen wechseln den Besitzer.

Und mittendrin der Sound.

Überall.

Fand er krass. Jeder dachte, sagte, tat etwas anderes. Aber jeder hörte das Gleiche.

Wie, das war noch mal eine andere Frage.









Heilige Scheiße. Welch eine Kathedrale.

Die Jünger waren gekommen, um zu huldigen.

Ja, huldigt dem Sound und kotzt euch die Seele aus dem Leib. Scheiße.

Was war denn los?

Irgendwas ging nicht mehr klar. Klarheit fehlte.

Wurde dringend gesucht. Vermisst.

Vergöttert das, was da aus den Boxen kommt und konsumiert, ihr Leute.

Ich mach heut fette Beute, treffe lauter nette Leute und schweife ab.



Wo war der?

Fort. Lauderdale – welch ein Gedankenspruch.

All das beschäftige ihn und sein Rechenzentrum, während sie gemeinsam an der Wand lehnten.

Zwei in einem Körper.

Geist und Maschine.

Maschinengeist.



Klarer war das Wasser. Wasser spendete der Hahn.

Drum war er auf dem Weg dorthin.

Vorbei an Automaten.

Welche zum Rauchen und welche zum verbrauchen.

Alles dreckig und schmuddelig. Dunkel war es auch.

Erst hinter der Tür wartete Neon.

Grell wurde er zurück geholt. Back again.

Ich hab mich nur versteckt.









Eine Frau mit einem Teller starrt.

Starrt ihn an, als er gerade wieder den Ort des Neons verlassen will.

Einen Hund neben sich liegend. Ein weißer Hund.

There’s a white dog. Geld vor die Frau werfend beobachtet er den Reißverschluss.

Jenen der weißen Tasche.

Die, welche neben der Frau liegt. Krank.



Farben werden unwichtig.

Formen verlieren ihre Relevanz. Und mittendrin er.

Sogar Der. Auch wieder dabei.

Zusammen. Vereint. Rein da.

Der war natürlich auch ziemlich fertig, hatte doch die starke Strapazierung seiner Gliedmaßen auf der Tanzfläche für Erschöpfung gesorgt.

Der trank. Lachen.



Pass doch auf! Mengen von Menschen. Versammlungsrecht der Nacht.

Zu Musik ein bisschen beieinander sein.

Eng war es und heiß. Und laut und tiefgreifend.

Beine überkreuzten sich.

Körper saßen und rastetet –

schlängelten und streiften sich.

Nebel legte sich. Plätte drückte gen Boden.

Menschen schauten auf Uhren.

Die einen machten sich auf den Weg, die anderen nahmen Mehr. Wollten es.

Wollten es wissen. Wollten kosten.

Von allem nehmen und dann mal sehen.

Wie es sich halt so entwickelt. Wer weiß.

Die Nacht war lang. Jung und frisch.

Ich tanz dich zugrunde und geh im Hellen schlafen.

Ich überdauere es und euch und bin noch Teil des Ganzen, wenn es schon zu deiner Vergangenheit gehört.



Irgendwann saß er dann auch dort.

Dumpf klang es aus der Ferne.

Über ihm die Sterne. Neben ihm Leute.

Mitmacher. Partyvolk.

Seid ihr auch dabei?

Immer schon. Immer drauf. Immer spät.





Vier.

Der und er trafen sie. Kommunikation im Stehen.

Fragen mit Antworten.

Antworten mit Lächeln im Gesicht. Augen mit Funkeln.

Haare mit durchstreichenden Händen - Ringe daran. Schmuck, der die Sprache verzierte und für Verbindung sorgte. Schon klasse das. Ja, stimmt.



Woanders. Zu späterer Zeit. Der noch neben ihm. Konzentriert befand er sich in seiner Welt und dennoch partizipierte er noch. Wie immer. Nur ein wenig anders.



Fünf.

Zum Anhalten eben. Tritt die Bremse. Lass das aufhören.

Es ist ja mal gut jetzt. Der hatte auch langsam genug.

Lass uns gehen. Nur noch kurz kosten.

Den Geschmack merken. Nicht vergessen.

Wiedersehen macht Freude und Freude macht das Leben schmackhaft. Exakt.

Na, dann los.



Außenwelt. Nicht mehr drinnen, sondern davor.

Nicht mehr dabei, sondern dabei, zu gehen.

Entlang der Straßen und Lichter.

Auf dem Weg zur Geborgenheit.

Aus der Familie des Eindrucks gerissen.

Des Eindrucks aus Sound, Masse, Ort und Zeit.

Er hatte sich schon daran gewöhnt.

Man hatte sie besucht. Die Insel des Exzesses.

Mitten im Dschungel des Betons.

Mitten in der Stadt, lag sie, sehr einsam. Aber voll.

Voll dabei.

Noch immer vibrierte der Bass in seinen Adern.

Machte seinem Körper klar, wer hier am Regieren war. Saß am Hebel. Am längeren noch dazu.



Und trotzdem: Erinnerung war hinterlassen worden.

Wie so oft. Nie gleich.

Immer verändert, immer spontan.

Aber spät. Nicht zu spät.

Unverständlich aber konsumierbar. Kleine Häppchen.





Der streifte mit. Wollte auch weg und zurück. Dämmerlicht.

Nur vorne leuchtete das Ziel.

Hinter ihm war das Geräusch.

Dort blieb es.

Verweilte.

Klang.

Stille.

Weg.
 

knychen

Mitglied
Fragezeichen

Der immer wieder zitierte Bass läßt mich rätseln, um was für Musik es sich handeln könnte. Ich sehe zwei Möglichkeiten.
Für Techno spricht die gesamte Form, also kurze stakkato herausgestoßene Sätze, reduziert auf die notwendigste Aussage, andererseits fehlt mir ein gleichmäßiger Rhythmus.
Ich könnte mir das Ganze aber auch mit einem träge schep-
ernden Hiphop als Hintergrund vorstellen, dann fehlt mir allerdings die Wiederkehr zumindest einer Textzeile als Refrain. Oder habe ich prinzipiell daneben verstanden.
Auf jeden Fall hast du es geschafft, mit minimalistischen Formulierungen Bilder zu erzeugen, vielleicht stört gerade deswegen die Länge etwas.(aber nicht viel)
Ergibt summa summarum für mich eine sieben.
gruß knychen
 
Tach Zeitsucht!
Mir scheint, der Stil deiner Geschichte deckt die Mechanismen auf, die zwischen Menschen ständig ablaufen, hier nur eingefangen in einer Disco-Situation.
Das ist wohl die Ebene, auf der Kommunikation stattfindet. Und die Worte die wir wechseln, sind nur der allerkleinste Teil des Treffens. So empfinden Menschen sich, wenn sie (sich)aufeinander treffen.

[blue]Ich überdauere es und euch und bin noch Teil des Ganzen, wenn es schon zu deiner Vergangenheit gehört.[/blue]
ist wie eine rettende Planke in dem manchmal fast im anderen ertrinkenden Kandidaten.

Tipp: Stil beibehalten und vielleicht mal mischen mit Dialogen.
gruß
dd
 



 
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