Rodeo

Utz Bahm

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Rodeo

Es war ein sonniger, warmer Tag Anfang Mai 1961, hier in Argentinien ja schon Herbst, als mein Nachbar uns besuchte. Sein Name war Ricardo und war eigentlich der Sohn des Nachbars. Mit etwa 30 Jahren und kräftigen Körperbau trat er selbstbewusst auf, meinem Geschmack nach etwas überheblich und Dandyhaft. Gekleidet war er im typischen, folkloristischen Gaucho-Stil, also die Bombacha (Pluderhose), weises Hemd mit braunem verknotetem Halstuch, breiter Gürtel aus ungegerbtem Fell der Wasserratte mit Silbermünzen bestückt. Sein dunkles, etwas zu langes Haar, war bedeckt mit einem sogenannte Chambergo, ein schwarzer, breitrandiges Filzhut. Seine Stiefel waren aus schwarzem, feinem Leder, auch Ziehharmonikas genannt wegen des faltigen kurzen Schaftes. Im Rücken, zwischen Hemd und Gürtel gesteckt, hatte er einen „Facón“, ein breites und langes Messer in lederner Scheide. Er lud mich ein mit ihm eine sogenannte „Tropa“ am nächsten Tag zu machen. Es handelt sich dabei um was man Um- oder Abtrieb von einer Rinderherde nennen könnte. Nach den vielen und ausgiebigen Regen im April, hatten sie auf ihrem Camp ziemlich Probleme, da ein Teil überschwemmt war. Zudem hatten sie einige Jungtiere zusätzlich zu ihrer jährlichen „Entwöhnung“ dazugekauft, und nun ungenügend Weideland zur Verfügung. (Entwöhnung ist wenn die Kälber von den Kühen getrennt werden). Daher pachteten sie für einige Monate ein Stück Naturweide an und wollten also ihre Tiere dort hin treiben. Natürlich reizte es mich diese Erfahrung machen zu können.

Vor Sonnenaufgang sattelte ich meine Rosie, verkleidete mich als Gaucho und ritt dann, erwartungsvoll, die etwa fünf Kilometer zum Hof des Nachbarn. Als ich dort ankam, war sein Vater, Don Julio, gerade dabei eine kleine Kutsche mit Verpflegung zu beladen. Wollte also als Fourier dabei sein. Meine spanischen Sprachkenntnisse waren noch arg dürftig. Nicht alles konnte ich verstehen was mir der Alte beim begrüßen erklärte. Aber er meinte, wir sollten erst einmal frühstücken, während seine Leute die Tiere zusammen trieben und mit dem Marsch begannen. Das sogenannte „Bauernfrühstück“ bestand hier hauptsächlich aus gebratenem Fleisch, Spiegeleier, Semmel, Galletas genannt, und Mate Te. Anschließend lud er mich ein, ihn auf der Kutsche zu begleiten. Natürlich wollte er mich ein wenig ausfragen und auch näher kennen lernen. Also band ich meine Rosie hinten an die Kutsche und setzte mich neben ihn auf die Bank. War ja auch bequemer. Ricardo war inzwischen auf seinem Schimmel zur Truppe geritten.

Das Gespräch führte notgedrungenen Don Julio, wobei er mir zunächst erklärte, dass das Rodeo, wie eine Rinderherde hier auch benannt wird, etwa zehn Kilometer auf der Straße nach dem nächsten Dorf getrieben wird und kurz vor dem Dorf dann links in eine Furt und durch den Fluss, auf dessen anderer Seite die angestrebte Weide lag. Da er langsam sprach konnte ich ihn ganz gut verstehen. Vor uns lagen also so zwei bis drei Stunden auf der Kutsche. Die Unterhaltung wurde für mich dann doch interessant, als er mir die Geschichte seiner Estancia erzählte, während wir die gerade Erdstraße, weit hinter der Staub aufwirbelnden „Tropa“, dahin zockelten. Auf der rechten Seite passierte man eingezäunte Felder und Wiesen. Gegenüber dichter Busch, ebenfalls eingezäunt.

Wie er mir nun erklärte, bekam ein Ur-Ur Großvater von ihm das Land vom Staat, während der Unabhängigkeit Argentiniens von Spanien, geschenkt. Dieser war Offizier in der sogenannten Befreiungsarmee gewesen und konnte sich anschließend noch „freies“ Land, als Abfindung, auswählen. Als sein Eigentum bekam er, was er an einem Tag, also von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ab-reiten konnte. Um so viel wie möglich zu bekommen musste er ja oft, und so es das Terrain erlaubte, Galopp reiten. Dafür stellte er auf der vorher inspizierten Strecke Posten mit Ersatzpferden auf. Letztlich bekam er etwa tausend Quadratkilometer, also etwa sage und schreibe Einhundertausend Hektar zugesprochen, einschließlich die vorhandenen Ureinwohner. Natürlich war es wildes Land, also mit verschiedenen landschaftlichen Eigenheiten. Vorherrschend waren Busch und Wälder mit einigen Hartholzgewächsen, wie zu Beispiel Quebracho, heute aus dieser Gegend verschwunden. Natürlich auch, und bedingt durch die geografische Nähe und geologische Charakteristiken des Parana-Beckens, durchzogen von feuchten und zum Teil salzigen Niederungen. Nun, die Erbteilung durch den erfolgreichen Kindersegen der folgenden Generation hinterließ für meinen Nachbar nur etwa zweitausend Hektar, was, wegen der mittelmäßigen Qualität der Besitzes, eher zu den kleinen Estancias gehörte.

Es wurde beinahe Mittag als wir an die Furt kamen. Hier machte der etwa fünfzig Meter breite Fluss einen weiten Bogen. Normalerweise wäre es möglich, ihn mit einem Gefährt zu überqueren, meinte Don Julio, da der Grund eher sandig sei. Nur führte er eben ziemlich Hochwasser. Eigentlich war die Herde nicht außergewöhnlich Zahlreich. So viel ich mich erinnere, nicht viel mehr als 100 junge, und vor allem magere Tiere. Zunächst gab es einige Schwierigkeiten sie ins Wasser zu bekommen. Daher trennten die Gauchos erst einmal vier oder fünf der Rinder ab, die sich an der Spitze befanden. (An der Spitze einer Tropa befinden sich immer die kräftigsten und größere Tiere). Mit viel Geschrei und Peitschenhieben zwangen die Gauchos sie in den Fluss zu springen. Da das Wasser am äußeren Teil des Bogens, also auf unserer Seite, tiefer war, mussten sie sofort schwimmen, ebenso die Pferde. Auf der gegenüber liegend Seite flachte das Ufer weit in den Flusslauf. Daher beschränkte sich die durch Schwimmen zu überbrückende Strecke auf etwas mehr als fünfzehn bis zwanzig Meter. Bedingt durch das Hochwasser hatte der Fluss ziemlich Strömung und da viele der jungen Tiere sehr geschwächt waren, mussten die Reiter, sie an den Ohren haltend, beim Überqueren nachhelfen. Das war natürlich harte und aufreibende Arbeit, vor allem, da die Pferde nur bedürftig gesattelt waren, meist ohne Steigbügel. Man musste sich also mit den Beinen festklemmen. Die eigenartige Beschaffung der Sättel, bestehend vorwiegend aus dem hier genannten „Basto“ als Sitz und beschichtet mit ungegerbten Schaffellen, ließ es empfehlenswert erscheinen, ohne die Sitzpolster sich ins Wasser zu begeben. Übrigens war auch ein kleines Ruderboot Flussabwärts vorhanden, betätigt von einem älteren Mann, mit dem Überqueren des Proviants und anderer Utensilien betraut. Auch er musste ab und zu mit dem Retten der abtreibenden Tiere helfen.

Nach einer Weile des Betrachtens der Tätigkeit der Gauchos, stieg ich von der Kutsche und schnallte Rosie los. Auf Anraten Don Julio´s entledigte ich sie des Sattelzeuges, mit der Absicht ebenfalls am Überqueren des Flusses behilflich zu sein. Rosie war eine alte und sehr zahme Stute, die ohne weiteres ins Wasser sprang, mit mir drauf, natürlich. Gleich bei der ersten Überquerung musste ich eines der schwimmenden Rinder an seinem linken Ohr festhalten, da es drohte abzutreiben. Sobald Rosie und dann auch das Einjährige Fuß fassen konnten, hüpften beide auf das Ufer zu. Ja, und dann wieder zurück. Don Julio klatsche mir Beifall von seinem Sitz auf dem Kutschbock zu.

Ricardo jedoch hatte Schwierigkeiten seinen Schimmel ins Wasser zu bekommen. Jedes Mal, wenn er an den Rand des Ufers kam, bockte dieser. Schließlich entschied sich Ricardo den Gaul zu überlisten. Dafür suchte er sich einen steilen Uferrand aus, um im Galopp einen erzwungenen Sprung in den Fluss zu machen. Zwar riet sein Vater davon ab, doch Ricardo meinte, schließlich sei er ja schlauer als das Pferd. Im Prinzip klappte sie Sache ja auch. Nach kurzen Anlauf sprang der Schimmel mit Ricardo auf seinem Rücken in die Fluten und strampelte nun kräftig dem gegenüber liegend Ufer zu. Durch den Aufprall rutsche Ricardo vom nicht gesattelten Rücken des Pferdes ins Wasser und musste das Halfter loslassen. Dabei erhielt er einen heftigen Schlag mit einem der hinteren Hufen gegen die Brust, der ihm die Luft abschnitt. Einer der Helfer sprang sofort ins Wasser und zog ihn aufs anliegende flache Ufer.

Es dauerte beinahe anderthalb Stunden, bis wir die gesamte Herde ohne Verluste über den Fluss gebracht hatten. Don Julio ließ sich mit dem Boot übersetzen. Mittlerweile hatte einer der Gauchos auf dem erreichten Gelände ein Feuer entfacht, um die nassen Kleider trocknen zu können und auch um das mitgebrachte Fleisch zu grillen. Ich war drei Mal durch den Fluss mit Rosie geschwommen, das letzte Mal an ihrem Schwanz hängend, denn langsam war sie doch ermüdet. Natürlich war die neue Gaucho-Ausstattung klitsche nass geworden. Einige Lassos zwischen herumstehenden Bäumen gespannt, ergaben eine lange Wäscheleine. Ja, und da saßen wir nun alle in Unterhosen mitten im Buschwald, mit viel Gelächter und Beschwatzen der getanen Arbeit und sonnten unsere nassen Körper und Klamotten. Auch Ricardo hatte sich wieder einigermaßen erholt. Don Julio beschichtete den Rost über der Glut mit schönen Stücken Steaks und Würstchen. Die Rinder hatten sich nun langsam im Gelände verteilt und fraßen eifrig das saftige Grass unter den „Algarobos“, „Chanares“ und wie so die heimischen Sträucher und Bäume heißen. Auch die angebundenen Pferde ließen es sich gemächlich munden.

Ehe nun das Fleisch gar und die Stiefel trocken waren, drehte der Wind plötzlich nach Süden. Die Sonne verschwand und es wurde für unsere nackte Haut eisig kalt. Trocken waren nur die Schaffelle, die mit dem Boot übergesetzt worden waren. Also wurde das Feuer noch etwas erweitert, die volle und improvisierte Wäscheleine näher heran verspannt. Mit den Fellen über den Schultern und nahe dem Feuer, schnippelten wir zitternd von den Steaks die gebratenen Teile nach und nach mit den langen und vor allem scharfen Messern ab und genossen, sozusagen unterkühlt, unser Mittagsmahl, begleitet mit den „Galletas“, also mit Rindertalg angereicherte Brötchen. Ausnahmsweise bekam jeder einen Schluck dunklen Rotweines aus der Flasche Don Julios. Als „Nachtisch“ gab es nun den obligatorischen Mate.

Don Julio meinte jedoch, dass Ricardo und ich mit ihm im Boot zurück übersetzten sollten, während das Personal noch einen Rundritt in der weiten Koppel zur Kontrolle durchzuführen hatten. Einer der Gauchos brachte den Schimmel und Rosie zurück über den Fluss. Mit einigermaßen trockenen Kleidern, und gesättigt, ritten dann, Ricardo und ich, zurück auf die Estancia, während Don Julio ins Dorf fuhr um dort einige Formalitäten zu erledigen.
 

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na ja, es hoert sich ein bisschen nach schulaufsatz an. es ist ohne grosse leidenschaft pflichtbewusst heruntergeleiert, wo bleibt die leidenschaft, mann? ich wuerde dialoge einbauen, die maenner schwitzen, fluchen und sich von der sonne versengen lassen. du beschreibst bloss - und zeigst dem leser nichts, fuer mich war es echt ein durchquaelen bis zum schluss. ansaetze sind durchaus vorhanden, lieber utz, aber du musst MEHR daraus machen. tja, und auch die rechtschreibefehler beheben, der konverter kann dir hinsichtlich schon ein bisserl hilfreich sein.
und noch etwas: der schluss ist knochentrocken, bring ein bisschen pepp und humor in die literarische bude, ich bin sicher, das schaffst du! und bitte: loesche um himmels willen die klammer-saetze, der leser ist nicht dumm, und es hoert sich einfach zu sehr nach sachbuchtext fuer mich an.
eine bewertung auf der skala von 1-10 moecht ich im moment lieber nicht abgeben, aber dies koennte sich nach einer gruendlichen text-ueberarbeitung von deiner seite ja aendern.

lg und bis bald,
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Utz Bahm

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Ja, Bewertungen sind eben subjektiv. Vielen Dank für die Ihrige. Nun, es ist eben eine Erzählung von Erfahrenem.
 



 
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