Schrottsammler (gelöscht)

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Seshmosis

Mitglied
Hallo FrankK!

Der Plot gefällt mir, die Story ist spannend geschrieben und die Wendung am Schluss kommt überraschend.
Ein paar Kleinigkeiten zum "Schleifen" sind noch übrig, z.B. ist Sicko sicher eine Süße (groß geschrieben).
Mich hat die Geschichte gut unterhalten. Danke.

Ein nomadischer Gruß von Seshmosis
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Da steckt Leben drin!

Deine funkensprühenden Dialoge locken uns Leser auch gleich mitten hinein. Um uns dort an der Nase herum zu führen, mit menschlichen Namen und Reaktionen. Gib`s zu, Du konntest einfach nicht widerstehen, das Springteufelchen Fremdrasse in der Kiste zu halten, bis wir so nahe standen, dass uns die Ameisenkönigin mitten ins Gesicht springen musste.

Ich jedenfalls bin erschrocken zurück gewichen und hab` die Königin auf ihrer tanzenden Feder dreimal rauf und runter gelesen, ehe die Protagonisten in meinem Kopf zu ihren Kindern mutierten.

Jetzt fühle ich mich verschaukelt. Was mich nicht unbedingt stören würde, wenn Dein Text mir wenigstens die Chance auf einen kleinen Erkenntnistriumph gegeben hätte – ein Hauch von Fremdheit bei den Dreien, gerade soviel, dass es für eine kleine Irritation reicht, ohne gleich darauf zu stoßen. Es gibt dem Selbstwertgefühl von Lesern enormen Auftrieb, wenn sie sich hinterher sagen können: „Ich habe es geahnt, da war was faul.“

Ist ein Drahtseilakt, ich weiß.
Um die Balance zu halten, solltest Du vielleicht an beiden Teilen arbeiten, denn der drastische Perspektivwechsel vom stark vermenschlichten ersten Teil zur Königinnensicht erfordert im letzteren ein paar Erklärungen (natürlich hübsch verpackt ;-)), die uns Lesern helfen, den Fokus schneller einzustellen. Ich beispielsweise glaubte mich zunächst in das unbekannte Wrack versetzt, merkte, ne, falsche Richtung, wusste gar nicht waswiewo und erst nach erratischen Lesesprüngen vor und zurück fand ich mich im Ameisenstaat und identifizierte die Prots des ersten Teils als dem Volkswohl geopferte Mitglieder desselben.

Dazu trägt auch wesentlich die im ersten Teil durchschimmernde Wirtschaftsstruktur bei, mit einem Marktgeschehen, bei dem die Prots pleite gehen können. Das passte überhaupt nicht auf meine Vorstellung von einem Ameisenstaat, so wenig, wie die Idee eines freien Unternehmers, der als Schrotthändler sein Brot verdient.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr drängt sich mir der Eindruck auf, hier seien zwei Geschichten verkuppelt worden, die eigentlich jede für sich einen tragfähigen Plot enthalten. Aber zusammen schmecken sie mir, wie ein Zitronensorbet auf argentinischem Filet.
Ich esse übrigens beides für sich ganz gern ;-)

Verschwand mit Überlicht, als gäb`s ihn nie und nicht
 

FrankK

Mitglied
@ Seshmosis
Danke für den Tip, klar, die Süße ist ja auch schon ein großes Mädchen, da darf man auch ruhig groß schreiben.
Es freut mich, daß dich die Geschichte gut unterhalten hat, gerne geschehen.

@ Rumpelsstilzchen
Ich habe eigentlich von Anfang an einen dezenten Hinweis auf die Fremdartigkeit geliefert. Achte mal auf die Namen der Prots, „Jimm“ und „Marcos“ sind bewußt etwas verfremdet.
Aber auch das „überrumpeln“ war volle Absicht. Es gibt dem Selbstwertgefühl des Schreiberlings einen enormen Auftrieb, wenn er sich hinterher sagen kann: „Ich habe es geschafft, ich habe sie alle reingelegt.“ :)

Ich weiß nicht, ob ein Ameisenstaat, der die Raumfahrt betreibt, ohne ein Wirtschaftssystem auskommt. Auf jeden Fall müssen aber auch Ameisen von irgendwas Leben. Jimm war halt ein Schrottsammler, siehe Titel.

Einen Übergang vom Schiffswrack zum Ameisenstaat, nun ja, nicht unbedingt ein Drahtseilakt. Ich habe da schon eine Idee, mal sehen ob sie dir gefällt. Werde mich gleich mal an die Änderung machen und vor dem zweiten Teil einen einleitenden Satz bringen.
Vielen Dank für die Anregungen.
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nee FrankK, das lasse ich Dir nicht durchgehen:
Ich habe eigentlich von Anfang an einen dezenten Hinweis auf die Fremdartigkeit geliefert. Achte mal auf die Namen der Prots, „Jimm“ und „Marcos“ sind bewußt etwas verfremdet.
Beide Namen sind absolut menschlich und irdisch. Schon einmal was von Jimm Knopf gehört? Nur so als populäres Beispiel. Und Marcos ist - wenn auch als Familienname – mit blutiger Diktatur in die jüngere fernöstliche Geschichte eingraviert.

Es gibt dem Selbstwertgefühl des Schreiberlings einen enormen Auftrieb, wenn er sich hinterher sagen kann: „Ich habe es geschafft, ich habe sie alle reingelegt.“
Nix dagegen, aber Du solltest Dir die Frage stellen, ob Du für Dich oder die Leser schreibst. Ein Triumph auf Kosten des Lesers schmeckt schal im Vergleich zum Hochgefühl, den Lesern einen rundum befriedigenden Lesegenuss verschafft zu haben. Ist wie beim Sex: am schönsten, wenn beide befriedigt werden.

Natürlich kenne ich auch keine raumfahrende Ameisenrasse. Aber der Begriff „Ameisenstaat“ ist bei den weitaus meisten Menschen mir einer sozialen Struktur assoziiert, die Individualität und freie Willensentscheidung ausschließt und völlig vom Kollektiv und dessen Mittelpunkt (der Königin) bestimmt ist. Und das geht einfach nicht mit „freiem Unternehmertum“ und unternehmerischem Risiko zusammen.
Wenn Du diesbezüglich im ersten Teil zweideutiger bliebest, würde das der „Überraschung“ nichts nehmen, aber die Geschichte „glaubwürdiger“ machen.

Hat sich drastisch reduziert bis er sich im Nichts verliert
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nachschlag:

Noch ein paar Stellen, wo die Aliens zu sehr menscheln um als ameisenartig durchzugehen:
„Hier, siehst du meine Hand? – Verdammt!“
Die Hand mag ja noch angehen, aber der Fluch ist eindeutig zu irdisch-christlichen Ursprungs.
Jimm fluchte lautstark ...
Siehe vor.
Kein Wesen mit kerbtierartiger Physiologie wäre in der Lage zu seufzen.
Marcos schüttelte den Kopf:
Ebenfalls eine menschliche Geste, die noch nicht einmal in allen Kulturkreisen der Erde die gleiche Bedeutung hat.
Jimm grinste: „Tut mir leid Süße, wenn ich dich geweckt haben sollte, ...
Wie grinst eine Ameise, frage ich mich, besorgt um die Unversehrtheit des chitinösen Antlitzes. Die sexistisch angehauchte Redensart „Süße“ ist in einer zentralsexuell ausgerichteten Struktur völlig unglaubwürdig. Hier gibt es nur eine „Süße“, das ist die Königin. Und da darf noch lange nicht jeder ran...
Man konnte hören, wie Sicko einmal tief durchatmete:...
Pfiffen die Tracheen? Oder knarrte das Exoskelett?
Auch Marcos hatte einen Kloß in der Kehle:...
Ameisen mit Kehle? Und Klöße kennen die auch, zumindest als Redensart...

Obige Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern firmiert als Denkanstoß.

Der neue Überleitungssatz erfüllt seinen Zweck schon ganz ordentlich, auch wenn im Detail noch ein wenig daran gefeilt werden könnte. Jedoch die angeführten Menscheleien heilt er alleine leider nicht.

Hat die Klappe aufgerissen, konnt` den Schlaf nicht länger missen
 

Seshmosis

Mitglied
Sorry, ich denke, dass Rumpelsstilzchen das etwas zu eng sieht. Für mich persönlich geht da der Plot vor.
Die "Vermenschlichung" (Antropomorphisierung) von Kerbtieren finde ich durchaus zulässig und es gibt ja diverse Beispiele im Bereich der Animationsfilme ("Das große Krabbeln", "Antz" u.a.). Gehört für mich zur "dichterischen Freiheit".
Wenn man zu enge zoologische Maßstäbe anlegt, müsste man ja auch in Ameisensprache reden. In dem Moment, wo ich eine raumfahrende Zivilisation von Ameisen erfinde, löse ich mich weit genug von den "reinen Naturwissenschaften", um auch die Individuation eines Kerbtiers bis hin zum selbständigen Schrotthändler zu akeptieren. ;-)

Nix für ungut, Rumpelsstilzchen, ansonsten finde ich Deine detailierte Textarbeit super!
 

Prospero

Mitglied
Hallo FrankK!

Der Stil gefällt mir: kurz, prägnant, ohne überflüssige Ver(un)zierungen. Das macht das Ganze gut lesbar. Allerdings muss ich Rumpelsstilzchen Recht geben: Der Übergang Mensch-Ameise wirkt ein bisschen wie fauler Zauber.

Noch ein Punkt, der mir ins (vielleicht überkritische) Auge gefallen ist:
Säugetiere waren eine Futterquelle.
Intelligentes Futter?
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.
Hier konterkarierst du m. M. nach das, was du zuvor schreibst. Es geht ja nicht um Essgewohnheiten (schließlich hat das "intelligente Säugetier" Mensch kein Problem damit, andere Säugetiere als Nahrung zu betrachten), vielmehr zeigt sich in der Haltung der Königin unverhohlener Rassismus: Nur Ameisen können intelligent sein, Säugetiere - egal, ob sie nun auf der Speisekarte stehen oder nicht - sind von Natur aus minderwertig. Der Grund für die Geheimhaltung des Raumschiffs und die Eliminierung der "Kinder" sollte daher allein die herrschende Doktrin sein: Ameisen sind das Größte im Universum, und jeder, der etwas anderes sagt, kommt auf den Scheiterhaufen.

Gruß,
Joachim
 

FrankK

Mitglied
Hallo Rumpelsstilzchen
Du hast Dich ja offensichtlich mächtig mit diesem Text und meinem Kommentar auseinandergesetzt. Dafür muß ich mich noch einmal recht herzlich bei Dir bedanken.
Deinen Hinweis auf die Namen finde ich gut, ich habe mir das „VornamenArchiv“ angesehen und sogar „Marcos“ als gängigen Vornamen in Amerika, China, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien gefunden, „Jimm“ stammt aus Dänemark. Beide Namen gibt es aber in dieser Schreibweise nicht im deutschen Sprachraum. In meinem Hinterkopf fand ich die Veränderung von „Jim“ nach „Jimm“ und von „Markus“ nach „Marcos“ zunächst als ausreichend, offensichtlich aber wohl doch etwas zu dezent.
In diesem Zusammenhang bleibt nur noch zu erwähnen: Ich hielt „Sicko“ für eine eigene Kreation, habe aber gerade Google einmal bemüht. Oh Schreck, allein aus Deutschland 27.700 Treffer.

Noch einmal zum Thema überrumpeln:
Da habe ich mich in meinem Kommentar wohl etwas zu mißverständlich ausgedrückt.
In Anlehnung an Deinen Kommentar
Es gibt dem Selbstwertgefühl von Lesern enormen Auftrieb, wenn sie sich hinterher sagen können: „Ich habe es geahnt, da war was faul.“
hätte ich besser Schreiben sollen:

[Ironie AN]
Es gibt dem Selbstwertgefühl des Schreiberlings einen enormen Auftrieb, wenn er sich hinterher sagen kann: „Ich habe es geschafft, ich habe sie alle reingelegt.“
[Ironie AUS] :)
Ich hatte angenommen, eine leichte Selbstironie wäre, aus der fast wörtlichen Umschreibung mit der sinngemäßen Umkehr, ersichtlich gewesen.

Nicht als Ausrede oder zum Selbstschutz noch einmal kurz erklärt:
Dieser drastische Umschwung vom ersten zum zweiten Abschnitt war und ist durchaus beabsichtigt. Das „überrumpeln“, die Konfrontation mit einer völlig anderen Situation, anstelle der, die sich der Leser zunächst vorstellt.
Gewohnte, menschliche Verhaltensmuster, die Polarisierung auf bestimmte Klischees müssen vom Leser mit erreichen des letzten Satzes vollkommen neu aufgebaut werden, die Vorstellung der agierenden Menschen muß plötzlich durch das Phantasiebild von „menschlich agierenden Monstern“ ersetzt werden.

Wie sich dieser „Insektenstaat“ im Detail entwickelt hat ist meines Erachtens dabei völlig nebensächlich. Dieses zu beschreiben oder zu erklären überlasse ich hier der Phantasie des Lesers.
Die tollerierbare Grenze, was der Autor erklären muß und der Leser mit seiner Phantasie ergänzen darf, ist wohl eher fließend und sehr individuell.
Der neue Übergang vom ersten zum zweiten Teil hilft den Lesern hoffentlich, nicht die Orientierung zu verlieren, wie es dir ergangen war. Als Autor steht man wohl vor dem schwierigen Problem, gerade soviel zu beschreiben, das die Leser sich nicht „verlaufen“ und auf der anderen Seite nicht „zu langweilig“ von einem Punkt der Geschichte zum nächsten Punkt „spazieren“. Ich denke / vermute, genau dies ist der Punkt, den Du mit „Drahtseilakt“ verbindest.

Du wehrst Dich dagegen, daß sich die „menschlichen“ Charaktere aus dem ersten Teil plötzlich in Insekten verwandeln und kommst einher mit biologischen, technischen und ethnologischen Erklärungen, warum dieses oder jenes nicht passt.
Lass doch mal Deine Phantasie spielen und versuch Dir vorzustellen, wie eine Ameise (etwa 2m groß) Dich freundlich „anlächelt“, ohne das es für Dich bedrohlich wirkt. Schwierig, nicht war?
Liegt dieses begrenzte Vorstellungsvermögen vielleicht an der Tatsache, das wir mit etwas derartigem nicht vertraut sind?
Könnten wir raumfahrenden Insekten, die, von einer anderen Welt kommend, uns mit den Worten begrüßend: „Wir kommen in Frieden und Freundschaft“, überhaupt (ver)trauen?
Spielt sich in diesem Moment nicht das gleiche in unseren Köpfen ab, wie es sich im Kopf der Königin abspielt?
Intelligente Insekten?
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.

[Ironie AN]
Oder werden wir nicht sogar maßlos enttäuscht sein, weil die ersten exoterrestrischen Besucher keine spitzen Ohren haben?
[Ironie AUS] :)

Du hast Dich erschrocken, in gewissen Maße war das auch beabsichtigt. Diese Geschichte wird Dir dadurch in Erinnerung bleiben, auch das war beabsichtigt.
Ist es nicht das oberste Ziel einer Erzählung/Geschichte, im Gedächtnis des Lesers zu bleiben, einen Eindruck zu hinterlassen? Nicht unbedingt „um jeden Preis“ oder „egal wie“, aber durchaus im Bewustsein der Tatsache, daß diese Story kontroverse Gefühle auslöst.
Genau dies ist mir offenbar bei Dir gelungen, und das völlig ohne blutrünstige oder sexistische Klischees zu verwenden. Nur ein einziger Satz (zumindest fast) hat doch genau diese Wendung vollzogen.

Vermenschlichte Verhaltensweisen von Tieren kannst Du nicht nachvollziehen bzw. bedürfen einer näheren Erklärung?
Im allgemeinen nicht, in keiner Fabel wird erklärt, warum der Storch (Adebar) sprechen kann, wieso der Fuchs (Reinecke) so schlau ist. Möchtest Du weitere Beispiele?
Es gibt keine Erklärung für die komplexen Sozialstrukturen der Tiere in „Animal Farm“, der Leser muß diese Situation einfach hinnehmen.
Ängstliche Kaninchen mit einer ebenfalls komplexen Sozialisierung agieren sehr menschlich in „Watership Down“.
Dies sind nur zwei „gehobenere“ Beispiele aus diesem Bereich.

Und noch einmal einen Gruß an Dich :
Vielen Dank für die intensive Auseinandersetzung mit dem Text. Deine Kommentare haben mir recht deutlich gezeigt, worauf ich als Schreiber alles achten muß, wie weit ich gehen kann und wie weit ich gehen darf.


Hallo Seshmosis
Danke das Du für mich „in die Bresche“ gesprungen bist.
Ich denke aber, daß ich durchaus Rumpelsstilzchen `s Kommentare nachvollziehen kann. Ich glaube fest daran, daß er diese Kommentare nicht böse, sondern konstruktiv gemeint hat, auch wenn es den Eindruck machte, es wäre etwas über das Ziel hinausgeschossen.
Vermutlich hat Ihn meine Antwort auf seinen Kommentar dazu ermutigt, mir einmal „dieAugen zu öffnen“.
Die seiner Ansicht nach aus zwei verschiedenen Plots verschmolzene Geschichte hat, zugegeben, keinen richtigen Anfang und auch kein richtiges Ende. Das macht doch aber auch eine Kurzgeschichte aus, oder?


Hallo Prospero
Wieso fauler Zauber?
An keiner Stelle im ersten Teil gibt es einen Hinweis, daß es sich um menschliche Wesen handelt, die dort agieren. Lediglich die Verhaltensweisen selbst erscheinen menschlich. Aber wie soll, bitte sehr, ein Mensch die Verhaltensweise von nicht-menschlichen Wesen beschreiben (oder davon erzählen), ohne dabei eine Form zu verwenden, die wiederum menschlich wirkt?
Beispiel:
Marcos schüttelte den Kopf.
Sollte ich stattdessen schreiben:
Marcos machte eine verneinende Geste.
Stell Dir vor, der erste Teil wäre komplett so umständlich geschrieben. Hättest Du die Geschichte überhaupt bis zum Ende gelesen?

...vielmehr zeigt sich in der Haltung der Königin unverhohlener Rassismus: Nur Ameisen können intelligent sein, Säugetiere - egal, ob sie nun auf der Speisekarte stehen oder nicht - sind von Natur aus minderwertig.
Aber genau das ist doch der Punkt, genau diese Einstellung ist doch das, was ein selbstgemachtes und beschränktes Weltbild ausmacht. Weltbilder mit beschränkter Sichtweise, die Grundlage für jede Doktrin.

Jetzt werde ich mal provokativ, indem ich Deine Worte einfach etwas verändere und folgende These aufstelle:
Vielmehr zeigt sich in der Haltung der Menschen unverhohlener Rassismus: Nur Säugetiere können intelligent sein, Insekten - egal, ob sie nun auf der Speisekarte stehen oder nicht - sind von Natur aus minderwertig.
Böse könnte man mir jetzt unterstellen: Solche Worte sind fast ketzerisch. Aber ist es nicht genau so? In keinem Land der Welt sind Tiere (egal welcher Rasse) vor dem Gesetz etwas anderes als eine „Sache“.

Es ist vielleicht weniger die Einstellung des einzelnen Menschen als eher die Einstellung der Menscheit an sich. Betrachten wir uns denn nicht als „die Krone der Schöpfung“?
Könnte man aus der Sicht des Menschen, trotz all seiner „Intelligenz“, nicht auch argumentieren:
„Menschen sind das Größte im Universum, und jeder, der etwas anderes sagt, kommt auf den Scheiterhaufen.“.
Auch wir haben unser Weltbild und können nur schwer davon ablassen.

Bevor wir uns jetzt zu sehr in einer philosophischen Betrachtung verlieren, komme ich lieber zum Schluß

und danke auch Dir für Deinen Kommentar.

Viele Grüße an alle Leser
Frank
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Doch doch, die Selbstironie habe ich auch ohne Hinweisschild verstanden. Was mich aber nicht hinderte, stur bei der Sache zu bleiben.
Und Sache ist beim Schreiben nun einmal die Befriedigung des Lesers, so dieses nicht nur als Hirnonanie betrieben wird. Muss ich erwähnen, dass ich diese Motivation weder Dir noch Deinem Werk unterstelle? Denn dann würde ich mich sicher nicht damit auseinander setzen wollen. Quot erat demonstrandum.

Ja, den Drahtseilakt hast Du richtig verstanden, genau darum geht es mir. Die betont menschliche Darstellung der Prots führt mich als Leser komplett in die Irre, anstatt mich mit einer Augenbinde durch die Geschichte zu dirigieren. Ist wie bei dem Kinderspiel „Blinde Kuh“, nur sagst Du „heißer“ während ich mich vom Gesuchten immer weiter entferne. Das macht Umstehenden vielleicht Spaß, aber den Sucher frustriert es, wenn er nach Entfernen der Augenbinde feststellt, dass er in die Wüste geschickt wurde. Ihm wurde absichtlich nicht die geringste Chance gelassen! Das ist mein Leseeindruck.

Gegen die Verwandlung der Prots wehre ich mich nicht, das hast Du missverstanden. Nur eine zweideutigere Beschreibung gewünscht, Begründung siehe oben. Vor der „verneinenden Geste Marcos`“ bewahre uns die Sprachgewandtheit des Autor! Hier ist die hohe Kunst des rechten Wortes gefragt, das scheinbar in eine Richtung weist, die andere aber ohne Verrenkung zulässt.
Frag` mich bitte nicht warum, aber ich traue Dir das zu ;-)), nur deshalb insistiere ich.

Dein Vergleich mit fabelhaften Geschichten oder Filmen überzeugt mich nicht. Weil ich als Leser hier die Metapher erwarte und/oder ein phantastisches Märchen. Deine Story firmiert aber unter SCIENCE Fiktion, da erwarte ich zumindest eine gewisse Bodenhaftung im Humus der vorhandenen menschlichen Erkenntnisse – oder aber völlig unerklärliche Fremdheit.

Was meinen Schreck angeht, muss ich Dich enttäuschen, einem alten SFler wie mir, mit über 4.000 Romanen allein im eigenen Fundus, schaudert so schnell nicht mehr ;-))
Nein, nicht die Verwandlung an sich war es, sondern mein Unvermögen, den Zusammenhang zwischen erstem und zweiten Teil zu erkennen, das mir in die Glieder fuhr. Egal, Geschichte, denn das hast du mit dem Bindesatz soweit gelöst.

Dass ich mich so gründlich mit Deinem Text befasse, darfst Du übrigens ruhig als Kompliment verstehen; die Lebendigkeit der Situationsbeschreibung – ohne das Dekor breit zu latschen – hat mir handwerklich sehr imponiert.
Und diskussionsbereit bist Du auch noch, was will ein textversessener Wicht noch mehr!
Konsens vielleicht, aber den wünsche ich nicht allzu sehr, denn:

DISCLAIMER:

Alle von mir geschlagenen Kerben und Rillen sind Ausdruck meines ganz persönlichen Sprachempfindens, unverbindlich und jederzeit in Frage zu stellen. Dieses Sprachempfinden erhebt in meinem Universum zwar den ständig selbstbezweifelten Anspruch absoluter Stimmigkeit , hier aber bin ich Gast in der Welt des Autors.

heute ganz gymnastisch, zerfloss er protoplasmisch
 

FrankK

Mitglied
Willkommen, Gast, in meiner Welt

So, habe den Text jetzt mal überarbeitet und stelle ihn bewußt als Kommentar ein, damit andere Leser noch einen Vergleich ziehen können.
Ich habe versucht, möglichst viel „menschliches Verhalten“ aus dem ersten Teil zu entfernen und den Bezug zu einem „Wirtschaftssystem“ zu mindern.
Die Überleitung zum zweiten Teil habe ich so belassen und das Verhalten der Königin versucht, etwas genauer zu erklären.
Mir persönlich wirkt der erste Teil jetzt ziemlich „gestelzt“ und der Schluß hat an Wirkung verloren.
Aber schaut es euch selber an.

Schrottsammler 2

„Jimm?“
Die Stimme klang drängend.
„Jimm, verdammt, wo steckst du?“
„Hier!“
„Verdammt, wo?“
„Na, hier. Was willst du?“
„Jimm? Ich kann dich nirgendwo sehen! Wo steckst du?“
Jimm hob ein Werkzeug in die Höhe: „Hier, siehst du meinen Schraubenschlüssel? – Ahhh!“
Ein Blitz zuckte durch den Raum, Funken flogen knisternd auf und es roch plötzlich nach Ozon.
Jimm schimpfte lautstark und kam hektisch unter einer Konsole hervorgekrabbelt.
Wütend fauchte er seinen Partner an: „Na prima! Das hast du ja wieder mal sauber hingekriegt! Was ist los, Marcos? Was hast du schon wieder für ein Problem?“
„Jimm, irgendwas stimmt hier nicht.“
„Ach? Und was, bitteschön, soll hier nicht stimmen?“
„Ich..., ich kann es dir nicht so genau erklären, irgendwie..., ich hab da so ein komisches Gefühl.“
Jimm stöhnte: „Hast du irgendwo Rigelianer gesehen?“
„Ich glaub nicht, daß das hier ein rigelianisches Schiff ist.“
„Was? Was soll es denn sonst sein? Etwa Mosrohn?“
„Nein, die Mosrohner fangen doch gerade erst mit der Raumfahrt an.“
Jimm klang nun sarkastisch: „Eben, sie fangen gerade erst an. Damit sind sie zwar schon seit zehntausend Jahren beschäftigt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen. Und, sieht das ganze hier aus wie eines von unseren Schiffen?“
Marcos wirkte niedergeschlagen, er antwortete nur leise: „Nein.“
„Kannst du mir dann verraten, wessen Schiff das sein soll?“
Marcos schaute schweigend auf den Boden.
Erst nach einigen Sekunden stellte er, ohne aufzublicken, zögernd eine Gegenfrage: „Und wenn..., wenn wir das Schiff einer unbekannten Rasse entdeckt haben?“
Jimms Stimme hatte einen sarkastischen Unterton: „Tja, dann sind wir wohl am Ende.“
Er hob ein kleines Sprechgerät hoch: „Sicko, melde dich.“
Einige Sekunden verstrichen, dann versuchte er es noch einmal: „Sicko, melde dich!“
Wieder ließ er einen kurzen Moment verstreichen, dann brüllte er ins Sprechgerät: „Sicko!“, und zu Marcos gewandt: „Ich glaube die pennt!“
„Was ist, Boss?“
Die Stimme war etwas verzerrt und ein leises Knistern war in der Modulation.
Jimm spottete: „Tut mir leid wenn ich dich geweckt haben sollte, aber könntest du mir bitte, freundlicherweise, das Ergebnis der Computeranalyse durchgeben? Aber nur, wenn du gerade nicht etwas besseres zu tun hast.“
Marcos machte zwei Schritte rückwärts und versuchte irgendwo einen Halt zu finden. Er kannte Jimm schon lange genug um zu wissen, daß er, bei diesem Tonfall, kurz davor stand zu explodieren.
„Ähh..., nun..., tut mir leid, aber..., ich steck noch in der Analyse.“, erklärte die Stimme aus dem Sprechgerät.
„Was? Ich hör wohl nicht richtig!“, jetzt war es soweit, Jimm explodierte. „Seit über sechs Stunden hängst du an einer Analyse, für die andere höchstens zwei Stunden brauchen! Bis du verrückt? Was soll der Blödsinn? Sieh zu, das du fertig wirst. Ich geb dir...!“
Sicko unterbrach ihn: „Hör auf! Irgendwas stimmt hier nicht!“
„Was soll diese blöde Ausrede? Was soll hier nicht stimmen?“
„Willst du hören, was der Computer bisher ermittelt hat?“
Jimm fauchte: „Ich bitte darum!“
Das Sprechgerät blieb einen Moment stumm, Sicko schien sich zu Sammeln bevor sie antwortete: „Schiffsstruktur-Vergleich: Unbekannt, metallurgische Analyse: Zusammensetzung unbekannt, Altersbestimmung: 135000 Jahre.“
Jimm starrte entsetzt auf das Sprechgerät: „Das..., das kann nicht stimmen! Wiederhole die Analyse und melde...“
Sicko unterbrach ihn erneut: „Ich wiederhole gerade zum vierten Mal. Du weißt, was das bedeutet?“
Jimm starrte voller entsetzen nun Marcos an: „Wir sind am Ende.“
Mit sichtlicher Mühe entgegnete Marcos nur noch undeutlich: „Wir müssen das melden.“
„Fällt dir nichts besseres ein?“
Jimm hatte keine Antwort erwartet.
Er steckte das Sprechgerät ein und blickte sich um, seine Gedanken wirbelten.
Nein, er konnte es einfach nicht glauben, das Schiff konnte nicht so alt sein, es durfte nicht so alt sein.
Wenn es tatsächlich so alt war, dann mußte es das Schiff einer fremden Rasse sein.
Wenn es das Schiff einer fremden Rasse war, dann mußte er es melden.
Wenn er es meldete, dann würden andere kommen um das Schiff zu bergen.
Wenn andere das Schiff bargen, dann konnte er dieses Schiff nicht mehr verwerten.
Wenn er es nicht verwerten konnte, dann würde er nichts mehr an diesem Schiff verdienen.
Er hatte so viele Schulden, wenn er jetzt nicht etwas Geld verdiente, war er am Ende.
Konnte er es riskieren?
Gab es eine Chance?
Er schaute zu Marcos, er suchte seinen Blick, aber Marcos stand einfach nur da und starrte auf den Boden.
„Marcos?“
„Wir müssen das melden.“
Jimm resignierte, er griff wieder nach dem Sprechgerät.


Drei Tage später, etwa dreihundert Lichtjahre vom Ort des Geschehens entfernt, fast zwei Kilometer unter der Oberfläche eines Planeten:

„Der Bericht, euer Hoheit.“
Die Königin beugte sich vor und nahm ihrer Dienerin den Bericht ab: „Danke, mein Kind, du darfst wieder gehen.“
Der Bericht war kurz, enthielt aber alle wichtigen Fakten.
Das fremde Schiff war positiv identifiziert worden, die Sicherheitsprotokolle waren erfolgreich ausgeführt worden. Keine Überlebenden, kein Sicherheitsrisiko.
Die Königin schloß ihre Augen und seufzte tief.
Niemals durfte jemand erfahren, das es eine andere, hochentwickelte Zivilisation von, aus ihrer Sicht, minderpriviligierten Säugetieren, gegeben hatte.
Das Chaos würde über die Rigelianer, die Mosrohner und ihr eigenes Volk hereinbrechen. Als man vor fast tausend Jahren das erste Wrack dieser fremden Rasse entdeckt hatte, war man sich einig geworden, diese Entdeckung geheim zu halten. Diese Entdeckung hatte allen fundamentalen Erkenntnissen ihrer Rassen widersprochen.
Intelligente Säugetiere?
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.
Man hatte das Schiff damals gründlich untersucht. Ein fremdes Volk, in der Technologie unglaublich weit fortgeschritten. Man hatte auch ermittelt, woher dieses Volk einst stammte. Der dritte Planet einer kleinen gelben Sonne, seit über 100.000 Jahren eine tote Welt, Kometeneinschlag.
Die Königin schaute wieder auf den Bericht und las am Schluß eine Verlustliste mit drei Namen.
Jimm, Marcos und Sicko waren tot.
Sie selbst hatte ihre Tötung veranlaßt, ihre eigenen Kinder geopfert. Um Ordnung und Disziplin auf den bewohnten Planeten aufrecht zu erhalten, um das Weltbild der Bevölkerung nicht zu vernichten.
Das Opfer war nicht sehr groß gewesen, sie hatte Millionen Söhne und Töchter.
Gedankenverloren strich sich die Königin selbst über ihren stark geschwollenen Unterleib. In wenigen Tagen würde sie wieder einige tausend Eier legen, ihre Arbeiterrinnen hatten schon alles dafür vorbereitet.
Wie hatte sich diese fremde Rasse doch gleich selbst genannt?
Ach ja,
Menschen.


Viele Grüße
Frank
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
FrankK, ich bin beeindruckt, trotz einiger Stelzen!

Die von mir so unverschämt eingeforderte Zweideutigkeit ist Dir hervorragend gelungen. Leider ein wenig auf Kosten des „show“; das ist es vermutlich auch, was Dir selbst in der neuen Fassung als Stelze quer im Magen liegt. Mach Dir nix daraus, die lässt sich mit einigem gedanklichen Wiederkäuen sicher noch zerkleinern ;-)

Ich setze Dein Einverständnis einfach einmal still voraus und lasse die jetzige Fassung Satz für Satz durch alle meine sieben Mägen laufen.
Das dauert zwar ein paar Tage, aber dann gibt`s einen schön sämigen Kritikerfladen direkt auf die grüne Wiese.

Den hast Du Dir redlich verdient... ;-))

Hat seine komprimierte Impression expressioniert und sich überschwänglich annulliert
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Der ersten Teil gefällt mir – aus den gleichen Gründen wie Rumpel sie anführt – in der zweiten Version besser, der zweite Teil in der ersten Version, denn soooo sparsam wie

“Um Ordnung und Disziplin auf den bewohnten Planeten aufrecht zu erhalten, um das Weltbild der Bevölkerung nicht zu vernichten. “

muss es nun auch wieder nicht sein, das klingt platt. Der Ausruf "intelligente Säugetiere! Das durfte es nicht geben!" wäre schon gut gewesen. (Wobei mich das mit dem Futter auch nicht gestört hat, solche "Verlagerung von Argumenten" – hier von "intelligente Säuger?" auf "intelligentes Futter?" – kommt ja oft vor, gehört quasi zum Handwerkszeug von Agitatoren..)

Nachtrag: In der Tat besteht die „Kunst der Irreführung“ nicht darin, zu lügen, sondern es so zu sagen, dass es höchstwahrscheinlich missverstanden wird.
 

FrankK

Mitglied
Hallo Rumpelsstilzchen
Danke für die neuerlichen Anmerkungen, ich wünsche Dir, Satz für Satz, einen guten Appetit und freue mich schon auf das Ergebnis Deiner Verdauung.

Hallo Jon
Ich muß ja sagen, jetzt bilde ich mir so langsam aber was ein, jetzt nehmen mich schon zwei Forenredakteure unter „ihre Fittiche“, das kann ich doch nur wieder gut machen, indem ich mich an der Textarbeit beteilige.
Ich muß Dir recht geben, die Sache mit der „Ordnung und Disziplin“ hätte ich nicht einfügen sollen, im Vergleich zur ersten Version wirkt es doch etwas „verwässert“. Wahrscheinlich hab ich da selbst etwas um zu viele Ecken und zu kompliziert gedacht.
Eine Änderung ist vorgemerkt, werde aber erst mal noch keine neue Version nachschieben, möchte erst noch Rumpelsstilzchen`s „Verdauung“ abwarten. Mal sehen, was er mir noch so alles hinterläßt. :)
Für Deine Anmerkungen bedanke ich mich.

Viele Grüße
Frank
 

Prospero

Mitglied
Der "faule Zauber" war nicht böse gemeint, ich nehme ihn gern zurück, wenn du willst. Auch sind das, was ich angeführt habe, keine Kritikpunkte im eigentlichen Sinn, sondern nur ein paar Gedanken, die mir beim Lesen gekommen sind, ohne Anspruch auf "Wahrheit". Wenn du meinst, ich hätte mit einer Anmerkung Unrecht, kann es gut sein, dass ich Unrecht habe. Schließlich ist es deine Geschichte und du entscheidest, wie sie aussieht, ich meine nur, dass die Ansicht von jemand anderem immer hilfreich ist, egal ob man ihr nun folgt oder nicht.

In diesem Sinne:
Sollte ich stattdessen schreiben:
Marcos machte eine verneinende Geste.
Stell Dir vor, der erste Teil wäre komplett so umständlich geschrieben. Hättest Du die Geschichte überhaupt bis zum Ende gelesen?
... also gelesen hätte ich es ganz sicher ... ;)

Ich glaube aber, es geht hier nicht um die Form (wem die verneinende Geste zu umständlich erscheint, kann ja auch "Marcos verneinte" oder einfach nur eine Dialog-Zeile "Nein" schreiben), sondern um etwas anderes: Wenn jemand schreibt: "X schüttelte den Kopf", und am Ende stellt sich heraus, dass X ein Wesen ist, das gar keinen Kopf besitzt, hat man als Leser schon den Eindruck, dass der Autor etwas gedankenlos zur Sache gegangen ist. Bei dir ist das so nicht der Fall, trotzdem wird für meinen Geschmack eine Vorstellung aufgebaut, die sich etwas zu stark an einem humanoiden Erscheinungsbild orientiert. Deshalb gefällt mir der neue erste Teil ebenfalls besser, wobei man über einzelne Punkte sicher unterschiedlicher Meinung sein kann (ich persönlich sehe keinen Grund, warum sich Ameisen nicht gegenseitig mit "Süße" anreden sollten).

Bei der "Futter-Intellekt"-Sache hast du mich, glaube ich, missverstanden. Mir ging es eigentlich nur um eine winzige Kleinigkeit: Wenn die Königin sagt: "Säugetiere sind Futter", ist das als abfällige Bemerkung okay und auch absolut gut in der Geschichte untergebracht. Was danach kommt, klingt aber für mich wie eine "ernsthafte" Begründung für die Geheimhaltung des fremden Schiffs und ist deshalb aus meiner Sicht nicht ganz stimmig. Denn: Die Blasphemie liegt ja wohl nicht in der Vorstellung intelligenter Wesen als Nahrungsmittel, sondern in der, dass Säugetiere genauso viel auf dem Kasten haben könnten wie Ameisen. Insofern erscheint mir der Ausruf: "Intelligente Säuger. Das durfte es nicht geben!" (anstelle "Intelligentes Futter ...") in der neuen Fassung passender, das war aber auch die einzige Zeile, an der ich rummäkeln wollte.
Auf keinen Fall wollte ich jedoch kritisieren, dass die Ameisen eine rassistische Einstellung an den Tag legen. Ganz im Gegenteil, denn da gebe ich dir Recht: Bei den Menschen ist das Wir-sind-die-Größten-und-Einzigen-Denken weit verbreitet (außer in Star Trek, wo sogar intelligente Steine zum Commander ernannt werden können), und meine deshalb, dass die gestrichenen, das anthropozentrische Weltbild karikierenden Passagen der ersten Fassung unbedingt in der Geschichte bleiben sollten.

Gruß,
Joachim
 

FrankK

Mitglied
FrankK
Oh Prospero
Keine Deiner Bemerkungen habe ich Dir Böse genommen.
Wie ich jon gegenüber schon erwähnte, liegt diese Geschichte bei mir noch nicht „auf Halde“, im Gegenteil, ich feile noch etwas daran. Im Absatz mit der Königin bin ich wohl wirklich über das Ziel hinausgeschossen.
Ich warte nur noch auf Rumpelsstilzchen`s „angedrohte“ Verdauung.;)
Die richtige Balance zu treffen ist, wie schon früher beschrieben, ein echter Drahtseilakt.

Viele Grüße
Frank
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Da ist er, mein Fladen. Noch dampfend, so frisch.
Die Verwendung steht ganz in Deinem Belieben: Was Dir gefällt, pflügst Du in Deinen Hirnfurchen unter, den Rest ohne Hemmung auf den Mist...

Jimm?“
Die Stimme klang drängend.
„Jimm, verdammt, wo steckst du?“
„Hier!“
„Verdammt, wo?“
„Na, hier. Was willst du?“
„Jimm? Ich kann dich nirgendwo sehen! Wo steckst du?“
[blue]Im weiteren Verlauf zeichnest Du Marcos als eine unsichere Persönlichkeit, die klar von Jimm dominiert wird. Würde so eine Person fluchender Weise ihren Vorgesetzten ansprechen?
Vorschlag:
Jimm?“
Die Stimme klang flehend.
„Jimm, bitte, wo steckst du?“
„Hier!“
„Wo hier?“
„Na, hier. Was willst du?“[/blue]
„Jimm? Ich kann dich nirgendwo sehen! Wo steckst du?“
Jimm hob ein Werkzeug in die Höhe: „Hier, siehst du meinen Schraubenschlüssel? – Ahhh!“ [blue]Deine Einstiegsszene baust Du sehr geschickt auf: Erst die Stimmen aus dem Off, dann fährt die Kamera näher und fokussiert das Geschehen im Raum. Erstklassiges Kopfkino! Nur hier gibt es einen Bruch, weil wir plötzlich mit Jimm unter der Konsole liegen.
Vorschlag:
Zwischen den freigelegten Platinen der Zentraleinheit tauchte ein Schraubenschlüssel auf. „Hier, siehst Du das? – Ahhh!“ [/blue]
Ein Blitz zuckte durch den Raum, Funken flogen knisternd auf und es roch plötzlich nach Ozon.
Jimm schimpfte lautstark und [red][strike]kam hektisch unter einer Konsole hervorgekrabbelt.[/strike][/red][blue] krabbelte hektisch unter der Konsole hervor.[/blue]
Wütend fauchte er seinen Partner an: „Na prima! Das hast du ja wieder mal sauber hingekriegt! Was ist los, Marcos? Was hast du schon wieder für ein Problem?“
„Jimm, irgendwas stimmt hier nicht.“
„Ach? Und was, bitteschön, soll hier nicht stimmen?“
„Ich..., ich kann es dir nicht so genau erklären, irgendwie..., ich hab da so ein komisches Gefühl.“
Jimm stöhnte[blue] gequält (Das Verb allein ist zu unspezifisch, um einen eindeutig erkennbaren Gemütszustand zu transportieren. Entweder substituieren oder adverbieren.) [/blue]: „Hast du irgendwo Rigelianer gesehen?“
„Ich glaub[blue]`[/blue] nicht, [strike][red]daß [/red][/strike][blue]dass[/blue] das hier ein rigelianisches Schiff ist.“
„Was? Was soll es denn sonst sein? Etwa Mosrohn?“
„Nein, die Mosrohner fangen doch gerade erst mit der Raumfahrt an.“
Jimm klang nun sarkastisch: „Eben, sie fangen gerade erst an. Damit sind sie zwar schon seit zehntausend Jahren beschäftigt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen. Und, sieht das ganze hier aus wie eines von unseren Schiffen?“ [blue](Die immer gleiche Abfolge Erläuterung => direkte Rede nimmt dem Zwiegespräch viel von seiner Lebendigkeit. Du kennst sicher diese Flackerglühbirnen, die Kerzenlicht imitieren sollen. Klar zuckt es darin. Aber in einem monoton wiederholten Rhythmus. Vergleiche ein echtes Kerzenlicht damit: Unvorhersehbares Flackern, immer ähnlich aber nie gleich, gibt es Antwort auf die unsichtbaren Luftströme. In einem Dialog ist die Stimmung diese unsichtbare Strömung, in der die Satzrhythmen tanzen sollen.)
Vorschlag:
„Eben, sie fangen gerade erst an. Damit sind sie zwar schon seit zehntausend Jahren beschäftigt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen. Und, sieht das ganze hier aus wie eines von unseren Schiffen?“ Jimms Stimme troff vor Sarkasmus.[/blue]
Marcos wirkte niedergeschlagen, er antwortete nur leise: „Nein.“
[blue]Die niedergeschlagene Wirkung ist zweifellos eine „Stelze“ und überflüssiges „tell“, denn die leise Antwort reicht ein wenig verstärkt als „show“.
Zum Beispiel so:
Marcos` Antwort war kaum hörbar: „Nein.“[/blue]
„Kannst du mir dann verraten, wessen Schiff das sein soll?“
Marcos schaute schweigend [strike][red]auf den [/red][/strike][blue]zu[/blue] Boden.
Erst nach einigen Sekunden stellte er, ohne aufzublicken, zögernd eine Gegenfrage: „Und wenn..., wenn wir das Schiff einer unbekannten Rasse entdeckt haben?“ [blue]Noch eine Stelze, die noch dazu durch die umständliche Satzkonstruktion ohne echten Informationsgehalt das Tempo unnötig ausbremst.
Vorschlag:
„Und wenn..., wenn wir das Schiff einer unbekannten Rasse entdeckt haben?“ Er betrachtete angelegentlich die verschmorte Sicherung zu seinen Füßen.[/blue]
Jimms Stimme hatte einen sarkastischen Unterton: „Tja, dann sind wir wohl am Ende.“ [blue]Für die Kürze zuviel Sarkasmus, noch dazu gestelzten.
Vielleicht so?:
Jimm erwiderte bissig: „Tja, dann sind wir wohl am Ende.“[/blue]Er hob ein kleines Sprechgerät hoch: „Sicko, melde dich.“
Einige Sekunden verstrichen, dann versuchte er es noch einmal: „Sicko, melde dich!“
Wieder ließ er einen kurzen Moment verstreichen, dann brüllte er ins Sprechgerät: „Sicko!“, und zu Marcos gewandt: „Ich glaube die pennt!“
„Was ist, Boss?“
Die Stimme [strike][red]war [/red][/strike][blue]klang[/blue] etwas verzerrt und [blue]von[/blue] ein[blue]em[/blue] [strike][red]leises [/red][/strike][blue]leisen [/blue]Knistern [strike][red]war in der Modulation [/red][/strike]überlagert.
[strike][red]Jimm spottete: [/red][/strike] [blue](Überflüssige Krücke, der Spruch spricht für sich) [/blue]„Tut mir leid, wenn ich dich geweckt haben sollte, aber könntest du mir bitte[strike][red],[/red][/strike] freundlicherweise[strike][red],[/red][/strike] das Ergebnis der Computeranalyse durchgeben? Aber nur, wenn du gerade nicht etwas [strike][red]besseres[/red][/strike] [blue]Besseres[/blue] zu tun hast.“
Marcos [strike][red]machte[/red][/strike] [blue]trat[/blue] zwei Schritte [strike][red]rückwärts[/red][/strike] [blue]zurück [/blue]und [strike][red]ver[/red][/strike]suchte [strike][red]irgendwo einen [/red][/strike]nach einem Halt[strike][red] zu finden[/red][/strike]. Er kannte Jimm [strike][red]schon [/red][/strike]lange genug, um zu wissen, [strike][red]daß [/red][/strike][blue]dass [/blue]er, bei diesem Tonfall, kurz [strike][red]davor [/red][/strike][blue]vor der Explosion stand [/blue][strike][red] zu explodieren[/red][/strike].
„Ähh..., nun..., tut mir leid, aber..., ich steck` noch in der Analyse.“, erklärte die Stimme aus dem Sprechgerät.
„Was? Ich hör` wohl nicht richtig!“[strike][red], j[/red][/strike][blue]J[/blue]etzt war es soweit, Jimm explodierte. „Seit über sechs Stunden hängst du an einer Analyse, für die andere höchstens zwei Stunden brauchen! Bis du verrückt? Was soll der Blödsinn? Sieh zu, das du fertig wirst. Ich geb[blue]e[/blue] dir...!“
Sicko unterbrach ihn: „Hör auf! Irgendwas stimmt hier nicht!“
„Was soll diese blöde Ausrede? Was soll hier nicht stimmen?“
„Willst du hören, was der Computer bisher ermittelt hat?“
Jimm fauchte: „Ich bitte darum!“
Das Sprechgerät blieb einen Moment stumm, Sicko schien sich zu [strike][red]Sammeln [/red][/strike][blue]sammeln[/blue], bevor sie antwortete: „Schiffsstruktur-Vergleich: [strike][red]Unbekannt [/red][/strike][blue]unbekannt[/blue], metallurgische Analyse: Zusammensetzung unbekannt, Altersbestimmung: 135[blue].[/blue]000 Jahre.“
Jimm starrte entsetzt auf das Sprechgerät: „Das..., das kann nicht stimmen! Wiederhole die Analyse und melde...“
Sicko unterbrach ihn erneut: „Ich wiederhole gerade zum vierten Mal. Du weißt, was das bedeutet?“
Jimm starrte voller entsetzen nun Marcos an: „Wir sind am Ende.“
[blue]Noch so eine unschöne Wortwiederholung.
Vorschlag:
Fassungslos stierte Jimm Marcos an: „Wir sind am Ende.“[/blue]
Mit sichtlicher Mühe entgegnete Marcos nur noch undeutlich: „Wir müssen das melden.“ [blue]Auch stelzig.
Vorschlag:
Marcos drückte sich gegen das Wandpaneel. „Wir mussen das melden“, stammelte er mühsam.[/blue]
„Fällt dir nichts [strike][red]besseres [/red][/strike][blue]Besseres [/blue]ein?“
Jimm hatte keine Antwort erwartet. [blue](Zeitenwechsel!) Jimm erwartete keine Antwort.[/blue]Er steckte das Sprechgerät ein und blickte sich um, seine Gedanken wirbelten.
Nein, er konnte es einfach nicht glauben, das Schiff konnte nicht so alt sein, es durfte nicht so alt sein.
Wenn es tatsächlich so alt war, dann [strike][red]mußte [/red][/strike][blue]musste [/blue]es das Schiff einer fremden Rasse sein.
Wenn es das Schiff einer fremden Rasse war, dann [strike][red]mußte [/red][/strike][blue]musste [/blue]er es melden.
Wenn er es meldete, dann würden andere kommen, um das Schiff zu bergen.
Wenn andere das Schiff bargen, dann konnte er dieses Schiff nicht mehr verwerten.
Wenn er es nicht verwerten konnte, dann würde er nichts mehr an diesem Schiff verdienen.
Er hatte so viele Schulden, wenn er jetzt nicht etwas Geld verdiente, war er am Ende.
Konnte er es riskieren?
Gab es eine Chance?
Er schaute zu Marcos, [strike][red]er [/red][/strike]suchte seinen Blick, aber Marcos stand einfach nur da und starrte [strike][red]auf den Boden [/red][/strike][blue]vor sich hin[/blue].[blue] (Phrasenwiederholung!)[/blue]
„Marcos?“
„Wir müssen das melden.“
Jimm resignierte, er griff wieder nach dem Sprechgerät.


Drei Tage später, etwa dreihundert Lichtjahre vom Ort des Geschehens entfernt, fast zwei Kilometer unter der Oberfläche eines Planeten:

„Der Bericht, euer Hoheit.“
Die Königin beugte sich vor und nahm [blue]von [/blue]ihrer Dienerin den Bericht [strike][red]ab [/red][/strike][blue]entgegen[/blue]: „Danke, mein Kind, du darfst wieder gehen.“
[strike][red]Der Bericht [/red][/strike][blue]Er (wir wissen, worum es geht)[/blue] war kurz, enthielt aber alle wichtigen Fakten.
Das fremde Schiff war positiv identifiziert worden, die Sicherheitsprotokolle [strike][red]waren [/red][/strike]erfolgreich ausgeführt [strike][red]worden[/red][/strike]. Keine Überlebenden, kein Sicherheitsrisiko.
Die Königin [strike][red]schloß [/red][/strike][blue]schloss [/blue]ihre Augen und seufzte tief. [blue](Das Augenschliessen scheint mir unnötig zu humanisieren. Ein doppeldeutiger Vorschlag: Die Königin fuhr sich über die Augen...)[/blue]
[strike][red]Niemals [/red][/strike][blue]Niemand [/blue]durfte [strike][red]jemand [/red][/strike][blue]jemals [/blue]erfahren, [strike][red]das [/red][/strike][blue]dass [/blue]es eine andere, hochentwickelte Zivilisation von[strike][red], aus ihrer Sicht,[/red][/strike] [blue](natürlich, aus wessen Sicht sonst?)[/blue] [strike][red]minderpriviligierten [/red][/strike][blue]minderwertigen (Privilegien sind Vorrechte!) [/blue]Säugetieren, gegeben hatte.
Das Chaos würde über die Rigelianer, die Mosrohner und ihr eigenes Volk hereinbrechen. Als man vor fast tausend Jahren das erste Wrack dieser fremden Rasse entdeckt hatte, war man sich einig geworden, diese Entdeckung geheim zu halten. Diese Entdeckung hatte allen fundamentalen Erkenntnissen ihrer Rassen widersprochen.
[blue]Säugetiere waren eine Futterquelle.
Intelligentes Futter?[/blue][strike][red]Intelligente Säugetiere?[/red][/strike] [blue](Hier finde ich Deine erste Version ausdrucksstärker.)[/blue]
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.
Man hatte das Schiff damals gründlich untersucht. Ein fremdes Volk, in der Technologie unglaublich weit fortgeschritten. Man hatte auch ermittelt, woher dieses Volk einst stammte. Der dritte Planet einer kleinen gelben Sonne, seit über 100.000 Jahren eine tote Welt, Kometeneinschlag.
Die Königin schaute wieder auf den Bericht und las am [strike][red]Schluß [/red][/strike][blue]Schluss [/blue]eine Verlustliste mit drei Namen.
Jimm, Marcos und Sicko waren tot.
Sie selbst hatte ihre Tötung [strike][red]veranlaßt [/red][/strike][blue]veranlasst[/blue], ihre eigenen Kinder geopfert. Um Ordnung und Disziplin auf den bewohnten Planeten aufrecht zu erhalten, um das Weltbild der Bevölkerung nicht zu vernichten.
Das Opfer war nicht sehr groß gewesen, sie hatte Millionen Söhne und Töchter.
Gedankenverloren strich sich die Königin [strike][red]selbst [/red][/strike]über ihren stark geschwollenen Unterleib. In wenigen Tagen würde sie wieder einige tausend Eier legen, ihre Arbeiter[strike][red]r[/red][/strike]innen hatten schon alles dafür vorbereitet.
Wie hatte sich diese fremde Rasse doch gleich selbst genannt?
Ach ja,
Menschen.

Hat was hinter sich gelassen, kaum zu fassen!
 

FrankK

Mitglied
Aller guten Dinge sind Drei?

Vielen Dank, Rumpelsstilzchen, für diese erstklassige Verdauung.
Habe mir selbst auch etwas Zeit genommen, den Text überarbeitet, deine Vorschläge eingepflegt, umgestellt, wieder „zurück-korrigiert“, dann doch noch mal gelesen, eine Nacht überschlafen, am liebsten fast alles hingeschmissen, mit dem Hund zwei Stunden durch den Regen spaziert, den Text nochmal verdaut und wieder ausgespuckt, schließlich die erste Version genommen, noch mal eine Kernsanierung durchgeführt, die Balance gesucht und hoffentlich gefunden.
Ich denke mal so für mich: „Das kann sich jetzt sehen lassen.“
So langsam verstehe ich auch, wofür das Wörtchen „Arbeit“ in der Textarbeit steckt. :)
Allen beteiligten Lesern danke ich für die Mitarbeit.

Hier nun, mit etwas Verspätung, die Version 3:

Schrottsammler 3

„Jimm?“
Die Stimme klang drängend.
„Jimm, wo steckst du?“
„Hier!“
„Verdammt, wo?“
„Na, hier. Was willst du?“
„Jimm? Ich kann dich nirgendwo sehen! Wo steckst du?“
Zwischen den freigelegten Platinen eines Bedienpultes tauchte ein Schraubenschlüssel auf. „Hier, siehst Du das? – Ahhh!“
Ein Blitz zuckte durch den Raum, Funken flogen knisternd auf und es roch plötzlich nach Ozon.
Jimm schimpfte lautstark und krabbelte hektisch unter der Konsole hervor.
Wütend fauchte er seinen Partner an: „Na prima! Das hast du ja wieder mal sauber hingekriegt! Was ist los, Marcos? Was hast du schon wieder für ein Problem?“
„Jimm, irgendwas stimmt hier nicht.“
„Ach? Und was, bitteschön, soll hier nicht stimmen?“
„Ich..., ich kann es dir nicht so genau erklären, irgendwie..., ich hab da so ein komisches Gefühl.“
Jimm stöhnte: „Hast du irgendwo Rigelianer gesehen?“
„Ich glaub` nicht, dass das hier ein rigelianisches Schiff ist.“
„Was? Was soll es denn sonst sein? Etwa Mosrohn?“
„Nein, die Mosrohner fangen doch gerade erst mit der Raumfahrt an.“
„Eben, sie fangen gerade erst an. Damit sind sie zwar schon seit zehntausend Jahren beschäftigt, aber sie stecken noch in den Kinderschuhen.“ Jimms Stimme troff vor Sarkasmus. „Und, sieht das ganze hier aus wie eines von unseren Schiffen?“
Die Antwort war kaum hörbar: „Nein.“
„Kannst du mir dann verraten, wessen Schiff das sein soll?“
Marcos schaute schweigend zu Boden, er reagierte nicht.
„Nun, ich warte!“
„Und wenn..., wenn wir das Schiff einer unbekannten Rasse entdeckt haben?“
Jimm erwiderte bissig: „Tja, dann sind wir wohl am Ende.“ Er hob ein kleines Sprechgerät hoch: „Sicko, melde dich.“
Einige Sekunden verstrichen, dann versuchte er es noch einmal: „Sicko, melde dich!“
Wieder ließ er einen kurzen Moment verstreichen, dann brüllte er ins Sprechgerät: „Sicko!“, und zu Marcos gewandt: „Ich glaube die pennt!“
„Was ist, Boss?“
Die Stimme klang etwas verzerrt und von einem leisen Knistern überlagert.
„Tut mir leid, wenn ich dich geweckt haben sollte, aber könntest du mir bitte freundlicherweise das Ergebnis der Computeranalyse durchgeben? Aber nur, wenn du gerade nicht etwas Besseres zu tun hast.“
Marcos trat zwei Schritte zurück und suchte nach einem Halt. Er kannte Jimm lange genug, um zu wissen, dass er, bei diesem Tonfall, kurz vor der Explosion stand
„Ähh..., nun..., tut mir leid, aber..., ich steck` noch in der Analyse.“, erklärte die Stimme aus dem Sprechgerät.
„Was? Ich hör` wohl nicht richtig!“ Jetzt war es soweit, Jimm explodierte. „Seit über sechs Stunden hängst du an einer Analyse, für die andere höchstens zwei Stunden brauchen! Bis du verrückt? Was soll der Blödsinn? Sieh zu, das du fertig wirst. Ich gebe dir...!“
Sicko unterbrach ihn: „Hör auf! Irgendwas stimmt hier nicht!“
„Was soll diese blöde Ausrede? Was soll hier nicht stimmen?“
„Willst du hören, was der Computer bisher ermittelt hat?“
Jimm fauchte: „Ich bitte darum!“
Das Sprechgerät blieb einen Moment stumm, Sicko schien sich zu sammeln, bevor sie antwortete: „Schiffsstruktur-Vergleich: unbekannt, metallurgische Analyse: Zusammensetzung unbekannt, Altersbestimmung: 135.000 Jahre.“
Jimm stierte fassungslos auf das Sprechgerät: „Das..., das kann nicht stimmen! Wiederhole die Analyse und melde...“
Sicko unterbrach ihn erneut: „Ich wiederhole gerade zum vierten Mal. Du weißt, was das bedeutet?“
Jimm starrte voller entsetzen nun Marcos an: „Wir sind am Ende.“
„Wir mussen das melden“, stammelte Marcos.
„Fällt dir nichts Besseres ein?“
Jimm erwartete keine Antwort. Er steckte das Sprechgerät ein und blickte sich um, seine Gedanken wirbelten.
Nein, er konnte es einfach nicht glauben, das Schiff konnte nicht so alt sein, es durfte nicht so alt sein.
Wenn es tatsächlich so alt war, dann musste es das Schiff einer fremden Rasse sein.
Wenn es das Schiff einer fremden Rasse war, dann musste er es melden.
Wenn er es meldete, dann würden andere kommen, um das Schiff zu bergen.
Wenn andere das Schiff bargen, dann konnte er dieses Schiff nicht mehr verwerten.
Wenn er es nicht verwerten konnte, dann würde er nichts mehr an diesem Schiff verdienen.
Er hatte so viele Schulden, wenn er jetzt nicht etwas Geld verdiente, war er am Ende.
Konnte er es riskieren?
Gab es eine Chance?
„Marcos?“
„Wir müssen das melden.“
Jimm resignierte, er griff wieder nach dem Sprechgerät.


Drei Tage später, etwa dreihundert Lichtjahre vom Ort des Geschehens entfernt, fast zwei Kilometer unter der Oberfläche eines Planeten:

„Der Bericht, euer Hoheit.“
Die Königin beugte sich vor und nahm von ihrer Dienerin den Bericht entgegen: „Danke, mein Kind, du darfst wieder gehen.“
Er war kurz, enthielt aber alle wichtigen Fakten.
Das fremde Schiff war positiv identifiziert, die Sicherheitsprotokolle erfolgreich ausgeführt worden. Keine Überlebenden, kein Sicherheitsrisiko.
Die Königin seufzte tief.
Niemand durfte jemals erfahren, dass es eine hochentwickelte Zivilisation minderwertiger Säugetiere gegeben hatte.
Das Chaos würde über die Rigelianer, die Mosrohner und ihr eigenes Volk hereinbrechen. Als man vor fast tausend Jahren das erste Wrack dieser fremden Rasse entdeckt hatte, war man sich einig geworden, diese Entdeckung geheim zu halten. Diese Entdeckung hatte allen fundamentalen Erkenntnissen ihrer Rassen widersprochen.
Säugetiere waren eine Futterquelle.
Intelligentes Futter?
Das konnte, nein, das durfte es nicht geben.
Man hatte das Schiff damals gründlich untersucht. Ein fremdes Volk, in der Technologie unglaublich weit fortgeschritten. Man hatte auch ermittelt, woher dieses Volk einst stammte. Der dritte Planet einer kleinen gelben Sonne, seit über 100.000 Jahren eine tote Welt, Kometeneinschlag.
Die Königin schaute wieder auf den Bericht und las am Schluss eine Verlustliste mit drei Namen.
Jimm, Marcos und Sicko waren tot.
Sie selbst hatte ihre Tötung veranlasst, ihre eigenen Kinder geopfert.
Das Opfer war nicht sehr groß gewesen, sie hatte Millionen Söhne und Töchter.
Gedankenverloren strich sich die Königin über ihren stark geschwollenen Unterleib. In wenigen Tagen würde sie wieder einige tausend Eier legen, ihre Arbeiterrinnen hatten schon alles dafür vorbereitet.
Wie hatte sich diese fremde Rasse doch gleich selbst genannt?
Ach ja,
Menschen.
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Dein Mühen und Sinnen hat sich gelohnt: jetzt ist sie rund!
Auch wenn Du selbst in einem Jahr möglicherweise anders darüber denken wirst ;-))

Einen Tippser sah ich noch:
Jimm starrte voller [strike][red]entsetzen[/red][/strike] [blue]Entsetzen[/blue] nun Marcos an:
Wenn Du die finale Version als neuen Beitrag einstelltest, bekämst Du auch ein paar Pünktchen von mir.

Ist mit Spaß dabei gewesen und wird FrankK sicher wieder lesen
 
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