Sobeck Nr.1

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bosbach46

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Sobeck Nr.1

Dr. Sobeck war irgendwann in der Stadt aufgetaucht. Er galt als Experte der Fluß- und Teichwirtschaft. Speziell im Bereich der Renatuierung früher begradigter Flüsse haftete ihm der Nimbus an, unschlagbar zu sein. Jetzt sollte Sobeck die Niers im Gebiet der Stadt Goch in ihr altes Flußbett zurück leiten.

Als Birgit Memeler ihrem neuen Chef vorgestellt wurde, wunderte die Sekretärin sich, über das ungewöhnliche Aussehen des Doktors. Er war hoch gewachsen, besaß offensichtlich durchtrainierte Muskeln und ging lautlos umher. Seine hellgrünen Augen ruhten auf einen bestimmten Punkt, wie die Augen eines Raubtieres, das von seiner Beute in den Bann gezogen wird. Aber er lächelte gewinnend.

Nach zwei Wochen Anwesenheit ihres neuen Vorgesetzten nahm Birgit Memeler das erste merkwürdige Telefonat entgegen.

Wissen Sie, überschlug sich die namenlose Anruferin, ihr Dr. Sobeck sollte sich den Sitten des Niederrheins besser anpassen.

Wie meinen Sie das?

Das geht doch nicht, dass ihr Sobeck splitternackt in der Niers steht und dort regungslos die Enten beobachtet. Und das mitten im November.

Wann, meinen Sie, Herrn Doktor gesehen zu haben?

Am Mittwoch, gab die Anruferin an.

Birgit Memeler sah in den Kalender.

Ja, genau, sagte sie, am Mittwoch entnahm er in der Nähe der Villarer Mühle aus unterschiedlichen Strömungsbereichen Wasserproben.

Trotzdem, ereiferte sich die Unbekannte, der ist vielleicht meschugge.

Ich bitte Sie.

Die Frau zögerte. Haben Sie, fragte sie Birgit, seinen Unterkiefer betrachtet? Langezogener Knochenbau. Ihr Sobeck könnte damit ein Schwein durchbeißen!

Tut mir leid, antwortete Birgit, hier im Hause wird sein Fachwissen geschätzt und jetzt muß ich mich anderen Aufgaben widmen.

In den vergangen Jahren war Birgit Memeler häufiger von verschrobenen Biologen traktiert worden. Sobeck hingegen empfand sie als einen menschenfreundlichen Zeitgenossen. Allerdings gab es da Marotten. Sie fand es schon komisch, wenn er reglos hinter seinem Schreibtisch saß und mit bewegungslosen Augen das Bücherregal anstarrte. Gestern erst, sprang er plötzlich auf, stürzte auf das Regal, auf dem ein Glas mit Wiener-Würstchen stand. Wie besessen schlang er die Würstchen hinunter.

Wissen sie, Frau Memeler, erklärte er vollmundig, diese Dinger sind bloß Beuteersatz. Die Würstchen brauche ich, ich muß wild sein, Frau Memeler, wild bleiben.

Sie verstand ihn nicht. Ihr fiel wohl auf, dass Sobeck über einen größeren Vorrat verfügte. Allein auf dem Regal standen zehn Gläser.

Eines Tages bat sobeck, sie möge ihm einige Wasserproben aus dem Kühlschrank holen. Unterhalb der Wasserproben fand sie blutige Innereien in einer Schüssel vor. Die Raumpflegerin, die gerade lustlos den Staublappen ausschlug, fragte, ob der Doktor wieder Hunger habe.

Quatsch, meinte Birgit gereizt, der ißt Würstechen.

Und ob der Innerein in sich hineinschlingt, behauptete die Putzfrau. Ich habe es geshen, flötete sie.


Kurz vor Weihnachten stand eine kleine Alabasterkatze auf Birgit Memelers Schreibtisch. Dazu ein Zettel. Ein frohes Fest wünsche ich Ihnen. Unterschrieben hatte Sobeck.

Birgits Freundin stellte fest, die Katze sei ein ägyptisches Mitbringsel. Kein Wunder, dacht sie, Sobeck sei mehrfach in Ägypten gewesen. Auch die Weihnachtsferien wolle er wieder dort verbringen. Er würde seinen Urlaub in der Nähe Abbu Simbels verbringen. Zeit für Freunde an den Gestaden des Nasser-Stausee, habe er gemurmelt. Früher, so Sobeck, wäre er auch mit Luxor oder Assuan zufrieden gewesen. Bedauerlicherweise seien seine Freunde in den Sudan vertrieben worden. Bis auf vielleicht zwanzig Freunde, die es im Stausse bei dem Tempel aushalten würden.

Mitte Januar war Sobeck zurück. Braungebrannt. Er wirkte etwas fülliger.

War das Essen gut, fragte Birgit ihn.

In Ägypten immer, unvergelichlich köstlich, schwärmte er. Es ist viel frischer als hier, flüsterte er. Versonnen lächelte er ihr zu.
 

Till Braven

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Hallo Bosbach,

das ist ja eine fantastische Geschichte, die du uns da bietest...
Sie ist in meinen Augen noch nicht perfekt. Aus diesem Blickwinkel ergibt sich meiner Meinung nach keine große Spannung. Und bei solch einer Ausgangsidee muß man natürlich aufpassen, daß es nicht zu trivial wird.
Sie wirft viele Fragen auf. Das ist sicherlich von dir gewollt.
Aber ich als Leser brauche ein paar mehr Anhaltspunkte. Erst recht, wenn ich mich gruseln soll...

Viele Grüße

Till
 



 
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