Rendezvous mit dem Tod

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Cirias

Mitglied
rendezvous mit dem tod

sein atem
hat alle stimmen versteint
seine flügel
häuten das licht
bis in die stunde
der finsternis
dort wartet er auf dich
und gibt
den schwarzen sand
im gehäuse der zeit
du liegst nackt
in stillem traum
plötzlich
atmen die wände
im takt seiner schritte
er ist da
wo ihn niemand erwartet
hör nicht hin
wenn er mit tönenden fingern
im schwarzen raum
der mitternacht
den himmel in dir sucht
er sieht
deinen schönen körper beben
hör nicht hin
wenn er mit seinen händen
das licht aus deinen augen
bricht
er nährt sich vom duft
deiner erkalteten tränen
wie ein schwarzes raubtier
raunt er dir
seine wilde lust ins ohr
bis du
deine arme um ihn schlingst
und von den wogen
dahingetrieben
der nacht
den flügelschlag unaufhörlicher dinge
ablauschst
sieh nicht hin
er hat manchmal
blasse kinderaugen
in sein gesicht gemalt
die hat er
aus dem land
wo die kindheit wohnt
frag ihn nicht
wenn er seine bitternis
in dich gibt
morgen
in ewiger früh
werden auf deinem körper
schwarze rosen blühen
frag ihn nicht
sei sanfter
er spricht
eine andere sprache
frag ihn nicht
der tod ist ein geheimnis
das er nicht mehr
zu entschlüsseln
braucht
 

Schakim

Mitglied
Hi, Cirias!

Gib einem Toten zum Abschied
ein letztes Mal noch die Hand
und wandere gedanklich mit ihm
durch den Taumel ins Seelenland ...
Wie öffnen sich da
in dir leis die Türen,
die dich besinnungslos
aus dir hinwegführen
hinein in ein Land
fernen Lächelns und Trauerns ...
Der Würgegriff zwingt dich
oft selber zum Kauern ...
Doch du bist stark
und wohl auch wach genug:
Du spürst rechtzeitig diesen Betrug
und lässt die kalte Hand endlich los.
Der Schmerz weint sich in deinen Schoss.


LG
Schakim
 

Cirias

Mitglied
danke, Heike,

Hallo Schakim,

besser kann man wohl auf ein Gedicht nicht antworten als mit einem Gedicht- das mir übrigens sehr gefällt, hoffe es hier irgendwo auch noch einmal "offiziell" zu lesen?
Herzliche Grüße, Cirias
 
ein schönes gedicht und sehr eindringlich und dicht.

du hast einen schreibfehler drin:

[blue]er nährt sich vom duft
deiner erkalteten tränen[/blue]
 

Cirias

Mitglied
Hallo freifrau von löwe,
danke für deine Zeilen. Und das aufmerksame Lesen- den Fehler hatte ich übersehen...
LG, Cirias
 
S

Sandra

Gast
Hallo Cirias,


mir gefällt es auch, jedoch könnte es m. E. kürzer sein. Die Aussage bleibt während des ganzen Gedichtes gleich. Der rote Faden ist erkennbar, doch zieht er sich ein wenig, denn der Schlusssatz ist im ersten Drittel schon vorhersehbar.

LG
Sandra
 
I

IKT

Gast
Starke Worte, die trotzdem irgendwie sanft wirken.
LG IKT
 

Cirias

Mitglied
Hallo Sandra,
du hast nicht ganz unrecht mit deiner Beobachtung- ich wollte jedoch neben Bildern auch noch eine Geschichte erzählen, und deren Ende ist bei dem Besuch des Todes zwangsläufig vorhersehbar. Dennoch habe ich versucht, das Gedicht um fast ein Drittel zu kürzen-es ist mir nicht gelungen, ohne dass ich das Gefühle hatte, etwas Wesentliches würde fehlen. Also war deine Beobachtung sehr treffend, danke!
LG, Cirias

Hallo IKT,
danke! Es ist genau das, was ich beabsichtigt hatte. Für mich hat der Tod auch etwas unvergleichlich sanftes;schön, dass dieser Ton dich erreicht hat...
LG, Cirias
 
S

Sandra

Gast
Das verstehe ich gut!
Kürzen ist für jeden Autor so ziemlich das Schlimmste, was man ab und an tun muss. Niemand trennt sich gerne von Gedanken und Ideen, an denen man vorher so lange gesessen hat. Oft ist es so, dass ein Text - wird er komprimiert -an Straffheit gewinnt, kurzweiliger wird, jedoch wird man als Autor wohl immer das Gefühl haben, dass etwas fehlt.

LG
Sandra

P.S. Dass der Tod etwas unvergleichlich Sanftes hat, ist für mich ein schöner lyrischer Gedanke, der mit der Wirklichkeit leider nicht immer einher geht. Hier in deinem Gedicht ist es so und ich gebe zu, es kann sehr tröstend sein, es so zu betrachten.
 



 
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