Stadtmorgen

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wirena

Mitglied
Hallo Chairmaine

butterweich zu lesen, doch welch harte Nuss zu knacken :)
mit Deinem Werk hast Du meine grauen Hirnzellen auf Hochtouren gebracht. Diese Dichte, Konzentration, aufgefangen in Bilder – Schön wie die Gerade als Tag zu fliessen beginnt und der verlorene Schuh „taktiert“ gliedert – Gefällt mir gut.

lg wirena.
 

Walther

Mitglied
Lb. wirena,

leider muß ich Dir ganz dezidiert widersprechen.

Beispiel (1): Der Horizont einer Stadt hat niemals eine "Stromlinie". Diese kommt aus der Luftwiderstandsforschung und beschreibt den optimalen Weg, den die Luft um einen diese verdrängenden Körper herumnimmt. Man kann mit Hilfe von Faltungen und Wölbungen diese Stomlinie verändern.

Beispiel (2): Der Horizont ist niemals eine Gerade. Gerade ein "unversehrter" Rundblick ist letztlich nur in Ebenen oder auf dem Meer möglich. Und dort sieht man dann auch sofort die Wölbung.

Beispiel (3): Nichts ist an einem Stadthoriziont ausgeglichen und gemittelt, das Gegenteil ist korrekt. Nur wenige Kunststädte folgen diesem Grundsatz. Spätestens nach dem ersten Abriß und Neubau ist das Bild "gestört", die Harmonie verschwunden.

Beispiel (4): Ein bereits per se gestörtes Gleichgewicht macht einen Schuh nicht gestörter. Vielmehr ist er völlig unerheblich. Das Bild trägt also nicht zur Sinnstiftung vorbei, sondern ist völlig neben der Strecke.

Zusammengefaßt: Dieser Text ist völlig und total verunglückt. Es gibt nichts zu knacken, weil die Nuß keine ist.

LG W.

PS.: Sorry, lb. Charmaine, daß ich Dir keine bessere Nachricht übermitteln kann. Stay tuned! W.
 

wirena

Mitglied
Lieber Walther

Danke für’s Lesen meines Beitrages und Dein Feedback. Dennoch muss ich nicht zurück buchstabieren, denn:

Versuch einer Erklärung:

- Erdnähe = Sicht ausserhalb der Kugel und schon bin ich beim gekrümmten Raum

- Schuhe = von einem Paar geht einer verloren; übrig bleibt einer hier und der andere dort – dies gibt mir das beschriebene Empfinden.

Dies meine Erlebnismöglichkeit, mit diesem ungereimten Gedicht von Chairmaine, die die Deine ja nicht schmälern muss.

Lg wirena
 
A

Architheutis

Gast
Hallo Charmaine,

spontaner Eindruck: Was willst du sagen?

Der Horizont, dargestellt als eine Gerade,
lässt nur einen Schluss zu:
Das mit der Gerade wurde je bereits umfassend besprochen. Ich schließe mich den Ausführungen von Walther an. Mein Problem ist aber mehr das Wort "dargestellt". Die Begrifflichkeit deiner Wortwahl setzt halt jemaden voraus, der "darstellt", zB einen Maler.

In Erdnähe, wie auch bei unversehrtem Rundblick,
gibt der Tag eine Stromlinie preis.
Zuerst deutest du jemanden an (einen Handelnden), der einen Horizont als Gerade darstellt. Daraus folgt der logische Schluss: Der Tag gibt eine Stromlinie preis?

Vielleicht liegt es an mir, aber ich verstehe das einfach nicht. Was soll mir das denn sagen?

Ich verstehe auch den "unverseherten Blick" nicht. Wieso ist der Blick "nicht verletzt"? Kann ein Blick das überhaupt sein? Doch wohl eher das Auge. Das Adjektiv "unvershert" passt nicht.

Es ist alles angeglichen, ausgemittelt
nichts grundlos, jeder Baustein ein Maß.
Die Zeilen finde ich -für sich stehend- richtig gelungen. "angeglichen" "ausgemittelt" "grundlos" "Baustein" "Maß". Das passt alles zusammen, und du hast es auch gut in Verse gesetzt.

Mein Vorschlag: Streich die ersten beiden Absätze, und beginne mit dem letzen einen neuen Versuch. Es wird wohl etwas geometrisch Verschrobenes werden. Klingt aber interessant.

Dem jetzigen Entwurf als Ganzes kann ich leider wenig abgewinnen, daher warte ich mit einer Bewertung. Vielleicht wird es ja noch von dir geändert.

Gruß,
Archi


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Charmaine

Mitglied
Erst mal herzlichen Dank für eure Antworten, Lob und Kritik gleichermaßen. Es freut mich, dass der Text zu kontroversen Sichtweisen beiträgt.

wirena,
deine Interpretation trifft sehr gut meine Intention einen gedanklichen Wechsel der Perspektive zu vollziehen, dabei Vogel- und Froschperspektive gleichzeitig möglich sein zu lassen. Es ist keine reale Ansicht, sondern eine simulierte. Der Schuh setzt einen Bezugspunkt zu einer Belebung, die eventuell passieren kann. Du sprichst in deiner Antwort von einer Kugel, aber da muss ich dich enttäuschen: Es ist eine Scheibe.

Walther,
wie soll ich dir widersprechen? Deine Einlässe sind rein sachlich korrekt, betreffend Städtebau und realen Perspektiven. Nur spricht mein Text nicht von wirklichen Relationen: siehe dazu Antwort an wirene.

Archi,
ganz richtig stellst du fest: vorausgesetzt es gibt jemand der darstellt, einen Simulator oder einen (perspektivischen) Zeichner, der den Blick von oben und unten gleichzeitig fassen kann, wird diese Betrachtungsweise möglich. (Bei einer mehrfachen Spiegelung, etwa.)
Ob man im Gedicht etwas schreiben kann wie: unversehrter Blick oder dem Preisgeben von etwas Unsichtbaren, nur im Sichtbaren erklärbar, wie einer Stromlinie (gibt es ja nur in „stromlinienförmig“) mag dahingestellt sein.

Ursprünglich lautete der Titel des Textes „Scheibe“, woraus ersichtlicher war, wohin es mir damit ging. Meine Änderung wollte etwas Natürliches - weg von der reinen Utopie - in der Vorstellung des Lesers bewirken, hat letztendlich aber mehr zur Verwirrung beigetragen.

LG
Charmaine
 



 
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