Renegat

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Ich verfolg' dich schon so lange,
daß ich beinah müde bin;
doch vergesse ich nie lange:
nur dein Ende gibt mir Sinn.
Rache hab' ich stumm geschworen.
Ich war hier, bevor du kamst.
Alles habe ich verloren -
alles, was du strahlend nahmst.

Deine Brüder, deine Schwestern
tanzen durch mein Reich, zum Hohn.
Heute fühl ich's so wie gestern -
und vergesse nichts davon.
Hättet mich nicht schonen sollen,
du und deine ganze Brut;
dir und ihnen gilt mein Wollen,
deinesgleichen meine Wut.

Deine Günstlinge, die jag' ich,
weide mich an ihrer Angst,
und kein bißchen Reue plagt mich
im Moment des Untergangs.
Mein Gefolge schleicht zu ihnen,
wenn dein Aug' woanders ruht.
Und ich sag dir, die mir dienen,
die versteh'n ihr Werk sehr gut.

Doch das weißt du wohl am besten,
hast es oft genug geseh'n
wenn du wiederkamst, zu Resten,
die still schrieen, was gescheh'n.
Um nichts würd' ich dies versäumen,
zu genießen, was dich quält,
schau' aus Büschen oder Bäumen
während man die Toten zählt.

So entlohnt sich mein Erbarmen,
Gnade, wie du sie nicht gibst;
schützend lege ich die Arme
um all die, die du nicht liebst.
Und sie folgen mir in Scharen,
hüllen sich in meine Gunst;
mehr als dankbar, ihr Gebaren,
mehr als eifrig; blanke Brunst.

Und wir folgen deinen Spuren,
niemals weit entfernt von dir.
Unaufhaltbar, wie die Uhren,
wo du hingehst folgen wir.
Felder, Wälder oder Städte,
selbst durch weites, off'nes Land,
nichts und niemand kann sich retten;
niemals sind wir lang gebannt.

Während meine Truppen schwärmen
suche ich nach Zeitvertreib,
will mein klammes Herz mir wärmen,
an manch starr erschrock'nem Leib.
Finde Straßen, Häuser, Gassen,
schlüpf' durch Fenster oder Tür'n,
will mein Dasein spüren lassen,
lustvoll Kehlen enger schnür'n.

Seelen füll' ich mit Entsetzen,
Kinderherzen press' ich klein,
Gottvertrau'n kann ich ersetzen
durch Verzweiflung kalt wie Stein.
Alles Werk, das du errichtest,
füllt mit Hass mich bis ins Mark.
Wo ich's finde, ich vernicht' es,
wenn ich's irgendwie vermag.

Wenn du deine Taten ausführst,
umweht, was du schaffst, mein Hauch;
jedes Leben, das du anrührst,
das berühre ich bald auch.
Und ich werde letztlich siegen,
sehen, wie dein Glück verrint.
Deine Macht wird einst verfliegen
und mein neues Reich beginnt.

Ob ich dich nun selbst vernichte,
Raum dir nehme, Stück für Stück,
oder ob die Zeit dich richtet,
ich kehr' auf den Thron zurück.
Für dies Ziel folg' ich dir weiter
Tag für Tag und Jahr um Jahr,
bin dein Feind und Wegbereiter,
so wie ich es immer war.
 

La Luna

Mitglied
Hi Wülder,

tolles Gedicht.
Sehr aussagekräftig und auch von der Form durchaus gelungen.
Spricht der Teufel zu Gott?


fragt....
Julia
 
>>spricht der Teufel zu Gott?<<

Nicht ganz; aber nah dran. Ich kann den Schleier jetz noch nicht lüften, weil ich grad nebenan bei den Kriminologen das Gedicht als Knobelaufgabe hingehängt habe :)

Und natürlich danke für dein Lob.

[plauder]: Aber, abgesehen davon ... watt machste denn noch hier so tief in der Nacht. Ich hab gedacht ich wär der einzige Wahnsinnige ...[/plauder]

vT
 

La Luna

Mitglied
Na du?

Las gerade deine Knobelaufgabe, als mich deine Antwort ereilte.
Was ich mache?
Ich lese!
Und du, außer posten und antworten?..*gg


Gruß, Julia
 

La Luna

Mitglied
He Wülder,

Ich hab's: Es ist das Böse, stimmt's?
Da es offensichtlich ist, habe ich schon gewonnen!
Was ist der Preis?

J.
 
Hallo Luna,

>>Ich hab's: Es ist das Böse, stimmt's?<<

Leider immer noch nicht ganz im Ziel.
*zappel* ich muss mich ja SEHR zurückhalten, um keine Tips zu geben :D Wahrscheinlich würde selbst der kleinste Fingerzeig sofort das Rätsel lösen ... Mal gespannt, was noch so kommt ...

>>Da es offensichtlich ist, habe ich schon gewonnen!
Was ist der Preis?<<

Hmmmm :) hatte ich von einem Preis gesprochen?!
Ich dachte, das Knobelvergnügen und das (eventuelle) Erfolgserlebnis wären Lohn genug ;)

>>Und du, außer posten und antworten?..<<
nicht viel. Hier und da was stöbern ...

Es grüßt dich
van Tast
 
S

Sohn des Rhein

Gast
Guten Morgen allerseits,

Es ist die Nacht, das Dunkle, die zur Sonne, dem Licht spricht. (Habe mich erst per e-mail versichert, dass ich auch richtig lag :))

Beim erneuten Durchlesen ist mir aufgefallen, dass weder das Wort Nacht, noch das Wort Dunkel fällt; auch das Wort Licht fällt nicht (allerhächstens strahlend). Meiner Meinung nach wäre das Gedicht- als Rätsel gesehen- noch hinterhältiger, wenn man auch diese Begriffe selbst hineinbringt. Man würde noch immer auf das Böse und so tippen, denn man ist eigentlich daran gewöhnt, dunkel mit Böse und Licht mit Gut zu identifizieren... Und der Rätseldichter kann sich freuen, dass er den Ratenden die Lösung unter die Nase hält, und sie sie trotzdem (oder gerade deshalb?) nicht sehen...

Natürlich ist dieses Gedicht auch so, wie es ist, van-Tast-isch :)

Viele Grüße,
Sohn des Rhein
 
Hallo Sohn des Rhein,

>>Es ist die Nacht, das Dunkle, die zur Sonne, dem Licht spricht. (Habe mich erst per e-mail versichert, dass ich auch richtig lag :))<<

Das soll mich nicht hindern, dir auch noch mal "öffentlich" für deinen Spürsinn zu gratulieren. :) Korrekt!

>>Beim erneuten Durchlesen ist mir aufgefallen, dass weder das Wort Nacht, noch das Wort Dunkel fällt; auch das Wort Licht fällt nicht (allerhächstens strahlend).<<

Mit voller Absicht. Ich musste stellenweise ganz schon strampeln, um jeden allzu deutlichen Bezugspunkt draussen zu halten ;).

>>Natürlich ist dieses Gedicht auch so, wie es ist, van-Tast-isch :)<<

Ganz herzlichen Dank. :)
Bin ja mal gespannt, ob jetzt - wo des Rätsels Lösung offenkundig ist - noch andere Stellungnahmen folgen.

van Tast
 

La Luna

Mitglied
Hallo ihr beiden,

darauf wäre ich nie gekommen, denn das Dunkle assoziiere ich nicht mit dem Bösen, sondern eher mit dem Begriff "Frieden".

Glückwunsch, Matze!


Liebe Grüße
Julia
 
S

Stoffel

Gast
Klasse!

schade, habe gerade angefangen mir tiefe Gedanken zu machen.:-(

Gute Nacht
Stoffel
 



 
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