Sally

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raineru

Mitglied
Sally

Die Straße war, nach dem harten Winter und den starken Regenfällen der letzten Tage, von Schlaglöchern übersäht.
Sally war klar, dass sie mit abgefahrenen Reifen irgendwann mit einem Platten am Straßenrand stehen würde. Aber ausgerechnet Heute und jetzt war es ihr verdammt lästig. Sie war ohne bestimmtes Ziel unterwegs, wollte nur weg, irgendwo hin. Und nun konnte sie diesen dummen Kreuzschlüssel nirgends finden. Den Reifen zu wechseln würde ihr keine Probleme machen. Sie war schließlich Sams Tochter.
Der Tag war bisher gut gelaufen. Sie hatte alles erledigt, was sie sich vorgenommen hatte obwohl sie beim Aufwachen ein eigenartiges Gefühl hatte. Als sagte jemand -Achtung! Sally pass auf!- Doch so was kam öfter vor und bisher blieb es bei diesem eigenartigen Gefühl.

Es war der erste schöne wenn auch kalte Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die, die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu suchen.

Um halbsechs kam die Nachricht zum ersten Mal im Radio. Unbekannte waren in das Farm Haus eingedrungen und hatten Bobby und seine Frau mit einem Beil abgeschlachtet. Ein regelrechtes Blutbad sollen sie angerichtet haben. Bobby war nicht sehr beliebt in der Stadt. Er hatte zurückgezogen gelebt, trank viel und wenn man mal ganz selten seine Frau zu Gesicht bekam, trug sie eine Sonnenbrille und Pullis mit langen Ärmeln. Wahrscheinlich, um die blauen Flecke und die geschwollenen Augen, die Bobby ihr geschlagen hatte, zu verbergen. Seltsame Leute waren das. Sie lebten von der Sozialhilfe und wenn es was zu arbeiten gab, war es Bobby, der sich mit einer Ausrede verabschiedete. Doch bei den Damen war er immer schnell bei der Sache.

Sally versuchte einen vorbeikommenden Wagen zum Anhalten zu bewegen. Angst hatte sie keine. Sie trainierte zwei Mal die Woche Karate. Es gab keinen der sich ihr ungestraft näherte wenn er keine guten Absichten hatte. Sie war zweiundzwanzig und in der Stadt gab es einige hübsche Jungs mit reichlich guten Absichten. Auch Bobby hatte es bei ihr versucht und jetzt diese schreckliche Sache. Ein schwarzer Taunus hielt.
Am Steuer saß ein gut aussehender, sehr gepflegt wirkender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Sein schwarzer Anzug, das weiße Hemd, die Krawatte. Sally dachte, er ginge zu einer Hochzeit oder einer Beerdigung.
„Hi“, sagte er und legte, nachdem er die Seitenscheibe heruntergedreht hatte, den Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes um den Türknopf hochzuziehen.
„Haben Sie einen Kreuzschlüssel?
Ich kann meinen nicht finden. Ich kaufe ihn Ihnen ab. Ich komme alleine zurecht. Sie brauchen sich nicht schmutzig zu machen.“
„Nein. Tut mir leid. Da brauche ich gar nicht nachzusehen. Ich habe ihn in meiner Garage liegen sehen. Heute Morgen erst. Aber ich nehme Sie gerne mit, bis zur nächsten Tankstelle, wenn Sie wollen. Sie sollten nur den Wagen richtig sichern. Warnungen für den Verkehr. Zwanzig Meter vom Fahrzeug und so was alles.“
„O.k.“, sagte Sally, „machen Sie sich keine Gedanken ich stehe auf dem Seitenstreifen und hier kommt so schnell niemand vorbei. Ich weiß das. Ich bin von hier.“
Sie öffnete die Tür und stieg ein.
„Sie können mich bis runter zum Bahnhof mitnehmen. Dort komme ich klar. Danke.“
Der Mann fuhr langsam los.
„Sind sie Fahrlehrer?“ fragte Sally.
„Warum?“
„Na ja. Weil sie die Sicherheitsvorschriften so gut kennen. Ah! Und nun sind sie auf dem Weg zur Beerdigung eines Fahrschülers, der ihnen nicht glaubte.“
Der Mann lachte.
„Nein. Ich bin vom FBI. Wir haben einen Fall hier. Heute Nacht ist was passiert.“
Sally war überrascht.
„Wow! ... FBI welche Ehre. Daher die schwarzen Klamotten. Wie im Film.“
Sally drehte sich noch einmal um und schaute zu ihrem Auto am Straßenrand, um sicher zu gehen, dass sie den Kofferraum ihres Autos auch wieder zugeklappt hatte. Dabei fiel ihr Blick flüchtig auf einen durchsichtigen Plastiksack auf dem Rücksitz. Er umhüllte eine Axt. Sie war blutverschmiert.
„Oh Scheiße“, sagte sie, „ist das, das Beil mit dem die Beiden ... ich meine...“
„Ja“, sagte der Mann.
„Hat man den Täter schon? Oder wissen Sie schon wer es war?“
„Man hat noch niemanden aber es gibt Verdächtige.“
„Ihr seid aber verdammt schnell. Sicher ein Racheakt. Sicher war da eine Rechnung offen, die mit dem Beil bezahlt wurde. Nicht wahr?“
Sally schaute ihn neugierig an. Der Mann verzog keine Miene und sie fragte nicht weiter. Die Straße schlängelte sich durch Waldgebiet einen Hügel hinunter. Bis zum Bahnhof war es noch eine halbe Stunde. Sally schwieg.
„Sie sagten, sie wohnen in der Gegend?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, uns, ich meine meinem Vater gehört die Tankstelle oben am Highway.“
„Und da haben sie einen Platten?“
„Na ja, ich bin ein bisschen schlampig. Immer verschiebe ich alles auf den nächsten Tag, bis es zu viel wird. Aber dann mache ich es gründlich.“
Der Mann lächelte.
„Bei mir ist es ähnlich. Ich sollte seit langem einen Ölwechsel machen. Jetzt bin ich schon zwei Tage unterwegs und immer kommt was dazwischen. Jetzt, dieser Mordfall. Gestern, in Chicago war es irgendwas anderes. Nur der Ölwechsel, der wirklich wichtig ist, kommt zu kurz. Immer.“
„Wenn Sie einen Verdächtigen haben, warum haben Sie die noch nicht verhaftet?“
Der Mann reagierte nicht auf die Frage.
„Wenn es mir zeitlich passt, werde ich bei ihrem Vater am Nachmittag vorbei schauen und es endlich machen lassen.“
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wer so etwas tut, wartet nicht zuhause bis er verhaftet wird. Wir haben die Gegend abgeriegelt, überall sind Straßensperren. Da sollte keiner durchkommen.“
Sally betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte graue Ansätze an den Schläfen, ein gut geschnittenes Gesicht und war sportlich. Vor allem hatte er kräftige Hände. Das gefiel Sally. Sie mochte keine Leute mit runden oder dicken Händen, oder gar mit kurzen Wurstfingern. Das fand sie abstoßend. Ihr viel auf, dass die schwarzen Schuhe des Mannes schmutzig waren. Er muss im Schlamm gestanden haben. Sie legte besonderen Wert auf den Zustand der Schuhe und überhaupt legte sie besonderen Wert auf die Schuhe, wenn sie jemanden begegnete. Die Schuhe und die Hände, das waren bei Sally wichtige Kriterien. Vielleicht noch die Zähne aber das war nicht so wichtig wie die Schuhe. Aber auf Männer, die nicht die Wahrheit sagten war sie allergisch. Wenn ihr jemand die Unwahrheit ins Gesicht sagte, sah sie rot.
„Ich kenne das Haus der beiden ... Opfer“, sagte Sally, “da kann man bis zur Tür fahren ... Alles Asphalt.“
„Und?“
„Wieso haben Sie dreckige Schuhe?“
Der Mann schaute sie einen Augenblick prüfend an.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Und warum sind hier keine Straßensperren, wenn alles abgeriegelt ist, wie Sie sagen? Und warum sind keine Suchhunde im Wald?“
„Was sind das für Fragen?“
„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte Sally, „Sie lügen!“
Gleich beim Einsteigen hatte sie so ein komisches Gefühl. So, als würde sie einen Fehler machen.
„Jetzt ist es aber gut, mein Fräulein.“ Der Mann tat beleidigt. Er gab Gas.
„Warum haben Sie dreckige Schuhe?“ wiederholte Sally.
„Weil ich um das Haus herum musste, verdammt noch mal. Da ist nur dreckige Schlammscheiße und da muss man durch wenn man zur hinteren Tür will. Vor allem könnten dort Spuren sein. Beim FBI ist es nicht einfach, sauber zu bleiben. In vielen Beziehungen.“
Sally glaubte ihm nicht und schaute wieder auf den Rücksitz wo die Axt in dem Plastiksack lag.
„Warum ist da kein Zettel an der Plastiktüte. Mit einer Nummer oder so was drauf? In den Filmen ist das immer so. Das ist ein Beweisstück. Oder? Das muss gekennzeichnet sein. Oder?“
Das Gesicht des Mannes bekam plötzlich einen anderen, bösartigen Ausdruck. Er drehte sich zu Sally um. Sie wich in ihrem Sitz zurück.
„Ist sonst noch was unklar, Frau Kommissar?“
Der Mann trat aufs Gaspedal, fuhr noch schneller.
„Sie lügen“, sagte Sally wieder, obwohl sie wusste, dass das keine gute Idee war. „Sie sagten, dass Sie ihren Kreuzschlüssel heute Morgen in ihrer Garage gesehen hätten und danach sagten sie, dass sie seit zwei Tagen unterwegs sind, also nicht in der Nacht zu Hause waren, nicht in ihrer Garage. Und außerdem sind die Leute vom FBI immer zu zweit unterwegs wie bei Akte „X“, Skully und Mulder.“
Die Straße war jetzt gerade. Von weitem konnte Sally den quer gestellten Polizeiwagen mit dem blinkenden Blaulicht sehen. Sie wollte nur raus aus diesem Auto, weg von diesem Mann, der sie belog. Hinter ihnen war plötzlich ein Krankenwagen im Einsatz aufgetaucht. Die blinkenden Lichter und die Sirene näherten sich schnell. Der Mann verringerte die Geschwindigkeit nicht.
Sally griff auf den Rücksitz, griff das Beil.
„Sind Sie verrückt geworden?“ schrie der Mann und versuchte ihr die Waffe mit der rechten Hand wegzunehmen und trotzdem den Wagen unter Kontrolle zu halten. Sally hielt die Axt nun mit zwei Händen.
„Sie sind ein verdammter Lügner. Glauben sie, sie können mir was vormachen? Glauben Sie, ich weiß nicht was los ist?“ schrie Sally. Sie waren fast bei der Straßensperre als der Mann stark auf die Bremse trat. Sally flog nach vorn. Das Beil viel auf die Ablage, rutschte nach unten. Schnell griff sie wieder danach. Jetzt kam der Wagen zum Stehen. Sally wollte die Tür öffnen als der Mann sie an der Bluse festhielt und diese dabei zerriss. Sally stürzte aus dem Auto. Die beiden Polizisten von der Straßensperre hatten ihre Waffen gezogen, hatten sofort bemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Der Krankenwagen hatte ebenfalls angehalten. Ein Mann mit blauem Overall und ein Arzt stürzten heraus.
„Verhaften Sie den Mann! Das ist der, den sie suchen!“, schrie Sally. Sie stand zitternd da, mit halb entblößter Brust, das Beil in der Hand.

Der Mann saß noch im Wagen und wollte in seine Brusttasche fassen.
„Hände aus das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“
Die beiden Männer aus dem Krankenwagen waren mit wilden Gesten herbeigerannt.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Arzt zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Der Mann hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
 

raineru

Mitglied
Sally

Die Straße war, nach dem harten Winter und den starken Regenfällen der letzten Tage, von Schlaglöchern übersäht.
Sally war klar, dass sie mit abgefahrenen Reifen irgendwann mit einem Platten am Straßenrand stehen würde. Aber ausgerechnet heute und jetzt war es ihr verdammt lästig. Sie war ohne bestimmtes Ziel unterwegs, wollte nur weg, irgendwo hin. Und nun konnte sie diesen dummen Kreuzschlüssel nirgends finden. Den Reifen zu wechseln würde ihr keine Probleme machen. Sie war schließlich Sams Tochter.
Der Tag war bisher gut gelaufen. Sie hatte alles erledigt, was sie sich vorgenommen hatte, obwohl sie beim Aufwachen ein eigenartiges Gefühl hatte. Als sagte jemand - "Achtung! Sally pass auf!"- Doch so was kam öfter vor und bisher blieb es bei diesem eigenartigen Gefühl.

Es war der erste schöne, wenn auch kalte, Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu suchen.

Um halbsechs kam die Nachricht zum ersten Mal im Radio. Unbekannte waren in das Farm Haus eingedrungen und hatten Bobby und seine Frau mit einem Beil abgeschlachtet. Ein regelrechtes Blutbad sollen sie angerichtet haben. Bobby war nicht sehr beliebt in der Stadt. Er hatte zurückgezogen gelebt, trank viel und wenn man mal ganz selten seine Frau zu Gesicht bekam, trug sie eine Sonnenbrille und Pullis mit langen Ärmeln. Wahrscheinlich, um die blauen Flecke und die geschwollenen Augen, die Bobby ihr geschlagen hatte, zu verbergen.
Seltsame Leute waren das. Sie lebten von der Sozialhilfe und wenn es was zu arbeiten gab, war es Bobby, der sich mit einer Ausrede verabschiedete. Doch bei den Damen war er immer schnell bei der Sache.

Sally versuchte einen vorbeikommenden Wagen zum Anhalten zu bewegen. Angst hatte sie keine. Sie trainierte zwei Mal die Woche Karate. Es gab keinen, der sich ihr ungestraft näherte wenn er keine guten Absichten hatte. Sie war zweiundzwanzig und in der Stadt gab es einige hübsche Jungs mit reichlich guten Absichten. Auch Bobby hatte es bei ihr versucht und jetzt diese schreckliche Sache.
Ein schwarzer Taunus hielt.
Am Steuer saß ein gut aussehender, sehr gepflegt wirkender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Sein schwarzer Anzug, das weiße Hemd, die Krawatte. Sally dachte, er ginge zu einer Hochzeit oder einer Beerdigung.
„Hi“, sagte er und legte, nachdem er die Seitenscheibe heruntergedreht hatte, den Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes um den Türknopf hochzuziehen.
„Haben Sie einen Kreuzschlüssel?
Ich kann meinen nicht finden. Ich kaufe ihn Ihnen ab. Ich komme alleine zurecht. Sie brauchen sich nicht schmutzig zu machen.“
„Nein. Tut mir leid. Da brauche ich gar nicht nachzusehen. Ich habe ihn in meiner Garage liegen sehen. Heute Morgen erst. Aber ich nehme Sie gerne mit, bis zur nächsten Tankstelle, wenn Sie wollen. Sie sollten nur den Wagen richtig sichern. Warnungen für den Verkehr. Zwanzig Meter vom Fahrzeug und so was alles.“
„O.k.“, sagte Sally, „machen Sie sich keine Gedanken ich stehe auf dem Seitenstreifen und hier kommt so schnell niemand vorbei. Ich weiß das. Ich bin von hier.“
Sie öffnete die Tür und stieg ein.
„Sie können mich bis runter zum Bahnhof mitnehmen. Dort komme ich klar. Danke.“
Der Mann fuhr langsam los.
„Sind sie Fahrlehrer?“ fragte Sally.
„Warum?“
„Na ja. Weil sie die Sicherheitsvorschriften so gut kennen. Ah! Und nun sind sie auf dem Weg zur Beerdigung eines Fahrschülers, der ihnen nicht glaubte.“
Der Mann lachte.
„Nein. Ich bin vom FBI. Wir haben einen Fall hier. Heute Nacht ist was passiert.“
Sally war überrascht.
„Wow! ... FBI welche Ehre. Daher die schwarzen Klamotten. Wie im Film.“
Sally drehte sich noch einmal um und schaute zu ihrem Auto am Straßenrand, um sicher zu gehen, dass sie den Kofferraum ihres Autos auch wieder zugeklappt hatte. Dabei fiel ihr Blick flüchtig auf einen durchsichtigen Plastiksack auf dem Rücksitz. Er umhüllte eine Axt. Sie war blutverschmiert.
„Oh Scheiße“, sagte sie, „ist das, das Beil mit dem die Beiden ... ich meine...“
„Ja“, sagte der Mann.
„Hat man den Täter schon? Oder wissen Sie schon wer es war?“
„Man hat noch niemanden aber es gibt Verdächtige.“
„Ihr seid aber verdammt schnell. Sicher ein Racheakt. Sicher war da eine Rechnung offen, die mit dem Beil bezahlt wurde. Nicht wahr?“
Sally schaute ihn neugierig an. Der Mann verzog keine Miene und sie fragte nicht weiter. Die Straße schlängelte sich durch Waldgebiet einen Hügel hinunter. Bis zum Bahnhof war es noch eine halbe Stunde. Sally schwieg.
„Sie sagten, sie wohnen in der Gegend?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, uns, ich meine meinem Vater gehört die Tankstelle oben am Highway.“
„Und da haben sie einen Platten?“
„Na ja, ich bin ein bisschen schlampig. Immer verschiebe ich alles auf den nächsten Tag, bis es zu viel wird. Aber dann mache ich es gründlich.“
Der Mann lächelte.
„Bei mir ist es ähnlich. Ich sollte seit langem einen Ölwechsel machen. Jetzt bin ich schon zwei Tage unterwegs und immer kommt was dazwischen. Jetzt, dieser Mordfall. Gestern, in Chicago war es irgendwas anderes. Nur der Ölwechsel, der wirklich wichtig ist, kommt zu kurz. Immer.“
„Wenn Sie einen Verdächtigen haben, warum haben Sie die noch nicht verhaftet?“
Der Mann reagierte nicht auf die Frage.
„Wenn es mir zeitlich passt, werde ich bei ihrem Vater am Nachmittag vorbei schauen und es endlich machen lassen.“
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wer so etwas tut, wartet nicht zuhause bis er verhaftet wird. Wir haben die Gegend abgeriegelt, überall sind Straßensperren. Da sollte keiner durchkommen.“
Sally betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte graue Ansätze an den Schläfen, ein gut geschnittenes Gesicht und war sportlich. Vor allem hatte er kräftige Hände. Das gefiel Sally. Sie mochte keine Leute mit runden oder dicken Händen, oder gar mit kurzen Wurstfingern. Das fand sie abstoßend. Ihr viel auf, dass die schwarzen Schuhe des Mannes schmutzig waren. Er muss im Schlamm gestanden haben. Sie legte besonderen Wert auf den Zustand der Schuhe und überhaupt legte sie besonderen Wert auf die Schuhe, wenn sie jemanden begegnete. Die Schuhe und die Hände, das waren bei Sally wichtige Kriterien. Vielleicht noch die Zähne aber das war nicht so wichtig wie die Schuhe. Aber auf Männer, die nicht die Wahrheit sagten war sie allergisch. Wenn ihr jemand die Unwahrheit ins Gesicht sagte, sah sie rot.
„Ich kenne das Haus der beiden ... Opfer“, sagte Sally, “da kann man bis zur Tür fahren ... Alles Asphalt.“
„Und?“
„Wieso haben Sie dreckige Schuhe?“
Der Mann schaute sie einen Augenblick prüfend an.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Und warum sind hier keine Straßensperren, wenn alles abgeriegelt ist, wie Sie sagen? Und warum sind keine Suchhunde im Wald?“
„Was sind das für Fragen?“
„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte Sally, „Sie lügen!“
Gleich beim Einsteigen hatte sie so ein komisches Gefühl. So, als würde sie einen Fehler machen.
„Jetzt ist es aber gut, mein Fräulein.“ Der Mann tat beleidigt. Er gab Gas.
„Warum haben Sie dreckige Schuhe?“ wiederholte Sally.
„Weil ich um das Haus herum musste, verdammt noch mal. Da ist nur dreckige Schlammscheiße und da muss man durch wenn man zur hinteren Tür will. Vor allem könnten dort Spuren sein. Beim FBI ist es nicht einfach, sauber zu bleiben. In vielen Beziehungen.“
Sally glaubte ihm nicht und schaute wieder auf den Rücksitz wo die Axt in dem Plastiksack lag.
„Warum ist da kein Zettel an der Plastiktüte. Mit einer Nummer oder so was drauf? In den Filmen ist das immer so. Das ist ein Beweisstück. Oder? Das muss gekennzeichnet sein. Oder?“
Das Gesicht des Mannes bekam plötzlich einen anderen, bösartigen Ausdruck. Er drehte sich zu Sally um. Sie wich in ihrem Sitz zurück.
„Ist sonst noch was unklar, Frau Kommissar?“
Der Mann trat aufs Gaspedal, fuhr noch schneller.
„Sie lügen“, sagte Sally wieder, obwohl sie wusste, dass das keine gute Idee war. „Sie sagten, dass Sie ihren Kreuzschlüssel heute Morgen in ihrer Garage gesehen hätten und danach sagten sie, dass sie seit zwei Tagen unterwegs sind, also nicht in der Nacht zu Hause waren, nicht in ihrer Garage. Und außerdem sind die Leute vom FBI immer zu zweit unterwegs wie bei Akte „X“, Skully und Mulder.“
Die Straße war jetzt gerade. Von weitem konnte Sally den quer gestellten Polizeiwagen mit dem blinkenden Blaulicht sehen. Sie wollte nur raus aus diesem Auto, weg von diesem Mann, der sie belog. Hinter ihnen war plötzlich ein Krankenwagen im Einsatz aufgetaucht. Die blinkenden Lichter und die Sirene näherten sich schnell. Der Mann verringerte die Geschwindigkeit nicht.
Sally griff auf den Rücksitz, griff das Beil.
„Sind Sie verrückt geworden?“ schrie der Mann und versuchte ihr die Waffe mit der rechten Hand wegzunehmen und trotzdem den Wagen unter Kontrolle zu halten. Sally hielt die Axt nun mit zwei Händen.
„Sie sind ein verdammter Lügner. Glauben sie, sie können mir was vormachen? Glauben Sie, ich weiß nicht was los ist?“ schrie Sally. Sie waren fast bei der Straßensperre als der Mann stark auf die Bremse trat. Sally flog nach vorn. Das Beil viel auf die Ablage, rutschte nach unten. Schnell griff sie wieder danach. Jetzt kam der Wagen zum Stehen. Sally wollte die Tür öffnen als der Mann sie an der Bluse festhielt und diese dabei zerriss. Sally stürzte aus dem Auto. Die beiden Polizisten von der Straßensperre hatten ihre Waffen gezogen. Der Krankenwagen hatte ebenfalls angehalten. Ein Mann mit blauem Overall und ein Arzt stürzten heraus.
„Verhaften Sie den Mann! Das ist der, den sie suchen!“, schrie Sally. Sie stand zitternd da, mit halb entblößter Brust, das Beil in der Hand.

Der Mann saß noch im Wagen und wollte in seine Jackentasche fassen.
„Hände aus das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“
Die beiden Männer aus dem Krankenwagen waren mit wilden Gesten herbeigerannt.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Arzt zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Der Mann hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
 
E

eisblume

Gast
Hallo raineru,

ich wage mich jetzt mal an deine Geschichte.
Als Erstes möchte ich sagen, dass ich den Schluss, dass Sally die Täterin ist, sehr gut finde. Du hast eigentlich m. M. n. sehr geschickt den Fokus auf den vermeintlichen FBI-Agenten gelenkt, dass ich jetzt immer darauf gewartet habe, wann es wohl passiert, dass er Sally aus dem Weg räumt.
Den Dialog zwischen den beiden im Wagen find ich gut, auch wie sich bei Sally die Zweifel einstellen.

Aber so ganz schlüssig ist die Geschichte für mich trotzdem nicht. Das fängt hier an:
Es war der erste schöne, wenn auch kalte, Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu suchen.
Wie konnte Sally das zu dem Zeitpunkt schon wissen? Der Hinweis auf die Radiomeldung folgt erst danach. Der müsste aber davor stehen, da sonst der Bezug fehlt. So erhält der Leser ja an der Stelle einen Hinweis, dass sie das eben nur wissen kann, wenn sie selbst die Mörderin ist. Das sollte aber natürlich vermieden werden, weil die Geschichte sonst nicht funktioniert.

Zum Ende hin bin ich dann ziemlich verwirrt.
Der Mann im Wagen ist also wirklich vom FBI?
Einer der Männer aus dem Krankenwagen ist Sallys Vater?
Das Auftauchen des Krankenwagens an sich kann ich nicht nachvollziehen. Ich meine, den einfach nur „plötzlich auftauchen“ zu lassen, reicht nicht. Da fehlt mir die Motivation.

Insgesamt passiert für mein Empfinden in diesem Abschnitt hier zu viel in zu kurzer Zeit und dann auch noch unschlüssig.
Der Mann saß noch im Wagen und wollte in seine Jackentasche fassen.
„Hände aus das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“
Die beiden Männer aus dem Krankenwagen waren mit wilden Gesten herbeigerannt.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Arzt zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Der Mann hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
Dieser Abschnitt ist für mich der Schwachpunkt der Geschichte, ich meine, da müsstest du noch einmal ran.

Lieben Gruß und nichts für Ungut
eisblume
 

raineru

Mitglied
liebe Eisblume,

du hast Recht.
So sind halt wir Fische manchmal. (13.3)
Als ich die Geschichte schrieb, hatte ich ein Zeilenlimit.
Ich musste also den "Gott in der Maschiene" bemühen.
Das Ding ist nicht das Gelbe.
Ich mach es besser.

danke

raineru
 

raineru

Mitglied
Sally

"Das war die überaus erfreuliche Wettervorhersage liebe Freunde von "CNI". Nun noch eine wichtige Durchsage aus dem Büro des Sherifs"
Die Stimme im Autoradio war von Rauschen immer wieder unterbrochen.
"In der letzten Nacht kam es auf der "Collins Ranch" zu einem schrecklichen Verbrechen, bei dem zwei Personen getötet wurden. Es wird vermutet, dass der oder die Täter, sich noch in der Gegend aufhalten. Es muss mit Behinderungen durch Polizeikontrollen gerechnet werden. Sollte euch etwas Verdächtiges auffallen, meldet es bitte umgehend dem Sherif- Büro. Und jetzt noch eine gute Fahrt mit Country-Songs bis zum Abwinken!
… CNI – Road- Radio-."

Die Straße war, nach dem harten Winter und den starken Re-genfällen der letzten Tage, von Schlaglöchern übersäht.
Sally war klar, dass sie mit abgefahrenen Reifen irgendwann mit einem Platten am Straßenrand stehen würde. Aber ausgerechnet Heute und jetzt war es ihr verdammt lästig. Sie war ohne bestimmtes Ziel unterwegs, wollte nur weg, irgendwo hin. Und nun konnte sie diesen dummen Kreuzschlüssel nirgends finden. Den Reifen zu wechseln würde ihr keine Probleme machen. Sie war schließlich Sams Tochter.
Der Tag war bisher gut gelaufen. Sie hatte alles erledigt, was sie sich vorgenommen hatte obwohl sie beim Aufwachen ein eigenartiges Gefühl hatte. Als sagte jemand -Achtung! Sally pass auf!- Doch so was kam öfter vor und bisher blieb es bei diesem eigenartigen Gefühl.
Es war der erste schöne wenn auch kalte Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die, die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu su-chen.
Um halbsechs kam die Nachricht zum ersten Mal etwas ausführlicher im Radio. Unbekannte waren in das Farm Haus eingedrungen und hatten Bobby und seine Frau mit einem Beil abgeschlachtet. Ein regelrechtes Blutbad sollen sie angerichtet haben. Bobby war nicht sehr beliebt in der Stadt. Er hatte zurückgezogen gelebt, trank viel und wenn man mal ganz selten seine Frau zu Gesicht bekam, trug sie eine Sonnenbrille und Pullis mit langen Ärmeln. Wahrscheinlich, um die blauen Flecke und die geschwollenen Augen, die Bobby ihr geschlagen hatte, zu verbergen. Seltsame Leute waren das. Sie lebten von der Sozialhilfe und wenn es was zu arbeiten gab, war es Bobby, der sich mit einer Ausrede verabschiedete. Doch bei den Damen war er immer schnell bei der Sache.
Sally versuchte einen vorbeikommenden Wagen zum Anhalten zu bewegen. Angst hatte sie keine. Sie trainierte zwei Mal die Woche Karate. Es gab keinen der sich ihr ungestraft näherte wenn er keine guten Absichten hatte. Sie war zweiundzwanzig und in der Stadt gab es einige hübsche Jungs mit reichlich guten Absichten. Auch Bobby hatte es bei ihr versucht und jetzt diese schreckliche Sache. Ein schwarzer Taunus hielt.
Am Steuer saß ein gut aussehender sehr gepflegt wirkender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Sein schwarzer Anzug, das weiße Hemd, die Krawatte. Sally dachte, er ginge zu einer Hochzeit oder einer Beerdigung.
„Hei“, sagte er und legte, nachdem er die Seitenscheibe heruntergedreht hatte, den Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes um den Türknopf hochzuziehen.
„Haben Sie einen Kreuzschlüssel? Ich kann meinen nicht finden. Ich kaufe ihn Ihnen ab. Ich komme alleine zurecht. Sie brauchen sich nicht schmutzig zu machen.“
„Nein. Tut mir leid. Da brauche ich gar nicht nachzusehen. Ich habe ihn in meiner Garage liegen sehen. Heute Morgen erst. Aber ich nehme Sie gerne mit, bis zur nächsten Tank-stelle, wenn Sie wollen. Sie sollten nur den Wagen richtig sichern. Warnungen für den Verkehr. Zwanzig Meter vom Fahrzeug und so was alles.“
„O.k.“, sagte Sally, „machen Sie sich keine Gedanken ich stehe auf dem Seitenstreifen und hier kommt so schnell niemand vorbei. Ich weiß das. Ich bin von hier.“
Sie öffnete die Tür und stieg ein.
„Sie können mich bis runter zum Bahnhof mitnehmen. Dort komme ich klar. Danke.“
Der Mann fuhr langsam los.
„Sind sie Fahrlehrer?“ fragte Sally.
„Warum?“
„Na ja. Weil sie die Sicherheitsvorschriften so gut kennen. Ah! Und nun sind sie auf dem Weg zur Beerdigung eines Fahrschülers, der ihnen nicht glaubte.“
Der Mann lachte.
„Nein. Ich bin vom FBI. Wir haben einen Fall hier. Heute Nacht ist was passiert.“
Sally war überrascht.
„Wow! ... FBI welche Ehre. Daher die schwarzen Klamotten. Wie im Film.“
Sally drehte sich noch einmal um und schaute zu ihrem Auto am Straßenrand, um sicher zu gehen, dass sie den Kofferraum ihres Autos auch wieder zugeklappt hatte. Dabei fiel ihr Blick flüchtig auf einen durchsichtigen Plastiksack auf dem Rücksitz. Er umhüllte eine Axt. Sie war blutverschmiert.
„Oh Scheiße“, sagte sie, „ist das, das Beil mit dem die Beiden ... ich meine...“
„Ja“, sagte der Mann.
„Hat man den Täter schon? Oder wissen Sie schon wer es war?“
„Man hat noch niemanden aber es gibt Verdächtige.“
„Ihr seid aber verdammt schnell. Sicher ein Racheakt. Sicher war da eine Rechnung offen, die mit dem Beil bezahlt wurde. Nicht wahr?“
Sally schaute ihn neugierig an. Der Mann verzog keine Miene und sie fragte nicht weiter. Die Straße schlängelte sich durch Waldgebiet einen Hügel hinunter. Bis zum Bahnhof war es noch eine halbe Stunde. Sally schwieg.
„Sie sagten, sie wohnen in der Gegend?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, uns, ich meine meinem Vater gehört die Tankstelle oben am Highway.“
„Und da haben sie einen Platten?“
„Na ja, ich bin ein bisschen schlampig. Immer verschiebe ich alles auf den nächsten Tag bis es zu viel wird. Aber dann mache ich es gründlich.“
Der Mann lächelte.
„Bei mir ist es ähnlich. Ich sollte seit langem einen Öl-wechsel machen. Jetzt bin ich schon zwei Tage unterwegs und immer kommt was dazwischen. Jetzt, dieser Mordfall. Gestern, in Chicago war es irgendwas anderes. Nur der Ölwechsel, der wirklich wichtig ist, kommt zu kurz. Immer.“
„Wenn Sie einen Verdächtigen haben, warum haben Sie die noch nicht verhaftet?“
Der Mann reagierte nicht auf die Frage.
„Wenn es mir zeitlich passt, werde ich bei ihrem Vater am Nachmittag vorbei schauen und es endlich machen lassen.“
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wer so etwas tut, wartet nicht zuhause bis er verhaftet wird. Wir haben die Gegend abgeriegelt, überall sind Stra-ßensperren. Da sollte keiner durchkommen.“
Sally betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte graue Ansätze an den Schläfen, ein gut geschnittenes Gesicht und war sportlich. Vor allem hatte er kräftige Hände. Das gefiel Sally. Sie mochte keine Leute mit runden oder dicken Händen, oder gar mit kurzen Wurstfingern. Das fand sie abstoßend. Ihr viel auf, dass die schwarzen Schuhe des Mannes schmutzig waren. Er muss im Schlamm gestanden haben. Sie legte besonderen Wert auf den Zustand der Schuhe und überhaupt legte sie besonderen Wert auf die Schuhe, wenn sie jemanden begegnete. Die Schuhe und die Hände, das waren bei Sally wichtige Kriterien. Vielleicht noch die Zähne aber das war nicht so wichtig wie die Schuhe. Aber auf Männer, die nicht die Wahrheit sagten war sie allergisch. Wenn ihr jemand die Unwahrheit ins Gesicht sagte, sah sie rot.
„Ich kenne das Haus der beiden ... Opfer“, sagte Sally, “da kann man bis zur Tür fahren ... Alles Asphalt.“
„Und?“
„Wieso haben Sie dreckige Schuhe?“
Der Mann schaute sie einen Augenblick prüfend an.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Und warum sind hier keine Straßensperren, wenn alles abgeriegelt ist, wie Sie sagen? Und warum sind keine Suchhunde im Wald?“
„Was sind das für Fragen?“
„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte Sally, „Sie lügen!“
Gleich beim Einsteigen hatte sie so ein komisches Gefühl. So, als würde sie einen Fehler machen.
„Jetzt ist es aber gut, mein Fräulein.“ Der Mann tat beleidigt. Er gab Gas.
„Warum haben Sie dreckige Schuhe?“ wiederholte Sally.
„Weil ich um das Haus herum musste, verdammt noch mal. Da ist nur dreckige Schlammscheiße und da muss man durch wenn man zur hinteren Tür will. Vor allem könnten dort Spuren sein. Beim FBI ist es nicht einfach, sauber zu bleiben. In vielen Beziehungen.“
Sally glaubte ihm nicht und schaute wieder auf den Rücksitz wo die Axt in dem Plastiksack lag.
„Warum ist da kein Zettel an der Plastiktüte. Mit einer Nummer oder so was drauf? In den Filmen ist das immer so. Das ist ein Beweisstück. Oder? Das muss gekennzeichnet sein. Oder?“
Das Gesicht des Mannes bekam plötzlich einen anderen, bösartigen Ausdruck. Er drehte sich zu Sally um. Sie wich in ihrem Sitz zurück.
„Ist sonst noch was unklar, Frau Kommissar?“
Der Mann trat aufs Gaspedal, fuhr noch schneller.
„Sie lügen“, sagte Sally wieder, obwohl sie wusste, dass das keine gute Idee war. „Sie sagten, dass Sie ihren Kreuzschlüssel heute Morgen in ihrer Garage gesehen hätten und danach sagten sie, dass sie seit zwei Tagen unterwegs sind, also nicht in der Nacht zu Hause waren, nicht in ihrer Garage. Und außerdem sind die Leute vom FBI immer zu zweit unterwegs wie bei Akte „X“, Sculley und Mulder.“
Die Straße war jetzt gerade. Von weitem konnte Sally den quer gestellten Polizeiwagen mit dem blinkenden Blaulicht sehen. Sie wollte nur raus aus diesem Auto, weg von diesem Mann, der sie belog. Hinter ihnen war plötzlich ein Krankenwagen im Einsatz aufgetaucht. Die blinkenden Lichter und die Sirene näherten sich schnell. Der Mann verringerte die Geschwindigkeit nicht.
Sally griff auf den Rücksitz, griff das Beil.
„Sind Sie verrückt geworden?“ schrie der Mann und versuchte ihr die Waffe mit der rechten Hand wegzunehmen und trotzdem den Wagen unter Kontrolle zu halten. Sally hielt die Axt nun mit zwei Händen.
„Sie sind ein verdammter Lügner. Glauben sie, sie können mir was vor machen? Glauben Sie, ich weiß nicht was los ist?“ schrie Sally. Sie waren fast bei der Straßensperre als der Mann stark auf die Bremse trat. Sally flog nach vorn. Das Beil viel auf die Ablage, rutschte nach unten. Schnell griff sie wieder danach. Jetzt kam der Wagen zum Stehen. Sally wollte die Tür öffnen als der Mann sie an der Bluse festhielt und diese dabei zerriss. Sally stürzte aus dem Auto. Die beiden Polizisten von der Straßensperre hatten ihre Waffen gezogen, hatten sofort bemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Der Krankenwagen hatte ebenfalls angehalten. Ein Mann mit blauem Overall und ein Mann im Arztkittel stürzten heraus und hoben beschwörend ihre Arme.
"Bitte bleiben sie ruhig!", rief der Mann im blauen Overall.
"Ich kann alles erklären! … Das ist meine Tochter… bitte nicht schießen... Sie ist sehr krank!"

„Verhaften Sie den Mann! Das ist der, den sie suchen!“, schrie Sally. Sie stand zitternd da, mit halb entblößter Brust, das Beil in der Hand.

"Spezial-Agent Kellerhan FBI", rief der Mann mit dem schwarzen Anzug. Er saß noch im Wagen und wollte in seine Brusttasche fassen.
„Hände auf das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“

Der Mann im blauen Overall ging sehr langsam, mit ruhigen Bewegungen auf die verstörte, junge Frau zu.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater erstaunt und wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Sanitäter zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Agent Kellerhan hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
 
E

eisblume

Gast
Hallo raineru,

nur ganz kurz.
Könntest du dich entschließen, diesen Absatz rauszustreichen?
Um halbsechs kam die Nachricht zum ersten Mal etwas ausführlicher im Radio. Unbekannte waren in das Farm Haus eingedrungen und hatten Bobby und seine Frau mit einem Beil abgeschlachtet. Ein regelrechtes Blutbad sollen sie angerichtet haben. Bobby war nicht sehr beliebt in der Stadt. Er hatte zurückgezogen gelebt, trank viel und wenn man mal ganz selten seine Frau zu Gesicht bekam, trug sie eine Sonnenbrille und Pullis mit langen Ärmeln. Wahrscheinlich, um die blauen Flecke und die geschwollenen Augen, die Bobby ihr geschlagen hatte, zu verbergen. Seltsame Leute waren das. Sie lebten von der Sozialhilfe und wenn es was zu arbeiten gab, war es Bobby, der sich mit einer Ausrede verabschiedete. Doch bei den Damen war er immer schnell bei der Sache.
Durch die Radiomeldung brauchst du das m. M. nach nicht und am Schluss die Erklärung, was Bobby für einer war, würde auch reichen. Das mit dem Beil erklärt sich dann ja im Dialog.

Lieben Gruß
eisblume
 

raineru

Mitglied
Sally

"Das war die überaus erfreuliche Wettervorhersage liebe Freunde von "CNI". Nun noch eine wichtige Durchsage aus dem Büro des Sherifs"
Die Stimme im Autoradio war von Rauschen immer wieder unterbrochen.
"In der letzten Nacht kam es auf der "Collins Ranch" zu einem schrecklichen Verbrechen, bei dem zwei Personen getötet wurden. Es wird vermutet, dass der oder die Täter, sich noch in der Gegend aufhalten. Es muss mit Behinderungen durch Polizeikontrollen gerechnet werden. Sollte euch etwas Verdächtiges auffallen, meldet es bitte umgehend dem Sherif- Büro. Und jetzt noch eine gute Fahrt mit Country-Songs bis zum Abwinken!
… CNI – Road- Radio-."

Die Straße war, nach dem harten Winter und den starken Regenfällen der letzten Tage, von Schlaglöchern übersäht.
Sally war klar, dass sie mit abgefahrenen Reifen irgendwann mit einem Platten am Straßenrand stehen würde. Aber ausgerechnet Heute und jetzt war es ihr verdammt lästig. Sie war ohne bestimmtes Ziel unterwegs, wollte nur weg, irgendwo hin. Und nun konnte sie diesen dummen Kreuzschlüssel nirgends finden. Den Reifen zu wechseln würde ihr keine Probleme machen. Sie war schließlich Sams Tochter.
Der Tag war bisher gut gelaufen. Sie hatte alles erledigt, was sie sich vorgenommen hatte obwohl sie beim Aufwachen ein eigenartiges Gefühl hatte. Als sagte jemand -Achtung! Sally pass auf!- Doch so was kam öfter vor und bisher blieb es bei diesem eigenartigen Gefühl.
Es war der erste schöne wenn auch kalte Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die, die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu su-chen.
Sally versuchte einen vorbeikommenden Wagen zum Anhalten zu bewegen. Angst hatte sie keine. Sie trainierte zwei Mal die Woche Karate. Es gab keinen der sich ihr ungestraft näherte wenn er keine guten Absichten hatte. Sie war zweiundzwanzig und in der Stadt gab es einige hübsche Jungs mit reichlich guten Absichten. Auch Bobby hatte es bei ihr versucht und jetzt diese schreckliche Sache. Ein schwarzer Taunus hielt.

Am Steuer saß ein gut aussehender sehr gepflegt wirkender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Sein schwarzer Anzug, das weiße Hemd, die Krawatte. Sally dachte, er ginge zu einer Hochzeit oder einer Beerdigung.
„Hei“, sagte er und legte, nachdem er die Seitenscheibe heruntergedreht hatte, den Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes um den Türknopf hochzuziehen.
„Haben Sie einen Kreuzschlüssel? Ich kann meinen nicht finden. Ich kaufe ihn Ihnen ab. Ich komme alleine zurecht. Sie brauchen sich nicht schmutzig zu machen.“
„Nein. Tut mir leid. Da brauche ich gar nicht nachzusehen. Ich habe ihn in meiner Garage liegen sehen. Heute Morgen erst. Aber ich nehme Sie gerne mit, bis zur nächsten Tank-stelle, wenn Sie wollen. Sie sollten nur den Wagen richtig sichern. Warnungen für den Verkehr. Zwanzig Meter vom Fahrzeug und so was alles.“
„O.k.“, sagte Sally, „machen Sie sich keine Gedanken ich stehe auf dem Seitenstreifen und hier kommt so schnell niemand vorbei. Ich weiß das. Ich bin von hier.“
Sie öffnete die Tür und stieg ein.
„Sie können mich bis runter zum Bahnhof mitnehmen. Dort komme ich klar. Danke.“
Der Mann fuhr langsam los.
„Sind sie Fahrlehrer?“ fragte Sally.
„Warum?“
„Na ja. Weil sie die Sicherheitsvorschriften so gut kennen. Ah! Und nun sind sie auf dem Weg zur Beerdigung eines Fahrschülers, der ihnen nicht glaubte.“
Der Mann lachte.
„Nein. Ich bin vom FBI. Wir haben einen Fall hier. Heute Nacht ist was passiert.“
Sally war überrascht.
„Wow! ... FBI welche Ehre. Daher die schwarzen Klamotten. Wie im Film.“
Sally drehte sich noch einmal um und schaute zu ihrem Auto am Straßenrand, um sicher zu gehen, dass sie den Kofferraum ihres Autos auch wieder zugeklappt hatte. Dabei fiel ihr Blick flüchtig auf einen durchsichtigen Plastiksack auf dem Rücksitz. Er umhüllte eine Axt. Sie war blutverschmiert.
„Oh Scheiße“, sagte sie, „ist das, das Beil mit dem die Beiden ... ich meine...“
„Ja“, sagte der Mann.
„Hat man den Täter schon? Oder wissen Sie schon wer es war?“
„Man hat noch niemanden aber es gibt Verdächtige.“
„Ihr seid aber verdammt schnell. Sicher ein Racheakt. Sicher war da eine Rechnung offen, die mit dem Beil bezahlt wurde. Nicht wahr?“
Sally schaute ihn neugierig an. Der Mann verzog keine Miene und sie fragte nicht weiter. Die Straße schlängelte sich durch Waldgebiet einen Hügel hinunter. Bis zum Bahnhof war es noch eine halbe Stunde. Sally schwieg.
„Sie sagten, sie wohnen in der Gegend?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, uns, ich meine meinem Vater gehört die Tankstelle oben am Highway.“
„Und da haben sie einen Platten?“
„Na ja, ich bin ein bisschen schlampig. Immer verschiebe ich alles auf den nächsten Tag bis es zu viel wird. Aber dann mache ich es gründlich.“
Der Mann lächelte.
„Bei mir ist es ähnlich. Ich sollte seit langem einen Öl-wechsel machen. Jetzt bin ich schon zwei Tage unterwegs und immer kommt was dazwischen. Jetzt, dieser Mordfall. Gestern, in Chicago war es irgendwas anderes. Nur der Ölwechsel, der wirklich wichtig ist, kommt zu kurz. Immer.“
„Wenn Sie einen Verdächtigen haben, warum haben Sie die noch nicht verhaftet?“
Der Mann reagierte nicht auf die Frage.
„Wenn es mir zeitlich passt, werde ich bei ihrem Vater am Nachmittag vorbei schauen und es endlich machen lassen.“
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wer so etwas tut, wartet nicht zuhause bis er verhaftet wird. Wir haben die Gegend abgeriegelt, überall sind
Straßensperren. Da sollte keiner durchkommen.“
Sally betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte graue Ansätze an den Schläfen, ein gut geschnittenes Gesicht und war sportlich. Vor allem hatte er kräftige Hände. Das gefiel Sally. Sie mochte keine Leute mit runden oder dicken Händen, oder gar mit kurzen Wurstfingern. Das fand sie abstoßend. Ihr viel auf, dass die schwarzen Schuhe des Mannes schmutzig waren. Er muss im Schlamm gestanden haben. Sie legte besonderen Wert auf den Zustand der Schuhe und überhaupt legte sie besonderen Wert auf die Schuhe, wenn sie jemanden begegnete. Die Schuhe und die Hände, das waren bei Sally wichtige Kriterien. Vielleicht noch die Zähne aber das war nicht so wichtig wie die Schuhe. Aber auf Männer, die nicht die Wahrheit sagten war sie allergisch. Wenn ihr jemand die Unwahrheit ins Gesicht sagte, sah sie rot.
„Ich kenne das Haus der beiden ... Opfer“, sagte Sally, “da kann man bis zur Tür fahren ... Alles Asphalt.“
„Und?“
„Wieso haben Sie dreckige Schuhe?“
Der Mann schaute sie einen Augenblick prüfend an.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Und warum sind hier keine Straßensperren, wenn alles abgeriegelt ist, wie Sie sagen? Und warum sind keine Suchhunde im Wald?“
„Was sind das für Fragen?“
„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte Sally, „Sie lügen!“
Gleich beim Einsteigen hatte sie so ein komisches Gefühl. So, als würde sie einen Fehler machen.
„Jetzt ist es aber gut, mein Fräulein.“ Der Mann tat beleidigt. Er gab Gas.
„Warum haben Sie dreckige Schuhe?“ wiederholte Sally.
„Weil ich um das Haus herum musste, verdammt noch mal. Da ist nur dreckige Schlammscheiße und da muss man durch wenn man zur hinteren Tür will. Vor allem könnten dort Spuren sein. Beim FBI ist es nicht einfach, sauber zu bleiben. In vielen Beziehungen.“
Sally glaubte ihm nicht und schaute wieder auf den Rücksitz wo die Axt in dem Plastiksack lag.
„Warum ist da kein Zettel an der Plastiktüte. Mit einer Nummer oder so was drauf? In den Filmen ist das immer so. Das ist ein Beweisstück. Oder? Das muss gekennzeichnet sein. Oder?“
Das Gesicht des Mannes bekam plötzlich einen anderen, bösartigen Ausdruck. Er drehte sich zu Sally um. Sie wich in ihrem Sitz zurück.
„Ist sonst noch was unklar, Frau Kommissar?“
Der Mann trat aufs Gaspedal, fuhr noch schneller.
„Sie lügen“, sagte Sally wieder, obwohl sie wusste, dass das keine gute Idee war. „Sie sagten, dass Sie ihren Kreuzschlüssel heute Morgen in ihrer Garage gesehen hätten und danach sagten sie, dass sie seit zwei Tagen unterwegs sind, also nicht in der Nacht zu Hause waren, nicht in ihrer Garage. Und außerdem sind die Leute vom FBI immer zu zweit unterwegs wie bei Akte „X“, Sculley und Mulder.“
Die Straße war jetzt gerade. Von weitem konnte Sally den quer gestellten Polizeiwagen mit dem blinkenden Blaulicht sehen. Sie wollte nur raus aus diesem Auto, weg von diesem Mann, der sie belog. Hinter ihnen war plötzlich ein Krankenwagen im Einsatz aufgetaucht. Die blinkenden Lichter und die Sirene näherten sich schnell. Der Mann verringerte die Geschwindigkeit nicht.
Sally griff auf den Rücksitz, griff das Beil.
„Sind Sie verrückt geworden?“ schrie der Mann und versuchte ihr die Waffe mit der rechten Hand wegzunehmen und trotzdem den Wagen unter Kontrolle zu halten. Sally hielt die Axt nun mit zwei Händen.
„Sie sind ein verdammter Lügner. Glauben sie, sie können mir was vor machen? Glauben Sie, ich weiß nicht was los ist?“ schrie Sally. Sie waren fast bei der Straßensperre als der Mann stark auf die Bremse trat. Sally flog nach vorn. Das Beil viel auf die Ablage, rutschte nach unten. Schnell griff sie wieder danach. Jetzt kam der Wagen zum Stehen. Sally wollte die Tür öffnen als der Mann sie an der Bluse festhielt und diese dabei zerriss. Sally stürzte aus dem Auto. Die beiden Polizisten von der Straßensperre hatten ihre Waffen gezogen, hatten sofort bemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Der Krankenwagen hatte ebenfalls angehalten. Ein Mann mit blauem Overall und ein Mann im Arztkittel stürzten heraus und hoben beschwörend ihre Arme.
"Bitte bleiben sie ruhig!", rief der Mann im blauen Overall.
"Ich kann alles erklären! … Das ist meine Tochter… bitte nicht schießen... Sie ist sehr krank!"

„Verhaften Sie den Mann! Das ist der, den sie suchen!“, schrie Sally. Sie stand zitternd da, mit halb entblößter Brust, das Beil in der Hand.

"Spezial-Agent Kellerhan FBI", rief der Mann mit dem schwarzen Anzug. Er saß noch im Wagen und wollte in seine Brusttasche fassen.
„Hände auf das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“

Der Mann im blauen Overall ging sehr langsam, mit ruhigen Bewegungen auf die verstörte, junge Frau zu.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater erstaunt und wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Sanitäter zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Agent Kellerhan hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
 

raineru

Mitglied
Sally

"Das war die überaus erfreuliche Wettervorhersage liebe Freunde von "CNI". Nun noch eine wichtige Durchsage aus dem Büro des Sherifs"
Die Stimme im Autoradio war von Rauschen immer wieder unterbrochen.
"In der letzten Nacht kam es auf der "Collins Ranch" zu einem schrecklichen Verbrechen, bei dem zwei Personen getötet wurden. Es wird vermutet, dass der oder die Täter, sich noch in der Gegend aufhalten. Es muss mit Behinderungen durch Polizeikontrollen gerechnet werden. Sollte euch etwas Verdächtiges auffallen, meldet es bitte umgehend dem Sherif- Büro. Und jetzt noch eine gute Fahrt mit Country-Songs bis zum Abwinken!
… CNI – Road- Radio-."

Die Straße war, nach dem harten Winter und den starken Regenfällen der letzten Tage, von Schlaglöchern übersäht.
Sally war klar, dass sie mit abgefahrenen Reifen irgendwann mit einem Platten am Straßenrand stehen würde. Aber ausgerechnet Heute und jetzt war es ihr verdammt lästig. Sie war ohne bestimmtes Ziel unterwegs, wollte nur weg, irgendwo hin. Und nun konnte sie diesen dummen Kreuzschlüssel nirgends finden. Den Reifen zu wechseln würde ihr keine Probleme machen. Sie war schließlich Sams Tochter.
Der Tag war bisher gut gelaufen. Sie hatte alles erledigt, was sie sich vorgenommen hatte obwohl sie beim Aufwachen ein eigenartiges Gefühl hatte. Als sagte jemand -Achtung! Sally pass auf!- Doch so was kam öfter vor und bisher blieb es bei diesem eigenartigen Gefühl.

Es war der erste schöne wenn auch kalte Frühlingsmorgen. Die Nebel waren aufgestiegen und die Sonne blinzelte über die Wipfel der Tannen, die, die Straße säumten und Sally dachte, dass bald viele Polizisten mit Helfern und Hunden durch den Wald laufen würden, um nach dem Mörder zu su-chen.
Sally versuchte einen vorbeikommenden Wagen zum Anhalten zu bewegen. Angst hatte sie keine. Sie trainierte zwei Mal die Woche Karate. Es gab keinen der sich ihr ungestraft näherte wenn er keine guten Absichten hatte. Sie war zweiundzwanzig und in der Stadt gab es einige hübsche Jungs mit reichlich guten Absichten. Auch Bobby hatte es bei ihr versucht, sich dann aber doch wieder mit seiner Ex, dieser billigen Schlampe, versöhnt.
Ein schwarzer Taunus hielt.

Am Steuer saß ein gut aussehender sehr gepflegt wirkender Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Sein schwarzer Anzug, das weiße Hemd, die Krawatte. Sally dachte, er ginge zu einer Hochzeit oder einer Beerdigung.
„Hei“, sagte er und legte, nachdem er die Seitenscheibe heruntergedreht hatte, den Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes um den Türknopf hochzuziehen.
„Haben Sie einen Kreuzschlüssel? Ich kann meinen nicht finden. Ich kaufe ihn Ihnen ab. Ich komme alleine zurecht. Sie brauchen sich nicht schmutzig zu machen.“
„Nein. Tut mir leid. Da brauche ich gar nicht nachzusehen. Ich habe ihn in meiner Garage liegen sehen. Heute Morgen erst. Aber ich nehme Sie gerne mit, bis zur nächsten Tank-stelle, wenn Sie wollen. Sie sollten nur den Wagen richtig sichern. Warnungen für den Verkehr. Zwanzig Meter vom Fahrzeug und so was alles.“
„O.k.“, sagte Sally, „machen Sie sich keine Gedanken ich stehe auf dem Seitenstreifen und hier kommt so schnell niemand vorbei. Ich weiß das. Ich bin von hier.“
Sie öffnete die Tür und stieg ein.
„Sie können mich bis runter zum Bahnhof mitnehmen. Dort komme ich klar. Danke.“
Der Mann fuhr langsam los.
„Sind sie Fahrlehrer?“ fragte Sally.
„Warum?“
„Na ja. Weil sie die Sicherheitsvorschriften so gut kennen. Ah! Und nun sind sie auf dem Weg zur Beerdigung eines Fahrschülers, der ihnen nicht glaubte.“
Der Mann lachte.
„Nein. Ich bin vom FBI. Wir haben einen Fall hier. Heute Nacht ist was passiert.“
Sally war überrascht.
„Wow! ... FBI welche Ehre. Daher die schwarzen Klamotten. Wie im Film.“
Sally drehte sich noch einmal um und schaute zu ihrem Auto am Straßenrand, um sicher zu gehen, dass sie den Kofferraum ihres Autos auch wieder zugeklappt hatte. Dabei fiel ihr Blick flüchtig auf einen durchsichtigen Plastiksack auf dem Rücksitz. Er umhüllte eine Axt. Sie war blutverschmiert.
„Oh Scheiße“, sagte sie, „ist das, das Beil mit dem die Beiden ... ich meine...“
„Ja“, sagte der Mann.
„Hat man den Täter schon? Oder wissen Sie schon wer es war?“
„Man hat noch niemanden aber es gibt Verdächtige.“
„Ihr seid aber verdammt schnell. Sicher ein Racheakt. Sicher war da eine Rechnung offen, die mit dem Beil bezahlt wurde. Nicht wahr?“
Sally schaute ihn neugierig an. Der Mann verzog keine Miene und sie fragte nicht weiter. Die Straße schlängelte sich durch Waldgebiet einen Hügel hinunter. Bis zum Bahnhof war es noch eine halbe Stunde. Sally schwieg.
„Sie sagten, sie wohnen in der Gegend?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja, uns, ich meine meinem Vater gehört die Tankstelle oben am Highway.“
„Und da haben sie einen Platten?“
„Na ja, ich bin ein bisschen schlampig. Immer verschiebe ich alles auf den nächsten Tag bis es zu viel wird. Aber dann mache ich es gründlich.“
Der Mann lächelte.
„Bei mir ist es ähnlich. Ich sollte seit langem einen Öl-wechsel machen. Jetzt bin ich schon zwei Tage unterwegs und immer kommt was dazwischen. Jetzt, dieser Mordfall. Gestern, in Chicago war es irgendwas anderes. Nur der Ölwechsel, der wirklich wichtig ist, kommt zu kurz. Immer.“
„Wenn Sie einen Verdächtigen haben, warum haben Sie die noch nicht verhaftet?“
Der Mann reagierte nicht auf die Frage.
„Wenn es mir zeitlich passt, werde ich bei ihrem Vater am Nachmittag vorbei schauen und es endlich machen lassen.“
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“
„Wer so etwas tut, wartet nicht zuhause bis er verhaftet wird. Wir haben die Gegend abgeriegelt, überall sind
Straßensperren. Da sollte keiner durchkommen.“
Sally betrachtete den Mann von oben bis unten. Er hatte graue Ansätze an den Schläfen, ein gut geschnittenes Gesicht und war sportlich. Vor allem hatte er kräftige Hände. Das gefiel Sally. Sie mochte keine Leute mit runden oder dicken Händen, oder gar mit kurzen Wurstfingern. Das fand sie abstoßend. Ihr viel auf, dass die schwarzen Schuhe des Mannes schmutzig waren. Er muss im Schlamm gestanden haben. Sie legte besonderen Wert auf den Zustand der Schuhe und überhaupt legte sie besonderen Wert auf die Schuhe, wenn sie jemanden begegnete. Die Schuhe und die Hände, das waren bei Sally wichtige Kriterien. Vielleicht noch die Zähne aber das war nicht so wichtig wie die Schuhe. Aber auf Männer, die nicht die Wahrheit sagten war sie allergisch. Wenn ihr jemand die Unwahrheit ins Gesicht sagte, sah sie rot.
„Ich kenne Bobby´s Haus, das Haus der ... Opfer, den Tatort“, sagte Sally, “da kann man bis zur Tür fahren ... Alles Asphalt.“
„Und?“
„Wieso haben Sie dreckige Schuhe?“
Der Mann schaute sie einen Augenblick prüfend an.
„Warum wollen Sie das wissen?“
„Und warum sind hier keine Straßensperren, wenn alles abgeriegelt ist, wie Sie sagen? Und warum sind keine Suchhunde im Wald?“
„Was sind das für Fragen?“
„Ich glaube Ihnen nicht“, sagte Sally, „Sie lügen!“
Gleich beim Einsteigen hatte sie so ein komisches Gefühl. So, als würde sie einen Fehler machen.
„Jetzt ist es aber gut, mein Fräulein.“ Der Mann tat beleidigt. Er gab Gas.
„Warum haben Sie dreckige Schuhe?“ wiederholte Sally.
„Weil ich um das Haus herum musste, verdammt noch mal. Da ist nur dreckige Schlammscheiße und da muss man durch wenn man zur hinteren Tür will. Vor allem könnten dort Spuren sein. Beim FBI ist es nicht einfach, sauber zu bleiben. In vielen Beziehungen.“
Sally glaubte ihm nicht und schaute wieder auf den Rücksitz wo die Axt in dem Plastiksack lag.
„Warum ist da kein Zettel an der Plastiktüte. Mit einer Nummer oder so was drauf? In den Filmen ist das immer so. Das ist ein Beweisstück. Oder? Das muss gekennzeichnet sein. Oder?“
Das Gesicht des Mannes bekam plötzlich einen anderen, bösartigen Ausdruck. Er drehte sich zu Sally um. Sie wich in ihrem Sitz zurück.
„Ist sonst noch was unklar, Frau Kommissar?“
Der Mann trat aufs Gaspedal, fuhr noch schneller.
„Sie lügen“, sagte Sally wieder, obwohl sie wusste, dass das keine gute Idee war. „Sie sagten, dass Sie ihren Kreuzschlüssel heute Morgen in ihrer Garage gesehen hätten und danach sagten sie, dass sie seit zwei Tagen unterwegs sind, also nicht in der Nacht zu Hause waren, nicht in ihrer Garage. Und außerdem sind die Leute vom FBI immer zu zweit unterwegs wie bei Akte „X“, Sculley und Mulder.“
Die Straße war jetzt gerade. Von weitem konnte Sally den quer gestellten Polizeiwagen mit dem blinkenden Blaulicht sehen. Sie wollte nur raus aus diesem Auto, weg von diesem Mann, der sie belog. Hinter ihnen war plötzlich ein Krankenwagen im Einsatz aufgetaucht. Die blinkenden Lichter und die Sirene näherten sich schnell. Der Mann verringerte die Geschwindigkeit nicht.
Sally griff auf den Rücksitz, griff das Beil.
„Sind Sie verrückt geworden?“ schrie der Mann und versuchte ihr die Waffe mit der rechten Hand wegzunehmen und trotzdem den Wagen unter Kontrolle zu halten. Sally hielt die Axt nun mit zwei Händen.
„Sie sind ein verdammter Lügner. Glauben sie, sie können mir was vor machen? Glauben Sie, ich weiß nicht was los ist?“ schrie Sally. Sie waren fast bei der Straßensperre als der Mann stark auf die Bremse trat. Sally flog nach vorn. Das Beil viel auf die Ablage, rutschte nach unten. Schnell griff sie wieder danach. Jetzt kam der Wagen zum Stehen. Sally wollte die Tür öffnen als der Mann sie an der Bluse festhielt und diese dabei zerriss. Sally stürzte aus dem Auto. Die beiden Polizisten von der Straßensperre hatten ihre Waffen gezogen, hatten sofort bemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Der Krankenwagen hatte ebenfalls angehalten. Ein Mann mit blauem Overall und ein Mann im Arztkittel stürzten heraus und hoben beschwörend ihre Arme.
"Bitte bleiben sie ruhig!", rief der Mann im blauen Overall.
"Ich kann alles erklären! … Das ist meine Tochter… bitte nicht schießen... Sie ist sehr krank!"

„Verhaften Sie den Mann! Das ist der, den sie suchen!“, schrie Sally. Sie stand zitternd da, mit halb entblößter Brust, das Beil in der Hand.

"Spezial-Agent Kellerhan FBI", rief der Mann mit dem schwarzen Anzug. Er saß noch im Wagen und wollte in seine Brusttasche fassen.
„Hände auf das Lenkrad“, rief der eine Polizist, „keine falsche Bewegung.“

Der Mann im blauen Overall ging sehr langsam, mit ruhigen Bewegungen auf die verstörte, junge Frau zu.
„Bleib ganz ruhig. Alles ist gut. Ganz ruhig. Und leg es langsam auf den Boden. Sonst wird der Polizist auf dich schießen müssen Sally. Ich bin´s. Dein Papa. Erkennst du mich?“
Sally glotzte ihren Vater erstaunt und wirr an. Zitternd ließ sie langsam das Beil sinken und begann zu weinen.
„Das ist mein Beil. MEINS Der da hat es gestohlen und er hat gelogen. Das Schwein hat gelogen. Genau wie der andere und seine Schlampe. Alle lügen. Aber sie haben die Rechnung bekommen.“ Dann brach sie weinend zusammen.
Sam kniete nieder, nahm sein schluchzendes Kind in die Arme und tröstete sie. Der Sanitäter zog eine Beruhigungsspritze auf.
„Sie ist gestern aus der Psychiatrie ausgerissen und hat heute Nacht das Auto einfach genommen. Sie war durchgedreht weil Bobby mit ihr was angefangen hatte, ihr versprochen hatte, sie zu heiraten. Sie kann nichts dafür.“ Sam schaute die erstaunten Beamten flehend an. Agent Kellerhan hatte seine Dienstmarke in der Jackentasche gefunden, zeigte sie den Kollegen und legte Sally Handschellen an.
 



 
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