Rechtzeitigkeit (Weil nicht ist was ich möchte.)

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Carlo Ihde

Mitglied
Ich möchte lieben können
weinen
Zeiten teiln
nicht nur mit mir
Zeiten teiln
nicht nur durch mich
die Zeit im Bruch mit mir.

Ich möchte schweigen können
singen
viele Lieder einer Liebe
die mich doppelt
meine Kleinheit nichtet
für die Kleinigkeit
einer Ewigkeit.

Ich möchte sprechen können
denken auch
von mir in einer Gleichung
mit echter Unsicherheit
ungleich gelebt
mein Leben
aber gelebt,
aber wie...!

Ich möchte mein Leben
nicht das eines andern
und nicht erst
im Nachsatz pointiert.

Nur liest man hier nur
weil nicht ist
was ich möchte.
 

Joh

Mitglied
Hallo Carlo

Eigentlich ein liebenswürdiger Mensch, dein Lyrl, nicht Selbstmitleid sondern Traurigkeit mit einer guten Prise Verzweiflung, die unter die Haut geht. Die Zweite und Dritte finde ich besonders gelungen, der Wunsch, das Sehnen und der Aufschrei. Ein wunderbares Gedicht.

ein Abendgruß, Johanna
 
B

Beba

Gast
Hallo Carlo,

Ich möchte mein Leben
nicht das eines andern
und nicht erst
im Nachsatz pointiert.
allein das trägt schon alles in sich. Sehr schön ausgedrückt, aber das Lob gilt dem gesamten Text.

Ciao,
Bernd
 
P

Peter Waldnacht

Gast
Ich möchte mein Leben
nicht das eines andern
und nicht erst
im Nachsatz pointiert.
Und dann der Nachsatz, als Pointe:
Nur liest man hier nur
weil nicht ist
was ich möchte.
Die Pointe pointiert sich selbst.
Sehr spitzfindig.
Schlau.

Lieben, weinen, schweigen, singen, sprechen, denken: leben.
Klug.

Der ganze Text ist schlau und klug und klingt ehrlich
und ist
daher fein,
sinnig und
feinsinnig.
 

Carlo Ihde

Mitglied
Danke für euer Lob. Und ich dachte vorher schon, der ein oder andere Lupanier könnte sich eventuell an den ungleichen Strophenlängen stören. Man weiß ja nie, was im Bild als störend empfunden wird.

Ja, PW, das mit dem Nachsatz, über den gerade in der Strophe davor gesprochen wurde: das ist das große Dilemma meiner verfahrenen Existenz: ich möchte was nicht ist. Ich möchte nicht die Pointe im Nachsatz und mache sie aber.

So ist es. Es hilft mir leben und hindert mich gleichzeitig dran. Oder so ähnlich.
 

Carlo Ihde

Mitglied
Ich möchte lieben können
weinen
Zeiten teiln
nicht nur mit mir
Zeiten teiln
nicht nur durch mich
nicht immer Zeit im Bruch mit mir

Ich möchte schweigen können
singen
viele Lieder einer Liebe
die mich doppelt
meine Kleinheit nichtet
für die Kleinigkeit
einer Ewigkeit

Ich möchte sprechen können
denken auch
von mir in einer Gleichung
mit echter Unsicherheit
ungleich gelebt
mein Leben
aber gelebt
aber wie...!

Ich möchte mein Leben
nicht das eines andern
und nicht erst
im Nachsatz pointiert


Nur liest man hier nur
weil nicht ist
was ich möcht
 



 
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