So nett gelebt

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Walther

Mitglied
So nett gelebt


Wie ich so müde um mich schauernd schaute,
Dacht ich bei mir: Du hast so nett gelebt.
Du hast ganz gut an dem Gerücht gewebt,
Dass man schön selbst sein Denkmal trauernd baute.

Wenn manchen Morgens Dämmrung milchig graute,
Hast du dich selbst in deinem Sein verstrebt,
Hast schlechten Schlafes Träume fest verklebt,
Die ich aus falschen Bildern für dich klaute.

So ist es wohl, wenn sich der Mensch verhebt,
Weil er sich einmal selbst zu handeln traute:
Er fällt lang hin, so dass die Erde bebt.

Und wenn derselbe mehr als Geld erstrebt,
Indem er sich die eigne Welt erbaute:
Ich bleib bei mir, hab gern so nett gelebt.
 

Walther

Mitglied
Hallo Otto,

das ist so etwas wie mein Vermächtnis an die LeLu, für sicherlich längere Zeit mein letzter Eintrag in ihren Foren. Ich bin etwas müde geworden in der jüngsten Zeit. Einen ordentlichen Abschied, einen versöhnlichen, ich verspreche das angesichts der derzeitig hitzigen Debatten, werde ich noch im Lupanum posten, meinen Account allerdings nicht löschen, sondern nur noch zum Lesen und – wenn es notwendig erscheint – zum sehr seltenen Kommentieren zu verwenden.

Des Weiteren ist der Eintrag der Mottotext für einen geplanten Band mit Sonetten, den ich zusammenstellen werde. Vielleicht findet sich ja ein Verlag, der Dichtung gegen den Strich der Zeit aus einer mittelmäßigen Dilettantenfeder druckt.

Worum geht es hier:

Das Sonett sollte in seiner Vollendung der Form gezeigt werden und dennoch "leicht" klingen. Wenn man die Bewertungen ansieht, dann scheint der Versuch nicht ganz fehlgegangen zu sein.

Es sollte mit dem sehr strengen Reimschema abba abba bab bab nachgewiesen werden, daß Kunsthandwerk mit der Sprache auch für einen Amateur möglich ist, man muß nur lange genug üben und am Werkstück feilen. Und es sollte klar gemacht werden, daß ein sauberes Metrum einem Gedicht aus der Istzeit nicht im Weg stehen muß, es kann durch seine disziplinierende Wirkung der Qualität des Texts und des gesamten Werks aus Form und Inhalt sogar förderlich sein.

Am Ende habe ich meine heutige Fertigkeit im Dialog mit der Lupe entwickelt. Sie war ebenso wesentlich wie auch das andere Forum, der tage-bau - unter http://www.tage-bau.de zu finden. Ohne die kritischen Anmerkungen wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Dir stellvertretend für die vielen gebührt der Dank für Kritik und Lob, beides muß sein und ergänzt sich.

Letztlich umgreift dieses Gedicht das, worum es mir immer wieder geht, in der Innen- wie der Außenansicht. Es lohnt sich, bei sich zu bleiben, und es lohnt sich zugleich, sich in seiner Sprache mit seiner Sprache zu mühen, damit hinten etwas immer Besseres herauskommt. Ich habe mich immer in meinen Texten bemüht, beide Sichten mit einander ins Gespräch zu bringen.

Der eigenen Weiterentwicklung in Inhalt und Sprachkunst ist in der Tat nur dann eine Grenze gesetzt, wenn man glaubt, man habe einen hohen Grad der Perfektion erreicht. Das Talent mag die Höhen, die man erklimmen kann, limitieren. Letztlich aber wird auch aus einem überheblichen, sich selbst zu gewissen Talent kein großer Schreiberling mangels Fortschritten im Schreiben und im Verarbeiten von Inhalten, die ja nur das Leben wirklich schreiben kann.

Wichtig ist dabei immer auch eine Prise (Selbst-)Ironie; sie hilft gegen die Weinerlichkeit und schafft zugleich dem schreibenden Individuum den Raum für Distanz, zur Welt, zu den Anderen, die einen umgeben, zu sich selbst. Diese Distanz macht am Ende die Aussagefähigkeit von lyrischem Inhalt aus.

In diesem Sinne sende ich Dir, aber auch allen anderen Lesenden und Lupenden meine besten Empfehlungen und liebe Grüße, verbunden mit dem Wunsch, dass die begonnene Woche am Ende eine gute sein möge.

W.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
dies ist keine plauderei, es ist eine tatsache

du wirst mir fehlen. mit deiner ruhigen, besonnenen art. sie hat so manchen sturm in mir beruhigt(nicht nur in mir, denke ich). deine wertvollen kommentare und werke...na ja, den ganzen walther werde ich vermissen. ich wünsch dir alles liebe. in dieser...und natürlich auch in den Wochen danach.

pass gut auf dich auf otto

p.s. alles gute für dein werk
 



 
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