Schmerz

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Kolibri

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Sie lag am Boden, zerschmettert, zerstört in tausend Teile zersprungen.
"Du dreckige, verlogene Hure", sie hörte die Worte immer wieder. Sie verfolgen sie, Fesseln sie, schnüren sie ein mit Stacheldraht.
"Du dreckige, verlogene Hure" Worte voller Hass und Raserei ausgespien von dem Mann den sie liebte.
An einem Abend ist ihre ganze Welt zerbrochen. So schwer zu finden, so mühsam aufzubauen und doch so leicht zu zerschlagen.
Sie hörte nicht auf zu zittern, das Adrenalin pumpte unaufhörlich weiter. Die Gefahr in der sie schwebte, ausgehend von dem Mann den sie liebte, beachtet sie nicht. Stolz, Hochmut und Jähzorn das sind ihre Sünden. Sie kriecht nicht zu Kreuze, ihr Kampfgeist bleibt ungebrochen.
"Ich habe dich weder belogen noch jemals betrogen" sagte sie ruhig in der Hoffnung ihn zu beschwichtigen. Doch es half nichts, die Worte kamen nicht mehr bei ihm an. Er hatte die Kontrolle verloren, die Realität war nicht mehr sichtbar.
Wutentbrannt, das Gesicht voller Hass verzogen, die Fäuste geballt kam er auf sie zu und sie wusste gleich würde er zuschlagen.
Es würde keine Hilfe kommen, denn er nahm ihr sämtliche Mittel weg. Sie war auf sich gestellt, zitternd, ängstlich und mit den Nerven am Ende. Er packte sie und schleuderte sie zu Boden. Er schaute voller Verachtung auf sie herab. Für einen kurzen Moment, sah sie Entsetzen in seinen Augen aufblitzen. Dann war es vorbei, er ließ von ihr ab.
Sie sperrte sich im Zimmer ein und rollte sich auf dem Bett zusammen. Was war passiert? Wie konnte es nur soweit kommen? Wer war dieser Mann?
An Schlaf war nicht zu denken, das Zittern hörte nicht auf. Fragen über Fragen quälten sie. Was soll sie nur tun?
Sie flieht in die schützenden Arme ihrer Familie, doch der Mann lässt sie nicht in Ruhe. Er quält sie weiterhin emotional, fleht um Vergebung, bettelt um Gnade. Doch sie kann ihm nicht verzeihen. Er hatte sie in eine hilflose Situation gebracht, verängstigt bis ins Mark. Sie würde ihm das niemals verzeihen, der Stolz hindert sie daran.
"Ich liebe dich, du bist die Frau meines Lebens. Bitte gib mir noch eine Chance."
Doch es gibt keine zweite Chance für die zweite Chance. Er hatte sie schon einmal zerstört und weggeworfen. Doch durch blumige Worte in Federn verpackt, gewann er ihr Herz zurück. Diesmal hat er sie endgültig verloren.
Sie leidet, ihr Herz schmerzt so sehr, dass sie es sich am liebsten mit der bloßen Hand heraus reißen möchte. Sie will ihm verzeihen, doch der Stolz und der Hochmut lassen es nicht zu. "Du hast etwas besseres verdient" flüstern sie.
Sie hat keine Wahl und muss zurück, in dieselbe Wohnung die sie sich mit ihm teilt. Das Leben muss weitergehen und sie muss die Qual ertragen ihn jeden Tag zu sehen.
Sie hat ihm alles gegeben, ihr Herz, ihren Körper und ihre Seele. Über jede Vernunft hinaus tat sie alles für ihn, auch wenn das ihren finanziellen Ruin bedeutete. An die Wohnung gebunden, die nun nicht mehr ihr Zuhause war, versuchte sie weiter zu leben.
Vier Wochen vergehen. Sie läuft, sie atmet, sie arbeitet; doch sie ist nur eine leere Hülle.
Der Mann den sie liebte, hat eine neue Liebe gefunden. Sie hört wie er ihr dieselben Worte ins Ohr träufelt, die er auch zu ihr sagte.
Der Schmerz droht sie zu zerbrechen, doch sie hört nicht auf zuzuhören. Sie lauscht jeden Abend an seiner Tür, nur um zu erfahren was er der neuen Liebe erzählt. Es ist schäbig, jämmerlich und völlig würdelos, doch sie kann nicht aufhören. Sie hört all die Dinge, die er auch einst zu ihr sagte. Sie ist eine Masochistin, mit jedem Abend stirbt ein weiterer Teil ihres Herzens.
"Ich liebe dich" hört sie ihn sagen. Ihre Kehle schnürt sich zu, die Galle steigt in ihr auf. Sie sieht rot. Lügen, Lügen,Lügen. Es Waren alles nur Lügen. Die Erkenntnis trifft sie wie ein Schlag.
Die Verzweiflung steigt ins unermessliche und der Schmerz ist kaum zu ertragen. Sie geht in ihr Zimmer, ballt die Faust und schlägt auf die Wand ein. Doch ein Schmerz ersetzt nicht den anderen. Ihre Fingerknöchel sind aufgeplatzt und blau angelaufen. Die Hand ist angeschwollen und jede Bewegung schmerzt.
"Zum Glück kann ich die Hand noch bewegen" dachte sie sich. Das war der Wendepunkt für sie.
Ihre Verzweiflung schlägt in Wut um und der Jähzorn erwacht.
Von allen Dingen die er ihr angetan hat, waren die Lügen das schlimmste.
"Drei Dinge können nicht lang verborgen sein: die Sonne, der Mond und die Wahrheit." Eine buddhistische Weisheit, sie wird zu ihrem Mantra. Immer wieder sagt sie sich diese Worte, auf das sie sich in ihre Seele einbrennen.
Sie lässt alles hinter sich, krempelt ihr Leben um und beginnt einen Neustart in einer neuen Wohnung.
Doch trotz allem hört sie bei Nacht in der Dunkelheit ein flüstern; "du dreckige, verlogene Hure".
Es gibt nichts was einen Menschen so sehr verändert wie der Hass und die Liebe...
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Kolibri, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von ENachtigall

Redakteur in diesem Forum
 



 
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