Silvias Ausrede

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Sina

Mitglied
Silvias Ausrede

„1 – 2 – 3 – 4 - 6…“ Mist - ich lasse mich vom Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne ablenken. Das Hüpfen unterbrechend schaue ich schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf. Ein Mann im orangenen Overall steht auf dem Trittbrett des Müllfahrzeugs. „He, Kleine. Hast den Weg verloren, was?“ Stumm schüttele ich den Kopf. Der Luftzug trägt die Bierfahne des Mannes zu mir herüber. Zwei Gehwegplatten vor mir springt er vom Wagen. „1 - 2 - 3 - 4“ Ich beginne von vorne. Bis zehn zähle ich die Kantsteine, ohne aufzusehen. Die Warnblinker des Müllwagens überflackern die Straße “ Außer Atem taucht meine Freundin neben mir auf. „Du hast getrödelt.. und wie!“ Wir umarmen uns nur kurz. „Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch.“ Wie auf ein Stichwort rennen wir die Rheinstraße hinauf. Rhythmisch stößt die Kante des Schulranzens in meinen Rücken. Kurz vor der Schule bleibt Silvia stehen. „Zu spät. Siehst Du?“ Silvia deutet auf den leeren Schulhof. „Es muss schon geläutet haben.“ Ich lausche angestrengt. Keine Kinderstimmen dringen aus dem Schulgebäude. Der Unterricht hat längst begonnen. „Oh, je – da kriegen wir aber Ärger.“ Silvia kaut auf einer Haarsträhne. Ob ich ihr sage, wie eklig ich das finde? „Wir gehen nacheinander hinein. Ich sage, dass ich zum Augenarzt musste. Du hast eben verschlafen.“ Nickend nestele ich am Reißverschluss meiner Jacke. „Das könnte klappen – bis gleich.“ Silvia spaziert durch das Schultor und marschiert quer über den Schulhof. An der Mauer entlang schlendere ich zum Kastanienbaum. Auf dem Rückweg zähle ich die Stützen der Metallstange auf der Mauer. Zweimal besuche ich den alten Baum, bevor ich durch das Tor husche.
Mit mulmigem Gefühl im Bauch schleiche ich durch den leeren Schulflur. Ein „Herein“ ruft mich in die Höhle des Löwen. Fünfundzwanzig Augenpaare starren mich an. „Ich war beim Augenarzt.“ Hitze steigt mir in die Wangen. Ich benutze Silvias Ausrede! Unwillkürlich ziehe ich den Kopf ein und betrachte das Muster im Linoleum. „Gut, setz Dich. Wir wollen weitermachen.“ Weißes Rauschen in meinen Ohren überlagert ein Piepen. Das Donnerwetter bleibt aus. Ohne Jemanden anzusehen, schleiche ich mich an meinen Platz. Leise hole ich meine Sachen aus dem Schultornister. Ein Bleistift rutscht aus dem Mäppchen und fällt auf den Boden. .Mit hochrotem Kopf bücke ich mich danach. Silvia schaut auf die Tafel und ich versuche, an Mathematik zu denken. Am Ende der Stunde mische ich mich unter die Kinder. „Oh, man, Sibylle. Du kriegst echt Alles durcheinander. Ich wollte das doch sagen, also mit dem Arztbesuch.“ Silvia wartet neben dem Kiosk auf mich. „Das kommt davon. Ich kann nicht gut lügen.“ Verlegen esse ich Weintrauben, die Silvia mir anbietet. „Frau Raatz hat es nicht gemerkt, oder?“ Vorsichtig lächle ich unsicher. Herzhaft beißt sie in ihr Schulbrot. „Geschimpft hat sie nicht.“ Kauend stupst sie mich an. „Wollen wir schaukeln?“ Ein paar Schritte von uns entfernt stehen ein paar Jungen und Mädchen aus unserer Klasse beieinander. Ihr Gekicher schallt zu mir herüber. „Die sind aber albern. Wer zuerst da ist!“ Silvia flitzt zu den Schaukeln hinüber.
In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten. „Weißt Du was? Ich bin genauso schusselig.“ Silvia hüpft von der Schaukel „Ich habe verschlafen - den Wecker nicht gehört.“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße. Uns ansehend prusten wir beide los. Wir lachen bis uns die Tränen kommen.
 
A

aligaga

Gast
Umständlicher und noch fader kann man eine Kindergeschichte wohl kaum darbieten - zwei kichernde Schülerinnen gebrauchen die gleiche Ausrede fürs Zuspätkommen und es passiert nix.

Gähn.

Sorry, aber das ist nicht nur entsetzlich umständlich geschrieben, sondern auch todlangweilig. Da lacht am Ende niemand Tränen wie angeblich die beiden Backfischchen, sondern lächelt allenfalls vorsichtig-unsicher (sic!) - wie auch immer das aussehen mag.

Amüsiert

aligaga
 

Sina

Mitglied
wie angeblich die beiden Backfischchen,
angeblich? Ich lüge nicht und mag mir das auch nicht unterstellen lassen, alles klar?

Texte ohne lyrische Schnörkel oder schildernde Metaphern sind also umständlich?

Das habe ich nicht gewusst. Interessanter Ansatz.

not amused

Sina
 
A

aligaga

Gast
Du solltest den Lesern erklären, o @Sina, worüber die beiden Kinder Thränchen lachen, und uns verraten, wo in dem Wörtergewölle sich denn die "lührischen Schnörkel" verbergen. @Ali findet keine. Doch nicht etwa im Geklapper der Mülltonne oder dem Quietschen der Schaukelbefestigung? Im vollen Mund der zum Hutschen auffordernden Freundin?

Heiter

aligaga
 
E

eisblume

Gast
Hallo Sina,

leider überzeugt (mich) auch diese Geschichte nicht.

Deine Dialoge verschwinden schon wieder bzw. immer noch im Fließtext. Das ist unangenehm zu lesen und erschwert stellenweise auch das Verständnis, weil (zumindest mir) nicht immer gleich klar ist, wer gerade spricht.

Du verwendest auch hier wieder unnötige Partizipien:
Das Hüpfen unterbrechend ...
Nickend nestele ich am Reißverschluss ...
Kauend stupst sie mich an. (Wobei das so bleiben könnte.)
Uns ansehend prusten wir beide los.

Hierzu noch eine Frage:
Weißes Rauschen in meinen Ohren überlagert ein Piepen.
Wie bitte stelle ich mir ein weißes Rauschen vor??

Am Ende der Stunde mische ich mich unter die Kinder. „Oh, man, Sibylle. Du kriegst echt Alles durcheinander. Ich wollte das doch sagen, also mit dem Arztbesuch.“ Silvia wartet neben dem Kiosk auf mich.
Erst dachte ich, Silvia sagt das, doch wenn die am Kiosk wartet, sagt Sibylle das wohl zu sich selbst, was (für mich) aber erst auf den zweiten Blick ersichtlich ist.

Wiederum erfahre ich nicht gerade viel von deinen Protas. Die Ich-Perspektive schafft (in der Regel) nächste Nähe, bindet den Leser ganz nah an das Ich und lässt ihn mitleiden, mitlachen, halt einfach mitfühlen. Dein Ich schaut schmollend, hat ein mulmiges Gefühl, isst verlegen Weintrauben und und lächelt vorsichtig unsicher - wobei ich keine Ahnung habe, wie ich mir das bildlich vorstellen soll. Mehr an Innenleben ist da nicht.
Zudem scheint sie eine Vorliebe fürs Zählen zu haben - aus einem bestimmten Grund oder ist es nur so ein Kleinmädchenspaß?
Jedenfalls ist mir dies aus einer Ich-P. heraus insgesamt deutlich zu wenig.

Ich weiß nicht, wie alt du bist, ebenso wenig wie alt Silvia und Sibylle sind, könnte mir aber vorstellen, dass du diese Geschichte früher einmal selbst erlebt hast. Wenn dem so ist, hast du natürlich einen anderen Bezug dazu, du weißt was passiert ist, weißt, was und wie du dich dabei gefühlt hast - aber der Leser weiß das nicht. Und leider schaffst du es auch nicht, (diese) Gefühle zu transportieren.

Was nun dieser Satz
Der Luftzug trägt die Bierfahne des Mannes zu mir herüber.
in der Geschichte soll, entzieht sich mir. Ohne weitere Erklärung hat das für mich so einen Hauch von Allgemeingültigkeit, dass es Usus ist, dass ein Müllarbeiter morgens um 08.00 schon nach Bier riecht. Wolltest du das damit zum Ausdruck bringen? Denke mal eher nicht.

Es kommt jetzt darauf an, wie alt deine Protas sind und welche Zielgruppe du im Auge hast, dann könntest du daraus vielleicht eine schmissige Kindergeschichte machen. Für eine Erwachsenen-KG eignet sie sich in dieser Form mMn nicht.


herzlichst
eisblume
 

Choricillo

Mitglied
So wurde ICH es machen, Fragen und anderes

„1 – 2 – 3 – 4 - 6…“ Mist - ich lasse mich vom Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne ablenken. Das Hüpfen unterbrechend schaue ich schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf.
1 – 2 – 3 – 4 - 6 - Mist!
Das Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne hat mich abgelenkt. Ich unterbreche das Hüpfen und schaue schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf.

Hier mal eine kleine Frage: "Zwei Gehwegplattenvor mir..." Ist das ein angemessener Abstand oder klaustrophobisch nah?

Vorsichtig lächle ich unsicher
Yup, das lässt definitiv keinen Zweifel an der Verfassung der Erzälerin. Sicherlich schwitzen ihre Haende, die Knie werden weich und das Herz rast...

Mit mulmigem Gefühl im Bauch schleiche ich durch den leeren Schulflur. Ein „Herein“ ruft mich in die Höhle des Löwen
Da weiss der Löwe einfach so, dass draussen ein braves Schäfchen auf dem menschenleeren Flur läuft und... siehe da, das Schäfchen folgt dem Ruf!

Ok, sorry.
Mit mir ist der böse Clown durchgegangen. Also jetzt mal Kritik in sachlicher Form!

Du schreibst die Geschichte aus der Sicht eines kleinen Mädchens in der "Ich-Form". Da sollte die Sprache zwar grammatikalisch ud der Text orthographisch einwandfrei sein, Vokabular und Satzbau aber dem Alter der Erzählerin entsprechen. Sonst wird das Ganze nicht glaubwürdig und klingt... umständlich. Zumal du an einigen Stellen sogar den Schreibstil etwas änderst.

Ansonsten frage ich mich, was die Geschichte denn ruüberbringen soll. Gut, dass ich nciht der einzige Ox vorm Berg bin!

Wenn du wirklich am Schreben interessiert bist, dann nimm dir die Kritiken zu Herzen, denke drüber nach, aber lasse dich davon nicht abhalten, es nochmal zu versuchen!

Gruss
Choricillo
 
A

aligaga

Gast
Hm - jetzt steht dreimal fast dasselbe unter dem dürftigen Text.

Nach eigenem Bekunden ist die Autorin kein kleines Mädchen mehr, sondern >50. Mit Wortverbesserungen allein und der Hoffnung, eine gute Schule und Zeit, die neben Lebens- auch möglichst viele Lese-Erfahrungen mit sich brächte, würden helfen, ist daher nichts ausgerichtet.

Ali glaubt, dass es keine unmusikalischen Kinder gibt. Wenn man sie rechtzeitig motivierte, inspirierte und unterstützte, lernten sie alle so gut singen, dass es für einen Kirchenchor reichte.

Bei vielen Erwachsenen sieht's anders aus. Denen sind in aller Regel die Gehörknöchelchen bereits so stark verkalkt, dass sie den Unterschied zwischen einem a und einem c, geschweige denn zwischen Dur und moll, nicht mehr wahrnehmen können. Anschreien bringt nix; auch ein Hörrohr hilft nicht. Wie an anderer Stelle schon ausführlich dargetan: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Der Zug ist längst abgefahren.

@Ali rät in solchen Fällen zu anderen Betätigungen als der Schriftstellerey - zu Sport, Gartenarbeit oder einem Malkurs in der Toskana. Oder zur Digital-Fotografie.

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Sina

Mitglied
Silvias Ausrede

„1..2.. 3.. 4. 6..“ Mist – ich lasse mich vom Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne ablenken. Das Hüpfen unterbrechend schaue ich schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf. Ein Mann im orangenen Overall steht auf dem Trittbrett des Müllfahrzeugs. Die Warnlichter des Müllwagens überflackern die Straße. Zwei Gehwegplatten vor mir springt er vom Wagen und schnappt sich die Mülltonne. „He, Kleine. Hast den Weg verloren, was?“, fragt er. Stumm schüttele ich den Kopf. Ein bisschen unheimlich ist mir der Mann. Er riecht nach Alkohol und Zigarettenrauch und gehört zu der Sorte Mensch, mit der ich nicht sprechen will. Ich fange von vorne an, die Kantsteine zu zählen und hebe erst den Kopf, als der Müllwagen seine langsame Fahrt fortsetzt.
Außer Atem taucht meine Freundin neben mir auf.
„Hallo,“ japst sie. Wir umarmen uns nur kurz.
„Dass Du immer so trödeln musst.“
„Ja, ich weiß – tut mir ja auch leid.“ Zerknirscht sieht sie mich an. „Aber, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch.“

Wie auf ein Stichwort rennen wir die Rheinstraße hinauf. Rhythmisch stößt die Kante des Schulranzens in meinen Rücken. Kurz vor der Schule bleibt Silvia stehen. Langsam komme ich zu Atem und lausche angestrengt. Keine Kinderstimmen dringen aus dem Schulgebäude. Der Unterricht hat längst begonnen. Ratlos sehe ich Silvia an.
„Ich überleg‘ ja schon ...“
Nachdenklich kaut sie auf einer Haarsträhne. Stumm lasse ich sie gewähren, obwohl ich das eklig finde. Resigniert wende ich mich dem Schulgebäude zu. Plötzlich zieht Silvia an meinem Schulranzen.
„Ich hab’s!“ Gespannt drehe ich mich um.
„Was hast Du?“
„Na, ich weiß jetzt wie wir’s machen: Ich sage einfach,
dass ich noch beim Augenarzt war und Du... Du hast
eben einfach verschlafen...“
„Keine Ahnung. Ob Frau Raatz das glaubt?"
Unsicher nestle ich am Reißverschluss meiner Jacke herum.
"Bestimmt."
Silvia spaziert durch das Schultor und marschiert quer über den Schulhof. An der Mauer entlang schlendere ich zum Kastanienbaum. Auf dem Rückweg zähle ich die Stützen der Metallstange auf der Mauer. Zweimal besuche ich den alten Baum, bevor ich durch das Tor husche.

Mit mulmigem Gefühl im Bauch schleiche ich durch den leeren Schulflur. Mein Herz rast. Die feuchten Handflächen reibe ich an der Jeans trocken, bevor ich leise an die Tür klopfe. „Herein“
Frau Raatz ruft mich in die Höhle des Löwen. Fünfundzwanzig Augenpaare starren mich an.
„Ich war beim Augenarzt.“
Hitze steigt mir in die Wangen. Ich benutze Silvias Ausrede! Unwillkürlich ziehe ich den Kopf ein und betrachte das Muster im Linoleum.
„Gut, setz Dich. Wir wollen weitermachen.“
Weißes Rauschen in meinen Ohren überlagert ein Piepen. Das Donnerwetter bleibt aus. Ohne Jemanden anzusehen, schleiche ich mich an meinen Platz. Leise hole ich meine Sachen aus dem Schultornister. Ein Bleistift rutscht aus dem Mäppchen und fällt auf den Boden. Mit hochrotem Kopf bücke ich mich danach. Silvia schaut auf die Tafel und ich versuche, an Mathematik zu denken.

Am Ende der Stunde wartet Silvia neben dem Kiosk auf mich.
„Oh, man, Sibylle. Du kriegst echt Alles durcheinander. Ich wollte das doch sagen... also das mit dem Augenarzt“, wirft sie mir vor.
Verlegen esse ich Weintrauben, die Silvia mir anbietet. Frau Raatz hat Aufsicht und schaut zu uns herüber. Meine Knie werden weich. Ich lächle unsicher und sehe Silvia an.
„Schon, komisch, dass Frau Raatz nichts gesagt hat...“ wundere ich mich. Herzhaft beißt Silvia in ihr Pausenbrot. „Geschimpft hat sie nicht.“ Noch kauend stupst sie mich an und sieht zu den Schaukeln hinüber.
„Wollen wir schaukeln?“
„Ja, klar.“
Silvias Vorschlag gefällt mir. Beim Schaukeln können wir uns ungestört unterhalten. Ein paar Schritte von uns entfernt stehen ein paar Jungen und Mädchen aus unserer Klasse beieinander. Ihr Gekicher schallt zu mir herüber.
„Die sind aber albern. Wer zuerst da ist!“, fordert Silvia mich auf und flitzt zu den Schaukeln hinüber.

In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten.
„Weißt Du was?“ Silvia hüpft von der Schaukel. „Ich hab‘ Angst gehabt und ... Na, ja – ich habe behauptet, verschlafen zu haben... Den Wecker nicht gehört...“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße.
„Ich glaub‘ Dir kein Wort – So was passiert Dir nämlich nie...“
„Einfach so?“ unterbricht Silvia mich und fährt fort: „Nö – aber das Gesicht von Frau Raatz ...“
Einander ansehend prusten wir los.
„Die wär‘ ganz schön sauer...“ widerspreche ich, kann aber nicht aufhören, zu lachen. "und bestraft hätte sie uns dennoch irgendwie."
„Ein Glück, dass Du so schusselig bist...“
Verschmitzt zwinkert Silvia mir zu.
 

Sina

Mitglied
Mit dem Ende bin ich noch nicht ganz glücklich. Ich weiß nicht, ob die Erzählerin nicht doch noch irgendwie reagieren sollte...

Auf das "Weiße Rauschen" komme ich noch einmal zurück:

"Weißes Rauschen ist ein Rauschen mit einem konstanten Leistungsdichtespektrum in einem bestimmten Frequenzbereich. Weißes Rauschen wird als ein stark höhenbetontes Geräusch empfunden.... Weißes, in der Bandbreite beschränktes Rauschen, wird in den Ingenieur- und Naturwissenschaften häufig verwendet, um Störungen in einem sonst idealen Modell abzubilden, z. B. zufällige Störungen in einen Übertragungskanal zu beschreiben." Zitat aus Wikipedia.

Zur Farbanalogie sagt Wikipedia "Der Begriff Weißes Rauschen ist in übertragenem Sinn zu weißem Licht zu verstehen, in welchem verschiedene optische Frequenzanteile sich zu einem weißen Farbeindruck überlagern."

"Weißes Rauschen" ist also hier Metapher für die Summe der unter Schock oder Druck entstehenden Sinneseindrücke, die von Betroffenen oft durch Rauschen und dem Farbeindruck "Weiß" beschrieben werden. Man könnte bei Schocksymptomen gleichwohl von "zufälligen Störungen in einem Übertragungskanal" sprechen, die vom System Mensch mit weißem Rauschen abgebildet werden.

Vergleichbar damit wäre vielleicht der Ausdruck "rot sehen" für einen Wutanfall bekommen, der daher rührt, das der erhöhte Blutdruck tatsächlich dafür sorgt, dass man vorübergehend rot eingefärbt sieht - wenn auch nur für einen Bruchteil einer Sekunde. Bewusst nimmt man das eher nicht wahr.
 

Sina

Mitglied
Bevor mit Steinen nach Partizipien geschmissen wird..
Drei habe ich übersehen - das ändere ich mit der nächsten Überarbeitung. :)
 
E

eisblume

Gast
Jetzt hatte ich heute Morgen einen etwas längeren Kommentar ausgearbeitet. Aufgrund deines letzten Kommentars in deinem anderen Faden schenk ich mir den aber mal.
Du scheinst mir insgesamt bisher kaum Kritik zu deinem Schreiben bekommen zu haben, gehst auch nicht wirklich auf textspezifische Kommentare ein, von daher ist es dann schwierig bis müßig, etwas dazu zu sagen. Somit bin ich dann hier auch raus.

eisblume
 

Sina

Mitglied
Der Kommentar ist zwar nicht sehr textspezifisch, Eisblume, aber ich gehe dennoch darauf ein.

Sorry für alle Anderen: Es ist erst einmal wenig textspezifisch, aber eine inhatliche Auseinandersetzung mit einem Kommentar. Immerhin: Danach kann Eisblume mir nicht mehr vorwerfen, nicht auf Kommentare einzugehen. Die testbezogenen Worte schreibe ich, wie in einer Abhandlung zuletzt: Um diese geht es mir ja auch.

Eisblume schrieb:

Du scheinst mir insgesamt bisher kaum Kritik zu deinem Schreiben bekommen zu haben, gehst auch nicht wirklich auf textspezifische Kommentare ein, von daher ist es dann schwierig bis müßig, etwas dazu zu sagen. Somit bin ich dann hier auch raus.
Stimmt - bisher waren die meisten Kommentare zu diesem Text, von Eisblumes abgesehen. nicht sehr hilfreich. Insbesondere der letzte zielte mehr auf meine Persönlichkeit ab, als dass er konstruktive Vorschläge oder Hilfen zu bieten gehabt hätte.
Okay - ich hätte ihn nicht lesen brauchen - selbst schuld, wenn ich mich nun darüber ärgern muss, nicht?

Falsch - gerade auf Deinen hilfreichen textbezogenen Kommentar, @Eisblume bin ich eingegangen:

Der Text wurde überarbeitet, bis auf drei Partizipien sind diese raus, die Dialoge verschwinden nicht mehr im Fließtext.
Dass ich das nicht als Kommentar ausdrücklich betont habe, heißt nicht, dass ich nicht darauf eingegangen wäre. Dass ich mit dem Ende der Geschichte noch nicht zufrieden bin, deutet nicht, dass ich ihn nicht überarbeitet habe. In einem Leseeindruck habe ich noch erwähnt, dass drei Partizipien übrig sind, die ich bei der nächsten Überarbeitung noch ändern will.

Gerade auf Deine Frage nach "Weißem Rauschen" bin ich ausführlich eingegangen, Eisblume. Wenn das nicht ein "Eingehen auf textspezifische Kommentare" war - was soll es dann sonst bitte sein?

Da es, wie von Dir selber gesagt, schwierig und müßig ist, mehr dazu zu sagen, wenn Kommentare nicht kommentiert wurden, wirst Du sicher nachempfinden können, dass es müßig ist, berechtigte Kritik am Text und gute Tipps, noch zusätzlich zu koimmentieren. Zu Deinem Kommentar gab es schlicht nichts mehr zu erwidern, sondern es galt nur noch, die von Dir zu Recht bemängelten Fehler im Text zu korrigieren.

Somit bin ich dann hier auch raus.
Das ist natürlich auch eine Lösung - so bräuchte man sich der Kritik an eigenen Rezensionen nicht stellen und machte genau das, was Du mir vorwifst: Man ginge nicht mehr auf textspezifische Kommentare ein.


Auf die zwei anderen Kommentare hier einzugehen, gliche einem Ping-Pong-Spiel: Der Ball wird immer wieder mehr oder weniger hart zurück geschlagen, bringt aber den Text nicht weiter. Sattdessen läuft man Gefahr, Jemanden mit dem Ball zu verletzen oder abzuschießen. Ein guter Grund, sich daran nicht zu beteiligen.

Das einzig sinnvolle Eingehen auf berechtigte Kritikpunkte am Text, sind das Überarbeiten des Textes, das Stellen von Fragen, so welche auftauchen oder aber ein konstruktiver Meinungsaustausch über den Text - und zu Letzterem komme ich jetzt:

Ich habe die Kritik an den vielen Partizipien angenommen und weitestgehend diese durch andere Formulierungen ersetzt. Bei der Überarbeitung haben sich drei davon, wie erwähnt, meiner Aufmerksamkeit entzogen, aber die kriege ich auch noch.:)
Die Dialoge verschwinden nicht mehr im Fließtext, sind ein bisschen verändert und so wird deutlicher, wer was sagt. Am Ende der Geschichte sollte deutlich geworden sein, dass die beiden eben nicht die gleiche Ausrede benutzt haben, weil auch Silvia die von ihrer Freunding benutzt hat. Natürlich habe ich auch den einen oder anderen Kritikpunkt von Chorillo in meine Überarbeitung mit einfließen lassen. Jede Eurer Kritikpunkte war es wert, sich durch den Kopf gehen zu lassen und den Text entsprechend zu überarbeiten.

Der letzte Satz Silvias gepaart mit Augenzwinkern mag den geneigten Leser annehmen lassen, dass Silvia damit gerechnet hat, dass ihre Freundin in ihrer Aufregung ihre Ausrede benutzt - und sie also ganz bewusst die ihrer Freundin benutzt hast. Es muss also kein Zufall gewesen sein.

Deswegen bin ich mit dem letzten Satz noch unglücklich:

Es müsste in einem Satz vielleicht noch deutlicher werden, dass Silvia mit dem Vertauschen der Ausreden durch ihre Freundin gerechnet hat. Ich weiß nur noch nicht, ob ich mit einer Verdeutlichung nicht zu dick auftrage - und auch nicht, wie ich das umsetzen könnte.

Vielleicht hat Jemand von Euch noch eine Idee dazu - oder eine ganz Andere?

Auf eine Lösung ihres Problems hoffend,

Sina
 

xavia

Mitglied
Hallo Sina, schön, dass du in der Leselupe gelandet bist! Es geht ja hoch her unter deinen Geschichten. Ich mache mal einen Vorschlag für das Ende, habe da einige Aktionen und Reaktionen nicht so recht einordnen können. Vielleicht geht es so:

In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten.

„Weißt Du was? Ich hab‘ vorhin gesagt, dass ich verschlafen habe, den Wecker nicht gehört.“ Silvia springt von der Schaukel und sieht mich beifallheischend an.

„Und das hat die Raatz dir abgenommen? Sowas passiert dir doch nie!“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße.

„Geguckt hat sie schon, aber stell' dir doch nur mal vor ...“

Einander ansehend prusten wir los.
LG Xavia.
 

Sina

Mitglied
Weißt Du was? Ich hab‘ vorhin gesagt, dass ich verschlafen habe, den Wecker nicht gehört.“ Silvia springt von der Schaukel und sieht mich beifallheischend an.

„Und das hat die Raatz dir abgenommen? Sowas passiert dir doch nie!“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße.

„Geguckt hat sie schon, aber stell' dir doch nur mal vor ...“

Einander ansehend prusten wir los.
So könnte man es auch machen - in der Tat.
Und das hat die Raatz dir abgenommen?
diese Variante gefällt mir sehr gut.

„Geguckt hat sie schon, aber stell' dir doch nur mal vor ...“
Auch das gefällt mir besser, als meine Variante.

Die wörtliche Rede würde ich gerne übernehmen wollen - nur wie wird dann noch deutlich, dass Sibylle durchschaut, dass Silvia von vorneherein damit gerechnet hat, dass die Ausreden vertauscht werden müsssen, weil Sibylle die falsche benutzt?
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
schnell einfach nur um auch was gesagt zu haben:

gleich beim Einstieg Interesse futsch
die Zahlen
das Zählen
mit dem Fehler drin
war mit etwas peinlich
klischeehaft
typisch
durchsichtig
Absicht allzu leicht erkennbar
nicht verführerisch genug

dann hab ich versucht den Text mal
zu überarbeiten
bzw mit Kommentaren zu übersähen
aber ich konnt mich nicht dazu überwinden in die Welt des Erzählers zu versetzen
zu Schwarzweiß

nach aligaga "Kindergeschichte" obwohl natürlich offensichtlich anscheinend als "Kurzgeschichte" gekennzeichnet
kann natürlich beides sein
uninteressant sowieso

hab den Text wie gesagt nicht ganz lesen können
wollen
müssen gefühlt

dringlichkeit zur aufmerksamkeit wohl kaum vorhanden
kein herz im stück
keine träne vergossen
keine hochgezogene stirn
keine angst vor einem messer
gezückt hinter mir
 

Sina

Mitglied
@etma:
Der Fehler im Zählen ist Absicht: Er charakterisiert das lyrische Ich, das sich sehr schnell ablenken lässt, sich dadurch verzählt und sich dann darüber ärgert. Auf einen Kommentar aus zusammengewürfelten Wörtern ohne Satzzusammenhang gehe ich nicht ein - den vermag ich, offen gestanden, nicht ernst zu nehmen.
 

xavia

Mitglied
Hallo Sina, ich denke, die drei Punkte enthalten die Erkenntnis, was passiert wäre, hätte Silvia ihre eigene Ausrede verwendet, da muss die Leserin dann schon selbst denken und sich vorstellen, was gewesen wäre
aber stell' dir doch nur mal vor ...
Das sagt ja Silvia, ich meine, das bedeutet, sie hatte es sich vorgestellt und in dem Moment wird es der Protagonistin auch klar.
Aber was mir gerade auffällt: Hier wird ja auch noch »partizipiert«:
Einander ansehend prusten wir los.
Ich wusste bis gestern gar nicht, dass man das vermeiden sollte. Also vielleicht lieber:
Wir gucken uns an, ich begreife und wir prusten los.
LG Xavia.
 

Sina

Mitglied
@Xavia - ja, ich glaube, Du hast schon Recht. Ich ändere das mal entsprechend und Danke Dir für den Tipp.

Ach, ja - die bösen, bösen Partizipien. Partizipien sind durchaus geeignet, Adjektive zu ersetzen und manchmal aussagekräftiger. Zum Beipiel: blubberndes Wasser, oder lodernde Flammen. Schwieriger wird es wenn es Adverben ersetzen soll: wie lachend sprechen oder derlei mehr. Dann ist es geschickter, direkt das richtige Verb zu suchen. Partizipien sind genauso wenig schlecht, wie Adjektive - in Maßen und in Abwechslung mit anderen Ausdrucksmöglichkiten sind sie schon ok.
Ich denke hier kann "einander ansehend prusten wir los" schon stehen bleiben.
 

Sina

Mitglied
Silvias Ausrede

„1..2.. 3.. 4. 6..“ Mist – ich lasse mich vom Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne ablenken. Das Hüpfen unterbrechend schaue ich schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf. Ein Mann im orangenen Overall steht auf dem Trittbrett des Müllfahrzeugs. Die Warnlichter des Müllwagens überflackern die Straße. Zwei Gehwegplatten vor mir springt er vom Wagen und schnappt sich die Mülltonne. „He, Kleine. Hast den Weg verloren, was?“, fragt er. Stumm schüttele ich den Kopf. Ein bisschen unheimlich ist mir der Mann. Er riecht nach Alkohol und Zigarettenrauch und gehört zu der Sorte Mensch, mit der ich nicht sprechen will. Ich fange von vorne an, die Kantsteine zu zählen und hebe erst den Kopf, als der Müllwagen seine langsame Fahrt fortsetzt.
Außer Atem taucht meine Freundin neben mir auf.
„Hallo,“ japst sie. Wir umarmen uns nur kurz.
„Dass Du immer so trödeln musst.“
„Ja, ich weiß – tut mir ja auch leid.“ Zerknirscht sieht sie mich an. „Aber, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch.“

Wie auf ein Stichwort rennen wir die Rheinstraße hinauf. Rhythmisch stößt die Kante des Schulranzens in meinen Rücken. Kurz vor der Schule bleibt Silvia stehen. Langsam komme ich zu Atem und lausche angestrengt. Keine Kinderstimmen dringen aus dem Schulgebäude. Der Unterricht hat längst begonnen. Ratlos sehe ich Silvia an.
„Ich überleg‘ ja schon ...“
Nachdenklich kaut sie auf einer Haarsträhne. Stumm lasse ich sie gewähren, obwohl ich das eklig finde. Resigniert wende ich mich dem Schulgebäude zu. Plötzlich zieht Silvia an meinem Schulranzen.
„Ich hab’s!“ Gespannt drehe ich mich um.
„Was hast Du?“
„Na, ich weiß jetzt wie wir’s machen: Ich sage einfach,
dass ich noch beim Augenarzt war und Du... Du hast
eben einfach verschlafen...“
„Keine Ahnung. Ob Frau Raatz das glaubt?"
Unsicher nestle ich am Reißverschluss meiner Jacke herum.
"Bestimmt."
Silvia spaziert durch das Schultor und marschiert quer über den Schulhof. An der Mauer entlang schlendere ich zum Kastanienbaum. Auf dem Rückweg zähle ich die Stützen der Metallstange auf der Mauer. Zweimal besuche ich den alten Baum, bevor ich durch das Tor husche.

Mit mulmigem Gefühl im Bauch schleiche ich durch den leeren Schulflur. Mein Herz rast. Die feuchten Handflächen reibe ich an der Jeans trocken, bevor ich leise an die Tür klopfe. „Herein“
Frau Raatz ruft mich in die Höhle des Löwen. Fünfundzwanzig Augenpaare starren mich an.
„Ich war beim Augenarzt.“
Hitze steigt mir in die Wangen. Ich benutze Silvias Ausrede! Unwillkürlich ziehe ich den Kopf ein und betrachte das Muster im Linoleum.
„Gut, setz Dich. Wir wollen weitermachen.“
Weißes Rauschen in meinen Ohren überlagert ein Piepen. Das Donnerwetter bleibt aus. Ohne Jemanden anzusehen, schleiche ich mich an meinen Platz. Leise hole ich meine Sachen aus dem Schultornister. Ein Bleistift rutscht aus dem Mäppchen und fällt auf den Boden. Mit hochrotem Kopf bücke ich mich danach. Silvia schaut auf die Tafel und ich versuche, an Mathematik zu denken.

Am Ende der Stunde wartet Silvia neben dem Kiosk auf mich.
„Oh, man, Sibylle. Du kriegst echt Alles durcheinander. Ich wollte das doch sagen... also das mit dem Augenarzt“, wirft sie mir vor.
Verlegen esse ich Weintrauben, die Silvia mir anbietet. Frau Raatz hat Aufsicht und schaut zu uns herüber. Meine Knie werden weich. Ich lächle unsicher und sehe Silvia an.
„Schon, komisch, dass Frau Raatz nichts gesagt hat...“ wundere ich mich. Herzhaft beißt Silvia in ihr Pausenbrot. „Geschimpft hat sie nicht.“ Noch kauend stupst sie mich an und sieht zu den Schaukeln hinüber.
„Wollen wir schaukeln?“
„Ja, klar.“
Silvias Vorschlag gefällt mir. Beim Schaukeln können wir uns ungestört unterhalten. Ein paar Schritte von uns entfernt stehen ein paar Jungen und Mädchen aus unserer Klasse beieinander. Ihr Gekicher schallt zu mir herüber.
„Die sind aber albern. Wer zuerst da ist!“, fordert Silvia mich auf und flitzt zu den Schaukeln hinüber.

In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten.
In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten.

„Weißt Du was? Ich hab‘ vorhin gesagt, dass ich verschlafen habe, den Wecker nicht gehört.“ Silvia springt von der Schaukel und sieht mich beifallheischend an.

„Und das hat die Raatz dir abgenommen? Sowas passiert dir doch nie!“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße.

„Geguckt hat sie schon, aber stell' dir doch nur mal vor ...“

Einander ansehend prusten wir los.
 

Sina

Mitglied
Silvias Ausrede

„1..2.. 3.. 4. 6..“ Mist – ich lasse mich vom Geräusch der über das Kopfsteinpflaster gezogenen Mülltonne ablenken. Das Hüpfen unterbrechend schaue ich schmollend die Rheinstraße hinunter. Die Müllabfuhr fährt im Schritttempo die Straße hinauf. Ein Mann im orangenen Overall steht auf dem Trittbrett des Müllfahrzeugs. Die Warnlichter des Müllwagens überflackern die Straße. Zwei Gehwegplatten vor mir springt er vom Wagen und schnappt sich die Mülltonne. „He, Kleine. Hast den Weg verloren, was?“, fragt er. Stumm schüttele ich den Kopf. Ein bisschen unheimlich ist mir der Mann. Er riecht nach Alkohol und Zigarettenrauch und gehört zu der Sorte Mensch, mit der ich nicht sprechen will. Ich fange von vorne an, die Kantsteine zu zählen und hebe erst den Kopf, als der Müllwagen seine langsame Fahrt fortsetzt.
Außer Atem taucht meine Freundin neben mir auf.
„Hallo,“ japst sie. Wir umarmen uns nur kurz.
„Dass Du immer so trödeln musst.“
„Ja, ich weiß – tut mir ja auch leid.“ Zerknirscht sieht sie mich an. „Aber, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht noch.“

Wie auf ein Stichwort rennen wir die Rheinstraße hinauf. Rhythmisch stößt die Kante des Schulranzens in meinen Rücken. Kurz vor der Schule bleibt Silvia stehen. Langsam komme ich zu Atem und lausche angestrengt. Keine Kinderstimmen dringen aus dem Schulgebäude. Der Unterricht hat längst begonnen. Ratlos sehe ich Silvia an.
„Ich überleg‘ ja schon ...“
Nachdenklich kaut sie auf einer Haarsträhne. Stumm lasse ich sie gewähren, obwohl ich das eklig finde. Resigniert wende ich mich dem Schulgebäude zu. Plötzlich zieht Silvia an meinem Schulranzen.
„Ich hab’s!“ Gespannt drehe ich mich um.
„Was hast Du?“
„Na, ich weiß jetzt wie wir’s machen: Ich sage einfach,
dass ich noch beim Augenarzt war und Du... Du hast
eben einfach verschlafen...“
„Keine Ahnung. Ob Frau Raatz das glaubt?"
Unsicher nestle ich am Reißverschluss meiner Jacke herum.
"Bestimmt."
Silvia spaziert durch das Schultor und marschiert quer über den Schulhof. An der Mauer entlang schlendere ich zum Kastanienbaum. Auf dem Rückweg zähle ich die Stützen der Metallstange auf der Mauer. Zweimal besuche ich den alten Baum, bevor ich durch das Tor husche.

Mit mulmigem Gefühl im Bauch schleiche ich durch den leeren Schulflur. Mein Herz rast. Die feuchten Handflächen reibe ich an der Jeans trocken, bevor ich leise an die Tür klopfe. „Herein“
Frau Raatz ruft mich in die Höhle des Löwen. Fünfundzwanzig Augenpaare starren mich an.
„Ich war beim Augenarzt.“
Hitze steigt mir in die Wangen. Ich benutze Silvias Ausrede! Unwillkürlich ziehe ich den Kopf ein und betrachte das Muster im Linoleum.
„Gut, setz Dich. Wir wollen weitermachen.“
Weißes Rauschen in meinen Ohren überlagert ein Piepen. Das Donnerwetter bleibt aus. Ohne Jemanden anzusehen, schleiche ich mich an meinen Platz. Leise hole ich meine Sachen aus dem Schultornister. Ein Bleistift rutscht aus dem Mäppchen und fällt auf den Boden. Mit hochrotem Kopf bücke ich mich danach. Silvia schaut auf die Tafel und ich versuche, an Mathematik zu denken.

Am Ende der Stunde wartet Silvia neben dem Kiosk auf mich.
„Oh, man, Sibylle. Du kriegst echt Alles durcheinander. Ich wollte das doch sagen... also das mit dem Augenarzt“, wirft sie mir vor.
Verlegen esse ich Weintrauben, die Silvia mir anbietet. Frau Raatz hat Aufsicht und schaut zu uns herüber. Meine Knie werden weich. Ich lächle unsicher und sehe Silvia an.
„Schon, komisch, dass Frau Raatz nichts gesagt hat...“ wundere ich mich. Herzhaft beißt Silvia in ihr Pausenbrot. „Geschimpft hat sie nicht.“ Noch kauend stupst sie mich an und sieht zu den Schaukeln hinüber.
„Wollen wir schaukeln?“
„Ja, klar.“
Silvias Vorschlag gefällt mir. Beim Schaukeln können wir uns ungestört unterhalten. Ein paar Schritte von uns entfernt stehen ein paar Jungen und Mädchen aus unserer Klasse beieinander. Ihr Gekicher schallt zu mir herüber.
„Die sind aber albern. Wer zuerst da ist!“, fordert Silvia mich auf und flitzt zu den Schaukeln hinüber.


In gegenläufigem Rhythmus schwingen wir vor und zurück. Im Holzbalken über uns quietschen die Haken der Ketten.

„Weißt Du was? Ich hab‘ vorhin gesagt, dass ich verschlafen habe, den Wecker nicht gehört.“ Silvia springt von der Schaukel und sieht mich beifallheischend an.

„Und das hat die Raatz dir abgenommen? Sowas passiert dir doch nie!“ Überrascht springe ich meiner Freundin vor die Füße.

„Geguckt hat sie schon, aber stell' dir doch nur mal vor ...“

Einander ansehend prusten wir los.
 



 
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