Hallo Leute,
keine Sorge – ich will mich hier nicht beklagen, weil man mir etwas unter dem Hintern wegzensiert hat. Erstens ist das nicht der Fall und zweitens sind ja die Diskussionen darüber bereits schon häufig entbrannt und zum Teil sogar mal wieder im Gange.
Gerade die letzte Debatte (ein Lied über Zensur... ) habe ich mal etwas verfolgt und dabei festgestellt, dass sich hier zwei Meinungen ziemlich unversöhnlich gegenüber stehen.
a) Ablehnung von übertriebener Gewaltdarstellung (und das nicht mal vehement, sondern in recht leisen Tönen)
b) Stures Beharren auf der Meinung, dass Gewaltdarstellungen etwas legitimes (weil ja nur der Phantasie entspringendes) Element von Literatur sein sollten.
Ich bin so frei und behaupte mal ganz einfach: „Beide haben zunächst erst mal Recht!“
Ich gehe sogar soweit und befürworte die Darstellung von Gewalt in ihrer ganzen, ihr innewohnenden Grausamkeit. Auch um Pornographie in all ihren (zum Großteil mit Gewalt gemischten) Spielarten, bis hin zur Kinderpornographie glaube ich, keinen Bogen machen zu müssen. Die Frage ist dabei doch nicht, w a s stelle ich w i e dar, sondern was will ich damit erreichen. Und hier liegt meines Erachtens der Hund begraben. Will ich nur etwas abbilden oder möchte ich meinem Leser eine Botschaft (mag ein wenig hochtrabend klingen) vermitteln bzw. zumindest meinen Standpunkt, meine Wertung oder mein Anliegen deutlich machen. Und genau das fehlt hier meistens.
Columbias Aussage (die hier nur stellvertretend für ähnliche Meinungen stehen soll): „Mein Verhältnis zu (fiktiver) Gewalt ist nur für Menschen mit einer weniger deutlichen Unterscheidung zwischen Realität und Phantasie problematisch.“ ist gelinde gesagt „zynisch“. (Da nützt auch die kindlich naive Beteuerung, man könne ja in Wirklichkeit gar kein Blut sehen, überhaupt nichts, denn davon weiß der Leser nix. Ich persönlich kann sehr wohl Blut sehen, vermeide es aber, zu oft darin zu waten)
Allein, wenn der Autor zugeben muss, dass seine Texte bei einer bestimmten Gruppe von Menschen Schaden hervor rufen k ö n n t e, ist das problematisch – weil verantwortungslos - genug.
Und noch was in diesem Zusammenhang – wo ist hier eigentlich wirklich Phantasie im Spiel? Ich behaupte: das Gegenteil ist meist der Fall! Gerade wenn es um die Darstellung von platten Gewalt- oder Sexorgien geht, ist Phantasielosigkeit (da alles längst bekannt) an der Tagesordnung. Meist handelt es sich um reine Abbilder, und wenn wirklich ein paar Gramm Phantasie mitgespielt haben sollten, um Zerrbilder der Realität. Größtenteils weiter nichts, als das, was man auch in den Medien verfolgen kann oder schlimmstenfalls bereits selbst erlebt hat. Selbst das geschickte Umgießen eines trockenem Zeitungsrohlings in literarische vielleicht sogar anspruchsvolle Formen kann bei genauerem Hinsehen nicht darüber hinweg täuschen. Umgekehrt entblättere man eine solche Geschichte von allen stilistischen Schnörkeln – und schon bleibt ein Inhalt, der kaum den einer Zeitungsnotiz übertrifft.
Also – ich bleibe dabei. Nackte Gewalt oder platte Pornographie um ihrer selbst Willen ist phantasielos. So – nun geht vielleicht ein Aufschrei durch die Menge betroffener Autoren. Es ist mir aber nicht selten passiert, dass solche Autoren, wenn man sie wegen ihrer Darstellung kritisierte, sich empört darauf beriefen, sich doch an die Realität gehalten und daher alles glaubhaft „rüber gebracht“ zu haben. Tja – was denn nu? Wie hätten es die selbsternannten „Realitätsphantasten“ oder „Phantasierealisten“ denn nun gern?
Die Beschreibung der Realität in ihrer ganzen Trostlosigkeit und Brutalität (es soll aber auch noch andere Dinge geben) ist in meinen Augen überhaupt nichts Verwerfliches. Man sollte davor nicht die Augen verschließen und keinesfalls nur einen auf „heile Welt“ machen. Ganz und gar nicht. Aber man sollte sich immer die Frage stellen: Was will ich beim Leser erreichen? Ok. Jetzt wird man sagen, was kann ich mehr, als zu unterhalten. Tja – aber wo kann ich andererseits mehr Einfluss auf bestimmte Denkschematas ausüben, als durch eben diese Unterhaltung. Dafür brauche ich sicherlich gar keine Beispiele erst nennen. Und da genau liegt nicht nur die Chance, sondern meiner Meinung nach auch die Pflicht eines Autors. Bücher verändern nur selten die Welt, aber sie können Denkanstöße geben. Darum geht es mir hier. Wenn ich haarklein beschreibe, wie irgendeine schön finster beschriebene Gestalt, sich an ein wunderschönes Mädchen heran macht, um sie nach detailliert beschriebener Vergewaltigung mit der Motorsäge in kleine Stücke zu zerschneiden – dann mag das vielleicht sogar unterhaltend sein. Wenn ich aber dieses Mädchen in völlig anderen Situationen agieren lasse, sie dem Leser vertraut mache, ihn dazu bringe, dass er sich mit ihr freut und leidet, dass ihr Dasein ihn berührt und dass er zeitweilig sogar vergisst, es hier nur mit einer Kunstfigur zu tun zu haben, dann wird dieser Leser bei der Vergewaltigungs- und Zersägungsszene (die aber nicht der Höhepunkt der Geschichte sein darf) mit ihr leiden und eine fürchterliche Wut auf den Sägekettenführer bekommen. Das ist dann mehr als reine Unterhaltung. Da könnte ich etwas bewirkt haben. Ich gebe zu, das war kein tolles, weil vielleicht zu krasses Beispiel. Aber ein solches Herangehen wäre dem Leser gegenüber sicherlich schon eine Spur verantwortungsvoller.
Ein derartiges (und nicht selten gut geplantes) Vorgehen eines Autors verlangt aber eines: Lange Texte. Ich behaupte mal ganz einfach, dass man solche kritischen Themen ganz einfach nicht in einem 1-3-Seiten-Geschichtchen abhandeln kann. Aber mehr wird ja hier kaum gelesen. Und daher mein Fazit: Man sollte (wenn man kein Meister seines Faches ist – und wer von uns ist das schon?) bei Kurzgeschichten ganz einfach die Finger von solchen Gewaltdarstellungen lassen. Für mich ist das reine Effekthascherei von Leuten, die hier rasch beklatscht werden wollen und dabei den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Am Ende beweist das aber nur Kurzatmigkeit. Wer ernsthaft und vor allem mit langem Atem schreiben will, wird sich anderen Themen zuwenden und irgendwann – wenn er Erfahrung gesammelt hat – gelegentlich dorthin zurück kehren. Aber nicht, um aufzufallen, sondern weil er solche Szenen zur Umsetzung eines viel mehr umspannenden Werkes braucht
Übrigens: Manchmal habe ich den Eindruck, die Kurzgeschichte wird zur Hure aller möglicher Plots gemacht, nur weil viel zu viele Anfänger glauben, Kurzgeschichten zu schreiben sei einfach. Das mag auch der Grund sein, warum man zumindest ansprechende Texte so schwer auf der KG-Müllhalde findet.
Ralph
keine Sorge – ich will mich hier nicht beklagen, weil man mir etwas unter dem Hintern wegzensiert hat. Erstens ist das nicht der Fall und zweitens sind ja die Diskussionen darüber bereits schon häufig entbrannt und zum Teil sogar mal wieder im Gange.
Gerade die letzte Debatte (ein Lied über Zensur... ) habe ich mal etwas verfolgt und dabei festgestellt, dass sich hier zwei Meinungen ziemlich unversöhnlich gegenüber stehen.
a) Ablehnung von übertriebener Gewaltdarstellung (und das nicht mal vehement, sondern in recht leisen Tönen)
b) Stures Beharren auf der Meinung, dass Gewaltdarstellungen etwas legitimes (weil ja nur der Phantasie entspringendes) Element von Literatur sein sollten.
Ich bin so frei und behaupte mal ganz einfach: „Beide haben zunächst erst mal Recht!“
Ich gehe sogar soweit und befürworte die Darstellung von Gewalt in ihrer ganzen, ihr innewohnenden Grausamkeit. Auch um Pornographie in all ihren (zum Großteil mit Gewalt gemischten) Spielarten, bis hin zur Kinderpornographie glaube ich, keinen Bogen machen zu müssen. Die Frage ist dabei doch nicht, w a s stelle ich w i e dar, sondern was will ich damit erreichen. Und hier liegt meines Erachtens der Hund begraben. Will ich nur etwas abbilden oder möchte ich meinem Leser eine Botschaft (mag ein wenig hochtrabend klingen) vermitteln bzw. zumindest meinen Standpunkt, meine Wertung oder mein Anliegen deutlich machen. Und genau das fehlt hier meistens.
Columbias Aussage (die hier nur stellvertretend für ähnliche Meinungen stehen soll): „Mein Verhältnis zu (fiktiver) Gewalt ist nur für Menschen mit einer weniger deutlichen Unterscheidung zwischen Realität und Phantasie problematisch.“ ist gelinde gesagt „zynisch“. (Da nützt auch die kindlich naive Beteuerung, man könne ja in Wirklichkeit gar kein Blut sehen, überhaupt nichts, denn davon weiß der Leser nix. Ich persönlich kann sehr wohl Blut sehen, vermeide es aber, zu oft darin zu waten)
Allein, wenn der Autor zugeben muss, dass seine Texte bei einer bestimmten Gruppe von Menschen Schaden hervor rufen k ö n n t e, ist das problematisch – weil verantwortungslos - genug.
Und noch was in diesem Zusammenhang – wo ist hier eigentlich wirklich Phantasie im Spiel? Ich behaupte: das Gegenteil ist meist der Fall! Gerade wenn es um die Darstellung von platten Gewalt- oder Sexorgien geht, ist Phantasielosigkeit (da alles längst bekannt) an der Tagesordnung. Meist handelt es sich um reine Abbilder, und wenn wirklich ein paar Gramm Phantasie mitgespielt haben sollten, um Zerrbilder der Realität. Größtenteils weiter nichts, als das, was man auch in den Medien verfolgen kann oder schlimmstenfalls bereits selbst erlebt hat. Selbst das geschickte Umgießen eines trockenem Zeitungsrohlings in literarische vielleicht sogar anspruchsvolle Formen kann bei genauerem Hinsehen nicht darüber hinweg täuschen. Umgekehrt entblättere man eine solche Geschichte von allen stilistischen Schnörkeln – und schon bleibt ein Inhalt, der kaum den einer Zeitungsnotiz übertrifft.
Also – ich bleibe dabei. Nackte Gewalt oder platte Pornographie um ihrer selbst Willen ist phantasielos. So – nun geht vielleicht ein Aufschrei durch die Menge betroffener Autoren. Es ist mir aber nicht selten passiert, dass solche Autoren, wenn man sie wegen ihrer Darstellung kritisierte, sich empört darauf beriefen, sich doch an die Realität gehalten und daher alles glaubhaft „rüber gebracht“ zu haben. Tja – was denn nu? Wie hätten es die selbsternannten „Realitätsphantasten“ oder „Phantasierealisten“ denn nun gern?
Die Beschreibung der Realität in ihrer ganzen Trostlosigkeit und Brutalität (es soll aber auch noch andere Dinge geben) ist in meinen Augen überhaupt nichts Verwerfliches. Man sollte davor nicht die Augen verschließen und keinesfalls nur einen auf „heile Welt“ machen. Ganz und gar nicht. Aber man sollte sich immer die Frage stellen: Was will ich beim Leser erreichen? Ok. Jetzt wird man sagen, was kann ich mehr, als zu unterhalten. Tja – aber wo kann ich andererseits mehr Einfluss auf bestimmte Denkschematas ausüben, als durch eben diese Unterhaltung. Dafür brauche ich sicherlich gar keine Beispiele erst nennen. Und da genau liegt nicht nur die Chance, sondern meiner Meinung nach auch die Pflicht eines Autors. Bücher verändern nur selten die Welt, aber sie können Denkanstöße geben. Darum geht es mir hier. Wenn ich haarklein beschreibe, wie irgendeine schön finster beschriebene Gestalt, sich an ein wunderschönes Mädchen heran macht, um sie nach detailliert beschriebener Vergewaltigung mit der Motorsäge in kleine Stücke zu zerschneiden – dann mag das vielleicht sogar unterhaltend sein. Wenn ich aber dieses Mädchen in völlig anderen Situationen agieren lasse, sie dem Leser vertraut mache, ihn dazu bringe, dass er sich mit ihr freut und leidet, dass ihr Dasein ihn berührt und dass er zeitweilig sogar vergisst, es hier nur mit einer Kunstfigur zu tun zu haben, dann wird dieser Leser bei der Vergewaltigungs- und Zersägungsszene (die aber nicht der Höhepunkt der Geschichte sein darf) mit ihr leiden und eine fürchterliche Wut auf den Sägekettenführer bekommen. Das ist dann mehr als reine Unterhaltung. Da könnte ich etwas bewirkt haben. Ich gebe zu, das war kein tolles, weil vielleicht zu krasses Beispiel. Aber ein solches Herangehen wäre dem Leser gegenüber sicherlich schon eine Spur verantwortungsvoller.
Ein derartiges (und nicht selten gut geplantes) Vorgehen eines Autors verlangt aber eines: Lange Texte. Ich behaupte mal ganz einfach, dass man solche kritischen Themen ganz einfach nicht in einem 1-3-Seiten-Geschichtchen abhandeln kann. Aber mehr wird ja hier kaum gelesen. Und daher mein Fazit: Man sollte (wenn man kein Meister seines Faches ist – und wer von uns ist das schon?) bei Kurzgeschichten ganz einfach die Finger von solchen Gewaltdarstellungen lassen. Für mich ist das reine Effekthascherei von Leuten, die hier rasch beklatscht werden wollen und dabei den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Am Ende beweist das aber nur Kurzatmigkeit. Wer ernsthaft und vor allem mit langem Atem schreiben will, wird sich anderen Themen zuwenden und irgendwann – wenn er Erfahrung gesammelt hat – gelegentlich dorthin zurück kehren. Aber nicht, um aufzufallen, sondern weil er solche Szenen zur Umsetzung eines viel mehr umspannenden Werkes braucht
Übrigens: Manchmal habe ich den Eindruck, die Kurzgeschichte wird zur Hure aller möglicher Plots gemacht, nur weil viel zu viele Anfänger glauben, Kurzgeschichten zu schreiben sei einfach. Das mag auch der Grund sein, warum man zumindest ansprechende Texte so schwer auf der KG-Müllhalde findet.
Ralph