Seelenwagnis

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Seelenwagnis


Komm, mein Kind, und lass dich führen
Einen Schritt nur, bis zum Rand
Dort in schwarze Tiefen stieren
In ein ungesolltes Land

Trepp auf, Trepp ab, so geht der Weg
Die steilen Wände nieder
Auf einem schmalen Stelzensteg
Geht´s fort und kehrt nie wieder

Das bunte Kleidchen hüpft im Fön
Stürzt bauschig fort vom Licht
Hier, von Göttern ungeseh´n
Der falsche Schein zerbricht

Und trinken von den bösen Taten
Und schlürfen, was dich einst gereut
Von keinem guten Wort beraten
Von keinem lieben Blick betreut

Komm, Kind, und lass dich endlich führen
Zum tiefsten Grund der Finsternis
Wo Herz und Seele sich verlieren
Das düst´re Ziel ist ungewiss

Wo aber ist die Hölle,
wenn nicht in dir…
 

george

Mitglied
Düster beschrieben, dieser Weg ins eigene Ich, ins "innere Kind". Gebrochen, wie das Ende des Textes. Gut getroffen, Markus. Gruß von Jürgen.
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo

Hmmm, also der letzte Satz.......schön und gut. Wirklich gut gemachte Zeilen und dennoch sehe ich einen gewissen Bruch zwischen Gedicht und Nachsatz, den ich in dieser Form nicht sonderlich gelungen finde.
Das Gedicht führt weder zwingend zu diesem Schluss, noch lässt dieser es in geschickter Weise in einem anderen Licht erscheinen. Irgendwie lässt er mich unbefriedigt zurück aber vielleicht geht das nur mir so.

LG

Jürgen
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Marcus,

eine unbedeutende Klitzekleinigkeit, die mich stolpern ließ

Trepp auf, Trepp ab, so geht der Weg
Die steilen Wände nieder
Natürlich geht es auch mal hoch, wenn es runter geht ...aber irgendwie unterbricht es das Bild "In die Tiefe absteigen"

Wie gesagt, Kleinigkeit

Henrik
 
Hallo Jürgen2,

ja, der Bruch ist vorhanden. Brüchigkeit kann aber auch interessant sein. Jedenfalls steht der letzte Satz für sich und wird nicht vom Gedicht geschluckt. Er steht aussagekräftig im Raum, wird durch den Bruch hervorgehoben. Inwieweit dieser Bruch das Gedicht stärkt oder schwächt, weiß ich nicht. Da kann man sicher geteilter Meinung sein.
Aber danke für deinen Hinweis, schließlich geht es hier in die Definition des Textgesamtbildes hinein.

Freundl. Grüsse,
Marcus


Hallo Herr Müller,

ja, Trepp auf, Trepp ab - da habe ich auch kurz nachgedacht und überlegt, ob das nicht zwiedeutig erscheint. Aber ich erinnere mich an eine Beschreibung der düsteren Alpträume Edgar A. Poes, in denen dunkle Gewölbe beschrieben wurden, in denen sich die Geländer und Treppengänge in schier alptraumhaften Verzweigungen ausdehnten - ein Labyrinth, aus dem es für den Alpträumer kein Entkommen gab.
Man kann es so sehen, der Weg in die Tiefe ist nicht zwingender Weise geradlinig.
Ich will das mal so ausdrücken, ein Mensch glaubt von sich selbst immer, dass er ein "guter" Mensch ist. Aber erst in der Konfliktsituation findet er heraus, ob das tatsächlich der Fall ist. Wie definiert er sich nach dieser Erfahrung? Vielleicht versucht er sich, nach dem Schockerlebnis einer selbst verursachten, unmoralischen Tat, auf den Weg der Tugend zurück zu bringen. Ob das aber von Dauer ist, bleibt die Frage. Es ist eben ein Auf und Ab von Gut und Böse.
Auf die ungefähre Richtung aber wollte ich hinweisen.

Dass das aber sprachlich nicht eindeutig ist, und das Auf und Ab sich mit dem in die Tiefe gehen beißt, ist natürlich klar.
Da muss natürlich auch der Leser ein bisschen abwägen, inwiefern er diesem "Wortsprung" folgen kann.

Auf jeden Fall danke für diesen Hinweis,
Gruss, Marcus
 

Gerd Geiser

Mitglied
Welch erschröcklicher Text.

Dabei geht es doch auch anders. Dem Geist erlauben, sich auf das "Höchste" auszurichten, was er gerne tut, denn dort fühlt er sich hingezogen, weil es seiner eigentlichen Natur entspricht. Und die Spukgestalten, die ihm auf dem Wege dorthin begegnen, mein Gott, lass sie spuken. Sie haben keine Substanz und warten nur darauf, erlöst zu werden. Am Ende des Lichts mag der Tunnel erscheinen, aber am Ende des Tunnels kommt wieder Licht.
Augen auf und durch!

LG,
Gerd
 
Ach, Gerd,

das Düstere lauert um die Ecke.
Was willst da durch?
Stell dich an,
bei denen, die auf das Himmelreich warten...

Gruss, Marcus
 



 
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