Sackgasse

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Marc Lito

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Sackgasse


In der Stadt gab es eine Straße, besser gesagt eine Sackgasse, dort waren die Huren, dort ging ich hin. Nach zwanzig-dreißig Schritten bog sich die Gasse und hinter der Biegung sah ich die Fenster, rot beleuchtet, hinter den halb geöffneten Fenstern saßen die Huren. Es war kalt, trotzdem hatte die Erste die ich sah nur einen BH an. Sie hatte kurze, braune Haare, den Mund mit Lippenstift rot angeschmiert und sah halb zum Fernseher halb auf die Straße. Bevor sie mich bemerkte wirkte ihr Gesicht so gelangweilt wie das einer Kassiererin im Supermarkt, als sie mich sah richtete sie sich auf, streckte die Brüste vor und probierte ihr einstudiertes Lächeln aus. Sie war nicht mehr jung, ende dreißig, kleiner Leberflecken im Ausschnitt, aber sie war die erste, sie lächelte und sie war nicht hässlich. Als ich im Treppenhaus vor ihrer Tür stehen blieb, hörte ich wie die der Fernseher stumm wurde, ich hatte mir Huren immer außerhalb der Gesellschaft stehend gedacht, auf den Gedanken dass sie Samstag Abend auch vor dem Fernseher sitzen und dasselbe sehen wie Millionen andere kam ich nicht. Die Tür ging auf, ich sah ihr Gesicht aus der Nähe, stärker geschminkt als gedacht, älter als vermutet, über dem BH und über dem Slip ein Pyjama, rot, passend, sie ließ mich rein. Sie spulte das übliche Programm ab, was ich damals nicht wusste und heute zu gut weiß.
Nach ein paar Minuten, es waren wirklich nicht viele Minuten, war es vorbei, ich lag noch einen Augenblick auf ihr, sie schwieg, auf einer Frau mit der man Sex hatte kann man sehr allein sein. Dieser Gedanke wurde allerdings gestört als sie mich von sich runter schob, sich anzog und 100 Mark von mir wollte. Das war mein erstes Mal, keine Verliebtheit, keine Romantik nur eine muffige Wohnung und eine Frau die Geld wollte. Ich lernte eine andere Seite kennen, die ich bisher nicht gekannt hatte und die mich willkommen hieß und wahrer war als das Bisherige. Ich lief oft durch die Stadt und sah den Mädchen hinterher, am liebsten hätte ich sie auf der Stelle genommen. Nicht allein durch Sex, auch anders, ich hätte sie am liebsten in mich aufgesogen, sie besessen, sie aufgefressen mit ihren Schenkeln und Brüsten und Gesichtern. Bei vielen war es mit dem besitzen wollen in dem Augenblick zu Ende in dem sie anfingen zu reden.

Der ganze Schwachsinn den ich mir anhören musste. Manchmal, nein oft, habe ich mir gewünscht ein Fremder zu sein der die Sprache nicht versteht und zumindest die Illusion behalten kann, das Geschwätz wäre nicht völlig hirnlos. Die meisten Menschen die ich kennen lernte waren, auf eine eigene besondere Art, hässlich. Ihr Körper konnte ihre Hässlichkeit für gewisse Zeit überdecken, dann lief die Zeit ab und ich sah die Dinge hinter den Körpern.
Die Dinge die ich sah, wenn ich mit den Saufkumpanen unterwegs war und wir Frauen ansprachen oder anlallten und sie mit einem von uns mitgingen, warum auch immer.
Und der Anblick wenn ein Mädchen, um die sechzehn Jahre alt, mit dem Abstoßendsten von uns in ein Zimmer verschwand und ich nebenan schlief, oder versuchte zu schlafen. Ich lag in meinem Bett, starrte ins Dunkel und dann hörte ich sein Stöhnen, und leiser, viel leiser, auch ihr Stöhnen. Und dann stellte ich mir vor wie er auf ihr lag mit seinem schweren Körper und sie unter ihm. Am nächsten Morgen stand ich im Bad und hörte wie eine Tür geöffnet wurde und blickte auf den Flur hinaus, da war das Mädchen von gestern Nacht, nicht mehr selbstsicher, nicht mehr verspielt, nur noch mit einem leeren Blick. Hinter ihr trat der Kerl aus der Tür, mit seiner ganzen feisten Hässlichkeit und fasste ihr an die Brüste, und sie sagte nichts und lächelte nicht, sondern ging einfach nur.
Das bekommt man zu sehen wenn man die Hässlichkeit der Leute erlebt. Die Hässlichkeit ist wahr, sie ist meistens wahrer als Schönheit.
 



 
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