Rosi, der Heuwagen und Woody Allen

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birdy

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Ich bin ein Stadtkind.
Ich bin in einer Grosssstadt aufgewachsen. Ich bin in einer Grosssstadt zur Schule gegangen. Zur Zeit arbeite und lebe ich in einer Grossstadt und geniesse deren kulturellen und sozialen Vorzüge. Und mögen die sozialen Ausprägungsformen von Stadtkindern noch so unterschiedlich sein, wir haben doch eine gemeinsame Neurose.
Uns eint ein gestörtes Verhältnis zur Natur. Nicht nur die Natur im Rosseauschen Sinn, als Baum, Wald, wilde Tiere Natur, sondern sogar noch die als Rückzugsform in der Grossstadt zu findende Natur.
Hundehäufchen ziehen mich Magisch an. Erledigt so ein kleiner Schlecksimaxi mit Haarschläufchen im Umkreis von 1 km sein grosses Geschäft, nehme ich Witterung auf und mein Grossstadt-Genprogramm beginnt abzulaufen. Ich gehe dann solange von einer unsichtbaren Kraft getrieben, bis ich endlich - unhörbar aber für den Profi doch sofort spürbar durch den leichten Widerstand beim Abrollen des Fusses - dieses Stoffwechselendprodukt auf meinen Schuhsolen habe. Der darauf folgende rituelle Tanz soll wahrscheinlich der Dank an den Gott des Hundekots sein.
Meine Kindheitserfahrungen mit Tieren reduzierten sich auf gelegentliche Zwischenstationen von suizidgefährdeten Katzen, die auf Ihrem Weg aus dem Leben zu scheiden grosse Kreativität an den Tag legten. Von Flugversuchen im offenen Stiegenhaus (5. Stock) und Häscherspielen mit 3,5 Tonnen LKWs kann berichtet werden aber ich schwöre, ich war an keinem aktiv beteiligt. Ganz im Gegenteil. Hatte ich mich endlich mit dem Umstand abgefunden, dass Katzenhaare anscheinend Bestandteil der täglichen Nahrung sein müssen, brach mir der Partezettel, den mir meine Eltern mündlich übergaben, das Herz.
Mein grüner Daumen war bei allen meinen Freunden berüchtigt. War zur Urlaubszeit einmal niemand zu finden, der ihnen die Blumen gegossen hätte, wollte man dem Ficus Benjamina lieber durch einem kräftigen Schluck aus der Autobatterie ein schnelles Ende setzen, als ihn über Wochen mit demselben letalen Ende bei mir leiden zu lassen. Hätten Kakteen Füsse, sie wären in die Wüste zurückgelaufen.
In Gesprächen mit Bekannten war meine Definition von domestizierter Natur (Beton, grün gestrichen) Anlass zu heftigen Diskussionen mit anschliessendem Handgemenge.
Trotz all diesen – ich muss es eingestehen – Defiziten, fand sich auch für mich eine liebende Frau, die mit meinen kleinen Unzulänglichkeiten umzugehen verstand.
Zumindest glaubte ich das bis zu dem Tag, an dem sie mir eröffnete: „Süsser, wir machen eine Woche Urlaub am Bauernhof, in der Steiermark“.
Was bei anderen Familien im schlimmsten Fall leichte Unstimmigkeiten durch Differenzen in der Urlaubsplanung auslöst (Mama will auf den Bauernhof, Kinder ans Meer und dem Papa ist eh alles wurscht), verursachte in mir eine dezente Panikattacke.
„Das ist jetzt aber nicht dein ernst, oder?“ erwiderte ich mehr hilflos als kampfbereit, mit Schweissflecken unter den Achseln, die bodenständige Naturen als Satteltaschen bezeichnet hätten.
„Ach komm, fang jetzt kein Theater an. Wir fahren nicht ins Amazonasgebiet, um mit Piranhas schwimmen zu gehen und nicht nach Alaska auf Bärenjagd....“ was mich auf die Idee brachte auf jeden Fall eine Waffe mitzunehmen, wenigstens ein Messer.
„....sondern auf einen B A U E R N H O F“. Dieses Buchstabieren Ihrer Forderung war ein äusserst schlechtes Zeichen. Ich hörte es von Ihr zuletzt vor fünf Jahren, als ich mir einen wunderschönen Alfa Spider Cabrio kaufen wollte und sie F A M I L I E N W A G E N buchstabierte. Seither haben wir einen wunderschönen Chrysler Voyager.
„Weisst du, was dich auf einem Bauernhof erwartet?“ ich wollte gerade mit meiner Aufzählung beginnen, doch ich bemerkte, dass ihre Frage rein rhetorischer Natur war.
„Viel Wald, Wiesen, Katzen Hunde, Schweine, Kühe! Sag jetzt nicht, dass der Mann, den ich geheiratet habe davor angst hat!“ Wieso sollte der Mann, den Sie geheiratet hat, nicht vor glubschäugigen, mit Hörnern bewaffneten, tonnenschweren Monstern angst haben? Und da so einem Ungetüm mit einem Messer höchstens die Haare geschnitten werden können, wurde in mir die Vorstellung von einer Schrotflinte immer konkreter.
„Gibt es denn nicht wenigstens einen Bauernhof in Stadtnähe, nur mit Katzen, sozusagen Bauernhof Light?“ bot ich ihr einen Kompromiss an.
„Ich hab´ schon gebucht und die Kinder freuen sich schon. Und ich lass´ es nicht zu, dass sie wegen deiner Spinnerei enttäuscht werden“ schlug sie den Kompromiss aus.
„Und ich lass´ mich von dir nicht mit den Kindern unter Druck setzen. Ende der Diskussion“ beendete ich das Gespräch, wie es einem Testosteronproduzenten würdig war.
Die Fahrt in die Steiermark verlief sehr still, jedenfalls meinerseits. Aber ich musste ja Fahren, da hat man sich zu konzentrieren. Meine liebe Frau und unsere beiden Kinder unterhielten sich aber prächtig.
Als wir am Bauernhof ankamen, erwarteten uns schon Familie Juniorbauer und Familie Seniorbauer, da meine Frau in der letzten Stunde vier mal anrufen musste, weil ich mich verfahren hatte (die Strassenkarte war irrsinnig unpräzise). Das Begrüssungsschnäpschen ging bei mir ex und nachdem uns die Zimmer gezeigt wurden und halbherzigem Smalltalk meinerseits, eröffnete uns Hans, der Seniorbauer: „Morgen mach´ ma a Fahrt auf die Alm“. Die Art, wie er das sagte, beunruhigte mich.


1.Tag

Der Heuladewagen sah eigentlich aus wie ein ganz normaler offener Anhänger von ca. 4 mal 2 Metern Grösse, hatte aber auf der ungefähr 40 cm hohen Holzumwandung Gitterstäbe im Abstand von 10 cm aufgesetzt, die noch 3 m in die Höhe reichten, damit die Heu- oder Strohballen, wenn sie hoch aufgestapelt wurden, nicht hinunterfielen. Die Öffnung nach oben hin war mit Schnüren, ebenfalls in 10 cm Abständen, der Länge nach verspannt (wahrscheinlich um die Strohballen, die nur leicht verletzt waren, am herausspringen zu hindern). Wir sassen also in einem fahrbaren Rundumgefängnis. Als Sitzgelegenheit für uns Abenteurer dienten überraschenderweise Strohballen.
Mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h näherten wir uns kontinuierlich der Alm. Als Mensch mit „Heidi“ – Erfahrung hat man so seine eigene Vorstellung von Alm. An einer Alm hat alles rund zu sein. Man fährt in schönen, runden Serpentinen hinauf zu ihr, der Übergang von Alm zu Tal ist rund und ganz oben ist man nicht auf einer Bergspitze, sondern auf einer Almkuppe. Ein konvex-konkaves Yin und Yang.
Aber DAS war keine Alm!
Der Forstweg führte in Spitzkehren und 45 Grad Steigungen nach oben. Und wenn eine Strasse 45 Grad Steigung aufweist, dann ist dort wo keine Strasse ist, 90 Grad Gefälle! Um es weniger mathematisch auszudrücken: vorne steil, links Berg, rechts Schlucht. Zu meinem grossen Bedauern musste ich feststellen, dass Forststrassen keine Leitschienen besitzen. Und dass der Abstand zwischen den (ab-)hangseitigen Rädern und dem seitlichen Ende der Forststrasse vielleicht 10 cm betrug. Zu wenig, um meinen Würgegriff vom Strohballen zu lösen. Die Wohlgefallenskundgebungen der anderen Eltern („Ooooh, schau dir diese Aussicht an“, „Unglaublich, was so ein Traktor für einen Drehmoment haben muss“, „Je weiter wir rauf kommen, um so schöner wird es“) liess in mir die Vermutung aufkeimen, dass deren religiöse Disposition sie fest an ein Leben nach dem Tod glauben liess. Als Agnostiker mit Höhenangst fühlte ich mich in schlechter Gesellschaft.
Der einzige Umstand, der mich an ein Überleben meiner Familie glauben liess, war die Tatsache, dass diese Schluchten doch stark bewaldet waren. Rutschte dieses Heuwagengefängnis ab, war die Chance gross, nach einigen Überschlägen zwischen den Bäumen hängenzubleiben und schwer verletzt zu überleben.
Mein Glaube schwand mit dem Erreichen der Baumgrenze.
Diese Gebirgsfahrt hatte nun gar nichts mehr Almiges an sich. Die Forststrasse hatte sich auf einen Wanderweg reduziert auf dem sich ein was-weiss-ich wieviel-Tonnen-Gefährt vorwärts quälte. Der Wald, der unseren Sturz hätte abfangen sollen, war zu einem dunkelgrünen Teppich am Fusse des Himalaya verschmolzen. Der Blick nach unten war so furchteinflössend, dass ich meine Augen von diesem Anblick nicht mehr losreissen konnte. „Merkst du auch, wie die Luft, je weiter wir nach oben kommen, immer reiner wird?“ war der untaugliche Versuch meiner lieben Frau, mich mit einem Gespräch abzulenken.
„Seit wir hinter diesem Traktor sitzen, hat die Luft meiner Ansicht nach eigentlich immer dieselbe Dieselkonzentration“, entgegnete ich wahrheitsgemäss.
„Kannst du nicht wenigstens versuchen, einfach einmal abzuschalten und nur zu geniessen ?!“ entgegnete Sie schon leicht verärgert.
„Ich möchte nur noch kurz meinen Gedanken über Bergehubschrauber, forensische Medizin und Identifikation von Leichen anhand des Gebisses nachhängen, dann meditiere ich ein wenig, o.k.?“.
Aus Ihrem Blick schloss ich, dass Sie das Gespräch für beendet hielt.


2.Tag

Nach einem ausgiebigen Frühstück (gebratener Speck, Rührei – mein Hausarzt ist noch immer damit beschäftigt, meinen Cholesterinspiegel aus der Todeszone zu manövrieren) machten wir uns zu unserem ersten Spaziergang auf. Vom Bauernhaus führte uns ein Wanderweg vorbei an herrlich satten grünen Wiesen. Man hörte Vögel zwitschern, Insekten summten und es war weit und breit kein Autolärm zu hören. Es war dermassen kitschig – schön, dass sich selbst in einem Naturverweigerer wie mir ein Gefühl von Erholung und Entspannung breitmachte. Unsere beiden Kinder waren von den Dingen, die es zu entdecken gab, herrlich abgelenkt, so dass wir Hand in Hand wie ein frisch verliebtes Pärchen die Sonnenstrahlen geniessen konnten. Bis unser kleiner Dreijähriger in 500 Metern Entfernung eine Weide erspähte. Weiden sind deswegen Weiden und keine Wiesen, weil Kühe darauf weiden. Und die wollte er unbedingt aus der Nähe sehen. Sämtliche Überredungsversuche von mir scheiterten („Gehen wir doch ein Stück in den Wald, vielleicht finden wir dort Bären, Schlangen, Elefanten, Fledermäuse, Tiger...“) angesichts realer........Kühe.
Ich fügte mich dem Unvermeidlichen und als wir bei der Weide ankamen, sah ich, dass Kühe und Stiere gemeinsam gehalten wurden. Ich nahm meine Kinder – nachdem ich mich von dem Schock, wie gross ein Schnitzel werden kann, wenn es noch lebt, erholt hatte - zur Seite und erklärte Ihnen mit dem Wissen eines Mannes, der mit der Natur auf Du ist: „Seht ihr, DAS ist eine Kuh und DAS ist ein Stier“. Worauf mir meine Tochter mit Ihren 9 Jahren entgegnete „Ja, weil der Stier hat einen Penis und die Kuh ein Milchsäckchen“.
Ich warf meiner Frau einen bösen Blick ob Ihrer Aufklärungsmethoden zu. Warum konnte Sie nicht vom unverfänglicheren Euter ausgehend Ihren Aufklärungsunterricht beginnen, an dem sich ein kleines Kälbchen andockt und wegen der vielen guten Milch grösser und grösser wird. Ein schönes, altersadäquates Veranschaulichen eines natürlichen Vorganges.
Wie will Sie unserer Tochter altersadäquat erklärt haben, mit was sich der Stier an der Kuh andockt ?!
„Kann man die streicheln ??“ Mit dieser Frage nahm unser kleiner Sohn etwas Brisanz aus der Stimmung, läutete damit aber eine neue Runde ein.
Ich wollte Raphael gerade erklären, dass es dazu Toreros gibt, die aber in einem anderen Land leben, als meine liebe Frau aus dem Hintergrund (oder eher aus dem Hinterhalt) sagen musste „Aber natürlich, Kühe sind ganz friedliche Tiere“. Totale Aggression auf einen berechtigterweise leicht kritisierenden Blick von mir.
„Die sind so weit weg“ jammerte Raphael. Er wollte diesen Missstand aber sofort korrigieren, indem er versuchte, unter dem Zaun durchzukriechen. Als ich ihn zurückzog, war ein Tobsuchtsanfall die Folge.
Er lief zu seiner Mutter, die ihn liebevoll tröstete, weil ja sein böser Vater nichts besseres zu tun hatte, als ihm sein Leben zu retten. Sie flüsterte ihm etwas zu, von dem ich nur die letzten Worte verstand „.....lockt sie ja Papa ein bisschen näher her“. Mein Sohn und ich vertauschten blitzschnell unseren Gesichtsausdruck. Aus seinem griesgrämigen Gesicht mutierte ein breites Grinsen und mein mildes Lächeln hatte sich für den Rest des Tages frei genommen. Zwischen Raphaels „Jupppiiiieee“ und Elisabeths „Ja Papi, hol´ sie, bitte hol´ sie, hol´ sie, HOL´ SIE“ versuchte ich, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich hatte Erfahrung mit Katzen, Hauskatzen, aber das waren wilde Tiere. Wenn ich wollte, dass meine Katzen zu mir her kamen, öffnete ich eine Dose Katzenfutter.
Aber Kühe ?! Elementare Fragen schossen mir durch den Kopf: Gibt es saftiges Weidegras in Dosen, wo gibt es das zu kaufen und reagieren Paarhufer auf das Abziehen des Dosendeckels genau so wie Katzen, die mit aufgerichtetem Schwanz zu mir laufen und mit grossen Augen „Danke, Meister“ sagen?
Da es hier und jetzt niemanden gab, der mir diese Fragen hätte beantworten können, musste ich improvisieren.
Ich riss das Gras, das ausserhalb des Zaunes hoch wachsen konnte, aus, bis ich ein Büschel beisammen hatte. Mit dem Blick eines Metzgers, der sich das beste Filetstück aus einem Fleischberg aussucht, fixierte ich die Kuh, von der ich annahm, dass es auf meine Avancen am ehesten reagieren würde (ich nenne sie der Einfachheit halber Rosi). Rosi war ungefähr 10 Meter vom Zaun entfernt und graste gemächlich vor sich hin. Ich beugte mich über den Zaun und streckte ihr meine Hand mit dem Gras entgegen. Würde ich jetzt behaupten, Rosi hätte mich ignoriert, könnte man auch sagen, Autisten haben schwierigkeiten, mit Menschen in Kontakt zu treten oder Charles Manson war kein Philantroph. Ich hüpfte herum und schwenkte aufgeregt das Büschel Gras – nix, njente, nope, nothing. Rosi nagte unbeeindruckt auf der 5 Millimeter Grasnarbe herum, während in meiner Hand der Gegenwert von 5 Quadratmetern Weide auf sie wartete.
„Gib mir das Gras, ich steig´ rüber und locke sie her“. Meine wunderbare, liebste Gattin wollte sich also mit ihren 49 kg einem Tier stellen, dessen Schädel allein mehr auf die Waage brachte. Wobei man sagen muss, dass sie mich schon bei einer Spinne im Haus zur Grosswildjagd holt.
Ich kletterte also mit der Gewissheit, etwas zu tun, was ich ganz bestimmt nicht wollte, bei gleichzeitiger Ungewissheit genau das zu tun, was meine Liebste möglicherweise wollte, mit leichten stilistischen Mängeln über den Zaun, natürlich nicht ohne mich davon zu überzeugen, dass der nächste Stier in gut 100 Metern Entfernung dasselbe macht wie Rosi. Ich näherte mich schrittweise, etwas steif in der Hüfte, mit ausgestrecktem Grasarm diesem Ungetüm. Als ich noch 5 Meter von Rosi (was für ein dummer Name für hunderte Kilo Fleisch und Muskeln) entfernt war, hob sie den Kopf, sah mich mit ihren Basedowschen Augen kurz an und widmete sich dann wieder ihrer Beschäftigung. Wäre ich jetzt Arnold Schwarzenegger, Sylverster Stallone oder Bruce Willis gewesen, hätte ich das dämliche Vieh einfach an den Hörnern gepackt und zum Zaun gezerrt, wo meine Kinder der hilflosen Rosi Löcher ins Fell gestreichelt hätten. Ich war aber leider Woody Allen und so ging ich - nun sehr, sehr langsam – noch ein paar Schritte auf sie zu. Ich war jetzt 2 Meter von Rosis Hinterteil entfernt und nur mein Selbsterhaltungstrieb und der Gedanke an meine Kinder hinderten mich daran, ihr das Büschel Gras einfach in den Arsch zu stecken. „Hock´ dich hin, die hat sicher angst vor dir“ hörte ich meine Frau sagen.
Natürlich, das war es! Ein Lebewesen, das nur mit schwerer Artillerie zur Strecke zu bringen war, hatte angst vor einer Ameise mit einem Büschel Gras bewaffnet! Ich liebe solche Ratschläge.
Ich hörte, wie Raphael zu wimmern begann „...die Kuh hat angst!“ und hockte mich widerwillig hin.
Und da! Rosi setzte sich gemächlich zu mir in Bewegung und ich – noch immer hockend, noch immer mit ausgestrecktem Arm, aber jetzt neu – im Rückwärtsgang, um den Abstand zu ihr zu halten. Der Triumph der Krone der Schöpfung über die Urgewalt. Ich deutete das Zittern der Erde zuerst als Beifall der Natur bis ich unter dem Bauch von Rosi hindurch einen Stier sah. Es war der gleiche Stier, der 100 Meter entfernt von uns ebenso friedlich graste wie Rosi, mit dem Unterschied, dass er nun seine Entfernung zu uns dramatisch verringerte. Eigentlich war ich der Meinung, dass die Gangart dieser Tiere wegen ihres Gewichtes nur Schritt, höchstens Pass sein konnte. Dieser Stier näherte sich aber in einem für meine Begriffe physikalisch unmöglichen, dafür aber um so beunruhigenderem Galopp. Ob er die genetische Verwässerung seiner Weide mit lauter kleinen Minotauren fürchtete oder seine Rosi vor dem Zugriff des Schlächters mit dem Grasmesser retten wollte war mir angesichts seiner gesenkten Hörner und des rapiden Distanzverlustes zwischen uns beiden relativ gleichgültig. Ich beendete die Grasbüschelprozession mit Rosi, warf mich herum und sprintete in Richtung Zaun. Während meines Fluges über den Zaun blickte ich einen kurzen Augenblick in das Gesicht meiner Frau. Ich suchte in ihrem Blick Angst, fand aber nur Überraschung, die nicht mit meiner ausdrucksstarken Verzweiflung konkurrieren konnte. Meine Variante eines geschmeidigen Abrollens war ein Bäuchlings-Entlangschürfen am Schotterweg unter kräftige Zuhilfenahme der Kinnbremse. Als ich mich aufrappelte und - in Ermangelung zufällig herumstehender Sanitäter, die sich um mich gekümmert hätten – leicht verlegen an meiner Kleidung herumklopfte, als ob ich sie säubern wollte, sah ich el Torro Lammfromm ganz nahe am Zaun stehen. Er führte gerade die letzten Reste des für Rosi bestimmten Grasbüschels seinem Pansen zu, während unsere lieben Kinder endlich so eine süsse Muhkuh streicheln konnten.


3.Tag

Papa muss zurück in die Stadt zum Arzt
 

Dorian

Mitglied
Hallo Birdy!

Du hast uns ja ziemlich lange warten lassen seit deinem letzten Werk. Aber ich muß sagen, das Warten hat sich gelohnt.
Außer einigen Rechtschreibfehlern, die jedem mal passieren können, konnte ich keine gröberen Mängel entdecken, schon gar keine stilistischen. War mal wieder perfekt.
Bis auf den Titel.
Versteh mich nicht falsch, der Titel gefällt mir, aber ich würde "Woody Allen" und "der Heuwagen" Platz tauschen lassen. Als ich mir den Titel das erste Mal angesehen habe, dachte ich, es geht um einen Heuwagen namens Rosi. Aber dies nur nebenbei.
Dieses formidable Werk ist mir natürlich die volle Punktzahl wert.

LG

Dorian
 

birdy

Mitglied
Hallo Dorian !

Ich will hoffen, dass Du beruflich gerade eine neue Stadt baust und privat Bigamist bist, da mir auch Deine Absenz von der Leselupe aufgefallen ist. :D
Bedanke mich für dein Lob. Ich dachte zuerst, dass den Text wegen seiner Länge überhaupt niemand lesen würde.
Natürlich hast Du vollkommen recht! Die Rechtschreibfehler sind gröbstens (hab´ deshalb solange nichts von mir hören lassen - musste erst warten, bis ich einige Fehler wieder beisammen hatte ;) ), und der Titel wäre umgestellt besser und überhaupt nett von Dir, dass Du manch andere Mängel gar nicht erwähnst.

Übrigens: Aus Deinen Kommentaren zu den Werken können viele Hobby-Rezensenten lernen, wie man kritisiert ohne den Autor zu vernichten. Auch dazu gehört Stil.

Liebe Grüsse
birdy
 

Dorian

Mitglied
Die Frauen...

... sind schuld.
wer auch sonst?

Nein,ernsthaft, ich hatte in letzter Zeit zu tun (mit Frauen), und deshalb nicht wirklich kreative Energie übrig, mich hinzusetzen und zu schreiben.
Aber nach dem ich Deine Antwort auf meine Antwort gelesen hatte, habe ich mich mit vieregrichteten Wadln hingesetzt und ein längeres Werk verfaßt, daß Du im Forum Kurzgeschichten lesen kannst. Allerdings zählt es nicht zu meinen besten Werken, daher erwarte nicht zuviel.

Irgendjemand hat mal gesagt, daß man leiden muß, um kreativ sein zu können, und soweit es mich betrifft, stimmt das. Dummerweise ging es mir in letzter Zeit viel zu gut, und leider Gottes wird sich das in nächster Zeit such nicht so schnell abstellen lassen, aber ich tue mein bestes.

Was Du über die Länge Deines Werkes bemerkt hast mußte ich am eigenen Leib erfahren. Meine neuestes Werk ist nämlich auch etwas länger, und keine Sau interessiert sich dafür. Aber ich muß auch sagen, wenn ich die Leselupe betrete, bin ich schon voll der Erwartung eines neuen Birdy-Textes, und da ist es egal, wie lang der Text ist.
Insofern bin ich froh, wenn ich ein paar Hits habe, die den Text wahrscheinlich nicht lesen (sonst hätte ich Bewertungen), aber ich kann auch auf altkluges Geplapper verzichten.

Übrigens: Danke für die Blumen, was meine Kritiken angeht.

LG

Dorian
 



 
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