Schweineliebe

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Astoria

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Jolanda und Max

Max, das hervorragende, mit zahlreichen Diplomen ausgezeichnete erfolgreiche Zuchtschwein, der edle Eber und uneingeschränkter Herrscher über alles Säue des Hofes, das mächtige Tier, wuselt genüsslich brummend und schnarchend durch den selbstgemachten Mist vor sich hin. Er ist sich seiner Stärke und seines Standes der Vorherrschaft voll bewusst, genießt dies und fürchtet sich vor Nichts. Mit Feingefühl und auserlesenem Geschmack spürt er die Leckerbissen im übelriechenden Gemenge auf, das ihm andere Schweine wohlwollend hinterlassen haben. Noch hat er nicht die Unruhe mitbekommen, die sich unter seinen Säuen breitmacht. Die jagen aufgeregt und quiekend kreuz und quer über den Hof. Er ist viel zu sehr auf die leckeren Feinheiten im Mist Duft fixiert, als das ihn der normale alltägliche Hausschweinlärm stören könnte.
Da vernimmt er plötzlich das an die Nieren gehende mütterliche Wimmern von Jolanda und den anderen Säuen, die sich solidarisch deren wehleidigem Gesang angeschlossen haben. Gefahr im Umfeld? Das schärft seine Herrschersinne.
Er wendet sich ihnen zu und begreift sofort, das entsetzliche Szenario das sich für ihn schon so oft vor seinen Augen zugetragen hat. Das Herausreißen der Jüngsten aus dem liebgewordenen Kreise der Familie, das herzzerreißende Zerstören der zarten Bindungen die sich zwischen den Eltern, den Geschwistern, den Tanten und Onkels und all den anderen Verwandten entwickelt haben.
"Komm her Jolanda" grunzt er laut. "Schau nicht hin. Kannst das Massaker ohnehin nicht verhindern. Es ist nun mal so des Schweinelebens Lauf. Dazu sind wir geboren worden."
"Ja, aber die süßen, zarten, rosigen Kleinen, ohne Mutter. Werden sie sich zurechtfinden in der Fremde?"
"Die brauchen sich in der Fremde nicht mehr zurechtfinden, sich um Nichts mehr kümmern.“ Schnarcht Max erzürnt. „Das Kümmern, machen andere. Die heißen Metzger oder Fleischer. Auf alle Fälle sind es gemeine, bedenkenlose Kerle die rücksichtslos, gefühllos ihr Werk verrichten. Ich hoffe nur, sie merken nicht allzu viel davon, unsere Kleinen. Noch nicht einmal eigene Namen haben wir ihnen geben können. Ärgerlich!"
"Weißt du was aus unseren lieben, kleinen Kinderchen werden wird?" Fragt Jolanda weinerlich ihren Herrscher.
"Der Bauer hat gestern gesagt die Menscher wollen ein großes Fressfest feiern und sich dabei die Bäuche mit zartem gut gewürztem Spanferkelfleisch vollschlagen. Dazu brauchen sie mehrere auf einem Spieß, schön braun gebratene Schweinekinder. Heul nicht Jolanda. Wir machen einfach Neue."
"Ja, aber weh tut es doch. Das war nun schon der fünfte 11er Wurf. Ich kann nicht mehr."
„Na gut, dann setze dich zur Ruhe wie die Traudel, die Grete und die Else. Es gibt noch mehr Säue. Mal sehen, wie es mit Frieda klappt."
"Und du schaffst das noch?"
"Na klar, ich schaffe alle. Du bist doch erst die neunte Sau, die ich regelmäßig beglücke. Ich fühle mich jetzt so richtig dicke im Saft. Und Spaß macht’s doch auch."
"Mir doch auch!" Schnorchelt Jolanda traurig verschämt und voller Sehnsucht vor sich hin.
"Ich komme darauf zurück, meine Liebe, du Schöne“ und rubbelt seinen fetten Bauch genüsslich an ihrem. Aber heute werde ich mich erst mal nach Frieda umsehen. Vielleicht ist sie in Stimmung und möchte eine Familie gründen. Wird sich freuen, die Jungfrau."
Und so war wieder einigermaßen Frieden hergestellt auf dem Hofe. Die Säue hofften auf eine lustvolle Begegnung mit dem starken Max und gaben sich der gewohnten Beschäftigung hin, dem Schnüffeln und Suhlen im übelriechenden Schlammloch des Hofes.
 

Wipfel

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Hallo Astoria,
kann es sein, dass du Vegetarierin bist? Deine Geschichte ist ja fabelhaft. Und noch dazu eine, die mit erhobenen Zeigefinger daherkommt. Im Unterschied zu Äsop. Hier eine feine von ihm:

Rabe und Fuchs


Ein Rabe hatte einen Käse gestohlen, flog damit auf einen Baum und wollte dort seine Beute in Ruhe verzehren. Da es aber der Raben Art ist, beim Essen nicht schweigen zu können, hörte ein vorbeikommender Fuchs den Raben über dem Käse krächzen. Er lief eilig hinzu und begann den Raben zu loben: »O Rabe, was bist du für ein wunderbarer Vogel! Wenn dein Gesang ebenso schön ist wie dein Gefieder, dann sollte man dich zum König aller Vögel krönen!«

Dem Raben taten diese Schmeicheleien so wohl, dass er seinen Schnabel weit aufsperrte, um dem Fuchs etwas vorzusingen. Dabei entfiel ihm der Käse. Den nahm der Fuchs behänd, fraß ihn und lachte über den törichten Raben.

Grüße von wipfel
 



 
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