Soziale Kontrolle

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Abendbrottisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund, ledig, Single, keine Kinder. Ein Kerl wie ein Schrank. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, weil er sie sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio gucken. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und sagt zu Freddy: "Los, fahr mit mir um den Block. In diesem Cabrio. Mit offenem Verdeck! Und schön langsam fahren. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat? Wozu soll das gut sein?"

"Wegen sozialer Kontrolle, Schatz. Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles. Meinen sie. Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet Papa ein. Freddy ist sehr amüsiert. Er ist sowieso für jeden Spaß zu haben. "Los, am besten ziehst du dir noch einen Fummel an", sagt er zu Mama, " das verwirrt doch komplett!"

Mama ist viel zu schlau für so etwas. "Nee, natürlich nicht. Im Alltagsoutfit. Dann verstehen die die Welt nicht mehr. WAS findet der denn an der?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Nachbarin zur Rechten lupft die Küchengardine. Wer macht da so einen Krach? Sie sieht Mama in Shorts, ausgelatschten Birkenstocks und fleckigem Top zu einem Rambo-Verschnitt in ein weißes Cabrio steigen.
"Schau mal", sagt sie zu ihrem Mann, "die von nebenan hat irgendeinen Neuen. Oder ist das ihr Bruder? Komisch, hab den noch nie hier gesehen. Bah, was ein Angeberauto. Die Frau hat doch Kinder. Schämt die sich nicht, in so einem Auto zu sitzen?"

Mama hat die Nachbarin schon gesehen. Sie versucht, nicht zu lachen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Die anderen Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Die Nachbarn bemühen sich, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren, aber zwei halten aus Versehen die Gartenschläuche auf die Küchenfenster, als sie doch die Köpfe verdrehen.

Mama legt die Hand auf Freddys Arm, als sie beim letzten Haus vorbeifahren. Die Rentnergang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends hat sie nur ein Thema. Ein Thema! Und morgen auch.

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen und widersteht knapp der Versuchung, der Nachbarin, die noch immer hinter der Gardine steht, zuzuwinken.

Freddy ist bald wieder in der Gegend...
 

LeseWurm

Mitglied
Hat ein amüsiertes schmunzeln auf mein Gesicht gezaubert.
Ich sehe soziale Kontrolle eher positiv. Hier mal ein bsp. wo mit Klatsch und Neugier gespielt wird.

Lässt gut Satz für Gedanken, was die Protagonisten sich wirklich denken.

Ist das eine kurze definition, eine Kurzprosa oder ein teil eines größeren?
Ich habe am Ende den Satz in Gedanken mit "... widersteht ... einen Kuss zu zuwerfen " ergänzt.

Rechtschreibung sorry WG.. tablet-pc.
 

anbas

Mitglied
Wiklich gerne gelesen. Das Stück solltest Du aus dem anoymen Bereich herausholen.

Liebe Grüße

Andreas
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Abendbrottisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund, ledig, Single, keine Kinder. Ein Kerl wie ein Schrank. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, weil er sie sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio gucken. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und sagt zu Freddy: "Los, fahr mit mir um den Block. In diesem Cabrio. Mit offenem Verdeck! Und schön langsam fahren. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat? Wozu soll das gut sein?"

"Wegen sozialer Kontrolle, Schatz. Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles. Meinen sie. Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet Papa ein. Freddy ist sehr amüsiert. Er ist sowieso für jeden Spaß zu haben. "Los, am besten ziehst du dir noch einen Fummel an", sagt er zu Mama, " das verwirrt doch komplett!"

Mama ist viel zu schlau für so etwas. "Nee, natürlich nicht. Im Alltagsoutfit. Dann verstehen die die Welt nicht mehr. WAS findet der denn an der?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Nachbarin zur Rechten lupft die Küchengardine. Wer macht da so einen Krach? Sie sieht Mama in Shorts, ausgelatschten Birkenstocks und fleckigem Top zu einem Rambo-Verschnitt in ein weißes Cabrio steigen.
"Schau mal", sagt sie zu ihrem Mann, "die von nebenan hat irgendeinen Neuen. Oder ist das ihr Bruder? Komisch, hab den noch nie hier gesehen. Bah, was ein Angeberauto. Die Frau hat doch Kinder. Schämt die sich nicht, in so einem Auto zu sitzen?"

Mama hat die Nachbarin schon gesehen. Sie versucht, nicht zu lachen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Die anderen Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Die Nachbarn bemühen sich, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren, aber zwei halten aus Versehen die Gartenschläuche auf die Küchenfenster, als sie doch die Köpfe verdrehen.

Mama legt die Hand auf Freddys Arm, als sie beim letzten Haus vorbeifahren. Die Rentnergang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends hat sie nur ein Thema. Ein Thema! Und morgen auch.

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen und widersteht knapp der Versuchung, der Nachbarin, die noch immer hinter der Gardine steht, einen Kuss zuzuwerfen.

Freddy ist bald wieder in der Gegend...
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Lesewurm,

freut mich, dass der Text bei Dir angekommen ist. Deinen Gedanken mit dem Kuss habe ich eingeflochten. So ist es noch besser. Das Ganze soll eine kleine Satire sein.

Hallo anbas,

ein Danke auch an Dich. Ich frage mal Freddy, ob er aus dem Schutz der Anonymität heraustreten will.


Gruß A.
 

rothsten

Mitglied
Hallo Doc,

ja, ja, das Spießertum ... oft besungen, doch meist misslungen.

Eine Pointe oder überasschende Wendung fehlt, aber das war hier vielleicht auch nicht Deine Absicht. Es scheint eher ein Ausschnitt aus dem Alltag zu sein aus der Rubrik "ist der Ruf erst ruiniert ..."

Das könnte langweilig enden, denn solche Szenen kennt jeder, der Nachbarn hat.
Diese Klippe hast Du wohl umschifft. Es gelingt Dir die nötige satirische Überspitzung, indem Du die Handlung sehr genau beobachtet hast - ob real oder vor dem inneren Auge ist dabei belanglos. Nur durch diese Details wirkt der Text satirisch, Beispiel:

"Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen"

Machte sie es "normal", wäre der Text als Satire an dieser Stelle grandios gescheitert. Das sind die Feinheiten, die humoristischen Spitzen, die den Unterschied machen.

Ich verstehe nur nicht, warum es "Kinderchen" heißen muss. Das Verniedlichende wirkt irgendwie fremd, ich verstehe diese Wertung hier nicht.
Und ob eine Mutter gelassen bleibt, wenn die Bälger Dosenfisch durch die Gegend werfen, versehe ich mal mit einem Fragzeichen. Was geht denn bei Euch zu Hause ab? Muss man dem Jugendamt Meldung machen? :)

lg
 
A

aligaga

Gast
Hm. Satire? Ja schon. Aber welche? Und auf wessen Kosten?

Wenn man den Zuschriften und den entsprechenden Reaktionen der AutorIn trauen möchte, dann wären sich alle einig, dass hier eine Idioten-Siedlung von "Freddy" und einer "Mama" vorgeführt wird.

Aber stimmt das auch?

@Ali fällt auf, dass nur der Außerirdische einen Namen bekommt, alle anderen aber die "Mama", der "Papa", die "Kinderchen" und die "Nachbarn" bleiben müssen. "Mama" steigt in ausgelatschten Birkenstöcken und einem fleckigen Top in das weiße Raumschiff und "zeigt" sich dem Volke von oben.

@Ali guckt ins Innere des Astronauten. Was geht dem während dieser Runde wohl durch den Kopf? Normalerweise müsste ihm die Schaustellung peinlich sein, aber davon ist nichts zu erkennen. Ali riecht nur das Fischbrötchen, das der Space-Cowboy gerade verschlungen hat (waren da Zwiebelringe drauf?). Sonst ist da gar nichts.

Die "Mama" hat ganz offenbar keine Selbstwahrnehmung und keine Selbstachtung (mehr), denn es scheint ihr wirklich nichts auszumachen, sich ungewaschen zu präsentieren wie die "Frau ohne Unterleib", die weiland in Jahrmarktbuden zur Schau gestellt wurde, oder wie ein Liliputaner, oder das Kalb mit zwei Köpfen.

Und die "Nachbarn"?

Die sind für gewöhnlich viel, viel schlauer, @doc, als du denkst. Die haben Ohren wie Luchse und Augen wie Elstern. Die können in einer hundertstel Sekunde aus hundert Metern Entfernung einen simplen Stecken von einem echten Gewehrlauf unterscheiden und lassen sich davon nicht beeindrucken; sie bleiben auf ihren Ästen hocken und kreischen hämisch.

Satire braucht ein Gefälle, sonst kommt sie nicht in Schwung. @Ali erkennt hier keines; er sieht ein Prekariat ganzheitlich abgebildet wie in der scripted reality einer RTL-Vorführung, wo man zwischen der Einfalt der Protagonisten, der ModeratorIn und des Publikums die Hand nicht umdrehen kann.

TTip, @doc: das Ding nach "Horror und Psycho" verschieben. Da gehörte es eigentlich hin.

Oder den Cowboy nicht zurückkommen lassen. Er könnte mitsamt der "Mama" durch eine Waschstraße fahren; das Mädel wäre hinterher sauber, hätte ein hübsches Kleid an, einen Namen, wäre wirklich zu allem bereit und käme nie mehr aus ihrem Orbiter zurück auf die Erde ...

Heiter

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Hallo DS

Mama, Papa und die Kinderchen.

Ist das jetzt Essen Kray oder eher Bochum Langendreer?
Scheint, allein auf "Papas" Sprache aber auf jeden Fall ziemlich gut beobachtete Schrebergarten-Vorstadt-Idylle zu sein.

War das eigentlich Absicht?
Papa guckt verblüfft. "[blue]Wat[/blue]? Wozu soll [blue]das[/blue] gut sein?"
Wollte ich erst als Erbsen-Zähl-Fehlerchen ankritteln.
Satirisch betrachtet gefällt mir diese Szene aber so doch deutlich besser. Hübscher übergang.
Ich spürte förmlich den Schlag in den Nacken nach dem knappen "Wat". In Papas jungen Jahren - seine Mutter am Esstisch: "Sprich anständich, Jung, was denkste denn, was sonst aus dir werden tut!"

Gelungener Text, so herrlich politisch inkorrekt. ;)


Grüße aus Westfalen senden tut
Frank
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Doc!

Dieser Satz als Einstieg ist einfach herrlich:
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Abendbrottisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch.
In meinem Kopf entstand sofort ein “Kriegsbild”, der mich dann mit dem Satz
Also alles friedlich.
schmunzeln liess.
Der abgehackte, ironische Ton passt gut zur Geschichte.
Weglassen würde ich aber den Satz
"die von nebenan hat irgendeinen Neuen”
denn er erdrückt (meiner Meinung nach) das “Allwissen der Nachbarn”. Es sind ja gerade diese Nachbarn die, die ALLES wissen, bestens informiert sind und sehen, dass Papa jeden Tag Zuhause ist und Mama somit keinen neuen haben kann. So auch dieser Satz:
“””Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"””
Schwächt (meiner Meinung nach) Dein Vorhaben, diese Art von Nachbarn, die sogar wissen, was in deiner Einkaufstüte liegt, zu beschreiben,
Die Gesamtgeschichte hat mir gut gefallen.
Flott! Gern gelesen!
Mit Gruss,
Ji
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Doc,

Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Wäre nicht besser: Ein weißes BMW Cabrio … Er müsste da noch mal hinaus, …

Du stellst eine Familie in einem sehr biederen Wohnviertel vor, in der sich niemand aufregt, wenn sich die Kinder beim Essen mit Gürkchen und Dosenfisch bewerfen.
Dosenfisch!
Mit diesem einen Satz hast du gleich das ganze Umfeld dieser Familie beschrieben.
Ich erahne, wie es um den Pflegezustand des Gartens bestellt ist, wie sie tage- und nächtelang feiern, lärmen, grölen … Laute Musik … Der Gehsteig ist nie gekehrt, die Kinder immer schmutzig, usw.
Der Albtraum für die ganze Nachbarschaft.
Ob die sich noch ärgern lassen, nur weil die Mama eine Runde im Cabrio mit fährt?
Hast du für diese Situation auch schon mal an einen Hells Angels Verschnitt mit überlauter Harley gedacht? Sie sitzt mit hochgeschobenem Rock hinten drauf und schmiegt sich an den Fahrer?

Gruß Th.
 

rothsten

Mitglied
Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich.
Mir ist schon bewusst, dass hier das blanke Chaos herrscht und diese Verniedlichungen und der Sarkasmus Stilmittel der Satire darstellen. Ich habe mich wohl verklausuliert ausgedrückt. Es geht mir mehr um die etwas fremd wirkende Erzählstimme:

- sie wirkt allwissend
- sie wirkt beobachtend, als stünde sie daneben
- sie nennt die Prots Mama und Papa, wirkt also beteiligt

Ist der Erzähler eines der Kinder?

Mein Geschmack wäre, hier den Erzähler neutral auftreten zu lassen. Die Komik liegt für mich mehr in dem Aussteigen in Zeitlupe, denn in dem sarkastischem Erzähler-Hinweis darauf, dass Chaos herrsche. Ersteres hat etwas von Loriot, den ich bevorzuge. Wie gesagt, nur mein persönlicher Geschmack.

Festzuhalten bleibt für mich aber, dass die Erzählstimme uneinheitlich ist, mal erzählend, mal bewertend. Sowas stört mich.

lg
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo rothsten,

dass Dir der Text im Wesentlichen zusagt, freut mich. Die Kinderchen sind der satirischen Überspitzung geschuldet. Kinder hört sich ja viel zu normal an. Ich habe versäumt, dass es eine größere Familie ist, sagen wir mit vier Kindern. Bau ich noch ein.
Mama ist ein abgebrühter Typ, merkst Du das nicht? Der ist das egal, wer was wirft.:)


Hallo ali,

Mama, Papa und die Kinderchen haben bewusst keine Namen. Jeder soll seine eigenen Assoziationen dazu haben. Auch wenn Mama dann relativ gut beschrieben wird - also ihre Klamotten mit Kampfspuren ihres täglichen Lebens - so bleibt sie doch namenlos. Übrigens finde ich es interessant, dass du die Schürze nicht bemerkst. Wieso trägt sie eine Schürze, wenn sie sowieso versiffte Sachen anhat???? :)

Freddy heißt Freddy, weil er mich an einen Schlagersänger erinnert. Er musste einen Namen haben, damit der Text verständlicher wird.

Mama serviert ihrer Familie Gürkchen und Dosenfisch. Ich bitte Dich, was ist das denn für ein Abendessen??? Für Kinder? Das ist doch voll Banane. Und die Nachbarn MEINEN, sie seien schlau. Nicht mal der Teufel hat so viele Ohren und Augen wie sie, sagt Böll, aber ha - sie wissen eben doch nicht alles. So wollte ich das verstanden wissen. Denen ist Mama mit ihren Kids ja sowieso ein Dorn im Auge. Vielleicht muss ich das noch deutlicher ausbauen. Mama sieht nämlich aus wie nen schmutziges Model, also richtig gut, hat aber viele Kids, you know?


So ein Ende wie du es dir vorstellst, wäre ja viel zu lieb. Nein, Mama bleibt natürlich so wie sie ist und hat jetzt noch mehr Fasziniation für die bösen Nachbarn.

Horror und Psycho wäre auch gut, ist ja wirklich Horror. Die armen Kinder kriegen Dosenfisch und Papa ist irgendwie leicht trottlig.


Inzwischen lach ich mich über meinen eigenen Text kaputt. Das ist gut.

:)

LG
DS
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Frank,

"Wat" ist natürlich extra, aber Du hast recht, dann muss es auch "dat" heißen. Nur für Papa. :) Vielen Dank für den Hinweis.
Sonst alles richtig erkannt. Und wenn Du Dich amüsiert hast, ist alles perfekt.


LG DS
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ji,

schön, dass Du Dich vielleicht sogar mit dem Text identifizieren kannst. :) Ich sehe das mit den Nachbarn anders: Sie wissen eben nicht alles, und das will Mama ihnen jetzt brühwarm unter die Nase reiben. Nur weil sie den ganzen Tag zu Hause ist - wo steht das? - kann sie ja trotzdem jemanden haben. Hat sie nicht, aber das brauchen die Nachbarn nicht zu wissen. Sie wissen ja jetzt etwas anderes. :) Sie meinen es zumindest.


LG DS
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Thomas,

die Familie ist kein Alptraum. Sie ist eigentlich relativ normal. Die Nachbarn sind es nicht. Das ist der Kern dieser Satire.
:)

Guck mal, Freddy genießt die Atmosphäre, er isst mit ihnen etc. Würde er das tun, wenn alle völlig verroht wären? Nein. Er fühlt sich wohl. Klar, auch weil er bald wieder geht, also er muss die Kinder nicht vom Fisch befreien etc. :)
Aber in Richtung asozial geht das hier nicht.


LG DS
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo rohsten,

ich dache an einen auktorialen Erzähler. Das ist alles. Dein Einwand bleibt mir etwas unverständlich.


LG DS
 

ThomasQu

Mitglied
Naja, Doc, wenn sich die Kinder beim Essen schon mit solch ekligem Zeug bewerfen dürfen und Freddy sich dabei wohl fühlt, da war es für mich wahrscheinlich, dass der eben auch so ist. Liegt ja nahe. Immerhin dürfen die Kinder ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen.
Th.
 
A

aligaga

Gast
Übrigens finde ich es interessant, dass du die Schürze nicht bemerkst. Wieso trägt sie eine Schürze, wenn sie sowieso versiffte Sachen anhat????
Es gibt Schürzen und Schürzen, @doc. Die von dir ausgesuchte hatte offenbar das Top von "Mama" nicht vor dem Dreck bewahrt, in dem die haust. Das Kleidngsstück ist als Requisit für die Geschichte völlig irrelevant.

Nochmal: @Ali kann an dieser Nummer nichts "lustig" finden, schon gar nichts "satirisch", sondern allenfalls tragikomisch: Eine heruntergeschlampte, namenlose "Mama" meint, mit einem Strizzi und dessen angejahrtem Cabrio abheben zu können.

In @alis Augen (und in denen einer rabenäugigen Nachbarschaft) tut sie das aber gar nicht, sondern bleibt kläglich am Boden kleben; die im Leben zu kurz Gekommene ist nicht schlau, sondern macht sich zum Narren und verliert ihre Würde. Du beschreibst uns ein Rattennest, in dem jede Ratte meint, sie sei schlauer als die andere. Dabei hocken sie alle im gleichen Dreck. Von welcher Warte aus, denkst du, sollte man darüber lachen können?

Übrigens - @ali ist der Name der Modera-Torin wieder eingefallen, die bei RTL die nachmittäglichen Prollsendungen produziert, in denen Typen wie die von dir Vorgestellten zum Gaudium eines johlenden Publikums aufeinander losgelassen werden. Allerdings: bei Bärbel Schäfer haben alle einen Vornamen, nicht nur der Schofför.

@Ali hält Schadenfreude für ein Laster.

Nicht wirklich amüsiert

aligaga
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein warmer Sommerabend. Papa, Mama und die Kinderchen um den Abendbrottisch. Die Kinderchen bewerfen sich mit Gürkchen und Dosenfisch. Also alles friedlich. Plötzlich klingelt es. Mama wischt sich die Hände an der Schürze ab, öffnet die Tür und sieht sich Freddy gegenüber, Papas Jugendfreund, ledig, Single, keine Kinder. Ein Kerl wie ein Schrank. Freddy ist nach langer Zeit mal wieder zu Besuch.
Alle freuen sich und Freddy lässt es sich gefallen, dass die Kinderchen ihre Fettfinger an seinem Lederblouson abwischen, er isst ein Fischbrot und genießt die Atmosphäre, weil er sie sonst nicht hat. Und weil er ja bald wieder geht.
Aber vorher, verkündet er, muss er noch schnell sein neues Auto zeigen. Einen weißen BMW-Cabrio, Baujahr 1992. Ein Liebhaberstück. Er müsste da auch mal hin, das Verdeck sei offen.

Papa verdreht die Augen. Der mit seinen Autos! Papa hat auch Liebhaberstücke, aber das sind seine Kinderchen. Diese dürfen nicht mit raus zum Cabrio gucken. Zu fettige Finger. Aber Mama darf.
Sie wirft ihre Schürze über den Stuhl und sagt zu Freddy: "Los, fahr mit mir um den Block. In diesem Cabrio. Mit offenem Verdeck! Und schön langsam fahren. Ich leg dann mal die Hand auf deinen Arm, ja?"

Papa guckt verblüfft. "Wat? Wozu soll dat gut sein?"

"Wegen sozialer Kontrolle, Schatz. Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles. Meinen sie. Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Das leuchtet Papa ein. Freddy ist sehr amüsiert. Er ist sowieso für jeden Spaß zu haben. "Los, am besten ziehst du dir noch einen Fummel an", sagt er zu Mama, " das verwirrt doch komplett!"

Mama ist viel zu schlau für so etwas. "Nee, natürlich nicht. Im Alltagsoutfit. Dann verstehen die die Welt nicht mehr. WAS findet der denn an der?"

Gesagt, getan. Mama steigt zu Freddy ins Auto. Umständlich, langsam. Freddy lässt den Motor aufheulen. Die Nachbarin zur Rechten lupft die Küchengardine. Wer macht da so einen Krach? Sie sieht Mama in Shorts, ausgelatschten Birkenstocks und fleckigem Top zu einem Rambo-Verschnitt in ein weißes Cabrio steigen.
"Schau mal", sagt sie zu ihrem Mann, "die von nebenan hat irgendeinen Neuen. Oder ist das ihr Bruder? Komisch, hab den noch nie hier gesehen. Bah, was ein Angeberauto. Die Frau hat doch Kinder. Schämt die sich nicht, in so einem Auto zu sitzen?"

Mama hat die Nachbarin schon gesehen. Sie versucht, nicht zu lachen. Freddy fährt langsam mit ihr an der Häuserreihe vorbei. Die anderen Nachbarn, freie Mitarbeiter bei Google Street View, gießen ihre Blumen im Vorgarten oder halten den Gartenschlauch auf den Rasen. Mama grüßt alle freundlich. Die Nachbarn bemühen sich, dem Auto und seinen Insassen nicht hinterher zu starren, aber zwei halten aus Versehen die Gartenschläuche auf die Küchenfenster, als sie doch die Köpfe verdrehen.

Mama legt die Hand auf Freddys Arm, als sie beim letzten Haus vorbeifahren. Die Rentnergang unterbricht ihr Pläuschchen auf der Straße. Den Rest des Abends hat sie nur ein Thema. Ein Thema! Und morgen auch.

Freddy setzt Mama wieder zu Hause ab. Sie entsteigt in Zeitlupe dem Wagen und widersteht knapp der Versuchung, der Nachbarin, die noch immer hinter der Gardine steht, einen Kuss zuzuwerfen.

Freddy ist bald wieder in der Gegend...
 

Ji Rina

Mitglied
@Doc Schneider:


Hallo Doc!
Aber Du schreibst doch:

Du weißt doch, unsere Nachbarn liegen ständig hinter der Gardine. Die sehen mich, wenn ich vom Einkaufen kommen, die gucken, WAS ich eingekauft habe, die wissen doch alles.
Dies ist nun mal so. Solche Nachbarn wissen tatsächlich alles. Und deshalb ist der folgende Satz ein Kontrast:

Sie wissen nicht, dass ich einen gutaussehenden Kerl mit einem Cabrio habe!"
Vielleicht wissen Nachbarn nicht, dass man im Lottto gewonnen hat. Oder sie wissen (vorerst) nicht, dass man einen Liebhaber in der nächsten Stadt hat. Aber wenn Mama (nebenan) einen neuen Mann mit Cabrio hätte, wüssten sie es ganz bestimmt.

Deshalb wäre es meiner Meinung nach verständlicher, wenn Mama einfach nur mal mit dem Kerl im Cabrio „angeben“ wollte, um die Nachbarschaft tuscheln su lassen und sie zu verwirren.
 



 
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