Sprachentwicklung, alte Wörter aus dem Frühneuhochdeutschen

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Alfred Götze schrieb ein "Frühneuhochdeutsches Glossar", in dem er 1912 ein Wörterverzeichnis alter Wörter zur Verfügung stellt. Ich habe antiquarisch die sechste Auflage von 1960 gekauft.

Interessant ist besonders die Sprachentwicklung.
Eine Reihe der Wörter gerieten in Vergessenheit: "Trodel"=eine Faser im Holz, "Klaperman"=Verleumder und viele andere. Andere blieben erhalten, entwickelten sich aber lautlich weiter: hül -> Höhle, heidocks -> Eidechse, Pflosche -> Flasche (das "pf" höre ich noch manchmal am Anfang, geschrieben wird es hier nicht mehr).
Wieder andere scheinen noch ganz bekannt zu klingen, veränderten aber die Bedeutung oder man scheint sie zu verstehen, aber versteht sie doch nicht: Hungertuch: Tuch, mit dem der Hauptaltar zur Fastenzeiit verhängt ist. (Wir kennen: Am Hungertuch nagen" - wer aber denkt dabei an den Hauptaltar?)

Ein schönes Wort ist "hulenmechirn"=Kopftuchnäherin. Wenn man das heutige Wort und die Beziehung der beiden kennt, kann man das alte erschließen, sonst ist es fast unmöglich, es zu verstehen. Man kann mit dem Kopftuch (der Hule) das Haar verhüllen.

Das Wort "Klausel" ist heute noch bekannt, wer aber würde eine einsame Wohnung darunter vermuten? Wenn wir es aber mit "Klausurtagung" vergleichen, entsteht ein Zusammenhang, wenn es dort auch nicht mehr sehr einsam ist.

"Nix" war Geldmangel, heute noch bekannt: Ich habe nix.

Das waren nur einige Beispiele. Wenn man alte Bücher liest, muss man solcher Entwicklungen gewahr sein.

Auszugsweise findet man die Quelle auch im Internet: http://books.google.de/books?id=Is1...resnum=1&ved=0CAkQ6AEwAA#v=onepage&q=&f=false
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Auch ein schönes Beispiel für einen leider aus der Mode gekommenen bzw. umgedeuteten Begriff ist das schöne:

Fickfack, der _[e]s, _e (umg für Ausflucht, Vorwand) * fickfacken (ich fickfacke) od fickfackern (ich ..[e]re) (unruhig hin und her laufen; Ausflüchte suchen; Böses anstellen) * Fickfacker (unbeständiger Mensch) * Fickfackerei * Fickmühle (Zwickmühle)

aus "Der große Duden" Leipzig 1978


Also wenn ich fickfacke, dann ist das nur ein Fickfack dafür, das ich ein Fickfacker bin, auch wenn ich dadurch in der Fickmühle stecke.

Viele Grüße
Sta.tor
 



 
Oben Unten