Shayk

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flammarion

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Shayk

Wir hatten einmal einen Schäferhund-Mischling. Die vorherigen Besitzer hatten ihn vor der Kaufhalle angebunden und verlassen. Meine Söhne brachten den armen Hund zu uns in die Wohnung. Es war nicht ersichtlich, was für ein Mischling er war. Eigentlich sah er ganz normal aus, aber er war für einen reinrassigen Schäferhund zu klein. Auch der Kopf war zu klein, der Hals zu kurz und die Rute hatte einen Knick.
Am anderen Tag wollten sie herausfinden, wo er hingehört. Sie ließen ihn laufen und er führte sie zu einer Hinterhof – Parterrewohnung, aus der es schlecht roch. Auf ihr Klingeln reagierte niemand. Ein Nachbar kam vorbei und erzählte meinen Söhnen, dass diese Wohnung gestern Besuch von der Polizei hatte, weil dort an die zehn kranke Hunde lebten und alles verdreckten. Auch das Gekläff sei nicht auszuhalten gewesen. So kam „Shayk“ in unseren Haushalt.
Er kannte seinen Namen nicht, der auf dem Halsband eingeritzt war. Egal, was wir riefen, wenn es in lockendem Ton war, kam der Hund eiligst angelaufen.
Einmal fiel mir ein Ei aus der Hand. Schnell wie der Blitz war Shayk zur Stelle und schlabberte es auf. Das freute mich, denn so erfüllte das Ei einen sinnvollen Zweck und ich musste mich weder bücken, noch einen klebrigen Lappen reinigen. Als mir beim Braten ein Klümpchen Sonja vom Messer tropfte, verschwand es ebenso schnell wie das Ei in Shayks Schlund.
Allerdings fraß das Tier nur das, was entweder in seinem Napf oder auf der Erde lag. Er bettelte nicht, wartete aber unter dem Tisch auf herabfallende Bröckchen.
Meine Tochter war die einzige, die sich nicht mit dem Hund anfreunden konnte. Sie ging ihm aus dem Weg und er tolerierte sie. Nachdem sie sah, dass der Hund auf dem Küchentisch schlief, mussten wir immer in der Stube essen. Wenn ihre Brüder dem Hund ihren Teller zum Ablecken hinhielten, wurde sie fuchsteufelswild und drohte, in unserer Wohnung nie wieder irgendetwas zu essen.
Nie hat sie dem Hund einen Krümel zukommen lassen, ihn nie gestreichelt oder ein gutes Wort für ihn gehabt. Er aber betete sie ebenso an, wie jeden von uns. Er mochte alle Menschen, nur Polizisten verbellte er. Polizisten konnte er praktisch meilenweit riechen und kläffte, was das Zeug hielt.
Als die Polizei bei unseren Nachbarn im Parterre war, weil der Sohn in der Kaufhalle beim Stehlen erwischt wurde, sprang Shayk in unserem Wohnzimmer im dritten Stock auf und bellte, dass die Wände wackelten und er wollte zur Wohnungstür. Ich hatte Mühe, ihn am Halsband fest zu halten. Das große Tier brauchte nur an der Tür hoch zu springen, und sie wäre offen, das konnte ich nicht riskieren. Aber es gelang mir, den Wütenden zu beruhigen.
Oft hatten meine Söhne keine Lust, mit Shayk Gassi zu gehen. So auch an einem eisigen Wintertag. Damit ich keine hässliche Pfütze in die Wohnung gesetzt bekomme, ging ich mit dem Köter Gassi. Hätte ich gewusst, dass meine Herren Söhne mit Nachbarskindern auf dem Treppchen unter den Balkons saßen, hätte ich dem Hund nur die Haustür aufgemacht. Aber ich hatte ihn ordnungsgemäß an der Leine. Ich konnte überhaupt nicht so schnell reagieren, wie der Hund um die Ecke flitzte! An der Ecke war Glatteis und ich rutschte darauf aus. Die Bengels lachten, verstummten aber sofort, als sie erkannten, wer da vor ihnen auf dem Bauch lag.
Ich stand schimpfend auf, Shayk erleichterte sich am Baum und meine Söhne halfen mir, mich vom Schnee zu reinigen. Das war das letzte Mal, dass ich mit dem Hund auf die Straße musste.
Zu unserem Haushalt gehörten noch andere, oft frei laufende Kleintiere, Hamster, Meerschweinchen, eine Katze und ein Nymphensittich. Mit allen vertrug Shayk sich bestens. Er beschnupperte sie und ließ sie ihrer Wege ziehen. Die Katze ließ sich nicht beschnuppern, sie sprang auf den Schrank, sobald der Hund in Sicht kam.
Wir hatten ihn neun Jahre. Dann wurde er sonderlich und schnappte nach uns. Der Tierarzt stellte fest, dass der alte Knabe erblindet war. Bald merkten wir, dass das Leben für den Hund nur noch eine Qual war und wir ließen ihn einschläfern. Er war der einzige Hund, den wir je hatten und wir reden noch heute bei jeder Familienfeier über den vermanschten Bastard, der so lieb und treu war.
 

Rainer

Mitglied
hallo flammarion,

nur ein hinweis:
vielleicht solltest du statt sonja einfach margarine schreiben, sonst kommt noch jemand aus altbundesgermanien auf abstruse gedanken...

viele grüße

rainer
 



 
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