Sie wird sagen, dass es ihre Schuld war

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Nicki

Mitglied
Gedankenverloren sitzt sie an dem kleinen Tisch mit der kalten Marmorsteinplatte und beobachtet durch die Glasscheibe die Menschen die eilig vorbeilaufen. Mit dem Zeigefinger pickt sie immer wieder kleine Zuckerkörner auf, reibt sie kurz zwischen den Fingern um sie dann doch vom Tisch zu kicken oder im Aschenbecher zu versenken. Oft hat er sich darüber lustig gemacht, dass sie diese dumme Angewohnheit hat. Manchmal hat er ihr sogar absichtlich den Rest vom Zuckertütchen vor die Finger gekippt, nur um sie zu ärgern. Er wusste, dass es sie fast wahnsinnig macht, wenn Krümel am Tisch liegen.

Müde stützt sie den Kopf auf ihre linke Hand, die sie zu einer Faust geballt hat. Er kommt ihr so schwer vor. Schwer und voller unvollendeter Gedanken, die doch so endgültig sind. Ihr Atem, der ihren Brustkorb in einem unruhigen, schnellen Rhythmus heben und senken lässt, wird ständig von einem tiefen seufzen unterbrochen. Ihr Herz schlägt schneller und unruhiger als sonst und manchmal rast es sogar, als möchte es einfach nur schnell ans Ziel kommen um schließlich vor lauter Anstrengung doch aussetzen. Die Kellnerin schiebt ihr wortlos den kurz zuvor bestellten Cappuccino unter die Nase. Ein wenig ärgert es sie, dass der auf der Schlagobershaube gestreute Kakao den Rand von der Untertasse beschmutzt. Sie pickt ihn in alt gewohnter Manier mit den Fingern auf, verzichtet aber die Finger abzulecken. Er hätte sich darüber wieder aufgeregt und gesagt, dass sie sich nicht benehmen kann. Eigentlich könnte sie nun froh sein, dass er nicht tatsächlich neben ihr sitzt und ihre schlechten Manieren aufzeigt.

Ihr Blick fällt zum Eingang des Lokals, durch die gerade ein junges Pärchen stolpert. Verliebt halten sie sich an den Händen, und der Junge Mann hilft dem Mädchen aus dem Mantel. Sie stellt sich auf die Zehen und drückt ihm einen Kuss auf die Wange, er zieht sie sanft zu einem freien Tisch und rückt ihr den Stuhl zurecht. Ja, früher hat er das auch mal getan, erinnert sie sich. Und damals war sie beeindruckt von soviel Aufmerksamkeit die ihr entgegengebracht wurde. Genauso, wie sie es nun bei dem jungen Paar beobachtet. Sie kann ihren Blick einfach nicht von ihnen losreißen. Zusammengekuschelt sitzen die beiden auf der Eckbank, stupsen Nase an Nase, küssen sich und albern herum. Sie lachen und scheinen glücklich zu sein. Gelacht, das hat sie auch gerne. Früher. Obwohl sie immer Sehnsucht danach hatte, ist es ihr trotzdem irgendwann vergangen. Vielleicht ab dem Zeitpunkt, als er ihr zum ersten Mal statt Küsse auf die Wange, die Faust auf die Lippe gedrückt hat. Nein, es war nicht seine Schuld. Warum musste sie ihn auch immer so provozieren? Sie hat wirklich kein Benehmen und vor allem war sie oft so Verständnislos ihm gegenüber. Sie hätte ihn nicht ständig so reizen dürfen und viel mehr auf ihn eingehen sollen, so wie er ihr es ja immer und immer wieder gepredigt hat. Wie zufällig fährt ihr Mittelfinger über die rechte, immer noch leicht geschwollene Augenbraue. Heute Morgen hatte sich das Blau schon ein wenig grünlich verfärbt und war nicht mehr so entstellend, wie noch vor drei Tagen. Wieder schweift ihr Blick zu dem jungen Pärchen. Der Junge kramt lächelnd in seiner Hosentasche, um dem Blumenverkäufer eine Rose für seine Liebste abzukaufen. Eigentlich hat sie das immer ein wenig kitschig gefunden. Und vielleicht hat er ihr deshalb niemals Blumen mitgebracht, weil sie das irgendwann einmal geäußert hat?

Ihr Blick fällt auf die Uhr und sie weiß, dass es nun Zeit ist nach Hause zu gehen. Sie weiß, dass sie erwartet wird und sie weiß, dass man ihr viele Fragen stellen wird. Die rote, blutige Vase wird ihr wahrscheinlich in einem kleinen Plastiksack vorgelegt werden.
Und sie wird sagen, dass es ihre Schuld war.
 
A

Arno1808

Gast
Ihre Schuld

Liebe Nicki,

eine schöne Kurzgeschichte mit allem, was dazugehört. Schön, wie Du 'Sie' uns näherbringst durch den kurzen Blick auf ihre kleinen Eigenheiten.

Ich hoffe, Du hast nichts dagegen, wenn ich einige Bemerkungen zu dem Text einbringe.

Gedankenverloren sitzt sie an dem kleinen Tisch mit der kalten Marmorsteinplatte und beobachtet durch die große Glasscheibe die Menschen die eilig vorbeilaufen
Rein gefühlsmäßig scheinen mir das zu viele Adjektive in einem Satz zu sein.

Er wusste, dass es sie fast wahnsinnig macht, wenn Krümel am Tisch liegen. ABSATZ
[strike][blue]Den Kopf stützt sie müde[/strike] Müde stützt sie den Kopf[/blue] auf ihre linke Hand, die sie zu einer Faust geballt hat.
Ihr Atem, der ihren Brustkorb in keinem normalen, ruhigen Rhythmus heben und senken lässt ...
Sage uns doch nicht, wie er sich NICHT hebt und senkt! Erzähle doch lieber, WIE er sich bewegt!
Ihr Herz schlägt schneller und unruhiger als sonst und manchmal stolpert es sogar, als möchte es einfach nur fallen um sich nicht mehr so anstrengen zu müssen.
Ich würde versuchen, aus dem Satz ein Bild zu machen, das man sich vorstellen kann. Ein 'fallendes' Herz ergibt kein Bild bei mir. Ein 'aussetzendes' sehr wohl!
Genauso, wie sie es nun bei den beiden jungen Fremden beobachtet, von denen sie den Blick nicht abwenden kann. Zusammengekuschelt sitzen die beiden Verliebten auf der Eckbank ...
Das hört sich irgendwie komisch an. Vorschlag:
Genauso, wie sie es nun bei dem jungen Paar beobachtet. Sie kann ihren Blick einfach nicht von ihnen losreißen. Zusammengekuschelt sitzen die beiden auf der Eckbank...

Obwohl sie trotz allem immer Sehnsucht danach hatte, ist es ihr trotzdem irgendwann vergangen
Das ist zu viel 'trotz'
Vielleicht ab dem Zeitpunkt, [strike][blue]wo[/strike] als[/blue] er ihr [blue]zum ersten Mal[/blue] statt Küsse auf die Wange ...
Und Du könntest den gesamten Text noch auf Kommas überprüfen. Da fehlen einige und andere sind zu viel.

So, liebe Nicki, so weit erst einmal meine Vorschläge.

Lieben Gruß

Arno
 

Nicki

Mitglied
Lieber Arno ..

.. Danke für Deine Antwort! :) Ich hab mich wirklich sehr gefreut Feedback zu bekommen. Und ich Danke Dir für die Verbesserungsvorschläge. Dies war die erste Geschichte die ich mit, von anderen für mich ausgesuchten Wörtern geschrieben habe, und ich bin daher für Kritik immer offen. Werd mich gleich mal dran schmeissen :)

Danke und Liebe Grüsse

Leonie
 

Nicki

Mitglied
..

Ich hab die Geschichte jetzt nochmal korrigiert.. aber mit den Beistrichen komm ich scheinbar nicht so ganz zurecht :)
 



 
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