Schindung des Marsyas (gelöscht)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hervorragend: die Kombination des neuzeitlich nacherzählten Mythos mit der Enstehung des barocken Ölgemäldes.
Die Übertragung der Schindung auf die Art und Weise, wie der Künstler die Farbschichten durcharbeitet.

Ich hatte schon beim ersten Lesen bei den ersten Zeilen an das Gemälde gedacht, und habe mich gefreut, daß eben darin der Text einmündet. Wunderbar!

grusz, hansz
 
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aligaga

Gast
Diese Bildbeschreibung ist grad so schwülstig wie Tizians scheußlicher Quadratschinken; es passt also zusammen: Sowohl Bild als auch Schreibstil völlig aus der Zeit gefallen.

In den "Häusern am Fluss" gibt's eine Szene, die zeigt, wie man heut' mit so etwas umgeht. Ungefähr so:
„Du magst Kinder, nicht wahr?“ „Ja. Sie sind für mich gleichberechtigt, aber sie brauchen Schutz und Geduld. Dann wird etwas aus ihnen. Nicht sowas wie ich, sondern Menschen wie Ina.“ „Was ist an Ina anders als an dir?“ „Das siehst du nicht? Sie ist ein Tank-Girl mit Engelsflügeln!“ „Und du? Was bist du?“ „Ich bin nur ein Trottel. Ich spieße Fleisch auf Zahnstocher und dreh’s über dem Feuer, bis es durch ist. Prost!“ Er nahm sein Wasser und stieß an mit ihr.

Sie sah zu, wie er die brutzelnden Koteletts und die zischenden Röllchen wendete, aus denen der Speck in die Glut tropfte; die auflodernden Flammen löschte er mit ein paar Spritzern seines Wassers. Marion machte sich nicht viel aus gegrilltem Fleisch; der Geruch und die prasselnden Geräusche über der Hitze weckten in ihr Erinnerungen, wie sie als Kind von ihren Eltern in Pinakotheken mitgenommen worden und entsetzt vor religiösen Bildern gestanden war, in deren Hintergründen Menschen geschlagen, gepfählt, gekreuzigt und verbrannt wurden. Die Schilderung eines Massen-Autodafés kam ihr in den Sinn, die im Geschichtsunterricht der Mittelstufe gelesen worden war, wonach es 1640 in ganz Madrid „sonderlich knusperig nach gebraten Fleisch geschmecket“ habe.

Sie spürte sich am Arm berührt und fuhr zusammen. Es war Kipper, der neben ihr stand und ihr in die Augen sah. „Du ekelst dich vor dem, was ich hier mache, nicht?“ Als Marion es zugab, verlor er sein Lächeln, nahm ein Kotelett aus der Flamme, bevor es ganz schwarz werden konnte, und legte es an den Rand des Grills. „Du hast recht“, sagte er. „Manchmal sind wir Menschen wirklich nur Tiere.“

„Und was hält Ina bei dir, wenn du so doof bist, wie du sagst?“ „Ich weiß nicht. Vielleicht fragst du sie selber? Da kommt sie!“
Übrigens - bei dem Bild, das @ali vor Augen hat, zieht kein Junge einen Hund am Schwanz.

Heiter Ostereier verbergend

aligaga
 
A

aligaga

Gast
Diese Bildbeschreibung ist grad so schwülstig wie Tizians scheußlicher Quadratschinken; es passt also zusammen: Sowohl Bild als auch Schreibstil völlig aus der Zeit gefallen.

Es gibt modernere Literatur, die mit diesem doch schon recht abgegriffenen Sujet weniger kitschig umgehen. Sachlicher.

Übrigens - in dem Bild, das @ali vor Augen hat, bleibt das Kind überraschend gelassen; seinen Hund reißt es nicht am Schwanz.

Amüsiert

aligaga
 

Marker

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Danke, Mondnein und Ali,
Dass der Text so kontrovers beurteilt wird, zeigt, dass er zumindest nicht kaltlaesst. Gut so.
LG, M.
 

Marker

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Danke, Mondnein und Ali. Dass der Text so kontrovers beurteilt wird, zeigt mir, dass er zumindest nicht kaltlaesst. Gut so. LG, M.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hallo, Aligaga!

Tizian hat auch einen Marsyas gemalt?

Ich kannte nur einige barocke, oft anonym, meistens italienisch, und ich glaube ich habe mal einen in Brüssel gesehen, vielleicht Rubens, oder Jordaens, aber das ist schon vierzig Jahre her.

Der Maler in diesem Prosastück kann natürlich fiktiv sein, und mindestens so anonym wie die realen anonymen.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 19691

Gast
Hallo Marker,

ganz großes Wortkino! Toll geschrieben. Ich liebe manchmal diese Wort-Wollust. Tatsächlich passend zu einem opulenten Barockgemälde à la Rubens, auch wenn er wohl keinen Marsyas gemalt hat.
N.B. Ganz gewiss keine Nörgelei, aber vielleicht ein Tipp: Am Ende, wo der Geschundene in die Abendsonne blickt, habe ich den Hinweis vermisst, dass er über Kopf hängt, also aus seiner Perspektive die Sonne nach oben "fällt" oder so ähnlich ;-)

Gruß Gondoliere
 
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