River Quai

H

HFleiss

Gast
Heute störte ihn die Durchsage des Bahnhofslautsprechers. Er hielt ihre Hand, sie entzog sie ihm nicht. „Du hättest mir deinen Haustürschlüssel geben sollen“, sagte er. Sie schwieg. „Dann wäre ich nicht in die Roxybar gegangen und hätte die Nutte nicht mitgeschleppt.“ Sie erwiderte noch immer nichts. „Ich wäre in deinem schneeweißen Heiabettchen gelandet, Herzchen.“ Sie öffnete den Mund. „Sag nichts. Es ist vorbei.“ Er ließ ihre Hand los. „Du wolltest es ja nicht anders.“ Der Zug fuhr ein. Wieder dröhnte der Bahnhofslautsprecher. Er störte ihn nicht mehr. Pfeifend verließ er den Bahnhof. Schade, mit Conny hätte er es eine Weile aushalten können. Warum aber fiel ihm bei jedem Abschied immer nur das eine Lied ein, der „Riverquaimarsch“?
 

Inu

Mitglied
Liebe Hanna. Ich hätte die Gliederung etwas verändert, um dem kurzen Text mehr Struktur zu geben.

Heute störte ihn die Durchsage des Bahnhofslautsprechers. Er hielt ihre Hand, sie entzog sie ihm nicht.
„Du hättest mir deinen Haustürschlüssel geben sollen“, sagte er.
Sie schwieg.
„Dann wäre ich nicht in die Roxybar gegangen und hätte die Nutte nicht mitgeschleppt.“
Sie erwiderte noch immer nichts.
„Ich wäre in deinem schneeweißen Heiabettchen gelandet, Herzchen.“
Sie öffnete den Mund.
„Sag nichts. Es ist vorbei.“
Er ließ ihre Hand los[blue]:[/blue] „Du wolltest es ja nicht anders.“

Der Zug fuhr ein. Wieder dröhnte der Bahnhofslautsprecher. Er störte ihn nicht mehr. Pfeifend verließ er den Bahnhof. Schade, mit Conny hätte er es eine Weile aushalten können. Warum aber fiel ihm bei jedem Abschied immer nur das eine Lied ein, der „Riverquaimarsch“?

*


Eine sonderbare Affäre. Ein extrem lockerer Typ. Dieser ist selbst um die dämlichste Ausrede nicht verlegen.

Verstehe ich das recht: Sie gab ihm den Haustürschlüssel nicht, daraufhin kam er in der Nacht, läutete bei ihr, hatte eine Nutte im Schlepptau. Hätte sie ihm den Schlüssel aber gegeben, wäre sozusagen für ihn erreichbar gewesen, hätte er mit ihr vorlieb genommen in ihrem weißen Himmelbett und es hätte der 'Nutte' nicht bedurft. :D
Wirklich eine komische Geschichte. Lebensnah??


Gruß
Inu
 
H

HFleiss

Gast
Inu, du hast mir die Geschichte wiedererzählt, und nun bin ich beruhigt, es ist eine Geschichte. Mal abgesehen vom Inhalt, um den ging es dabei nicht, der hat Heftchennivau, und ich vergess ihn ganz schnell. Jedenfalls ist es der Beweis, dass man in einer sehr kurzen Geschichte den Hintergrund einer sehr langen Geschichte erzählen kann. Und darum ging es mir.

Gruß
Hanna
 
H

HFleiss

Gast
Jetzt hab ich mir noch mal durchgelesen, was ich dir geschrieben habe, und du wirst noch nichts verstehen. Ich muss dir das ein bisschen ausführlicher erklären. Es geht um folgendes: Zwei Leute haben eine "Kurzprosa" eingestellt, ich hab ihnen geschrieben, dass mir da einiges fehlt, nämlich die Geschichte, die dem Abschied (das ist das Thema) vorausging. Dann wurde ich unsicher, weil Warne so sehr auf seinem Standpunkt beharrte, von der anderen Autorin auch was von künstlerischer Freiheit geredet wurde, hab noch mal in meine Studienunterlagen geguckt, und siehe da: Es stimmt, Kurzprosa ist ein eigenes Genre, sie heißt nicht Kurzprosa, weil die Texte kurz sind, sondern weil der Inhalt eigentlich längerer Texte in wenigen Sätzen komprimiert wird. Nun weiß ich nicht, ob nicht inzwischen alles über den Haufen geworfen wurde (meine Unterlagen stammen aus den neunziger Jahren). Jedenfalls hab ich mich hingesetzt und es ausprobiert, und siehe da, es ging, man muss nämlich am günstigsten mit Dialog arbeiten, der die Geschichte transportiert, aber nicht nur. Dass dabei auf die Schnelle der künstlerische Wert unter Null sank, vergiss es. Demnächst mach ich eine richtig edle Geschichte mit allem Pipapo. Versprochen.

Lieben Gruß
Hanna
 



 
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