Sekt und Korn!

Sekt und Korn!

Lufttrockner Schinken nach westfälischer Art am Stück, Schwarzbrot und anderes mehr liegt im Einkaufswagen. Georg steht in einer Schlange vor der Kasse im Supermarkt an. Wie gewöhnlich sind von den zwölf Kassen nur fünf besetzt. „Womöglich ist das die exakt wissenschaftlich berechnete Quote an mürrisch und verdrießlich dreinschauenden Visagen der »620,-- DM Kräfte« in der Managementstrategie, die gerade noch zulässig ist, um den Um- und Absatz nicht zu gefährden und die den Kunden noch zugemutet werden kann!“ denkt Georg bereits ein wenig mißgelaunt.
Er hat sich wie immer in der kürzesten Schlange angestellt und doch wieder wird an den anderen Kassen erheblich schneller abgefertigt. Wie finden die Leute das heraus? Oder stehen immer die kürzesten Schlangen vor den langsamsten Kassen? Gibt es da ein Naturgesetz? Und empfinden die anderen Kunden dieses Phänomen ebenso?
Vor Georg steht ein Mann in seinem Alter jedoch ohne Einkaufswagen. Er hält eine Flasche Sekt zu DM 3,99 und ein Flasche Weizenkorn zu DM 10,99 in den Händen und tritt ungeduldig von einem Bein auf das andere. Ob er wohl austreten muß? Oder hat er es wirklich so eilig? Dabei brummt er leise etwas vor sich hin, was jedoch nicht zu verstehen ist.
Vor diesem ruhelosen Kunden werden gerade drei Frauen mit einem übervollen Einkaufswagen abkassiert. „Piep!“ sagt der Scanner und wieder „Piep!“ „Piep!“ Doch dann registriert er einmal zuviel „Piep!“ Er hat den Chipsbeutel zweimal erwischt. Die Kassiererin ist tatsächlich neu und bittet die benachbarte Kollegin um Hilfe. Die Dame verläßt aufgemuntert ihren Stand. Endlich etwas Abwechslung bei diesem Gepiepe! Sie drückt die Taste fürs Stornieren und fährt noch einmal mit dem Chipbeutel über den Scanner. „Piep!“ sagt es. Sie weist die Neue an, die Fehleingabe schriftlich zu vermerken und geht zurück auf ihren Stand. Das Gesicht verfinstert sich erneut.
Der Mann vor Georg wird zusehends unruhiger. „Das macht DM 145,27“ sagt die noch Ungeübte. Eine der drei Frauen reicht einen Hunderter und einen Fünfziger an. „Haben Sie vielleicht auch 27 Pfennige?“ fragt die Neue. Die Frau stülpt jetzt ihren Geldbeutel auf das laufende Band. Die Kassiererin stoppt blitzschnell, damit das Geld nicht unter den Bandabstreifer gerät. Die Frau zählt 27 Pfennige ab und verstaut den Rest wieder im Geldbeutel. Inzwischen sind die beiden Begleiterinnen dabei, vom Band wieder in den Einkaufswagen zu laden.
Die Zeit verrinnt und der Mann vor Georg wird immer hektischer. Er stellt die Flaschen auf das Band, zählt das Geld in seinen Händen, reicht es abgepaßt der Kassiererin, rafft den Beleg und eilt durch die Menschenmenge dem Ausgang zu und entschwindet. Austreten mußte er wohl nicht; denn dann hätte er entgegensetzt die Toiletten aufsuchen müssen. Georg plaziert inzwischen seine Einkaufsware auf das Band. Die Anlernfrau beginnt das Piepen mit dem Scanner. Doch ein Artikel ist wohl doppelt ausgezeichnet und die Anzeige weist einen erhöhten Betrag aus. Georg reklamiert. Die Dame der Nachbarkasse kommt sofort, als ob sie darauf gewartet hätte. Sogar ein Lächeln ist dieses Mal zu sehen. Erneut wieder Storno, Piep und Aufschreiben!
Georg bezahlt und legt die Waren zurück in seinen Korb. Jetzt bemerkt er, daß sein Vorgänger den Sekt und den Korn liegen ließ. Kurzerhand packt Georg die Flaschen in seinen Wagen und fährt damit zum Ausgang. Auf dem Parkplatz ist der Mann jedoch nicht mehr zu sehen; er muß es wirklich sehr eilig gehabt haben.
Zuhause belegt Georg das Schwarzbrot mit Butter und einer dicken Scheibe Schinken. Genüßlich gönnt er sich dazu ein Gläschen des preiswert erstandenen Weizenkorn. Es war ein amüsanter Einkaufstag! Darauf stößt dann auch seine Frau mit ihrem Sektglas das Glas mit dem Weizenkorn an!
Bezahlt ist ja schließlich bezahlt!

:)
 

Svalin

Mitglied
Hallo Reinhard

... voll aus dem Leben, ne? Ich frage mich auch immer, warum die Spur, in der ich im Stau stehe, die langsamste ist. Aber das ist dasselbe Prinzip, daß aussagt, daß eine Marmeladenstulle mit steigender Wahrscheinlichkeit mit der bestrichenen Seite auf die Auslegware fällt, je teurer diese ist. Hab leider den Namen vergessen!

Gruß Martin
 
N

Natalie Bosien

Gast
Murphy's law...

alles was schiefgehen kann wird schiefgehen...

Gruß,
Natalie
 

Markus Veith

Mitglied
Gelungene Alltagssituation, aber ...

Gelungen als Beschreibung einer Alltagssituation, doch als Geschichte oder Erzählung wartete ich vergeblich auf einen Höhepunkt oder anderweitig interessantes. Auch möglich, dass ich etwas wichtiges überlesen und sie deshalb nicht verstanden habe oder ich mir viel zu viele Gedanken um die Gründe, eine Geschichte zu schreiben, mache. Nimm's mir nicht übel, aber deinem Text fehlt es einfach an einer gehörigen Prise Spannung.
 
Danke für die Beiträge.
Ich habe etwas so beschrieben, wie ich es erlebte. Es ist reiner Alltag!
Die Kritiken sind unterschiedlich. Eine außerhalb der Leselupe beanstandete sogar, dass der „Diebstahl“ nicht sanktioniert wird – es fehle der Vorbildcharakter!
Aber diese Anregungen hier finde hilfreich; vielleicht kann eine Kürzung der Fassung die Spannung vermehren. Ich werde es probieren.

Beste Grüße
Reinhard
 



 
Oben Unten