Schnitzeljagd

Mäuschen

Mitglied
Schnitzeljagd


Als der Schein der Lampignons immer deutlicher die anbrechende Nacht erhellte und die dürren Äste der hohen Bäume wie Krallen aussehen ließ, die nach ihr griffen, bekam Erika es langsam mit der Angst zu tun.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird, hörte sie ihre Mutter sagen. Sie war im Wohnzimmer gestanden und hatte das rosa Kleidchen gebügelt, das sie zu Millys Geburtstagsfeier anziehen wollte. Es durfte nicht dreckig werden, sie hatte es ihrer Mutter versprechen müssen. Ehrenwort!, hatte Erika geantwortet und die braunen Augen ihrer Mutter hatten amüsiert aufgeblitzt beim Anblick des ernsten Gesichts ihrer Tochter.
Aber Erika erinnerte sich auch an dieselben Augen, die sie voll Besorgnis einige Wochen zuvor gemustert hatten. Sie wollte ihrer Mutter eine Zeichnung zeigen – ein schöner Regenbogen mit Vögeln und einer lachenden Sonne – und fand sie schließlich im Wohnzimmer. Sie hatte die Fernbedienung in der Hand und hatte sich halb vom Sofa erhoben. Erika hatte noch ein paar Worte über ein verschwundenes Kind von einem Mann im Fernsehen aufgeschnappt, bis ihre Mutter den Fernseher ausschaltete. Es war ihr in dem Moment nicht wichtig, sie wollte ihr endlich ihre Zeichnung zeigen, aber ihre Mutter hatte sie nur zu sich hergezogen und ihr gesagt, sie dürfe nirgends alleine hingehen. Ob sie das verstanden habe? Ja, hatte Erika geantwortet und in die Augen gesehen, die so anders gewesen waren als sonst.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird.
Geh nirgends alleine hin, hast du gehört?
Erika schluckte schwer. Beide Regeln hatte sie heute gebrochen. Ihre Mutter würde böse sein. Und nicht nur deshalb. Auch das Kleid... Sogar jetzt noch hoben sich die schwarzen Flecken der Walderde ab von der beginnenden Dunkelheit. Am liebsten hätte sich Erika hingesetzt und hätte geweint. Aber das durfte sie jetzt nicht. Dann wäre das Kleid noch schmutziger geworden und sie würde die Letzte sein.
Sie durfte nicht die Letzte sein, sonst hätte sie ja vollkommen umsonst hier zwischen den Bäumen gesucht. Sie liebte Schnitzeljagd, aber mit Milly war es nicht so lustig. Sie schummelte nämlich. Gespielt wird nur im Garten und ums Haus herum, hatte Millys Vater der Kinderschar erklärt und die Startzettelchen verteilt. Geht nicht in den Wald hinein, in Ordnung? Alle hatten brav genickt, aber Emily hatte Millys hämischen Blick und ihr Grinsen bemerkt.
Da hatte sie es gewusst. Sie hatte gewusst, dass Milly die Zettel schon vorher gelesen und einen ausgetauscht hatte, so dass niemand den letzten Zettel finden konnte außer ihr, weil er zwischen den Bäumen versteckt war.
Aber Erika war nicht dumm. Sie würde Milly nicht gewinnen lassen, auch wenn es ihr Geburtstag war. Schummeln durfte man nicht, das war gemein.
Da der Garten direkt an den Wald angrenzte, war es leicht für sie gewesen, unbemerkt zwischen den Bäumen zu verschwinden, während alle anderen im Gemüsebeet suchten.
Erika würde die Schnitzeljagd gewinnen und den Preis dann stolz ihrer Mutter zeigen, ihr ihn vielleicht sogar schenken, so dass sie gar nicht mehr böse auf sie sein konnte. Wegen dem Kleid und allem.
Entschlossen wischte sie mit einer Handbewegung eine Locke aus dem Gesicht und hinterließ dabei einen dunklen Streifen auf ihrer Stirn. Ihre Hände waren noch schmutziger als ihr schönes Kleidchen, schließlich hatte sie schon beim kleinsten Verdacht eines schimmernden weißen Zettels in der feuchten Erde gewühlt. Bisher waren es immer nur Steine gewesen.
Erika umrundete den nächsten dicken Baumstamm, immer darauf bedacht, den unheimlich aussehenden Zweigen auszuweichen und den Schimmer der Lampignons nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wollte sich bestimmt nicht verlaufen. Wie Hänsel und Gretel, kam es ihr in den Sinn. Aber die haben ja auch wieder zurückgefunden... Plötzlich knackte etwas hinter ihr und sie drehte sich erschrocken um, doch da war nichts. Der Wolf!, dachte sie erschrocken und presste sich unwillkürlich an den nächsten Baumstamm. Der Wolf, von dem Milly ihr erzählt hatte. Der Wolf, von dem ihre Mutter ihr erzählt hatte, in dem Märchen... Aber Millys Wolf war echt. Milly hörte sein Heulen oft in der Nacht von ihrem Zimmerfenster aus, hatte sie ihr gesagt.
Jetzt war aber keine Zeit zum Fürchten. Immerhin durfte sie nicht gegen Milly verlieren! Erika packte all ihren Mut zusammen und wollte einen Schritt Richtung Garten machen, weg von dem großen, starken Baum, der ihr Schutz bot – aber die Krallen waren da und hielten sie fest. Mit einem kurzen Aufschrei riss sie sich von den Zweigen los, die sich in ihren Haaren verfangen hatten und stand nun zitternd in der Dunkelheit. Erika hatte die Orientierung verloren. Sie sah das Licht der Lampignons nicht mehr, obwohl sie doch extra in ihrer Nähe geblieben war. Wahrscheinlich musste sie sich einfach umdrehen...
Sie konnte nicht. Wenn sie nur einen Schritt täte, würde der Wolf sie hören. Er würde sie verschlingen wie die arme Großmutter in dem Märchen, das ihre Mama... Niemand würde jemals mehr eine Spur von ihr finden und sie konnte ihrer Mama nicht mehr sagen, dass es ihr Leid täte mit dem Kleid...
Ein Zweig knackte unter dem Gewicht eines sich nähernden Mannes. Oder war es der Wolf? Erika wollte rennen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Vielleicht hatte er sie nicht gesehen? Sie schloss ganz fest die Augen.
Ein weiterer Zweig. Noch einer. Er war jetzt ganz nah.
Ihr letzter Gedanke galt dem Mann im Fernsehen und daran, dass sie nun eines der verschwundenen Kinder sein würde, von denen er gesprochen hatte. Dann packte sie eine große Hand von hinten an der Schulter.
„Erika, was machst du denn hier draußen?“ Erschrocken öffnete sie die Augen und drehte sich zu der bekannten Stimme um. Millys Vater. „Du sollst hier nicht alleine herumgeistern, noch dazu, wenn es schon dunkel wird!“
Die Worte ihrer Mutter.
„Ich weiß“, antwortete Erika und ihre Augen wurden feucht. „Es tut mir leid...“
„Lass uns zu den anderen zurückgehen.“ Er lächelte freundlich und nahm sie bei der Hand. „Komm.“
Sie nickte stumm und folgte ihm. Nach einigen Schritten wurde ihr bewusst, dass kein Wolf sie holen, dass sie keines der verschwundenen Kinder sein würde und der Gedanke an Rechtfertigung regte sich in ihr. „Es war doch nur wegen der Schnitzeljagd!“, begann sie und die knackenden Zweige unter ihren Füßen kamen ihr nun gar nicht mehr furchteinflößend vor. „Weil Milly doch den Zettel bestimmt –“
Als hätte sie nur das magische Wort aussprechen müssen, sah sie plötzlich etwas Weißes unter der Wurzel eines Baumes nicht weit von ihr schimmern.
„Der Zettel!“, rief sie, riss sich von der Hand los und rannte darauf zu. „Ich wusste, dass Milly schummeln würde!“ Sie kniete sich hin und streckte die Hand danach aus.
Im schwachen Schein der Lampignons sieht selbst ein kaltes Stück toter Haut aus wie ein Fetzen Papier.
 
Eins sag ich Dir, Mäuschen. Wenn DU dranbleibst, wird mal was aus Dir.
Diese Geschichte hat schon mal viel Gutes. Es sind noch eine Menge Rechtschreibfehlerchen drin und auch die Sprache des Kindes ist noch nicht ganz die Sprache eine Kindes. Auch die vielen punktpunktpunkt, stören wirklich sehr. ABER, Mäuschen. Die Pointe ist der Hammer! Herzlichen Glückwunsch.
Schreib bloß weiter Du.

Spätschreiber


p.s.
Lampignons = Lampions
so dass = sodass
 

Mäuschen

Mitglied
Schnitzeljagd


Als der Schein der Lampions immer deutlicher die anbrechende Nacht erhellte und die dürren Äste der hohen Bäume wie Krallen aussehen ließ, die nach ihr griffen, bekam Erika es langsam mit der Angst zu tun.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird, hörte sie ihre Mutter sagen. Sie war im Wohnzimmer gestanden und hatte das rosa Kleidchen gebügelt, das sie zu Millys Geburtstagsfeier anziehen wollte. Es durfte nicht dreckig werden, sie hatte es ihrer Mutter versprechen müssen. Ehrenwort!, hatte Erika geantwortet und die braunen Augen ihrer Mutter hatten amüsiert aufgeblitzt beim Anblick des ernsten Gesichts ihrer Tochter.
Aber Erika erinnerte sich auch an dieselben Augen, die sie voll Besorgnis einige Wochen zuvor gemustert hatten. Sie wollte ihrer Mutter eine Zeichnung zeigen – ein schöner Regenbogen mit Vögeln und einer lachenden Sonne – und fand sie schließlich im Wohnzimmer. Sie hatte die Fernbedienung in der Hand und hatte sich halb vom Sofa erhoben. Erika hatte noch ein paar Worte über ein verschwundenes Kind von einem Mann im Fernsehen aufgeschnappt, bis ihre Mutter den Fernseher ausschaltete. Es war ihr in dem Moment nicht wichtig, sie wollte ihr endlich ihre Zeichnung zeigen, aber ihre Mutter hatte sie nur zu sich hergezogen und ihr gesagt, sie dürfe nirgends alleine hingehen. Ob sie das verstanden habe? Ja, hatte Erika geantwortet und in die Augen gesehen, die so anders gewesen waren als sonst.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird.
Geh nirgends alleine hin, hast du gehört?
Erika schluckte schwer. Beide Regeln hatte sie heute gebrochen. Ihre Mutter würde böse sein. Und nicht nur deshalb. Auch das Kleid... Sogar jetzt noch hoben sich die schwarzen Flecken der Walderde ab von der beginnenden Dunkelheit. Am liebsten hätte sich Erika hingesetzt und geweint. Aber das durfte sie jetzt nicht. Dann wäre das Kleid noch schmutziger geworden und sie würde die Letzte sein.
Sie durfte nicht die Letzte sein, sonst hätte sie ja vollkommen umsonst hier zwischen den Bäumen gesucht. Sie liebte Schnitzeljagd, aber mit Milly war es nicht so lustig. Sie schummelte nämlich. Gespielt wird nur im Garten und ums Haus herum, hatte Millys Vater der Kinderschar erklärt und die Startzettelchen verteilt. Geht nicht in den Wald hinein, in Ordnung? Alle hatten brav genickt, aber Emily hatte Millys hämischen Blick und ihr Grinsen bemerkt.
Da hatte sie es gewusst. Sie hatte gewusst, dass Milly die Zettel schon vorher gelesen und einen ausgetauscht hatte, sodass niemand den letzten Zettel finden konnte außer ihr, weil er zwischen den Bäumen versteckt war.
Aber Erika war nicht dumm. Sie würde Milly nicht gewinnen lassen, auch wenn es ihr Geburtstag war. Schummeln durfte man nicht, das war gemein.
Da der Garten direkt an den Wald angrenzte, war es leicht für sie gewesen, unbemerkt zwischen den Bäumen zu verschwinden, während alle anderen im Gemüsebeet suchten.
Erika würde die Schnitzeljagd gewinnen und den Preis dann stolz ihrer Mutter zeigen, ihr ihn vielleicht sogar schenken, sodass sie gar nicht mehr böse auf sie sein konnte. Wegen dem Kleid und allem.
Entschlossen wischte sie mit einer Handbewegung eine Locke aus dem Gesicht und hinterließ dabei einen dunklen Streifen auf ihrer Stirn. Ihre Hände waren noch schmutziger als ihr schönes Kleidchen, schließlich hatte sie schon beim kleinsten Verdacht eines schimmernden weißen Zettels in der feuchten Erde gewühlt. Bisher waren es immer nur Steine gewesen.
Erika umrundete den nächsten dicken Baumstamm, immer darauf bedacht, den unheimlich aussehenden Zweigen auszuweichen und den Schimmer der Lampions nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wollte sich bestimmt nicht verlaufen. Wie Hänsel und Gretel, kam es ihr in den Sinn. Aber die haben ja auch wieder zurückgefunden. Plötzlich knackte etwas hinter ihr und sie drehte sich erschrocken um, doch da war nichts. Der Wolf!, dachte sie erschrocken und presste sich unwillkürlich an den nächsten Baumstamm. Der Wolf, von dem Milly ihr erzählt hatte. Der Wolf, von dem ihre Mutter ihr erzählt hatte, in dem Märchen. Aber Millys Wolf war echt. Milly hörte sein Heulen oft in der Nacht von ihrem Zimmerfenster aus, hatte sie ihr gesagt.
Jetzt war aber keine Zeit zum Fürchten. Immerhin durfte sie nicht gegen Milly verlieren! Erika packte all ihren Mut zusammen und wollte einen Schritt Richtung Garten machen, weg von dem großen, starken Baum, der ihr Schutz bot – aber die Krallen waren da und hielten sie fest. Mit einem kurzen Aufschrei riss sie sich von den Zweigen los, die sich in ihren Haaren verfangen hatten und stand nun zitternd in der Dunkelheit. Erika hatte die Orientierung verloren. Sie sah das Licht der Lampions nicht mehr, obwohl sie doch extra in ihrer Nähe geblieben war. Wahrscheinlich musste sie sich einfach umdrehen...
Sie konnte nicht. Wenn sie nur einen Schritt täte, würde der Wolf sie hören. Er würde sie verschlingen wie die arme Großmutter in dem Märchen, das ihre Mama... Niemand würde jemals mehr eine Spur von ihr finden und sie konnte ihrer Mama nicht mehr sagen, dass es ihr Leid täte mit dem Kleid.
Ein Zweig knackte unter dem Gewicht eines sich nähernden Mannes. Oder war es der Wolf? Erika wollte rennen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Vielleicht hatte er sie nicht gesehen? Sie schloss ganz fest die Augen.
Ein weiterer Zweig. Noch einer. Er war jetzt ganz nah.
Ihr letzter Gedanke galt dem Mann im Fernsehen und daran, dass sie nun eines der verschwundenen Kinder sein würde, von denen er gesprochen hatte. Dann packte sie eine große Hand von hinten an der Schulter.
„Erika, was machst du denn hier draußen?“ Erschrocken öffnete sie die Augen und drehte sich zu der bekannten Stimme um. Millys Vater. „Du sollst hier nicht alleine herumgeistern, noch dazu, wenn es schon dunkel wird!“
Die Worte ihrer Mutter.
„Ich weiß“, antwortete Erika und ihre Augen wurden feucht. „Tschuldigung...“
„Lass uns zu den anderen zurückgehen.“ Er lächelte freundlich und nahm sie bei der Hand. „Komm.“
Sie nickte stumm und folgte ihm. Nach einigen Schritten wurde ihr bewusst, dass kein Wolf sie holen, dass sie keines der verschwundenen Kinder sein würde und der Gedanke an Rechtfertigung regte sich in ihr. „Es war doch nur wegen der Schnitzeljagd!“, begann sie und die knackenden Zweige unter ihren Füßen kamen ihr nun gar nicht mehr furchteinflößend vor. „Weil Milly doch den Zettel bestimmt –“
Als hätte sie nur das magische Wort aussprechen müssen, sah sie plötzlich etwas Weißes unter der Wurzel eines Baumes nicht weit von ihr schimmern.
„Der Zettel!“, rief sie, riss sich von der Hand los und rannte darauf zu. „Ich wusste, dass Milly schummeln würde!“ Sie kniete sich hin und streckte die Hand danach aus.
Im schwachen Schein der Lampions sieht selbst ein kaltes Stück toter Haut aus wie ein Fetzen Papier.
 

Mäuschen

Mitglied
Grüß dich Spaetschreiber,


Danke dir! Das macht Mut, sowas zu lesen =) Freut mich, dass dir die Pointe zusagt - Das ist für mich immer der absolute Höhepunkt jeder Kurzgeschichte und wenn der nicht stimmt, kann der Rest noch so gut sein und die Geschichte ist für mich für die Katz'.

Ich hoffe, ich habe alle "so dass" und "Lampignons" ausgebessert - danke ^^ Auch bei "..." hab ich eingespart. Das regt mich irgendwie auch auf, jetzt da du es erwähnst :D


Danke für deine Anregungen und Ermunterungen =)

Liebste Grüße,
Mauserl
 

Retep

Mitglied
Hallo mäuschen,

alles sehr bildhaft beschrieben, viel gezeigt. Ich konnte mich in die Gedankengänge von Erika einfühlen, ihre Angst mitfühlen.
Spannung lag über dem Ganzen, irgendetwas würde passieren, aber der Schluss hat mich überrascht.

Zum Text:

Sie [blue]hatte[/blue] im Wohnzimmer gestanden
- ich weiß, hier bringe ich auch das Hilfsverb "hatte", das
ich später bemängele, aber "war" ist falsch.

Wegen [blue]des Kleids [/blue]
- Titel "Schnitzeljagd": Ich verstand bisher unter Schnitzeljagd, ein Spiel, bei dem irgendjemand verfolgt, gesucht wird, der Schnitzel auf seinem Weg verstreut.

"hatte":
Du verwendest zu oft das Wort hatte. Ich bin der Letzte, der sich daran stört,es wird nun einmal im Plusquamperfekt der deutschen Sprache verwendet. Aber in deinem Text kommt es zu oft vor.

Ich las mal, dass in einer sehr guten Kurzgeschichte kein Wort zu viel ist. Das schafft wohl niemand. Ich denke aber, du könntest den Text daraufhin überprüfen.


Im schwachen Schein der Lampions sieht selbst ein kaltes Stück toter Haut aus wie ein Fetzen Papier.
- Das ist ein großartiger, überraschender Schluss.Der Schlusssatz könnte kaum besser sein.

Gerne gelesen.

Retep
 

Mäuschen

Mitglied
Grüß dich Retep,

Das mit dem "hatte" werde ich mal versuchen zu ändern... Am besten noch in korrektem Deutsch^^

Titel Schnitzeljagd: Echt? Diese Variante kenne ich gar nicht (Gruppe sucht Gruppe). Ich kenne nur die Version mit Zettel verstecken, auf denen kleine Rätsel stehen, die zum nächsten Zettel führen. Hab mal gegoogelt und siehe da: Wikipedia sagt, es gibt beide Varianten - und Wikipedia weißt ja alles ;-)

Ich mag meinen Schlusssatz auch =) Danke für deinen Kommentar. Freut mich immer wieder =)

Grüße,
Mäuschen
 

Retep

Mitglied
Ich habe noch etwas zu meinem Kommentar hinzugefügt. Sah nicht, dass du so schnell geantwortet hast.

Gruß

Retep
 

Mäuschen

Mitglied
Schnitzeljagd


Als der Schein der Lampions immer deutlicher die anbrechende Nacht erhellte und die dürren Äste der hohen Bäume wie Krallen aussehen ließ, die nach ihr griffen, bekam Erika es langsam mit der Angst zu tun.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird, hörte sie ihre Mutter sagen. Sie hatte im Wohnzimmer gestanden und das rosa Kleidchen gebügelt, das sie zu Millys Geburtstagsfeier anziehen wollte. Es durfte nicht dreckig werden, sie hatte es ihrer Mutter versprechen müssen. Ehrenwort!, war Erikas Antwort gewesen und die braunen Augen ihrer Mutter hatten amüsiert aufgeblitzt beim Anblick des ernsten Gesichts ihrer Tochter.
Aber Erika erinnerte sich auch an dieselben Augen, die sie voll Besorgnis einige Wochen zuvor gemustert hatten. Sie wollte ihrer Mutter eine Zeichnung zeigen – ein schöner Regenbogen mit Vögeln und einer lachenden Sonne – und fand sie schließlich im Wohnzimmer. Sie hatte sich halb vom Sofa erhoben, die Fernbedienung in der Hand. Erika hatte noch ein paar Worte über ein verschwundenes Kind von einem Mann im Fernsehen aufgeschnappt, bis ihre Mutter den Fernseher ausschaltete. Es war ihr in dem Moment nicht wichtig, sie wollte ihr endlich ihre Zeichnung zeigen, aber ihre Mutter hatte sie nur zu sich hergezogen und ihr gesagt, sie dürfe nirgends alleine hingehen. Ob sie das verstanden habe? Ja, hatte Erika geantwortet und in die Augen gesehen, die so anders gewesen waren als sonst.
Sei immer zu Hause, bevor es dunkel wird.
Geh nirgends alleine hin, hast du gehört?
Erika schluckte schwer. Beide Regeln hatte sie heute gebrochen. Ihre Mutter würde böse sein. Und nicht nur deshalb. Auch das Kleid... Sogar jetzt noch hoben sich die schwarzen Flecken der Walderde ab von der beginnenden Dunkelheit. Am liebsten hätte sich Erika hingesetzt und geweint. Aber das durfte sie jetzt nicht. Dann wäre das Kleid noch schmutziger geworden und sie würde die Letzte sein.
Sie durfte nicht die Letzte sein, sonst hätte sie ja vollkommen umsonst hier zwischen den Bäumen gesucht. Sie liebte Schnitzeljagd, aber mit Milly war es nicht so lustig. Sie schummelte nämlich. Gespielt wird nur im Garten und ums Haus herum, hatte Millys Vater der Kinderschar erklärt und die Startzettelchen verteilt. Geht nicht in den Wald hinein, in Ordnung? Alle hatten brav genickt, aber Emily hatte Millys hämischen Blick und ihr Grinsen bemerkt.
Da hatte sie es gewusst. Sie hatte gewusst, dass Milly die Zettel schon vorher gelesen und einen ausgetauscht hatte, sodass niemand den letzten Zettel finden konnte außer ihr, weil er zwischen den Bäumen versteckt war.
Aber Erika war nicht dumm. Sie würde Milly nicht gewinnen lassen, auch wenn es ihr Geburtstag war. Schummeln durfte man nicht, das war gemein.
Da der Garten direkt an den Wald angrenzte, war es leicht für sie gewesen, unbemerkt zwischen den Bäumen zu verschwinden, während alle anderen im Gemüsebeet suchten.
Erika würde die Schnitzeljagd gewinnen und den Preis dann stolz ihrer Mutter zeigen, ihr ihn vielleicht sogar schenken, sodass sie gar nicht mehr böse auf sie sein konnte. Wegen des Kleids und allem.
Entschlossen wischte sie mit einer Handbewegung eine Locke aus dem Gesicht und hinterließ dabei einen dunklen Streifen auf ihrer Stirn. Ihre Hände waren noch schmutziger als ihr schönes Kleidchen, schließlich hatte sie schon beim kleinsten Verdacht eines schimmernden weißen Zettels in der feuchten Erde gewühlt. Bisher waren es immer nur Steine gewesen.
Erika umrundete den nächsten dicken Baumstamm, immer darauf bedacht, den unheimlich aussehenden Zweigen auszuweichen und den Schimmer der Lampions nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wollte sich bestimmt nicht verlaufen. Wie Hänsel und Gretel, kam es ihr in den Sinn. Aber die haben ja auch wieder zurückgefunden. Plötzlich knackte etwas hinter ihr und sie drehte sich erschrocken um, doch da war nichts. Der Wolf!, dachte sie erschrocken und presste sich unwillkürlich an den nächsten Baumstamm. Der Wolf, von dem Milly ihr erzählt hatte. Der Wolf, von dem ihre Mutter ihr erzählt hatte, in dem Märchen. Aber Millys Wolf war echt. Milly hörte sein Heulen oft in der Nacht von ihrem Zimmerfenster aus, hatte sie ihr gesagt.
Jetzt war aber keine Zeit zum Fürchten. Immerhin durfte sie nicht gegen Milly verlieren! Erika packte all ihren Mut zusammen und wollte einen Schritt Richtung Garten machen, weg von dem großen, starken Baum, der ihr Schutz bot – aber die Krallen waren da und hielten sie fest. Mit einem kurzen Aufschrei riss sie sich von den Zweigen los, die sich in ihren Haaren verfangen hatten und stand nun zitternd in der Dunkelheit. Erika hatte die Orientierung verloren. Sie sah das Licht der Lampions nicht mehr, obwohl sie doch extra in ihrer Nähe geblieben war. Wahrscheinlich musste sie sich einfach umdrehen...
Sie konnte nicht. Wenn sie nur einen Schritt täte, würde der Wolf sie hören. Er würde sie verschlingen wie die arme Großmutter in dem Märchen, das ihre Mama... Niemand würde jemals mehr eine Spur von ihr finden und sie konnte ihrer Mama nicht mehr sagen, dass es ihr Leid täte mit dem Kleid.
Ein Zweig knackte unter dem Gewicht eines sich nähernden Mannes. Oder war es der Wolf? Erika wollte rennen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Vielleicht hatte er sie nicht gesehen? Sie schloss ganz fest die Augen.
Ein weiterer Zweig. Noch einer. Er war jetzt ganz nah.
Ihr letzter Gedanke galt dem Mann im Fernsehen und daran, dass sie nun eines der verschwundenen Kinder sein würde, von denen er gesprochen hatte. Dann packte sie eine große Hand von hinten an der Schulter.
„Erika, was machst du denn hier draußen?“ Erschrocken öffnete sie die Augen und drehte sich zu der bekannten Stimme um. Millys Vater. „Du sollst hier nicht alleine herumgeistern, noch dazu, wenn es schon dunkel wird!“
Die Worte ihrer Mutter.
„Ich weiß“, antwortete Erika und ihre Augen wurden feucht. „Tschuldigung...“
„Lass uns zu den anderen zurückgehen.“ Er lächelte freundlich und nahm sie bei der Hand. „Komm.“
Sie nickte stumm und folgte ihm. Nach einigen Schritten wurde ihr bewusst, dass kein Wolf sie holen, dass sie keines der verschwundenen Kinder sein würde und der Gedanke an Rechtfertigung regte sich in ihr. „Es war doch nur wegen der Schnitzeljagd!“, begann sie und die knackenden Zweige unter ihren Füßen kamen ihr nun gar nicht mehr furchteinflößend vor. „Weil Milly doch den Zettel bestimmt –“
Als hätte sie nur das magische Wort aussprechen müssen, sah sie plötzlich etwas Weißes unter der Wurzel eines Baumes nicht weit von ihr schimmern.
„Der Zettel!“, rief sie, riss sich von der Hand los und rannte darauf zu. „Ich wusste, dass Milly schummeln würde!“ Sie kniete sich hin und streckte die Hand danach aus.
Im schwachen Schein der Lampions sieht selbst ein kaltes Stück toter Haut aus wie ein Fetzen Papier.
 

Mäuschen

Mitglied
Schockier mich bitte nicht so xD Ich las deinen Kommentar, habe einige "hatte" rausgeworfen und wollte nochmal nachsehen, was noch zu tun war, als ich plötzlich einen Satz von dir bemerkte, von dem ich sicher gewesen war, dass er vorhin nicht dastand ^^ Aber gut... Auch zur Kenntnis genommen, ausgebessert, nochmal nachgeguckt... Steht da WIEDER was Neues o_O^

Es war jedenfalls sehr lustig die letzten paar Minuten :D
(Das mit dem Hilfsverb "hatte", das du bringst, wollte ich schon beinahe scherzhaft erwähnen, hab es aber doch gelassen - dann erwähnst du es selbst :D)

Kein Wort zu viel in einer guten Kurzgeschichte... DAS werde ich mir definitiv merken, danke.

=)
 

Retep

Mitglied
Nichts liegt mir ferner, als dich schockieren zu wollen!!!

Einen schönen Abend noch.

Retep

P.S.: Wer die Kombination Latein und Mathematik studiert, dürfte nicht leicht zu erschüttern sein.
 



 
Oben Unten