Staubige Straßen 1

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mikhan

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Staubige Straßen 1
Beschämt durch den Anblick der im Müll wühlenden Straßenkinder, gehe ich weiter die Straße hinab, den Rufen des Muezzins folgend.
Glühend heisser Wüstenwind bläht mir den Staub der Strassen ins Gesicht, Sandkörner dringen in meine Augen ein, schützend hebe ich die Hand.
In schwarze Tücher gehüllte Frauen huschen geräuschlos an mir vorüber, sie gehen schnell und hetzen dennoch nicht. Die Männer, die, im Schatten der Häuserwände, Tee trinken und Tabak rauchen, sehen mich an, ihre druchdringenden Blicke sind auf mich fixiert, verlegen schaue ich weg.
Die stille, staubbedeckte Straße mündet in einen belebten Bazar, einem verwirrenden Labyrinth von Wegen und Gassen, eine einzigartige mischung aus Tönen und Düften. Ich lasse mich treiben und gehe dabei den aufdringlichen Händlern aus dem Weg, die mich mit ihren Waren bedrängen. Alte Männer sitzen an kleinen, niedrigen Tischen, trinken Tee oder spielen Backgammon und reden unentwegt, in einem einzigen Fluss der Wörter und Lieder.
Habe ich mich verlaufen? Es scheint, kann ber eigentlich nicht sein, denn ich habe weder Ziel noch Ausgangspunkt. Mich beschleicht das Gefühl, daß es den Menschen um mich herum genauso gehen muss. zuversichtlich gehe ich daher weiter, die skeptischen Blicke der Anderen ignorierend. Bald habe ich den Bazar verlassen, vor mir steht ein prachtvolles Gebäude, mit reich verzierten, glänzend weißen Marmorwänden, die einen steinernen Hof umschließen. Inmitten des Chaos der umliegenden Straßen trete ich ein in eine Oase der Stille, nur ein leise plätschernder Brunnen, im Zentrum des Hofs, bricht das Schweigen. Fast zu still, denke ich. Tatsächlich droht die Stille mich von innen zu zerreissen.
Gerade noch rechtzeitig kehre ich in die staubigen Straße zurück und versuche verzweifelt den niemals abreissenden Strom der Autos, Laster und Mopeds, unbeschadet zu druchqueren. Minutenlang stehe ich davor, unfähig einen Schritt zu tun, und wage ich es doch, so drängt mich ein aufgeregtes Hupen und Rufen zurück. Trotzdem gelingt es mir schließlich, die Straße zu überqueren, benebelt von den Abgasschwaden taumele ich eine Weile ziellos umher, bis ich eine Gruppe von Soldaten erblicke, dich mich mißtrauisch anstarren.
In ihren Händen halten sie Maschienengewehre. Man begegnet ihnen hier überall, das ist ganz normal. Ich habe mich bereits daran gewöhnt. Trotzdem fürchte ich mich jetzt. Was, wenn mich einer von ihnen zu sich ruft? Schweiß tropft mir die Stirn hinab, es herrscht eine höllische Hitze. Während ich, nach einem Ausweg suchend, die Straße weiter hinab laufe, spüre ich, wie die Blicke der Soldaten mir folgen. Erleichtert biege ich in eine Seitenstrße ein.
Hier ist es ganz ruhig, kein Mensch ist auf der Straße zu sehen, nur ein einsamer Hund trottet, leise knurrend, an mir vorüber. Ich flüchte in eine Teestube am Wegesrand und tauche ein in eine Welt der Gerüche. Wassermelonen, angenehm salziger Schafskäse und frisch gebackenes Fladenbrot betören meine Sinne. Ein milder Tabakgeruch liegt in der Luft.
Meinen Tee trinkend, schaue ich durch die Fensterscheiben auf die Straße. Die Soldaten von eben kommen den Weg entlang, es scheint als kämen sie direkt hierher. Kommen sie wegen mir? Aber das ist Unsinn, ich habe nichts getan, ich habe nur die Strasse überquert. Gespannt verfolge ich ihre Schritte...
 



 
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