Soccer-görls

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Ein kleiner Bub aus Wien kommt herum in der Welt und beschreibt, was ihm dabei so auffällt. Gemeinsam mit seiner kleinen Freundin Natasha, die aus Russland stammt und scheinbar alles weiss, versucht er die Situationen und Widersprüchlichkeiten zu verstehen. Dabei bleibt zuerst Mal der Ernst auf der Strecke...

Die Mama von meiner Freundin Natasha war bei uns. Sie hat uns eingeladen, damit wir bei einem Fussballspiel von Natashas Team zuschauen können. Fussball in Amerika ist ja ein bisschen komisch. Das was die Amerikaner „Football“ rufen, ist in Wirklichkeit gar kein Fussball. Erstens spielen sie mit der Hand. Und fünftens rollt der Ball dort nicht, sondern sieht aus wie ein flachgedrückter Ball. Aber ich glaube, dass kommt daher, weil die Footballspieler in Amerika alle so unglaublich dick sind und einem schnell rollenden Ball gar nicht nachlaufen könnten. Und ein Spieler ist sicherlich einmal auf den Ball gefallen und hat ihn plattgedrückt. Jetzt sieht er aus wie ein Drachenei beim Harry Potter im Kino, also der Ball, nicht der dicke Spieler.

Was wir bei uns zuhause Fussball nennen, heisst bei den Amerikanern „Soccer“. Und das ist ja komisch. Ich glaube, das kommt von den „Socken“, die man dabei tragen muss. Genauso komisch ist, dass in Amerika nur Mädchen Fussball spielen und keine Buben.
Mein Papa sagt, weil da nur Mädchen spielen, müsste das eigentlich „Strümpfer“ und nicht „Socker“ heissen und er hat dabei gelacht und mich angezwinkert. Meine Mama hat ihn ganz böse angeschaut und gesagt, dass sie gleich ein Spiel mit ihm spielen wird, das „Pokicker“ heisst, wenn er nicht sofort aufhört, so blöd zu lachen.
Das Spiel würde mich interessieren, aber mir zeigt es ja keiner. Und als ich danach gefragt habe, hat meine Mama mir gedroht, wenn ich nicht sofort aufhöre blöd zu fragen, streicht sie mir die Nachspeise für die nächsten zwei Wochen.

Am nächsten Tag sind wir dann zum Spiel gegangen. Bei einem Park gleich in unserer Nähe sind urviele Mädchen im Fussballgewand herumgelaufen. Viele Zuseher in Campingsesseln und mit Picknicktischen waren da, aber das waren vor allem Frauen. Mein Papa und ich, wir waren die einzigen echten Männer weit und breit, glaube ich. Hier in San Francisco weiss man ja nie so genau, ob das wirklich eine Frau ist, die man sieht.

„Das sind alle die Mamas der Fussballerinnen.“, hat mir mein Papa zugeflüstert, „Jetzt werden wir sehen, wie gut die Mädchen im Fussball sind“. Dabei hat er vorsichtig zur Mama hingeschaut, ob ihn die eh nicht hört. Die stand aber ganz nah, und hat nur triumphierend gesagt: „Jetzt werdet ihr beide sehen, wie ziviliseriert es hier zugeht und wie erfolgreich Frauen im Sport sein können!“. Dabei hat sie der Mama von Natasha, die neben ihr sass, zugenickt und hakte sich bei ihr ein.

Dann sind die Fussballmannschaften auf den Platz gelaufen. Alle Zuseher kreischten und sprangen auf. Wie die Natasha reingekommen ist, habe ich auch gleich mitgejubelt, aber sie hat mich nicht gesehen. Wenn sie keine Brille trägt, sieht sie nicht so gut.
Die Schiedsrichterin hat gepfiffen und das Spiel ging los. Das erste Mädchen hat gegen den Ball getreten und die Schiedsrichterin getroffen. Die Mädchen hat das aber nicht gekümmert und sind alle zum Ball hingelaufen und haben draufgetreten. Der Ball flog nach links, alle Mädchen nach, eine erwischte den Ball, trat ihn und dann flog er nach rechts. Die Mamas standen alle am Spielfeldrand und schrien und fuchtelten mit den Armen, was das Zeug hielt. Ich stand mit Papa dahinter und sah nichts. Er auch nicht, da die Mamas die Köpfe und Arme hin- und herschmissen und man vor lauter Haaren nichts sehen konnte.
Wir hörten nur hin und wieder einen Pfiff, kreischende Mädchen, schreiende Frauen, Buhrufe und das abwechselnd. Meine Mama stand mit Natashas Mama ganz vorne und sie hüpften herum und auf einmal jubelten sie alle. Ich glaube, es war ein Tor gefallen. Die eine Hälfte der Mamas lief auf das Fussballfeld und jubelte und umarmte die Mädchen, die andere Hälfte lief auf das Fussballfeld und schimpfte mit den anderen Mädchen.

Nach 10 Minuten kamen wieder alle zurück und die Schiedsrichterin pfiff wieder. Diesmal waren meine Papa und ich schlauer gewesen und wir haben uns gleich ganz nach vorne gestellt, um besser sehen zu können. Jetzt konnten wir sehen, wie die Mädchen so wie vorhin dem Ball nachliefen, auf ihn eintraten und dann wieder nachrannten. Die Schiedsrichterin war schon ganz aus der Puste vom vielen Pfeifen, da hatte plötzlich die Natasha den Ball und rannte damit los. Als sie auf den Ball eintreten wollte, da waren zwei andere Mädchen da und rempelten sie und sie kickte anstatt den Ball auf das Schienbein von dem einen Mädchen. Die Zuseher schrien auf. Die Schiedsrichterin pfiff und das zweite Mädchen riss Natasha an den Haaren. Natasha kreischte auf und trat auch dem zweiten Mädchen auf den Fuss. Plötzlich stürmten alle Mädchen aufeinander los, die einen um Natasha zu helfen, die anderen um sie zu treten.

Meine Mama und Natashas Mama rannten los auf das Spielfeld um Natasha zu helfen und auch alle anderen Mamas. Sie zerrten an den Mädchen und die Mütter gegenseitig schimpften miteinander und ich weiss nicht mehr wie, aber eine Mama fiel hin, die andere riss an den Haaren der anderen und plötzlich wältzen sich alle Mamas auf dem Gras und schrien, heulten und kreischten wie verrückt. Es war ein Mordstrarara. Papa sah mich an und grinste von links nach rechts. Recht hatte er, denn keiner sah den Ball mehr, der in der Zwischenzeit zu bei uns zu Liegen kam.

Nach einiger Zeit kamen meine Mama und Natashas Mama mit Natasha zu uns her. Mama hatte die Bluse ganz grün und ihre Haare waren durcheinander und einen ihrer Sportschuhe hatte sie verloren. Auch die Mama von Natasha hatte ihre Schminke ganz verwischt und einen Riss in der Hose. Meine Mama sah meinen Papa ganz wütend an und fragte ihn ganz laut, warum er ihr denn nicht geholfen hätte. Er aber lachte nur die ganze Zeit und hatte schon Bauchschmerzen. Er wollte nicht bei der «Ziviliseration» der Frauen stören, sagte er, als er nicht mehr lachen musste. Dann begann er wieder loszuwiehern.
Dabei trat ihm Mama dann aufs Schienbein und er hörte auf zu lachen und sah ganz schmerzverzerrt aus. So humpelten wir nach Hause, Mama mit nur einem Schuh und Papa mit schmerzendem Schienbein.

Nur die Natasha war wieder eine Angeberin: sie hat mir ganz stolz den Kratzer auf dem rechten Arm und die Bissspuren auf der Wade gezeigt, die sie beim Fussballspiel bekommen hat.
 

majissa

Mitglied
Hallo Marius,

gefällt mir. Der Text hat ausgesprochen viel Charme. Die detaillierten Beschreibungen aus Sicht des Kindes sind gut (glaubwürdig) geraten. Nicht zuletzt durch die eingebauten Fehlerchen. Der feine Humor sorgt für besonderen Lesegenuss. Davon würde ich gern mehr lesen.

Du könntest den Text noch auf ein paar Rechtschreibfehler (ss und ß) hin überarbeiten. Und einige Wortwiederholungen rauswerfen. Außerdem wäre es schön, hätte der Junge einen Namen.

Besten Gruß
Majissa
 



 
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