Statik

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La Luna

Mitglied
Statik

Ich schau in den Spiegel,
doch ich erkenne mich nicht.
Seh’ nur noch dich,
mit einem andren Gesicht.
Ein bizarrer Schatten,
der sich im Irrlicht bricht
und ich lausch deiner Stimme,
die aus mir spricht.

Auch ich bin in dir,
du fühlst es genau.
Spürst du die Macht
deiner teuflischen Frau?
Unsre Konturen zerflossen
zu buntem Schwarzgrau.
Die Fusion implizierte
den Supergau.

So fühl’ ich dein Flüstern
im offenen Haar.
Hörst du mich lechzen
in deinen Lenden so nah?
Ich umschwirre den Mann,
der stets für mich da.
Und verglühe im Fieber,
das das Feuer gebar.

Wirf mich doch fort,
du holst mich schnell wieder.
Komm schon, du Teufel,
und knie vor mir nieder!
Vor mir, deinem Engel,
mit dem weißen Gefieder.
Sei hart zu mir, Liebster,
küss sanft meine Lider!

Und bist du auch Ratte,
in meinem Genick,
so bin ich doch Schlange,
mit lauerndem Blick.
Die infernalische Sucht
gibt uns den göttlichen Kick.
Wir erreichen den Himmel,
oder den Strick.


_________________
© Julia Nietzsche
 
I

inken

Gast
He, La Luna

Das nennen ich doch gekonnt beobachtet und sehr gut umgesetzt ...lächel...
Fragt sich nur, soll man sie sich dennoch wünschen, die Verschmelzung?

Toll!


Liebe Grüße inken
 
H

Holger

Gast
Sorry, nur kurz, kann sein, dass ich mich hier blöd anstelle;
Wieso "Statik"

Beste Grüße
Holger
 

La Luna

Mitglied
Hallo Inken,

ob dieser Zustand wünschenswert ist, hängt sicher vom einzelnen Individuum ab.
Jedenfalls finde ich es toll, dass du es toll findest. Hat mich gefreut, von dir zu lesen. :)



Hallo Holger,

bei Menschen, die sich wunderbar ergänzen, herrscht ein Gleichgewicht, selbst in Extremsituationen. Die Statik stimmt also, denn sonst würde das Gefüge wohl zusammenkrachen.
Frage beantwortet? ;)


Herzliche Grüße
Julia
 
H

Holger

Gast
Hallo Julia,
dann wäre doch "Balance" besser gewesen als "Statik".
Die Balance erhält ein Gleichgewicht, aber auch das Schwingen im Leben.
Die Statik, und glaub mir, das wieß ich schon berufshalber,
ist, wenn sie genehmigt ist, fertig. Gefügt starr, unbeweglich.
Deshalb habe ich gefragt, weil der Begriff eben so technisch geprägt und vorbelastet ist.

Beste Grüße
Holger
 

La Luna

Mitglied
Hallo Holger,

du wirst lachen, an "Balance" hatte ich auch zuerst gedacht, aber es war mir zu schwammig. Auch setze ich diesen Begriff mit einer ausgewogenen Lage gleich, doch ausgewogen ist sie ja nicht. Es ist eher wie bei einem Tauziehen, mal gibt der eine zwei Meter nach, mal der andere.
Extremsituationen halt, und das kann nur gutgehen, wenn die Statik stimmt, was heißt, dass sich beide in nichts nachstehen.
Der Begriff "Statik" ist für mich nicht nur auf Bauwerke bezogen. Ich schätze, du bist Architekt, von daher kann ich dein Veto verstehen, möchte es aber dennoch bei dem Titel belassen. :)


Lieber Gruß
Julia
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Julia,

mir gefällt Dein Gedicht!
Nur zwei Gefühle dazu:
Der Rhythmus läuft dem Inhalt leicht voraus, ist zu schnell.

Etwas zu lang und ausufernd.

Sind nur gefühlte Makel, kann das nicht näher begründen, leider.

cu
lap
 

La Luna

Mitglied
Hallo Lap,

gefühlsmäßige Dinge kann man selten begründen, doch das ist ja auch nicht immer erforderlich. Manchmal hilft ja schon eine andere Meinung, um etwas aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
Von daher ist mir auch dein Statement wichtig, für das ich dir herzlich danke.


Lieber Gruß
Julia
 
E

Edgar Wibeau

Gast
Du darfst...

Liebe Julia!
Ein teuflisches Gedicht. Teuflisch verlockend wie das Spiel mit dem Feuer, in das man für sich lieber nicht die Hand legt. Ein Rhythmus wie Samba und Salsa (sag ich mal so als absolute Tanzflächennull), aber Statik? Was hat Statik damit zu tun? Holger hat Recht. Der Begriff passt hier nicht.
"Balance" finde ich allerdings auch nicht so toll. Erinnert mich irgendwie an eine Produktlinie zur Unterstützung der Gewichtsreduktion. Und wenn das dann noch "Ballanxe" ausgesprochen wird... ne, lieber nich'.

Gruß

Christian
 

La Luna

Mitglied
Salut Monsieur Wibeau, :eek:)

stell dir einmal eine Brücke vor. Sie steht nicht starr in der Landschaft rum, sondern schwingt und pendelt hin und her. Würde sie es nicht tun, krachte sie zusammen.
Und diese Eigenschaften kann man durchaus auch auf eine Beziehung übertragen. Von daher stimmt bei der Brücke und der Beziehung die Statik, denn ansonsten würden beide nicht mehr existieren, oder wie siehst du das?


Lieber Gruß
Julia
 
E

Edgar Wibeau

Gast
Züricher Freitagszeitung, 9.Januar 1880

England. Die Brücke von Dundee in Schottland über die Mündung des Flusses Tay war eines der gewagtesten und großartigsten Werke. Für senkrechten Druck richtig berechnet, zog sie sich, in ihrer Länge fast wie ein Drahtseil anzusehen, über die weite Distanz in schwindelnder Höhe über den Wasserspiegel.In der Silvesternacht war nun ein furchtbarer Sturm, so daß die Anwohner es für eine Vermessenheit hielten, wenn der Edinburgher Zug die Passage wage. Er wagte sie: aber nach kurzer Zeit sah man gleichsam einen Kometenschweif im Meer versinken. Die Brücke war auf großer Strecke gebrochen...,

was, meine liebste Julia, bekannntlich Theodor Fontane zu einer Ballade anregte, die er natürlich nicht "Statik" nannte, auch nicht "Balance", sondern "Die Brück' am Tay", weil sie nichts mit Statik zu tun hat. So verhält sich das auch mit Deinem wunderbaren Gedicht, in dem es mit Sicherheit nicht um das Gleichgewicht der Kräfte an r u h e n d e n Körpern geht und das mich immer wieder wegen seiner geradezu dionysischen Elemente so sehr begeistert, dass ich der Versuchung kaum widerstehen kann, aus heiserer Kehle den Ruf hervorzustoßen: "When shall we [strike]three[/strike] two meet again?" , aber ich bin eher der statische (oder balancierte?) Typ, dem dererlei Entgleisungen fernliegen.

Was bleibt zur Statik noch zu sagen?

"Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei."
"Tand, Tand
Ist das Gebilde von Menschenhand."


Wie immer sternstiebende Grüße

Christian

(Der geschätzten Moderation zur Information: Es handelt sich bei den vorangegangenen Versen nicht um einen der so verpönten gereimten Kommentare, sondern um ein Zitat aus dem genannten Fontane-Text. Die Zeile in englischer Sprache ist ein leicht verfremdetes Zitat aus Shakespeares "Macbeth", welches in unverfremdeter Form von Fontane slbst in seiner o.g. Ballade verwendet wurde)
 

La Luna

Mitglied
Hallo, geschätzter Zeitgenosse!

Deine Erklärung zur Statik ist wohl die für Dummies, hm? Lass dir bitte gesagt sein, dass ich sehr wohl weiß, und inzwischen allemal begriffen hätte, was Statik ist. Dieses Wissen hält mich allerdings keineswegs davon ab, auch hier die allgemeine Begriffsdefinition nach eigenem Gutdünken zu beugen.
Vielleicht sollten wir erstmal in der Hinsicht auf einen Nenner kommen, was unter "ruhende Körper" zu verstehen ist?! Doch um dir verständlich zu machen, was genau ich meine, müsste ich zu sehr ins Detail gehen, was ich aber gar nicht so gern möchte. Vielleicht reicht es ja schon, wenn du diesen Begriff mal unter dem Gesichtspunkt betrachtest, dass Phantasie und Realität zwei Paar Schuhe sind.
Jetzt komm mir aber nicht damit, dass Gedichte der Realität standhalten müssen, sonst werden wir zwei uns wirklich mal treffen, und dann...


Mit dionysischem Gruß
Julchen - jetzt wieder in sich ruhend ;o)
 



 
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