Sadris Hochzeit

Resjek

Mitglied
Sadris Hochzeit

Sadri ist der Sohn einer indischen Migrantenfamile, die in den 80ern in die Schweiz kam.
Als er gegen die Dreissig ging, drängten ihn die Eltern, sich nach einer Braut umzusehen,
aber es sollte eine aus der alten Heimat sein, eine andere würden sie nicht akzeptieren. Leichter gesagt als getan. Sadri fand inzwischen Gefallen an der westlichen Lebensweise
und die Verbindung zum traditionellen Indien mit seiner Kastenkultur war ihm ziemlich fremd geworden. Nach einigem Hin und Her beschloss er aber, ein Heiratsinstitut in Benares zu kontaktieren, das ihm via Internet eine Galerie von heiratswilligen Damen mit
Photo und sozialem Hintergrund präsentierte.
Die meisten liessen sich im landesüblichen Sari abbilden, wenige im westlichen, modischen Stil, unter welchen eine davon wie eine Bollywoodschönheit herausragte.
Sadri war sofort hingerissen von ihr und bat das Institut, ein erstes Treffen zu arrangieren.
Zwei Wochen später flog er nach Benares und wartete am Tag nach der Ankunft in der
Hotellobby auf das Mädchen, das dann auch in Begleitung einer Mitarbeiterin des Heiratsinstituts zur Verabredung erschien.
Sadri fand seine Eindrücke, die er auf dem Photo gewonnen hatte, mehr als bestätigt.
Das Mädchen war nicht nur schön, sondern sprach auch fliessend Englisch. Es stellte sich heraus, dass sie die Tochter eines Englischlehrers war. Da die Zuneigung offensichtlich gegenseitig war, wurde man rasch handelseinig und beschloss, zu heiraten. Die Details
würde man in den folgenden Wochen klären.
Sadri flog in die Schweiz zurück und begann mit der Organisation der Hochzeit mit tat-
und finanzkräftiger Unterstützung seiner zufriedenen und überglücklichen Eltern. Zur vereinbarten Zeit flog die ganze Familie nach Benares. Man logierte im besten Hotel der
Stadt, weil man ja auch die Schwiegereltern beeindrucken wollte. Auf eine landesübliche Mitgift der Ehefrau hatte man auch verzichtet, was war schon von der Tochter eines Lehrers in Indien zu erwarten?
Das Hochzeitsfest, welches mehrere Tage dauerte, wurde im gleichen Hotel gefeiert. Traditionelle Musik von einem Liveorchester, eine Trauung nach Hindu-Ritus, alles, was dazugehört, war da. Der Schmuck, den die Braut trug, war von Sadris Eltern zwar ausgeliehen worden, aber das musste ja niemand wissen.
Der letzte Tag der Feier brach an. Man liess es nochmals tüchtig krachen und das Paar
zog sich zur Hochzeitsnacht zurück. Die Braut verliess das Zimmer jedoch kurz darauf,
um den Schwiegereltern den Schmuck zurückzubringen, wie sie Sadri sagte. Die warten allerdings heute noch darauf, genau wie Sadri auf seine Braut. Die war in Nacht und Nebel
verschwunden. Das Heiratsinstitut hatte sich in Luft aufgelöst. Alles Fake. Sadri und seine Eltern flogen in die Schweiz zurück. Sie sollen jetzt nicht mehr allzusehr darauf bestehen,
dass er "traditionell indisch" heiratet...
 

onivido

Mitglied
interessant, aber ich verstehe nicht, wozu die Heirat organisiert wurde. Die Braut hat doch nichts verdient dabei. Die Heiratsvermittler natürlich,aber ist dieser Verdienst den Aufwand wert? Auf jeden Fall eine gute Geschichte.
Grüsse///Onivido
 

Sebahoma

Mitglied
Hallo Resjek,

eine interessante Geschichte. Die Handlung schreit ja geradezu nach einer Überraschung und tatsächlich kommt sie am Schluss auch, was mir gut gefallen hat.

Eventuell könnte man manche Textstellen mehr beschreibend darstellen. Diese hier zum Beispiel:

Sadri fand inzwischen Gefallen an der westlichen Lebensweise und die Verbindung zum traditionellen Indien mit seiner Kastenkultur war ihm ziemlich fremd geworden.
In welcher Situation merkt er das und wie stellt es sich dar? Aber das ist nur eine kleine Anregung, deine Geschichte ist auch so schon sehr lesenswert.

Weiterhin viel Spaß,
Sebahoma
 



 
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