Sinnfrage

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anbas

Mitglied
Sinnfrage

Nachdem ich meinen siebten Regenschirm verloren hatte, begann ich mir Gedanken zu machen. Schließlich hat alles einen tieferen Sinn, sagt man.

Soll ich mich vielleicht bewusst dem Risiko aussetzen, nass und dadurch krank zu werden? Oder will das Schicksal mir helfen, auf diesem Wege meine Abwehrkräfte zu stärken? Aber ich bin sehr anfällig für Erkältungskrankheiten, da wäre ein schonenderer Weg zur Abhärtung sicherlich besser. Nein, darin kann ich nun wirklich nicht den tieferen Sinn erkennen.

Doch möglicherweise soll ich auf diese Art und Weise lernen, mich weniger auf alle Eventualitäten vorzubereiten, die das Leben einem bieten kann, um somit offener und flexibler diesem zu begegnen. Das würde schon mehr Sinn ergeben. Ich neige durchaus dazu, jeden Schritt, den ich unternehme, sorgsam zu planen und dabei auch mögliche Schwierigkeiten und Probleme sowie deren Lösungen mit einzukalkulieren. Aber vielleicht ist das Verlieren der Schirme auch ein Hinweis darauf, dass ich mich immer noch nicht ausreichend genug vorbereite.

Ein anderer Gedanke ist, dass ich lernen soll, besser mit Verlusten umzugehen. In diesem Zusammenhang wäre es dann auch gleich sinnvoll, grundsätzlich meine Einstellung hinsichtlich materieller Dinge zu hinterfragen. Es ist durchaus so, dass ich ein Sammler bin. Ich kann mich wirklich nur schwer von meinen Sachen trennen. Andererseits habe ich wegen des Verlustes der Regenschirme nie einen großen Aufstand gemacht, sondern mir jedes Mal klaglos einen neuen gekauft. Daher sind verlorengegangene Schirme keine guten Lernobjekte.

Natürlich kann es auch sein, dass der Regenschirm an sich für mich ein symbolischer Hinweis sein soll. Er sorgt für Schutz. Geht es möglicherweise also darum, mich mit meinem Schutzbedürfnis näher auseinanderzusetzen? Das wäre ein ziemlich weites Feld und würde wahrlich einen wunden Punkt bei mir treffen.

Ich habe also viele Aspekte über die ich nachdenken kann. Die Antwort auf solche Sinnfragen zeigt sich erfahrungsgemäß erst in der Zukunft. Es wird also noch eine Zeit dauern, bis ich zu der eigentlichen Erkenntnis kommen werde. – Vielleicht soll ich ja auch nur lernen, besser auf meinen Kram aufzupassen.
 

Ilona B

Mitglied
Hallo anbas,
einfach herrlich, wie Du aus einer simplen Begebenheit so viele unterschiedliche Sinnfragen ziehen kannst. Von albern bis philosophisch und am Ende sogar zur Wahrheit zu gelangen. Hat mir sehr gut gefallen und ich habe es mit Vergnügen gelesen. :D
Ein klein wenig hat mich die Wiederholung des Sinnthemas gestört.
Im ersten und im letzten Absatz passt es, aber die drei folgenden würde ich, meiner Meinung nach, weglassen oder ändern.
2. Absatz
Nein, darin kann ich nun wirklich nicht den tieferen Sinn erkennen.
3. Absatz
Das würde schon mehr Sinn ergeben.
4. Absatz
In diesem Zusammenhang wäre es dann auch gleich sinnvoll,
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber anbas,

es ist ja tatsächlich so, dass manche Fehlleistungen tief blicken lassen, aber wenn man einmal mit der Deutung anfängt ... :D

Ich finde es ja schon 'außergewöhnlich' (um nicht zu sagen pathologisch), die Anzahl der verlorenen Schirme zu kennen, die man doch eher so beiläufig ersetzte. Welche Abgründe lauern da im Protagonisten? Welche ungelösten Konflikte offenbaren sich in diesem offensichtlichen Selbstbetrug? Sollte man nicht tiefer schürfen und Kindergartenprotokolle und Klassenbücher zu Rate ziehen? Vielleicht muss man den kleinen prot rückführen in jene Zeit, wo ihm das kleine Mädchen mit den roten Zöpfen und den Sommersprossen immer das Raketenspielzeug wegnahm und im Sandkasten verbuddelte. Sicher hätte er sie gerne ordentlich vertrimmt, aber das durfte er ja nicht. Schockstarrend musste er der Entweihung seines Lieblingsspielzeugs zusehen; welche Kämpfe müssen in ihm getobt haben, bis er zu der Haltung fand, diesem Gegenstand keine Macht mehr über sein Wohlbefinden zu geben und zu entsagen. Eigentlich ist er seither immer ein bisschen blass geblieben, stimmt es nicht?
Und diese Entsagung - das muss der erwachsene Prot erfahren - sie muss geheilt werden, wenn sie denn nicht transzendiert werden kann. Es bieten sich Sitzungen bei einem erfahrenen Hypnotiseur an. Man kann aber auch versuchen, seine Füße mit in einer Vollmondnacht frisch geschnittenen Petersilie einzureiben. Ich habe da Kontakte, sprich mich gerne darauf an. Wäre doch gelacht!

Liebe Grüße
Petra
 

anbas

Mitglied
Hallo Ilona,

vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Wertung! Schön, dass Dir der Text gefällt.

Die von Dir angesprochenen Stellen werde ich wohl ändern - Deine Argumentation überzeugt mich. Mal sehen, wann ich dazu komme.



Hallo Petra,

das ist ja mal ein Kommentar, der auch vom Stil gut zum Text passt. Er sollte zukünftig immer mit ihm zusammen veröffentlicht werden ;) :D.

Ich freue mich, dass Dir der Text gefällt. Das Vorleben des Prot. ist sicherlich eine eigene Geschichte wert. Mal sehen ...


Liebe Grüße an Euch beide

Andreas
 



 
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