Schwierigkeiten

anemone

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Schwierigkeiten?

„Du solltest mir schon alles sagen!“ Sie saß an seinem Bett, wie stellte sie sich das vor?
Ihr alles sagen, das hieße die Anderen verraten, die ihm täglich vor der Schule auflauerten. Sie würde nicht locker lassen, immer wieder würde sie in ihn eindringen, bis es endlich heraus war, das, was er für sich behalten wollte und ihn so quälte. „Lieber ersticke ich daran, als ausgerechnet ihr das zu sagen!“ beschloss er für sich. Er kniff die Augen zu, stellte sich schlafend.

Mutter wusste schon, dass Daniel hier eine Schau abzog, aber was wollte sie machen. Sie kannte ihren Jungen und wusste, da stimmt was nicht. Hoffentlich war er nicht in irgendwelche krummen Geschäfte verwickelt. Mit einem Trick wird er es mir vielleicht erzählen, überlegte sie, doch was, wenn es ihm leid täte. Nein, er musste es ihr schon freiwillig gestehen, was ihn so beunruhigte. Sie sah es doch an seinen Noten, die waren um Klassen schlechter geworden! Es bedrückte ihn etwas und zu gerne hätte sie herausgefunden, was es war.

Daniel hatte es am Morgen sehr eilig zur Schule zu kommen. Er packte sein Brötchen unbelegt in die Tasche und sah recht blass aus.

Frau Hiller wollte ihrem Sohn unauffällig folgen, so ginge es nicht weiter. Mit dem Fahrrad war das am besten möglich, sie hatte es schon bereit gestellt.

Sie brauchte nicht lange radeln, als an der nächsten Hausecke schon drei Jugendliche Daniel den Weg versperrten und mit ihm zur Schule gingen. „Mein Gott! Kann ich da nicht einschreiten?“ dachte sie bei sich, aber sie hatte es sich selbst verboten, etwas zu unternehmen. Daniel sollte freiwillig zu ihr kommen und sich ihr offenbaren.

„Ich werde es nicht können!“ sagte sie auf dem Nachhauseweg zu sich. Er wird es mir nicht sagen, seine Angst ist zu groß.
Die drei Burschen überragten Daniel um eine Kopflänge und waren mindestens zwei Klassen über ihn. Sie rauchten, während sie mit ihm den Weg zur Schule nahmen. Im Augenblick sah alles noch relativ harmlos aus, doch das war es gewiss nicht, denn von diesen drei Mitschülern hatte der Junge noch nie etwas erzählt und so weit kannte sie ihren Sohn: Er schien vor Angst zu beben.

Was sie unterwegs beredeten, hätte seine Mutter gerne gewusst, doch das ging sie nichts an. Es war reine Männersache und ein Mann war Daniel schon, wenn auch ein kleiner, den man eigens für bestimmte Zwecke brauchte. Ja, der sogar sehr wichtig war für gewisse Dinge, die ohne ihn oder seinesgleichen kaum machbar waren.

Diesmal wartete nach der Schule ein Auftrag auf ihn, den auszuführen natürlich Ehrensache war. Wie sonst sollte man durch das Kellerloch in die Wohnung einsteigen? Jedenfalls nicht, wenn man die Größe der drei Auftraggeber erreicht hatte. In dem Alter war es zu spät. Sie versuchten zwar immer noch, ihn von der Schule fern zu halten, doch damit hatten sie keinen Erfolg, doch wenigstens das Versprechen in der Tasche, es gleich nach dem Unterricht zu versuchen.

Nervös sah Daniel auf seine Armbanduhr, denn in wenigen Minutenwäre sein Schulende abzusehen. Es drückten ihn heftige Bauchschmerzen und er sah aus, als müsse er sich jeden Moment übergeben. Kaum verließ er seine Klasse, standen die drei Freunde schon vor der Turnhalle bereit, um ihn abzuholen. Sie hätten normalerweise noch keinen Schulschluss, doch sicherlich schwänzten sie die Schule und hatten schon alle Vorbereitungen für den Bruch getroffen. Noch einmal bekam der Junge seine Instruktionen: „Du kletterst durch dem Kellerschacht hinein, versuchst die Tür zu öffnen oder ein Fenster und den Rest erledigen wir. Du kannst gleich verschwinden!“ „Ja, klar!“ war alles, was Daniel darauf antworten konnte, denn es würgte ihn schon.

Als er mit beiden Beinen im Keller des fremden Hauses stand, musste er sich gleich übergeben. Die Geräusche, die er dabei verursachte lockten sogleich die Katze herbei, die mit ihren grünen Augen auf den würgenden Jungen sahen. Er erschreckte sich leicht und zuckte zusammen, doch er musste sich beeilen, die drei Auftraggeber da draußen würden langsam ungeduldig sein.

Leise stieg er die Kellertreppe hinauf, mit seinen Ärmeln die Reste seiner Spuckerei wegwischend und versuchte die Tür zu öffnen. Das klappte allerdings nicht und er schlich zum besagten Fenster. So schnell wie er es öffnete sprang er auch schon hinaus und rannte in Windeseile nach Hause.
 



 
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