Regenmann

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Nordtext

Mitglied
Regenmann

Nach 18 Monaten fiel es Hernando nicht mehr schwer, zu erkennen, wann er seine Zeit verschwendete. Schon nach einer Ampelschaltung wusste er, ob er umsonst seinen Mantel von der Garderobe genommen hatte, und ob die Zugseile der Aufzugsanlage umsonst ihre heruntergekommene Kabine qualvoll durch den Schacht gezerrt hatten, nur um ihn die 10 Stockwerke bis zur Cr. Fernando Mazuera hinunter zu befördern.

Meistens, das wusste er sicher, verschwendete er die Zeit, wenn er in seinem wasserdichten Twill immer und immer wieder den übel schmeckenden Rauch der in Blech verpackten Motoren an sich vorbeiziehen ließ. Es hätte ihm gleichgültig sein können. Denn es machte keinen Unterschied, ob er sie oben in seinem Wohnzimmer oder draußen an der Fußgängerkreuzung verschwendete. Die Cumbia-Flöten fanden ohne ihn den Weg aus dem Radio durch die zwei Zimmer seiner Wohnung, wenn er den Knopf nicht runterdrückte, sodass er sich zu den Übrigen einreihte. Und wenn er die Bilder malte, machte er das gewiss nicht der Kunst wegen, sondern der einfachen Freude wegen, mit dem Pinsel seine Bilder auf der Leinwand zu hinterlassen. Obwohl er sich tagelang über den Übergang von schroff und glatt eines neuen Musters freuen konnte, ohne sich dafür zu schämen, war er jedes Mal peinlich berührt, wenn womöglich jemand auf der Straße zusah, wie er unbeweglich den Regen auf seinen Schirm trommeln ließ.

Unter den Wartenden fühlte er sich, als müsse er Rechenschaft darüber ablegen, mit wie wenig Inhalt er die kurzen Ampelperioden füllte. Dabei war es zum Regenguss gerade einfach, an der Kreuzung unentdeckt zu bleiben. Er kam erst dann, wenn die Verkäufer ihre Schleuderware schon gut mit den Planen verdeckt hatten und ihre vermummten Händlertische aus trockener Distanz im Auge behielten. Kurz nach dem Wolkenbruch. Die Fußgänger verließen den Bürgersteig, sobald die Ampel es ihnen erlaubte. Eine Bedrohung stellten allenfalls die in den Straßen verwachsenen nach Kloake und Missetat riechenden Stadtkreaturen dar, die ohne Vorbehalte dicht an seinen Mantel herankrochen und ihre Pranken nach ihm ausstreckten, weil sie längst vergessen hatten, wie man sich auf den Straßen zu verhalten hatte. Er hasste sie dafür, dass sie nicht nur ihr Elend entblößten, sondern es auch noch zur Schau stellten hier draußen.

Hernando selbst achtete besonders genau darauf, nicht hilflos auszusehen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Meist hielt er sein Smartphone in den Händen und drückte in regelmäßigen Abständen auf den Menü-Knopf, indessen er wartete. Es bewahrte ihn nie vor dem beklemmenden Gefühl, dass sie ihn die ganze Zeit anstarrten.

Es gab zu viele Momente, in denen die Zeitverschwendung überhandnahm. Die Situationen, in denen es regnete, aber niemand unterwegs war. In denen er alleine wartete und wusste, die Frau würde niemals die Straße überqueren. Oder in denen der Bürgersteig so überfüllt war, dass es unmöglich gewesen wäre, ihn unter seinem Regenschirm zwischen den anderen zu erreichen. Er hatte seinen Schirm immer dabei, auch wenn er ihn gerade so hielt, dass seine rechte Hand vor dem Regen nicht verschont blieb. Vor 18 Monaten waren die Regentropfen so erbarmungslos gegen sein Fenster geschlagen, dass er sich für den Schirm entschieden hatte. Von da an hatte er ihn gegen seinen Stock ausgetauscht.

„Schauen Sie, Señor, wie kräftig die Tropfen sind. Sie schlagen so lange und hart auf den Asphalt, dass es doch nur eine Frage der Zeit ist, bis der Widerstand bricht. Sie vereinigen sich zu Rinnsalen, die sich zusammenschließen und die Straße in einen reißenden Fluss verwandeln möchten. Sehen Sie doch Señor, der Tropfen fügt sich da vielleicht noch dem Gebauten, aber früher oder später werden sich doch alle im reißenden Fluss vereinen.“

Sie war bei Grün einfach mit den anderen mitgegangen. Er hatte die Möglichkeit verpasst, sie am Mantel zu packen. Wenn er gewusst hätte, dass er noch 547 Tage später auf sie wartete, wenn er ihre waghalsigen Worte nur sofort begriffen hätte, dann hätte er ihren Mantel gepackt, der seine Hand geschliffen hatte, und sie vor Grün zurückgezogen, um sie zurechtzuweisen. Ihre Stimme war zu jung und flatterig gewesen, um sich der Gefahr bewusst zu werden, vor der Leichtigkeit, mit der sie ihre Worte wählte. Er selbst war bereits im Fluss geschwommen. In den aufgesprungenen Arterien mitten in der Stadt, die mit geballter Wut zwischen den Häusern heruntergeflossen waren und weder die Fußgänger, die Verkäufer auf den Straßen noch die armseligen Straßenkreaturen verschont hatten. Das purpurfarbene Gewässer hatte mitgenommen, was mitzunehmen möglich war und hatte seine letzten Tropfen aus der Stadt getragen, dorthin, wohin der Regen nicht gereicht hatte.
Er musste ihr sagen, dass es falsch war, an den Fluss zu glauben.

-Ist eigentlich alles in Ordnung bei Ihnen?

Das erste Mal, seit er hier war, redete jemand mit ihm, ohne ihm dabei seine Pranken auf die Schultern zu packen.

- Jaja, es ist alles in Ordnung.

Er würde sich jetzt stellen müssen. Für das Nichtstun.

- Warum sind Sie hier immer?

Er würde womöglich sagen müssen, dass er nichts tat.

- Und Sie?
- Ich verkaufe Oberhemden da an der Ecke. Ahja, bunte und
weiße Oberhemdchen.
- Dann werde ich mal vorbeischauen.
- Jaja. Die braucht man immer. Aber, Señor. Sie stehen
hier immer im Regen. Das ist doch scheiße. Seh mir das
schon `ne Weile an.
- Ganz richtig. Ich steh hier im Regen. Stör´ ich Sie dabei?
- Ja genau, Sie stören mich irgendwie.
- Ich störe Sie, indem ich hier stehe.
- Ja, Sie stören. Ich bin ja derjenige, der Ihr verzweifeltes
Dasein aus dem Fenster miterleben muss. Sie machen irgendwie
gar nichts. Sie sehen bemitleidenswerter aus als jeder
Penner, der hier im Viertel rumlungert.
- Ich bin blind.
- Das kann ich wohl sehen.
- Und ich warte hier auf jemanden.
- Ahja. Das hat Teresa schon gesagt.
- Bitte?
- Meine Frau. Sie sagt, dass es bestimmt um ‘ne Frau geht.
Sie hat immer ne verklärte Vorstellung von allem.
Der Regenmann ist wieder da, sagt sie mir immer.
Der wartet bestimmt auf die Regenfrau.

Der Oberhemdenverkäufer lachte jetzt über Teresa.

- Hören Sie auf zu lachen. Vielleicht warte ich auf `ne
Regenfrau.
- Jetzt verarschen Sie mich.

Nein. Nein. Das tat er nicht.

- Nein. Nein. Das tue ich nicht. Es geht eigentlich eher um
ihre Vorstellung vom Regen. Ich hab sie hier zufällig
getroffen. Und sie hatte so eine radikale Vorstellung vom
Regen.
- Eine radikale Vorstellung vom Regen.
- Ja, ja. So als Metapher, klar. Dass da eine Macht möglich
ist, wenn sich alles vereint. So ein rauschender Fluss.
Aber es geht ja gerade darum, dass die Stärke des Regens
darin liegt, sich nicht stoppen zu lassen, dort
aufzutreffen, wo es unangenehm ist, und keinen dabei
rücksichtslosen Schaden zu hinterlassen.
- Manchmal macht er das.
- Klar. Meistens aber doch nicht. Und dann spür ich ihn
ja doch.
- Da haben Sie wohl Recht.

Er war froh, als der Oberhemdenmann das endlich sagte.

- Sie sprechen sicher vom purpurfarbenen Fluss.
- Ich habe ihn mit verursacht.
- Das habe ich nicht gefragt.
- Es hat mich mein Augenlicht gekostet.
- Andere hat es noch viel mehr gekostet.
- Deswegen bin ich hier.
- Wissen Sie, es sollte Ihnen klar sein, dass Sie hier nicht
blind im Regen irgendeine Frau wiedertreffen, die nicht auf
Sie zukommen wird.
- Wahrscheinlich.
- Lassen Sie sie doch einfach rübergehen.
- Jaja.
- Das können Sie nicht sehen. Aber Teresa hängt da am Fenster
und guckt ganz aufgeregt hier her. Es war mir eine Freude,
Herr Regenmann.
- Ganz meinerseits.
- Ich hoffe, ich sehe Sie nicht mehr so oft hier stehen.

Es war das Letzte, was er sagte, bevor auch er über die Straße ging. Hernando selbst wollte nicht länger an der Kreuzung bleiben. Es regnete noch immer. Er klappte seinen Schirm zusammen und ging zurück zu seiner Wohnung. Nur ein Bruchteil der Tropfen blieb auf seiner Hand haften. Die Tropfen trafen zufällig auf seine Haut. Er war das größere Hindernis als die asphaltierte Straße. Sie kämpften mit seiner rauen Oberfläche, mit den feinen Härchen, die bis zur Mitte seiner Handoberfläche reichten.
Der Bürgersteig wurde von Fußgängern überflutet. Das Auftreten der Füße erzählte von der Eile, mit dem sie über die Pfützen hasteten. Die Straßenverkäufer hatten ihre Chance ergriffen, Schirme zu verkaufen und waren pünktlich zum Witterungsbeginn längst in ein tosendes Gebrüll verfallen, das nun gegen die Fassaden der verfallenen Hochhäuser Bogotás krachte. Die Kombination der Geräusche gefiel Hernando besser als die hässlichen Flöten der Cumbia. Wenn er nach Hause kam, um an seinen Bildern zu arbeiten, würde er sicher den Sender wechseln.
 

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Regenmann

Nach 18 Monaten fiel es Hernando nicht mehr schwer, zu erkennen, wann er seine Zeit verschwendete. Schon nach einer Ampelschaltung wusste er, ob er umsonst seinen Mantel von der Garderobe genommen hatte, und ob die Zugseile der Aufzugsanlage umsonst ihre heruntergekommene Kabine qualvoll durch den Schacht gezerrt hatten, nur um ihn die 10 Stockwerke bis zur Cr. Fernando Mazuera hinunter zu befördern.

Meistens, das wusste er sicher, verschwendete er die Zeit, wenn er in seinem wasserdichten Twill immer und immer wieder den übel schmeckenden Rauch der in Blech verpackten Motoren an sich vorbeiziehen ließ. Es hätte ihm gleichgültig sein können. Denn es machte keinen Unterschied, ob er sie oben in seinem Wohnzimmer oder draußen an der Fußgängerkreuzung verschwendete. Die Cumbia-Flöten fanden ohne ihn den Weg aus dem Radio durch die zwei Zimmer seiner Wohnung, wenn er den Knopf nicht runterdrückte, sodass er sich zu den Übrigen einreihte. Und wenn er die Bilder malte, machte er das gewiss nicht der Kunst wegen, sondern der einfachen Freude wegen, mit dem Pinsel seine Bilder auf der Leinwand zu hinterlassen. Obwohl er sich tagelang über den Übergang von schroff und glatt eines neuen Musters freuen konnte, ohne sich dafür zu schämen, war er jedes Mal peinlich berührt, wenn womöglich jemand auf der Straße zusah, wie er unbeweglich den Regen auf seinen Schirm trommeln ließ.

Unter den Wartenden fühlte er sich, als müsse er Rechenschaft darüber ablegen, mit wie wenig Inhalt er die kurzen Ampelperioden füllte. Dabei war es zum Regenguss gerade einfach, an der Kreuzung unentdeckt zu bleiben. Er kam erst dann, wenn die Verkäufer ihre Schleuderware schon gut mit den Planen verdeckt hatten und ihre vermummten Händlertische aus trockener Distanz im Auge behielten. Kurz nach dem Wolkenbruch. Die Fußgänger verließen den Bürgersteig, sobald die Ampel es ihnen erlaubte. Eine Bedrohung stellten allenfalls die in den Straßen verwachsenen nach Kloake und Missetat riechenden Stadtkreaturen dar, die ohne Vorbehalte dicht an seinen Mantel herankrochen und ihre Pranken nach ihm ausstreckten, weil sie längst vergessen hatten, wie man sich auf den Straßen zu verhalten hatte. Er hasste sie dafür, dass sie nicht nur ihr Elend entblößten, sondern es auch noch zur Schau stellten hier draußen.

Hernando selbst achtete besonders genau darauf, nicht hilflos auszusehen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Meist hielt er sein Smartphone in den Händen und drückte in regelmäßigen Abständen auf den Menü-Knopf, indessen er wartete. Es bewahrte ihn nie vor dem beklemmenden Gefühl, dass sie ihn die ganze Zeit anstarrten.

Es gab zu viele Momente, in denen die Zeitverschwendung überhandnahm. Die Situationen, in denen es regnete, aber niemand unterwegs war. In denen er alleine wartete und wusste, die Frau würde niemals die Straße überqueren. Oder in denen der Bürgersteig so überfüllt war, dass es unmöglich gewesen wäre, ihn unter seinem Regenschirm zwischen den anderen zu erreichen. Er hatte seinen Schirm immer dabei, auch wenn er ihn gerade so hielt, dass seine rechte Hand vor dem Regen nicht verschont blieb. Vor 18 Monaten waren die Regentropfen so erbarmungslos gegen sein Fenster geschlagen, dass er sich für den Schirm entschieden hatte. Von da an hatte er ihn gegen seinen Stock ausgetauscht.

„Schauen Sie, Señor, wie kräftig die Tropfen sind. Sie schlagen so lange und hart auf den Asphalt, dass es doch nur eine Frage der Zeit ist, bis der Widerstand bricht. Sie vereinigen sich zu Rinnsalen, die sich zusammenschließen und die Straße in einen reißenden Fluss verwandeln möchten. Sehen Sie doch Señor, der Tropfen fügt sich da vielleicht noch dem Gebauten, aber früher oder später werden sich doch alle im reißenden Fluss vereinen.“

Sie war bei Grün einfach mit den anderen mitgegangen. Er hatte die Möglichkeit verpasst, sie am Mantel zu packen. Wenn er gewusst hätte, dass er noch 547 Tage später auf sie wartete, wenn er ihre waghalsigen Worte nur sofort begriffen hätte, dann hätte er ihren Mantel gepackt, der seine Hand geschliffen hatte, und sie vor Grün zurückgezogen, um sie zurechtzuweisen. Ihre Stimme war zu jung und flatterig gewesen, um sich der Gefahr bewusst zu werden, vor der Leichtigkeit, mit der sie ihre Worte wählte. Er selbst war bereits im Fluss geschwommen. In den aufgesprungenen Arterien mitten in der Stadt, die mit geballter Wut zwischen den Häusern heruntergeflossen waren und weder die Fußgänger, die Verkäufer auf den Straßen noch die armseligen Straßenkreaturen verschont hatten. Das purpurfarbene Gewässer hatte mitgenommen, was mitzunehmen möglich war und hatte seine letzten Tropfen aus der Stadt getragen, dorthin, wohin der Regen nicht gereicht hatte.


-Ist eigentlich alles in Ordnung bei Ihnen?

Das erste Mal, seit er hier war, redete jemand mit ihm, ohne ihm dabei seine Pranken auf die Schultern zu packen.

- Jaja, es ist alles in Ordnung.

Er würde sich jetzt stellen müssen. Dem Nichtstun.

- Warum sind Sie hier immer?

Er würde womöglich sagen müssen, dass er nichts tat.

- Und Sie?
- Ich verkaufe Oberhemden da an der Ecke. Ahja, bunte und
weiße Oberhemdchen.
- Dann werde ich mal vorbeischauen.
- Jaja. Die braucht man immer. Aber, Señor. Sie stehen
hier immer im Regen. Das ist doch scheiße. Seh mir das
schon `ne Weile an.
- Ganz richtig. Ich steh hier im Regen. Stör´ ich Sie dabei?
- Ja genau, Sie stören mich irgendwie.
- Ich störe Sie, indem ich hier stehe.
- Ja, Sie stören. Ich bin ja derjenige, der Ihr
verzweifeltes Dasein aus dem Fenster miterleben muss. Sie
machen irgendwie gar nichts. Sie sehen
bemitleidenswerter aus als jederPenner, der hier im
Viertel rumlungert.
- Ich bin blind.
- Das kann ich wohl sehen.
- Und ich warte hier auf jemanden.
- Ahja. Das hat Teresa schon gesagt.
Meine Frau.
Sie hat immer ne verklärte Vorstellung von allem.
Der Regenmann ist wieder da, sagt sie mir immer.
Der wartet bestimmt auf die Regenfrau.

Der Oberhemdenverkäufer lachte jetzt über Teresa.

- Hören Sie auf zu lachen. Ich warte auf `ne
Regenfrau.
- Jetzt verarschen Sie mich.

- Nein. Nein. Das tue ich nicht. Es geht eigentlich eher um
ihre Vorstellung vom Regen. Ich hab sie hier zufällig
getroffen. Und sie hatte so eine radikale Vorstellung vom
Regen.
- Eine radikale Vorstellung vom Regen.
- Dass da eine Macht möglich
ist, wenn sich alles vereint. So ein rauschender Fluss.
Aber es geht ja gerade darum, dass die Stärke des Regens
darin liegt, sich nicht stoppen zu lassen, dort
aufzutreffen, wo es unangenehm ist, und keinen dabei
rücksichtslosen Schaden zu hinterlassen.
- Manchmal macht er das.
- Klar. Meistens aber doch nicht. Und dann spür ich ihn
ja doch.
- Da haben Sie wohl Recht.

Er war froh, als der Oberhemdenmann das endlich sagte.

- Sie sprechen sicher vom purpurfarbenen Fluss.
- Ich habe ihn mit verursacht.
- Das habe ich nicht gefragt.
- Es hat mich mein Augenlicht gekostet.
- Andere hat es noch viel mehr gekostet.
- Deswegen bin ich hier.
- Wissen Sie, es sollte Ihnen klar sein, dass Sie hier nicht
blind im Regen irgendeine Frau wiedertreffen, die nicht auf
Sie zukommen wird.
- Wahrscheinlich.
- Lassen Sie sie doch einfach rübergehen.
Das können Sie nicht sehen. Aber Teresa hängt da am
Fenster und guckt ganz aufgeregt hier her. Es war mir
eine Freude, Herr Regenmann.
- Mhh.
- Ich hoffe, ich sehe Sie nicht mehr so oft hier stehen.

Es war das Letzte, was er sagte, bevor auch er über die Straße ging. Hernando selbst wollte nicht länger an der Kreuzung bleiben. Es regnete noch immer. Er klappte seinen Schirm zusammen und ging zurück zu seiner Wohnung. Nur ein Bruchteil der Tropfen blieb auf seiner Hand haften. Die Tropfen trafen zufällig auf seine Haut. Er war das größere Hindernis als die asphaltierte Straße. Sie kämpften mit seiner rauen Oberfläche, mit den feinen Härchen, die bis zur Mitte seiner Handoberfläche reichten.
Der Bürgersteig wurde von Fußgängern überflutet. Das Auftreten der Füße erzählte von der Eile, mit dem sie über die Pfützen hasteten. Die Straßenverkäufer hatten ihre Chance ergriffen, Schirme zu verkaufen und waren pünktlich zum Witterungsbeginn längst in ein tosendes Gebrüll verfallen, das nun gegen die Fassaden der verfallenen Hochhäuser Bogotás krachte. Die Kombination der Geräusche gefiel Hernando besser als die hässlichen Flöten der Cumbia. Wenn er nach Hause kam, um an seinen Bildern zu arbeiten, würde er sicher den Sender wechseln.
 



 
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