Spuren

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Stern

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Spuren

Fußspuren des Lebens. Eingeprägt in Herz und Seele, in den Körper, seine Formen, in Gesichter und ihre Züge. Menschen - erkennbar an den Spuren, die das Leben in ihnen hinterlassen hat. Das Leben prägt sich ein und schafft neues Leben, von sich selbst geprägt.

Ich gehe durch die Stadt und sehe die Menschen, die dort stehen, die an mir vorbeilaufen, die in Cafés sitzen, in der Stadtbahn, auf Parkbänken, am Boden. In ihren Gesichtern, in ihren Bewegungen, in ihrer Art, sich zu kleiden oder ihre Tasche zu tragen, suche ich nach den Spuren, die das Leben in ihnen hinterlassen hat. - Warum sieht dieses Kind so traurig aus? Sieht es immer so aus oder nur heute oder nur jetzt? - Wie kommt es, daß die Augen dieser alten Frau glitzern und wach in die Welt schauen? - Die junge Frau dort drüben ist so stark und streng geschminkt, daß fast nichts von ihr zu sehen ist - rundherum nur schwarzes Leder - wovor schützt sie sich? - Der alte Mann hat Schmerzen, wenn er geht, aber er sieht den Kindern aufmerksam und wohlwollend zu und kann lächeln, wenn sich unsere Blicke begegnen. - Diese Frau hat so leere Augen und starrt vor sich hin, ohne etwas wahrzunehmen - warum?
Soviele Menschen. Jeder trägt sein Schicksal mit sich, jedes Leben hat Spuren hinterlassen. Glück, Freude, Verzweiflung, Angst - Liebe, Haß, Verlust... Alles hinterläßt Spuren in den Menschen, sichtbar und unsichtbar. Zeichen des Lebens. Wie gerne möchte ich sie verstehen, diese Spuren, die das Leben in ihren Gesichtern geschrieben hat.

Ich gehe nach Hause und sehe in den Spiegel. Auch mein Gesicht trägt Spuren, auch in meinem Gesicht drückt sich meine Freude und meine Traurigkeit aus, auch mein Körper kann dem, der mich versteht, sagen, wer ich bin und wie ich gerade empfinde. Manche Spuren sind nach kürzester Zeit verwischt und andere halten sich über Jahre. Wenige für immer. Nicht nur in meinem Äußeren gibt es diese Spuren - auch innen gibt es sie. Und es gibt verschiedene Spuren. Spuren, die ich schon kenne, und Spuren, denen ich noch auf die Spur kommen will. Spuren, die sich von außen eingeprägt haben und Spuren, die von innen geprägt sind. Die inneren Spuren sind es, auf die ich ganz besonders neugierig bin - und doch muß ich oft erst die äußeren zu verstehen lernen, bevor ich sie beiseitelegen und die inneren entdecken kann. Die inneren Lebensspuren, die ich vielleicht schon von irgendwoher mitgebracht habe, die mir geschenkt sind, vielleicht, damit ich sie nach außen bringe. Und doch muß ich zuerst die äußeren durchdringen und ihnen ihren Platz zuweisen. - Manchmal blitzen die inneren Lebensspuren hindurch. Vielleicht jeden Tag ein kleines bißchen mehr.

- Daß das hindurchdringt und in mir wächst, was von ganz innen kommt, und daß ich lerne, es in meinen Alltag hineinzuweben - daß es möglich ist, das Zuinnerste mit dem Außen zu verbinden, es in die Welt zu tragen - daß nicht nur das Leben mich prägt, sondern auch ich das Leben präge - das wünsche ich mir.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Stern,

das ist ein intessanter Prosatext, weil Du die Spuren zuerst an anderen wahrnimmst und dann zu Dir selbst gelangst von außen nach innen und danach wiederum nach außen.

Ja, so wirken die Dinge, und Du hast diesen beobachtenden Prozess gut verdeutlicht.

Dir alles Liebe!:)
Grüße von Vera-Lena
 

Zinndorfer

Mitglied
Anmerkung: Ich kann hier leider nicht erkennen, in welchem Forum der Test gestanden hat. Das also bedenken.


Hallo Stern, ein literarischer Text ist das nicht. Es ist eine Reflexion, aber sprachlich noch unausgereift - siehe unten. Um daraus einen literarischen Text zu machen, müsste meines Erachtens der erste Absatz wegfallen - der ohnehin mit dem Fehler der Fußspuren beginnt, wer hat denn Fußspuren auf der Seele; wenn das metaphorisch gemeint ist, stößt man sich den Kopf - und die beiden Letzten.
"Das wünsche ich mir" am Schluss banalisiert den Text und ist ziemlich leicht zu erfüllen; da muss man nicht viel herumwünschen, sondern nur es tun.
Literarisch verwertbar erscheint mir nur der zweite Absatz. Hier brauchst du jedoch einen genialen Text-Überschwung, eine literarische, eine stilistische Idee. Um die Gleichzeitigkeit dieser Eindrücke von diesen Leuten zu zeigen.
Resümee: Du beschreibst zu genau. Du bemühst dich um Vollständigkeit. Dieses Bemühen ist dem Text anzusehen. Du musst dich frei schreiben.



Spuren

[strike]Fuß[/strike]Spuren des Lebens. Eingepägt in Herz und Seele, in den Körper, seine Formen, [strike]in Gesichter und ihre Züge[/strike] in Gesichtszüge. Menschen - erkennbar an den Spuren, die das Leben in ihnen hinterlassen hat. Das Leben prägt sich ein und schafft neues Leben, von sich selbst geprägt. Na ja. Das ist alles nicht neu. Der Absatz bringt nichts.

Ich gehe durch die Stadt und sehe die Menschen, die dort stehen, die Menschen, die dort in der Stadt stehen? das ist ungenau, die an mir vorbeilaufen, die in Cafés sitzen, in der Stadtbahn, auf Parkbänken, am Boden. In ihren Gesichtern, in ihren Bewegungen, in ihrer Art, sich zu kleiden oder ihre Tasche zu tragen, suche ich nach den Spuren, die das Leben in ihnen hinterlassen hat. Im Prinzip ist das die Idee des Textes, die ich gut finde, aus der müsste literarisch etwas gemacht werden - Warum sieht dieses Kind so traurig aus? Sieht es immer so aus oder nur heute oder nur jetzt? - Wie kommt es, daß die Augen dieser alten Frau glitzern und wach in die Welt schauen? - Die junge Frau dort drüben ist so stark und streng geschminkt, daß fast nichts von ihr zu sehen ist - rundherum nur schwarzes Leder - wovor schützt sie sich? das ist wertend, raus damit, außerdem etwas psychogen - Der alte Mann hat Schmerzen, wenn er geht, aber er sieht den Kindern aufmerksam und wohlwollend zu und kann lächeln, wenn sich unsere Blicke begegnen. schön beobachtet - Diese Frau hat so leere Augen und starrt vor sich hin, ohne etwas wahrzunehmen - warum?
du hast bis hierhin nur den visuellen Sinn bedient - man hört nichts, fühlt nichts, fasst nichts an, das ist alles noch eindimensional, das ist eine totentstille Szenerie, sinnlich betrachtet, da gibt es keinen Windstoß, der durch die Kleider oder Haare fährt (den fühlt man als Leser, wenn er sprachlich gut getroffen ist) (kein Lichtstrahl)

Der Rest ist wieder nicht neu, und daher literarisch unbrauchbar.
Soviele Menschen. Jeder trägt sein Schicksal mit sich, jedes Leben hat Spuren hinterlassen. Glück, Freude, Verzweiflung, Angst - Liebe, Haß, Verlust... Alles hinterläßt Spuren in den Menschen, sichtbar und unsichtbar. Zeichen des Lebens. Wie gerne möchte ich sie verstehen, diese Spuren, die das Leben in ihren Gesichtern geschrieben hat. Nicht neu

Ich gehe nach Hause und sehe in den Spiegel. Auch mein Gesicht trägt Spuren, auch in meinem Gesicht drückt sich meine Freude und meine Traurigkeit aus, auch mein Körper kann dem, der mich versteht, sagen, wer ich bin und wie ich gerade empfinde. Nicht neu Manche Spuren sind nach kürzester Zeit verwischt und andere halten sich über Jahre. Wenige für immer daraus könnte man bei Differenzierung noch was machen. Nicht nur in meinem Äußeren gibt es diese Spuren - auch innen gibt es sie. Jaja. Jetzt wid der Leser allerspätestens ungeduldig Und es gibt verschiedene Spuren. Spuren, die ich schon kenne, und Spuren, denen ich noch auf die Spur kommen will. Spuren, die sich von außen eingeprägt haben und Spuren, die von innen geprägt sind.Sprachlich lahm Die inneren Spuren sind es, auf die ich ganz besonders neugierig bin - und doch muß ich oft erst die äußeren zu verstehen lernen, bevor ich sie beiseitelegen und die inneren entdecken kann. Die inneren Lebensspuren, die ich vielleicht schon von irgendwoher mitgebracht habe, die mir geschenkt sind, vielleicht, damit ich sie nach außen bringe. Zu salbungsvoll. Erzähl einfach eine Story! Und doch muß ich zuerst die äußeren durchdringen und ihnen ihren Platz zuweisen amtsdeutsch. Du könntest auch schreiben "Und doch muss ich zuerst die äüßeren durchdringen und zuwarten." - Manchmal blitzen die inneren Lebensspuren hindurch. Vielleicht jeden Tag ein kleines bißchen mehr.

- Daß das hindurchdringt und in mir wächst, was von ganz innen kommt, und daß ich lerne, es in meinen Alltag hineinzuweben - daß es möglich ist, das Zuinnerste mit dem Außen zu verbinden, es in die Welt zu tragen - daß nicht nur das Leben mich prägt, sondern auch ich das Leben präge - das wünsche ich mir. Das war der reine Tagebuchteil.
 

Stern

Mitglied
Hallo Zinndorfer,

also, es war tatsächlich eine Art Tagebuch-Aufschrieb und unter Tagebuch gepostet. Als solcher wird er natürlich ein ganzes Stück weit sinnlos, wenn ich die Reflexionen über mich selbst rausstreiche. Es war zu jenem Zeitpunkt eine Art innerer Standortbestimmung. Ich nehme deine Anregungen/Kritik trotzdem gerne an. Ich finde es interessant, welchen Teil du als den betrachtest, der noch am ausbaufähigsten ist. Auch das mit dem frei schreiben ist in jedem Fall richtig, auch wenn ich in diesem Text -mindestens bewußt- nicht um Genauigkeit bemüht war. Ich bin nur meinen Gedankengängen gefolgt und habe dem Text, weil er innerlich eine große Veränderung eingeleitet hat, viel Bedeutung beigemessen. Literarisch gesehen mag das wohl verfehlt sein.
Ich werde ihn also nicht umarbeiten, sondern mal versuchen, etwas Neues draus zu machen.

Stern *

An Lotte Werther: morgen mehr, heute schaff ich's nicht mehr. Aber du hast mir meinen Wunsch wohl kaum von den Augen, aber doch irgendwie von den Buchstaben abgelesen. Danke für den Link.
 

Stern

Mitglied
Liebe Lotte Werther,

dein Kommentar gibt mir noch etwas mehr als der von Zinndorfer das Gefühl, dass es nicht viel Sinn macht, in diesem Text noch herum zu schreiben. Oder siehst du das anders?

Was die Form anbelangt, so halte ich das für eine große Schwäche von mir, woran ich natürlich auch beim Lesen der Werke manch anderer nicht vorbeikomme. Vielleicht habe ich mich dafür in den letzten Jahren auch zu wenig mit Literatur befaßt. Oft kenne ich nicht einmal namhafte Autoren, geschweige denn, dass ich mich mit Theorie in irgendeiner Weise auseinandergesetzt hätte. Ich bin mir nicht darüber im Klaren, wie und in welchen zeitlichen Dimensionen solche Defizite nachzuholen sind. Vor allem weil ich auch nicht nach Herzenslust loslegen kann, sondern diesbezüglich immer noch in der mütterlichen Warteschlange stehe.

Zurück zum Text. Ja, für die vielen Wiederholungen habe ich keine literarische Rechtfertigung. Er war nachdenklich, der Text, ich war nicht auf stilistisches Ausfeilen bedacht, sondern bin meinen Gedankengängen gefolgt. Der innere Abstand zum Text ist viel zu gering und das offensichtlich bis heute, denn es ist mir selbst nie aufgefallen. Die guten Bewertungen haben natürlich auch nicht dazu beigetragen, dass ich ihn kritisch hinterfragt hätte.

Ich trage das jetzt mal eine Zeitlang mit mir herum.

Was mich noch interessiert: was hat dich nun gerade zu diesem Text geführt? Zufall oder Auswahl?

Grüße von Stern *
 
L

Lotte Werther

Gast
An Stern

Was mich noch interessiert: was hat dich nun gerade zu diesem Text geführt? Zufall oder Auswahl?

Ich habe den Text gelesen, als er im Forum Tagebuch stand.

Deine Bitte um einen Kommentar rief ihn mir wieder ins Gedächtnis.

Zu deinen Überlegungen möchte ich sagen, dass sie richtig sind.
Flickarbeit an den "Spuren" macht aus Erfahrung so wenig einen grundlegend besseren Text daraus, wie ein Flicken auf einer Hose dieser nicht zu neuem, oder im Falle der Hose, zu altem Glanz verhelfen wird.

Kritik an einem Text fruchtet deshalb oft erst beim nächsten Schreibversuch. Abstand braucht man.

Niemand steht unter Zwang. Schreiben sollte Spass machen. Dass nicht jedes Schreiben ein Leuchtstern am Literatur Himmel sein kann, ist so selbstverständlich, dass mir dieses Klischee nur widerwillig rausrutscht.

Viel Freude weiter beim Schreiben.

Lotte Werther
 

Gabriele

Mitglied
Liebe Stern!
Nimm Zinndorfers und Lottes Ratschläge an, aber lass Dich nicht zusehr beirren! Dein Text ist ausdrucksstark und nachvollziehbar, auch wenn er nach literarischen Maßstäben vielleicht nicht sehr wertvoll ist.
Mir geht es auch oft so, dass ich etwas schreibe, das aus meinem tiefsten Herzen kommt und das dann ein Gefühl großer Freude in mir auslöst, wenn ich es in (einigermaßen) treffende Worte fassen kann. Wenn andere es dann banal oder literarisch minderwertig finden, bin ich enttäuscht. Aber was soll's? Wir schreiben ja nicht (nur) für potentielle LeserInnen, sondern in erster Linie für uns selbst, weil wir eben gern schreiben, oder? (Lotte hat das ja sinngemäß auch schon angemerkt.)
Alles Liebe!
Gabriele
PS: Besonderes Verständnis habe ich für die "mütterliche Warteschlange"! :)
 

Stern

Mitglied
Liebe Gabriele,

herzlichen Dank für deine Zeilen! - Ja, ich verstehe, was du meinst. Mein Abstand zu diesem Text ist groß genug, dass ich ihn literarisch kritisiert sehen kann, ohne dass sein hoher innerer Wert, den er für mich hat, in Frage gestellt ist. Er ist auch schon zehn Jahre alt, ein bisschen Abstand habe ich also. Eine leichte Verwunderung darüber, dass Lotte und Zinndorfer das alles so völlig selbstverständlich, tausendmal gedacht oder gar noch leicht umzusetzen finden, verspüre ich zwar schon, aber das greift mich nicht persönlich an. Für mich ist es zB bis heute noch nicht selbstverständlich, mich leben zu können, wie in den letzten Zeilen des Textes beschrieben. Aber darum geht es hier nicht. Ich nehme es als literarisches "Urteil" und dem kann ich nicht widersprechen. Der Wert für mich bleibt und ich werde sicher dann und wann mal einen ähnlichen Text schreiben und ihn vielleicht nicht einstellen oder ihn vorher selbst kritischer betrachten.

Deine Rückmeldung freut mich. Und die "mütterliche Warteschlange"... - ja, manchmal wäre es schon praktisch, sie ausknipsen und in der Besenkammer verstauen zu können, die lieben Kleinen. Nur für ein paar Tage (teuflisches Gekicher und beschämtes Augenniederschlagen).

Liebe Grüße,

Stern *
 



 
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