„Du magst Kinder, nicht wahr?“ „Ja. Sie sind für mich gleichberechtigt, aber sie brauchen Schutz und Geduld. Dann wird etwas aus ihnen. Nicht sowas wie ich, sondern Menschen wie Ina.“ „Was ist an Ina anders als an dir?“ „Das siehst du nicht? Sie ist ein Tank-Girl mit Engelsflügeln!“ „Und du? Was bist du?“ „Ich bin nur ein Trottel. Ich spieße Fleisch auf Zahnstocher und dreh’s über dem Feuer, bis es durch ist. Prost!“ Er nahm sein Wasser und stieß an mit ihr.
Sie sah zu, wie er die brutzelnden Koteletts und die zischenden Röllchen wendete, aus denen der Speck in die Glut tropfte; die auflodernden Flammen löschte er mit ein paar Spritzern seines Wassers. Marion machte sich nicht viel aus gegrilltem Fleisch; der Geruch und die prasselnden Geräusche über der Hitze weckten in ihr Erinnerungen, wie sie als Kind von ihren Eltern in Pinakotheken mitgenommen worden und entsetzt vor religiösen Bildern gestanden war, in deren Hintergründen Menschen geschlagen, gepfählt, gekreuzigt und verbrannt wurden. Die Schilderung eines Massen-Autodafés kam ihr in den Sinn, die im Geschichtsunterricht der Mittelstufe gelesen worden war, wonach es 1640 in ganz Madrid „sonderlich knusperig nach gebraten Fleisch geschmecket“ habe.
Sie spürte sich am Arm berührt und fuhr zusammen. Es war Kipper, der neben ihr stand und ihr in die Augen sah. „Du ekelst dich vor dem, was ich hier mache, nicht?“ Als Marion es zugab, verlor er sein Lächeln, nahm ein Kotelett aus der Flamme, bevor es ganz schwarz werden konnte, und legte es an den Rand des Grills. „Du hast recht“, sagte er. „Manchmal sind wir Menschen wirklich nur Tiere.“
„Und was hält Ina bei dir, wenn du so doof bist, wie du sagst?“ „Ich weiß nicht. Vielleicht fragst du sie selber? Da kommt sie!“