So kalt

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Ralf Langer

Mitglied
Hallo walther,

sehr komplexe lesekunst
ist erforderlich um den Zeilen -
und Inhaltsprüngen dieses Gedichtes
zu folgen.

Ich denke Strophe drei war zuerst da.
Hier strebt alles dem Ende und
der Kälte entgegen.

Vielleicht setzte ich
in Strophe Eins statt "letztens" "zuletzt".

Möglicherweise ist auchein Wort zuviel

aufrecht und stolz bedingen doch auch unausgesprochen
aneinder.

lg
Ralf
 

Walther

Mitglied
So kalt


Du hast letztens
Sehr laut gesprochen Dein
Ich sage jetzt was ist
Und wird
Es steht immer noch

Im sonst leeren Raum
Schartig stolz
Aufrecht
Unaufgeräumt aber
Wahr

Das für immer Du
Hat diesen Ort verlassen
Es zerstob in den
Vier Winden
Und mir ist so kalt
 

Walther

Mitglied
Lb. Ralf,

das Adverb "letztens" könnte man mit "vor kurzem", aber eher im Sinne von "en passant", "übersetzen". Ich habe in der ersten Strophe ein "Es" vergessen, das mag die Verwirrung ausgelöst haben.

Es war der Anfang zuerst da. Der Rest wuchs dem Text dann zu.

Meine Vers libre Texte sind immer mit komplexen Zeilenumbrüchen und Gedankengängen versehen. Sie sollen absichtsvoll nicht einfach lesbar sein.

Danke für Hinweise und Eintrag.

LG W.
 

revilo

Mitglied
Boahh eyhhhhhhh, was für Zeilensprünge.........richtig gemein.......was zum Knabbern...........Lecker........LG revilo
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

mit Deinen Zeilenumbrüchen trotz Großschreibung am Anfang der Zeile und abwesender Zeichensetzung hatte ich noch nie Mühe.

Eines ist mir aufgefallen:

Wenn jemand in aller Deutlichkeit sagt, was ist und was werden soll und diese Aussage auch wahr ist, kann sie eigentlich nicht "Unaufgeräumt" sein. Ja, so wäre das bei meiner Mentalität, aber.... es gibt natürlich auch Menschen, die voreilige Entschlüsse fassen, selbst wenn sie schwerwiegend sind. Um so jemanden muss es sich also wegen dieses einen Wortes "unaufgeräumt" handeln.

Das sind dann allerdings oft Menschen, die ihre scharfkantige Aussage wieder korrigieren. Insofern kann man noch hoffen, dass dem Lyri nicht dauerhaft kalt sein muss.

Der "leere Raum" vermittelt mir, dass das Lyri seinerseits eine solche Aussage nicht erwartet hatte, völlig überrascht dasteht und auch so rasch keine Entgegenung finden kann.

Auch die letzte Strophe vermittelt noch ein Mal, dass das Lyri zunächst ausschließlich seinen Empfindungen ausgeliefert ist und noch keinen klaren Gedanken fassen kann.

Geschickt ausformuliert die Innenansicht dieser Abschiedsszene.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

danke für Deine sehr tiefsinnige Betrachtung des Gedichts. Du hast viele Intensionen sehr schön getroffen, bist aber über das Wort "unaufgeräumt" gestolpert, das auf den ersten Blick im Widerspruch zum (menschen)leeren Raum steht.

Vielleicht hilft Dir der Hinweis, daß dieses Eigenschaftswort zwei Bedeutungen hat. Man bezeichnet einen Menschen als "in aufgeräumter Stimmung", wenn er gelöst und problemfrei sich ganz der Freude an seinem Da- und Hiersein hingibt. Mit derart innerlich "aufgeräumten" Menschen lassen sich gute Gespräche erleben.

Jener Mensch, von dessen knallhartem Statement das Gedicht berichtet, aber ist in der Tat völlig "unaufgeräumt", also das glatte Gegenteil von einem Gutelauneverbreiter. Genau diese Stimmung bleibt im (menschen)leeren Raum zurück, der damit selbst "unaufgeräumt" ist, womit das von mir gerne herangezogene Spiel "innen-außen" seinen Kreis schließt.

Des Wortes doppelte Bedeutung war zu erahnen, will ich damit sagen. Und die Irreführung war gewollt und aufgelöst.

Denn ein Raum mit einer solchen Atmosphäre zerstört das Vertraute (= "für immer Du") und läßt die Winde hinein. Der Zug der Vergeblichkeit, der einem Eishauch gleicht, läßt das LyrIch rufen:
Und mir ist so kalt
LG W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Ah, danke!

Auf das Gegenteil von "aufgeräumter Stimmung" wäre ich nun gar nicht gekommen, lieber Walther. Aber auch über meine Version dieses Wortinhaltes bin ich ja zu den Aussagen Deines Textes trotzdem vorgestoßen.

Allerdings lese ich es jetzt noch entspannter als einen Augenblick, der sich sehr schnell auch in sein Gegenteil verwandeln kann.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
B

Beba

Gast
Gefällt mir sehr gut. OK, ich musste mich zunächst einmal orientieren, was du ja beabsichtigt hast. Aber dadurch, dass man ein wenig zu kauen hatte, wirkte der Text eindringlicher und auch nach. Besonders gefällt mir der letzte Abschnitt mit den vier Winden.

Ciao,
Bernd
 

Walther

Mitglied
Lb. Vera-Lena,

danke für Deine Worte. Ich mach's manchmal ein wenig schwierig für die Leser - mit dem Ergebnis habe ich aber entschieden zu leben. Manchmal schieße ich dabei sicher über das Ziel hinaus.

LG W.

Lb. Beba,

danke für Deinen Eintrag und Deine Hinweise.

LG W.
 

Carina M.

Mitglied
Lieber Walther,
ich fand es keineswegs schwierig zu lesen, mir war sofort klar um was es ging. Vielleicht, weil ich mich gut hineinfinden kann.Sehr schön.
Liebe Grüße,
Carina
 
Hallo Walther,

sehr tiefgründig empfinde ich deine Zeilen. Schartig stolz - gekonnte Wortwahl. Am Schluss die Kälte, die du spürbar werden lässt....

Lieber Gruß,
Karin
 

Walther

Mitglied
Lb. Estrella,

danke für Deine lobenden Worte. Kritik und Lob sind nötig, damit wir vorankommen. Dann wissen wir nämlich, wo's langgeht mit uns.

LG W.
 

Pola Lilith

Mitglied
Das für immer Du

Hallo Walther,

ich bin auch sehr gut mit dieser Lyrik mitgeschwungen und es hat mir keinerlei Mühe bereitet - Du hast den Rhytmus gesetzt.

Was mich allerdings gestört hat, waren die "Vier Winde": zu platt, zu nachlässig, als hättest Du keine Lust mehr gehabt, etwas Adäquateres zu finden.

Und "das für immer Du" -
War das "Du" jemals etwas anderes, ein "wir" vielleicht, darin das "du" verschwand? (Das hätte mich dann aber sehr gestört.) Oder wie soll ich das verstehen?

Liebe Grüße, Pola
http://www.pola-lilith.de
 

Walther

Mitglied
Lb. Pola,

die beiden Formulierungen wurden gewußt gewählt. Das Bild "in den Vier Winden" ist eine alte deutsche Formulierung für die Windrose mit ihren vier Himmelsrichtungen, es ist ein "geflügeltes Wort". Man kennt es aus Märchen; dort wird es meist in der Formulierung "in den/allen Vier Winden verstreut/zerstreut/zerstoben" gebraucht. Es meint übertragen der Zustand "des sich aufgelöst Habens".

Auch "das für immer Du" ist eine solche stehende Formulierung, einfach einmal nach "für immer Du" googeln, Du wirst überrascht sein, was Du da alles findest.

Ich hoffe, diese Erläuterung helfen Dir weiter.

Danke für Deinen Eintrag und Deine freundliche Wertung.

LG W.
 

Pola Lilith

Mitglied
4 Winde für immer du

Hallo Walther,

das mit den 4 Winden war mir schon klar, aber auch Metaphern können abgedroschen sein und hier finde ich sie fehl am Platze, weil sie - für mich - den Sprachrhythmus des Gedichtes stören.

Für immer Du - ok, vielleicht, damit muß ich mich noch beschäftigen.

Liebe Grüße
Pola
 



 
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