Reine Gewaltdarstellung = schriftstellerisches Unvermögen?

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Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Leute,

keine Sorge – ich will mich hier nicht beklagen, weil man mir etwas unter dem Hintern wegzensiert hat. Erstens ist das nicht der Fall und zweitens sind ja die Diskussionen darüber bereits schon häufig entbrannt und zum Teil sogar mal wieder im Gange.

Gerade die letzte Debatte (ein Lied über Zensur... ) habe ich mal etwas verfolgt und dabei festgestellt, dass sich hier zwei Meinungen ziemlich unversöhnlich gegenüber stehen.

a) Ablehnung von übertriebener Gewaltdarstellung (und das nicht mal vehement, sondern in recht leisen Tönen)

b) Stures Beharren auf der Meinung, dass Gewaltdarstellungen etwas legitimes (weil ja nur der Phantasie entspringendes) Element von Literatur sein sollten.

Ich bin so frei und behaupte mal ganz einfach: „Beide haben zunächst erst mal Recht!“
Ich gehe sogar soweit und befürworte die Darstellung von Gewalt in ihrer ganzen, ihr innewohnenden Grausamkeit. Auch um Pornographie in all ihren (zum Großteil mit Gewalt gemischten) Spielarten, bis hin zur Kinderpornographie glaube ich, keinen Bogen machen zu müssen. Die Frage ist dabei doch nicht, w a s stelle ich w i e dar, sondern was will ich damit erreichen. Und hier liegt meines Erachtens der Hund begraben. Will ich nur etwas abbilden oder möchte ich meinem Leser eine Botschaft (mag ein wenig hochtrabend klingen) vermitteln bzw. zumindest meinen Standpunkt, meine Wertung oder mein Anliegen deutlich machen. Und genau das fehlt hier meistens.
Columbias Aussage (die hier nur stellvertretend für ähnliche Meinungen stehen soll): „Mein Verhältnis zu (fiktiver) Gewalt ist nur für Menschen mit einer weniger deutlichen Unterscheidung zwischen Realität und Phantasie problematisch.“ ist gelinde gesagt „zynisch“. (Da nützt auch die kindlich naive Beteuerung, man könne ja in Wirklichkeit gar kein Blut sehen, überhaupt nichts, denn davon weiß der Leser nix. Ich persönlich kann sehr wohl Blut sehen, vermeide es aber, zu oft darin zu waten)
Allein, wenn der Autor zugeben muss, dass seine Texte bei einer bestimmten Gruppe von Menschen Schaden hervor rufen k ö n n t e, ist das problematisch – weil verantwortungslos - genug.
Und noch was in diesem Zusammenhang – wo ist hier eigentlich wirklich Phantasie im Spiel? Ich behaupte: das Gegenteil ist meist der Fall! Gerade wenn es um die Darstellung von platten Gewalt- oder Sexorgien geht, ist Phantasielosigkeit (da alles längst bekannt) an der Tagesordnung. Meist handelt es sich um reine Abbilder, und wenn wirklich ein paar Gramm Phantasie mitgespielt haben sollten, um Zerrbilder der Realität. Größtenteils weiter nichts, als das, was man auch in den Medien verfolgen kann oder schlimmstenfalls bereits selbst erlebt hat. Selbst das geschickte Umgießen eines trockenem Zeitungsrohlings in literarische vielleicht sogar anspruchsvolle Formen kann bei genauerem Hinsehen nicht darüber hinweg täuschen. Umgekehrt entblättere man eine solche Geschichte von allen stilistischen Schnörkeln – und schon bleibt ein Inhalt, der kaum den einer Zeitungsnotiz übertrifft.
Also – ich bleibe dabei. Nackte Gewalt oder platte Pornographie um ihrer selbst Willen ist phantasielos. So – nun geht vielleicht ein Aufschrei durch die Menge betroffener Autoren. Es ist mir aber nicht selten passiert, dass solche Autoren, wenn man sie wegen ihrer Darstellung kritisierte, sich empört darauf beriefen, sich doch an die Realität gehalten und daher alles glaubhaft „rüber gebracht“ zu haben. Tja – was denn nu? Wie hätten es die selbsternannten „Realitätsphantasten“ oder „Phantasierealisten“ denn nun gern?

Die Beschreibung der Realität in ihrer ganzen Trostlosigkeit und Brutalität (es soll aber auch noch andere Dinge geben) ist in meinen Augen überhaupt nichts Verwerfliches. Man sollte davor nicht die Augen verschließen und keinesfalls nur einen auf „heile Welt“ machen. Ganz und gar nicht. Aber man sollte sich immer die Frage stellen: Was will ich beim Leser erreichen? Ok. Jetzt wird man sagen, was kann ich mehr, als zu unterhalten. Tja – aber wo kann ich andererseits mehr Einfluss auf bestimmte Denkschematas ausüben, als durch eben diese Unterhaltung. Dafür brauche ich sicherlich gar keine Beispiele erst nennen. Und da genau liegt nicht nur die Chance, sondern meiner Meinung nach auch die Pflicht eines Autors. Bücher verändern nur selten die Welt, aber sie können Denkanstöße geben. Darum geht es mir hier. Wenn ich haarklein beschreibe, wie irgendeine schön finster beschriebene Gestalt, sich an ein wunderschönes Mädchen heran macht, um sie nach detailliert beschriebener Vergewaltigung mit der Motorsäge in kleine Stücke zu zerschneiden – dann mag das vielleicht sogar unterhaltend sein. Wenn ich aber dieses Mädchen in völlig anderen Situationen agieren lasse, sie dem Leser vertraut mache, ihn dazu bringe, dass er sich mit ihr freut und leidet, dass ihr Dasein ihn berührt und dass er zeitweilig sogar vergisst, es hier nur mit einer Kunstfigur zu tun zu haben, dann wird dieser Leser bei der Vergewaltigungs- und Zersägungsszene (die aber nicht der Höhepunkt der Geschichte sein darf) mit ihr leiden und eine fürchterliche Wut auf den Sägekettenführer bekommen. Das ist dann mehr als reine Unterhaltung. Da könnte ich etwas bewirkt haben. Ich gebe zu, das war kein tolles, weil vielleicht zu krasses Beispiel. Aber ein solches Herangehen wäre dem Leser gegenüber sicherlich schon eine Spur verantwortungsvoller.

Ein derartiges (und nicht selten gut geplantes) Vorgehen eines Autors verlangt aber eines: Lange Texte. Ich behaupte mal ganz einfach, dass man solche kritischen Themen ganz einfach nicht in einem 1-3-Seiten-Geschichtchen abhandeln kann. Aber mehr wird ja hier kaum gelesen. Und daher mein Fazit: Man sollte (wenn man kein Meister seines Faches ist – und wer von uns ist das schon?) bei Kurzgeschichten ganz einfach die Finger von solchen Gewaltdarstellungen lassen. Für mich ist das reine Effekthascherei von Leuten, die hier rasch beklatscht werden wollen und dabei den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Am Ende beweist das aber nur Kurzatmigkeit. Wer ernsthaft und vor allem mit langem Atem schreiben will, wird sich anderen Themen zuwenden und irgendwann – wenn er Erfahrung gesammelt hat – gelegentlich dorthin zurück kehren. Aber nicht, um aufzufallen, sondern weil er solche Szenen zur Umsetzung eines viel mehr umspannenden Werkes braucht
Übrigens: Manchmal habe ich den Eindruck, die Kurzgeschichte wird zur Hure aller möglicher Plots gemacht, nur weil viel zu viele Anfänger glauben, Kurzgeschichten zu schreiben sei einfach. Das mag auch der Grund sein, warum man zumindest ansprechende Texte so schwer auf der KG-Müllhalde findet.

Ralph
 

Aceta

Mitglied
Guten Abend -
ich finde, hier wird der Autor dem Anspruch seines Mottos gut gerecht. Vielen Dank für diesen Beitrag!

Schreiben ist Kunst (so denn man/frau die Kunst beherrscht) ;-}}
- und Kunst ist die Fähigkeit eines Künstlers, komplexe Konstrukte von Gedanken, Gefühlen, Ängsten, Sehnsüchten in Formen zu gießen, welche beim Leser entwieder diese komplexen Empfindungen wieder hervorrufen - oder den Leser (auch: Betrachterin, Zuhörer(in) ...) sogar dazu bringen, vom Kunstwerk und den dadurch ausgelösten komplexen Emotionen ausgehend eine Entwicklung zu neuem Verständnis und Empfinden zu machen.
Kunst muß dazu meiner Meinung nach einen Spielraum für die Phantasie lassen - und die realistische, detailgenaue Darstellung läßt viel weniger Raum, als diejenige, welche auf eine Reise in die Phantasie schickt, den Vergleich mit eigenen Erlebnissen der Leserin/ des Betrachters /Besuchers ... bewegt -
Gerade in der erotischen Literatur überlege ich oft, wieviel "Darstellung" als Anregung gebraucht wird, und wann die Pornographie einsetzt ...

Mit harter Gewaltdarstellung habe ich mich vor vielen Jahren auseinandergesetzt: da wurden Folterpraktiken in chilenischen Gefängnissen beschrieben - haarklein: wie Männern die Genitalien grausam zerquetscht und Frauen mit kleinen Krokodilen vergewaltigt wurden ...
Es hatte eine seltsame Anziehung (damals war ich vielleicht 12 Jahre alt ??) - und war erschreckend und abstoßend zugleich. Immerhin: Lust auf Qual hat es mir nicht gemacht, sondern Mitgefühl und Sorge um die armen Opfer in mir erzeugt, und bis heute denke ich, wenn ich mit Gewaltopfern zu tun habe, auch an diese Darstellungen zurück: wissend, daß es so deutlich längst nicht immer gesagt wird - aber so und vielleicht noch schlimmer erlebt wurde.
Ob es aber Menschen gibt, die durch solche Darstellungen angeregt werden zur Nachahmung - dann muß ich befürchten, wird die Welt grausamer und schlechter dadurch, daß es solche Schreiberei gibt.
Letztlich gilt da, was wohl den Kreis schließt und so schwierig ist: für den geeigneten Leser ist kein Text falsch oder schlecht. Aber der Autor muß von vorn herein Wege suchen, ungeeignete Leser(innen) auszuschließen.
Ob das möglich ist?
Amokschützen und Vergewaltiger, Mörder und Triebtäter sind sicherlich auch deshalb so, weil ihnen für sie falsche Quellen zugänglich waren...
Oder muß der Text selbst die Wertung mit beinhalten - die Ächtung des "Bösen" der Kunst innewohnen und Teil eines "guten" Kunstwerkes sein?!

Aceta
 

Antaris

Mitglied
Fall für den Meisenjäger

Hallo allerseits,

Reine Gewaltdarstellungen als Selbstzweck sind kein literarisches Problem sondern ein charakterliches Defizit des Schreibenden - also ab zum Psychologen mit dem Möchtegerneautor, und nicht an die Öffentlichkeit.

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 

Aceta

Mitglied
Zensur durch "Meisenjäger"?

Liebe Antaris,
wann ist etwas "rein" - und wann eine "reine
Gewaltdarstellung" - ist Information ein legitimer
Zweck - oder ist es dann "Selbstzweck"?
Wie bewertest Du Nachrichten ?
Ist die Tatsache, einem Gewalttäter auf diese
Weise öffentliche Beachtung zukommen zu lassen
vielleicht schon verwerflich?
Sollten wir eine strenge Zensur fordern - und nur
noch "Kuscheldarstellungen" zulassen?
Deine Überschrift ließ mich schmunzeln -
aber ich glaube, Du zeigst eine zu einfache Lösung ...
Zensieren am Ende die "Meisenjäger"?
*lächel*
Ich finde, Ralph hat eine verdammt aktuelle Frage
aufgeworfen - und ich bin froh, daß es aus der
Plauderecke hierher verschoben wurde.

Aceta
 

itsme

Mitglied
.....

Gewaltdarstellungen, egal durch welche Medien, machen aus einem halbwegs gefestigtem und geborgenen Jugendlichen oder Erwachsenen keinen Gewalttäter.

Gleichwohl, Gewalt als Selbstzweck in der Darstellung stößt mich ab. In meinen Geschichten verwende ich Gewalt- oder explizite Sexdarstellungen nur, wenn ohne ein wichtiges Element fehlen würde. Im Gegensatz zu Ralpf glaube ich aber, dass sich auch in Kurzgeschichten solche Darstellungen sinnvoll verwenden lassen, ja manchmal sogar geboten sind ... drastisch vielleicht, aber knapp, mit noch mehr Anspruch an die Fantasie als in langen Texten.


Grüßlinge
itsme
 

Haget

Mitglied
Wieviele Jugendliche (usw.) sind

MoinMoin zusammen.
Gewalt, von der Kinder, Jugendliche und vielleicht auch Erwachsene lesen, hören oder sehen wird diese niemals zu eigenen Gewalttaten animieren!

Oder doch? Kleine Tatsachengeschichte ohne fremde Gewalt:
Ich war 7-8 Jahre alt, als ich zusah, wie „ältere“ Jungs (+ 2 Jahre) eine Schachtel Zündhölzer „explodieren“ ließen, indem sie ein brennendes Zündholz hineinhielten. Imponierte mir! Also auch aus der Waschküche (damals noch Waschkessel mit Holz-Kohle-Feuerung) Zündhölzer entwendet und im Beisein gleichaltriger Freunde die Sache vorgeführt. Dabei natürlich genau aufgepasst und zugeschaut - die kleine Explosion genau unter meiner Nase. Ich sah und roch schlimm! (Später hatte ich außerdem hässliche Striemen am Hintern - andere Zeiten!)

War ich nur dumm? Klar. Aber andere sind es auch und der Nachahmungstrieb ist groß! Und auch der Wunsch, einmal „groß raus zu kommen“. Besser als gar nicht ist es dann eben noch, als Täter in der Zeitung zu stehen.

Zensur hilfreich? Möglich, aber der Schaden durch Zensur bei den öffentlichen Medien ist zweifellos wesentlich größer. Fangen wir also alle an - vielleicht gibt es da ja auch einen Nachahmungstrieb? - uns selbst zu zensieren und mit (z. B.!) Gewaltdarstellung zurückzuhalten. Auch negativ gedachte Gewaltdarstellung wirkt auf viele genau wie G-Verherrlichung! - MEINE Meinung.
 
L

Luc Jouret

Gast
Patentrezept

An (fast) alle!

Ich hab die Lösung:

Gewalt ist scheiße und böse, daß sie existiert ist ja wohl eher ein unglücklicher Zufall. Also raus mit ihr aus der Literatur. Jetzt werden einige wohl an das unschöne Wort Zensur denken. Wir sollten es durch Säuberung ersetzen. Alle Gewaltdarstellungen sind zu verbannen von der Lupe. Nur noch Liebesgedchte und -texte!!! Aber aufpassen: keine Pornographie. Richtet Euch also bei der Wahl Eurer Wörtern nach demjenigen, der das sensibelste Empfinden hat, und fragt am besten vorher um Rat. So wird neimandem der Taxt übel aufstoßen. Für eine Sitten-Polizei auf der Lupe!! Und im Hintergrund sollte noch eine LuSi (Lupensicherheit) operieren, damit auch alle mitmachen. Dann können wir alle hier unsere Eierkuchen backen und uns schöne Kommentare hin- und herschicken, in denen wir uns für unsere friedliebenden Texte loben. Und nebenbei sollten wir in uneingeschränkter Solidarität alle Amerikaner werden. Nicht wahr?
Luc
 

Haget

Mitglied
MoinMoin Luc Jouret,
manchmal ist es schon sehr hilfreich, wenn man erst richtig (= ganz) liest und dann antwortet. Hier geht es nicht um Gewalt allgemein! Wenn Gewalt zu einem Werk gehört, darf sie sicherlich ge- und beschrieben werden. Wem es aber nur darum geht, die ,,nackte Gewalt'' darzustellen, dem ist Literatur zweitrangig.
 
L

Luc Jouret

Gast
Gleichschaltung

Bonjour Haget!

Wieso darf nicht nur Gewalt dargestellt werden? Es gibt sie, sie ist Teil der menschlichen Natur, und insofern ist es auch gerechtfertigt, sie in Literatur zu verarbeiten, bzw. "Gewalt-Literatur" zu verfassen. Wem das nicht gefällt, der brauch es auch nicht lesen. Er kann es sagen, und in Zukunft weiß er über den Autoren Bescheid.
......
Wahrscheinlich wird mein Beitrag eh gleich wieder gelöscht, ........
Dann werde ich rausgeschmissen, und schon wieder wurde die Lupe gleicher geschaltet.

Luc

Wie wahr, wie wahr...
und wie Recht er doch hat ;-) Gruß Gegge
 

Svalin

Mitglied
Anmerkung zum Zensurbegriff und -verständnis

Ursprünglich veröffentlicht von Luc Jouret
[...] Jetzt werden einige wohl an das unschöne Wort Zensur denken.[...]
Der Begriff "Zensur" im Volksmund

Vielfach versteht der "normale Bürger" unter dem Begriff "Zensur" jedoch nicht die Vorzensur, wie sie das Grundgesetz eindeutig verbietet, sondern alle Einschränkungen (Nachzensur), die, bedingt durch allgemeine Gesetze und gesetzliche Bestimmungen*, getroffen werden. Weiterhin werden oftmals auch Verbote durch natürliche oder juristische Personen als Zensur bezeichnet. Beispiele hierfür sind der Artikel in der Schülerzeitung, der vom Direktor nicht genehmigt wird oder die freundliche Aufforderung des Internet-Providers, bestimmte Elemente aus der eigenen Homepage zu entfernen. Im Sinne der juristischen Begriffsdefinition ist dies jedoch keine Zensur, denn weder der Provider noch der Direktor sind der Staat. Und nur dieser kann überhaupt zensieren. In allen anderen Fällen nennt man den Effekt "Marktwirtschaft", "Vertragsfreiheit" oder "die bessere Position".

(aus "Krisen in Computernetzen - Zensur im Internet" von Stefan Eiselt)

Grüße Martin
________________________
* aus dem Staatsvertrag über Mediendienste:
II. Abschnitt: Besondere Pflichten und Rechte der Anbieter
§ 8 Unzulässige Mediendienste
(1) Angebote sind unzulässig, wenn sie
2. grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt (§ 131 StGB)
 

Antaris

Mitglied
Meisenjäger

Hallo Aceta,

lies bitte nochmal genauer, von was in meinem posting die Rede war, nämlich von Gewaltdarstellungen als reinem Selbstzweck. So lange Gewaltdarstellungen in einem einigermaßen nachvollziehbaren Verhältnis zu anderen Erzählinhalten gesetzt mag sie durchgehen. Tatsächlich stecken hinter der alltäglichen Gewalt, medienwirksam frei Haus geliefert, oft handfeste andere Interessen. Ehe Du gleich wieder auf die Barrikaden springst sage ich Dir lieber, dass ich Gewalt als Mittel zum Zweck auch nicht legitimieren will.

Was ich schlichtweg für überflüssig halte sind eben jene ansonsten zweckfreien Gewaltdarstellungen, sorry, aber ich bleibe dabei: wer sich daran berauschen muss gehört unter professionelle Aufsicht.

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 

Renee Hawk

Mitglied
"...für den geeigneten Leser ist kein Text falsch oder schlecht. Aber der Autor muß von vorn herein Wege suchen, ungeeignete Leser(innen) auszuschließen....
Amokschützen und Vergewaltiger, Mörder und Triebtäter sind sicherlich auch deshalb so, weil ihnen für sie falsche Quellen zugänglich waren..." Zitat ende

das war für mich die peinlichste Aussage der gesamten Diskussion ... ich beantrage Feuerbestattung aller Belletristiker ...

Grüße
Reneè
 

Aceta

Mitglied
also - lesen können die Meisten hoffentlich selbst - und dann den gesamten Beitrag.
Es ist schon ein selten dämliches Posting, einen Teil eines anderen Beitrags aus dem Zusammenhang zu reißen und daraus einen Beitrag machen zu wollen.
Disqualifikation !

Aceta
 

Renee Hawk

Mitglied
Ich empfinde es als ziemlich peinlich in einer solchen Diskussion diese Aussage zu lesen, was andere darüber denken und was deren Meinung ist, höre ich mir gern an, kein Problem, nur ich bin der Meinung, dass der Autor für den Inhalt seines Werkes die Verantwortung trängt und nicht für dessen Interpretation vom Leser - da sollte man sich im klaren sein, das man die Menschen nur auf die Stirn schauen kann und nicht dahinter, daher ist für mich diese von mir zitierte Aussage ziemlich blauäugig und peinlich gewesen - zu mal Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung zwei völlig verschiedene Schuhe und subjektive Ansichtssachen sind.

Disqualifikation auf Grund eines Zitates? Da frage ich mich, ob die Selbstwahrnehmung nicht etwas überheblich ist? Mit welcher Begründung sagst du was richtig und falsch ist?

In Zukunft werde ich deine Beitrag meiden und meine Kommentare für mich behalten, ich habe keine Lust mit dir ständig einen Konflikt auszutragen auf Grund von Unverständnis und Intoleranz.

Gruß
Reneè
 

Aceta

Mitglied
Dein Problem, Renee,
ist, es nicht einmal verstanden zu haben.
Das Zitat gibt nicht die Schlußfolgerung
des Beitrags wider - sondern greift
einen öffentlich nach dem Drama des Schul-Attentats
diskutierten Gedanken auf.
Ich schließe mich dem nicht an.
Ich bekenne mich stattdessen zu einer
kunstimmanenten Verantwortung,
beispielsweise Gewalt nicht zu verherrlichen,
sondern die Problematik im Kunstwerk selbst
zu verarbeiten.

Außer bei solchen Beiträgen in der Diskussion
anderer Autoren werden wir uns
in der Tat nicht mehr begegnen: ich
lese Deine Texte auch nicht mehr.
die Konsequenz wünsche ich mir
umgekehrt auch:

Vielleicht ist Vermeidung eine De-Eskalation,
die man gelegentlich wählen muß,
Konflikte zu bewältigen - wobei wir da
beinahe auf der Ebene des unglücklichen Zitats
wären - aber wenn es zwischen uns
funktioniert, wäre selbst das ein
"bißchen Frieden"!

T'schüß -

Aceta
 

Aceta

Mitglied
offener Brief an RTL 2

zu diesem Thema:

unabhängig von dieser Diskussion - aber m.E. passend zu diesem Thema, das mich nicht nur in der LL beschäftigt, möchte ich hier einen Brief zu lesen geben, geschrieben an den Sender RTL 2, in ähnlicher Form auch an n-tv.
____________________________________________


Sehr geehrte Damen und Herren,

heute haben wir in unserer Familie beschlossen, RTL II zu indizieren. Sendungen wie Dragonball Z stellen eine Gewaltverherrlichung dar, ohne den Kindern realistisch Wertvorstellungen und Lebensideale aufzuzeigen.
Wir haben uns in Anlehnung an eine Elterninitiative zu diesem Schritt entschlossen und werden die weitere Entwicklung in den nächsten Wochen beobachten, sollten Sie diese und vergleichbare Sendungen weiterhin ausstrahlen, werden wir RTL 2 aus der Programmliste löschen.

Erfurt hat gezeigt, daß mit der hemmungslosen Gewaltdarstellung insbesondere Heranwachsenden offensichtlich ein Lebensbild vermittelt wird, das die soziale Wirklichkeit in einer dramatischen Weise negativ beeinflußt.
Wir appellieren an Sie, freiwillig und eigenverantwortlich geeignete Maßnahmen zu treffen.

Dabei sind wir uns durchaus auch darüber im Klaren, daß Ihr Sender einen gewissen "Ruf" der Aktualität besitzt. Umso wichtiger ist es, daß Sie diese mediale Verantwortung nutzen, negative gesellschaftliche Entwickungen und Auswirkungen der Programme zu vermeiden und pädagogische Aspekte zu berücksichtigen.
Wir fordern dabei keineswegs eine Selbst-Zensur - sondern einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ihnen gegebenen Macht.

Werte und Tugenden wie "Ehre", "Tapferkeit", "Ehrlichkeit" sind Elemente, die durchaus auch in den Sendungen berührt werden - deren Vermischung mit brutalster Gewaltanwendung, mit unrealen Totenreichen, aus denen Helden mit Zaubermitteln zurückgeholt werden indes vermitteln den Kindern und Heranwachsenden nicht eine brauchbare Lebensphilosophie, sondern eine frustrane Resignation, aus der sich Eruptionen wie Erfurt entwickeln könnten. Dieses Einzelereignis möchten wir keineswegs Ihrem Programm anlasten - eine Entwicklung zu solchen Taten indes sehrwohl.

Ziehen Sie die Konsequenz:

sofern noch nicht eingerichtet, empfehlen wir Ihnen einen "Ethik-Rat" mit einem Veto-Recht bereits im Vorfeld der Ausstrahlung von Sendungen.
Die Meldung etwa "diese Sendung wurde wegen Intervention des unabhängigen Ethik-Rates abgebrochen" hätte ich mir gewünscht, während CNN und n-tv Bilder von sich unter Wurfgeschossen duckenden Journalisten brachte, die "life" aus Berlin von Anti-Bush-Demos berichteten ...
Den Gewalttätern kein Forum - sondern nur bedauernd kommentierende Berichterstattung!

"Zensur von Nachrichten??" werden einige jetzt empört schreien:
aber dann, wenn die möglichst spektakuläre Darstellung erst die Quote schafft, wird möglicherweise die Ursache zur Botschaft - und die Medien zum Mittel der Rechtfertigung, statt zur Klage. - Klage nämlich: das ist doch eigentlich, was wir empfinden wollen, wenn unschuldige Menschen zu Schaden kamen - und nicht geiles Gaffertum, oder?
Nachrichten müssen sich darauf besinnen ...

Zurück zur Gewaltverherrlichung in Dragonball Z: "Sterben" wird hier etwas relatives - welch schlimme Entwicklung - und was wird das für Folgen haben, den Kindern und Jugendlichen vermittelt, und für deren zukünftige Achtung vor dem Leben?

Aceta
 

gladiator

Mitglied
Kleiner Einwurf!

Am Wochenende habe ich "Vom Winde verweht" gesehen. Da wird in einer Szene in einem Lazarett der Südstaatler einem Verletzten das Bein abgesägt. Nichts zu sehen, das Ganze spielte sich nur in der Mimik der Scarlett O'Hara-Darstellerin und im Geschrei des Verletzten ab. Ich finde, es ging ziemlich unter die Haut und hat durch den Verzicht auf das Zeigen der Amputation nichts verloren.

Gruß
Gladiator
 

Aceta

Mitglied
Gewalt in

Hi Gladiator,

In "Vom Winde verweht" wird kein Zweifel am Entsetzen gelassen, welches die Gewalt verursacht hat. Damit findet eine eindeutige Bewertung statt - Gewalt nicht als lustvoll, sondern als erschreckend.
Gewalt ist auch nicht Selbstzweck in diesem Werk - sondern wird zur Weckung positiver Gefühle als Negativbeispiel genutzt.
Die beschriebene indirekte Vermittlung ist besonders genial und unterstreicht die Klasse des Werkes.

Aceta
 



 
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