Staubiges

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Staub

Ein einzelnes Staubkorn ist nur eine Winzigkeit. Viele Staubkörner verursachen uns Unwohlsein. Manche sind sogar allergisch dagegen. Ist Staub in unseren Wohnungen, beginnen wir abzustauben. Wir wissen natürlich, dass sich immer wieder Staub absenken wird. Dann wiederholen wir den Vorgang. Meine Nachbarin behauptete, der Staub auf unseren Fenstern sei Wüstenstaub aus der Sahara, der Hunderte von Kilometern durch die Luft getragen worden sei. Wie auch immer, der Staub und das Staubwischen ist eine ewige Last.

Unangenehm sind auch die Leute, die immer etwas abstauben wollen. Sie wollen etwas von uns haben, das wir vielleicht gar nicht abgeben wollen. Aber sie wollen nichts dafür geben. In dem Fall ist es am besten, einfach nein sagen.

Aus manchen Staub entsteht aber neues Leben. Auch unser Leben wäre gar nicht möglich ohne diesen Staub, den die Bienen von einer Blüte zur nächsten tragen. Nur wenn sie die Pflanzen bestäuben, können diese Früchte und Samen tragen. Was sollten die Tiere essen, was sollten wir essen, gäbe es nicht diesen Staub?

Aber es gibt wohl nicht nur auf der Erde Staub. Ich habe auch schon einmal von Sternenstaub gehört. Das Wort hört sich gut an. Es beflügelt die Fantasie. Es lässt mich träumen. Ich stelle mir goldenen Staub vor. Wie schön. Aber was ist Sternenstaub wirklich? Ist das überhaupt Staub? Oder sind es viele, ganz kleine Sterne? Bevor ich mich hier als unwissend entlarve, mache ich mich mal lieber aus dem Staub! Tschüss und weg bin ich.
 
D

Dominik Klama

Gast
Stichwort Staub auf der Startseite erspäht. Musste ich sofort lesen, weil Staub einer der größeren Leidensverursacher meines Lebens ist. Da war ich dann etwas enntäuscht, dass du in der Verfahrensweise einer launigen Plauderei, bei der es eigentlich um gar nichts mehr als netten Zeitvertreib geht, so bald vom Hausstaub auf den Blüten-, schließlich Sternenstaub kommst, der schon gar nicht mehr real ist, sondern ein literarischer Vergleich.

Meine Wohnung ist sehr klein, dazu noch äußerst verwinkelt. Und ziemlich dunkel, weshalb genau vorgeschrieben ist, wo man die Arbeitszone errichten und die Ruhezone hin verweisen muss bzw. kann. Allerdings sind sämtliche Steckdosen und Telekommunikationsanschlüsse genau dort, wo man sie nicht benötigt. Ein Gewirr von Verlängerungskabeln ist also vorprogrammiert. Außerdem ist diese kleine Wohnung voll gestopft mit Büchern und Musik-CDs. Für etliche davon war einfach nirgendwo mehr Raum, darum sind sie jetzt in Kartons unterm Bett versorgt. (Es gibt da den Merksatz: Vor allem arme Menschen haben Gegenstände unterm Bett eingelagert. Und arme Menschen sitzen auf einem höheren Haufen unnützen Krimskrams als Reiche.) Gerade diese Zone zwischen Matratzenunterseite und Schachteloberseite ist einer der beliebtesten Versammlungsräume für Staubpartikel.

Welche innerhalb des Hausen meist eine helle, weißliche, auch hellbräunliche Farbe annehmen, um, wenn sie ganz viele werden, schließlich eher schwarzgrau zu wirken. Und welche größtenteils kaum aus der Sahara stammen, dann wären sie gelb, sondern von einem selber: abgestorbene Hautzellen. Bzw. von den Textilien, die man am Leib hat.

Ich bin nicht die wunderbarste Hausfrau der Welt, aber ich komme meinen Pflichten ganz ordentlich nach, was Einkaufen, Kochen, Abwaschen, Aufräumen, Waschen angeht. Aber Staubwischen, Staubsaugen und nass Aufwischen, das hasse ich und finde tausend Gründe, es immer noch mal wieder zu vertagen. Da wächst die Staubschicht allenthalben. Diese Nachlässigkeit erklärt sich aus dem Charakter der Wohnung. Er macht diese Arbeiten zur Tortur. Zumal da irgendwo immer noch weitere Bücherstapel sich auf dem Fußboden türmen (und einstauben), für die einfach nirgendwo Platz zu finden war. ("Ich muss einfach mal paar alte raussortieren, dann haben die wieder Platz.") Und zumal man ja nicht umhin kommt, heutzutage, Geräte wie Computer-Drucker und Internetmodeme vorzuhalten, die erstens weitere Kabel erfordern und zweitens ebenfalls recht staubattraktiv zu sein scheinen.

Wenn ich mal richtig gut sauber mache, was neulich der Fall war, dann ist das ein Großkampftag bei mir und ich verzweifle jedes Mal und frage mich, ob ich eigentlich noch damit einverstanden bin, so eine elende Existenz zu führen. Bzw. was man dagegen tun könnte. Fenster nie mehr öffnen hilft gar nichts. Hab ich schon probiert. Der Staub regnet an jeglichem Tag. Gestern gesaugt, morgen liegt wieder eine erste dünne Staubdecke auf den Kacheln im Badezimmer. Einstauben ist eine der verlässlichsten Konstanten, die das menschliche Dasein kennt. Wenn man es so sieht: Doch schön, dass man sich auf manche Sachen immer noch feste verlassen kann.

Und es mahnt einen an die allegegenwärtige Entropie, die geneigt ist, die Welt nicht zu höherer Ordnung, sondern zu höherem Chaos "fortschreiten" zu lassen.

Man liest eigentlich recht wenig über Staub. Aber wenn mal was irgendwo steht, bin ich gespannt. Darum erinnere ich mich nach langer Zeit immer noch an eine Stelle, die ich in dem Buch "Crisperanto" von Quentin Crisp las (Origialtitel: "The Naked Civil Servant").

Crisp war ein Londonder, der die längste Zeit seines Lebens in New York verbrachte. Er erreichte ein biblisch hohes Alter. Es ist genau der "Englishman in New York", über den Sting einen ziemlich bekannten Song gemacht hat. Crisp gehörte zu diesen "typisch" britischen Exzentrikern, also im Grunde hatte er voll ne Meise, aber das mit ganz großer Klasse und Unverfrorenheit.

Von eher proletarischer Herkunft, zog er sich das ganze Leben hindurch flamboyant an, schminkte sich auch und trat mit Bedacht "wie ein Lord" oder auch wie ein "Geniekünstler" auf, als er das Letztere noch längst nicht war. Vielmehr war er in seiner Jugend ganz einfach Strichjunge am Piccadily Circus und verdiente ansonsten Geld mit Sachen wie Blutspenden und Aktmodellstehen an der Kunstakademie oder Aushelfen beim Friseur. Auch später in New York kam er nie zu Wohlstand, sondern lebte in einer "elenden Bude" - wie ich. Obwohl er jetzt allmählich weltberühmt wurde, vor allem mit seiner Autobiografie, dem erwähnten "nackten Bürgerdiensteleister". Das Buch wurde verfilmt, im Alter wurde Crisp sogar selber noch Filmschauspieler (in kleineres Rollen), zuletzt wohl zu sehen in der "Orlando"-Verfilmung von Sally Potter. Nämlich als Queen Elizabeth, die Erste.

In dem Buch behauptet Crisp (den Namen hat er sich früh als Pseudonym angeschafft, er hieß viel prosaischer), er staube NIE ab. Er habe noch NIE abgestaubt und werde auch NIEMALS abstauben. Abstauben sei einer Existenz auf dem geistigen Niveau der seinen schlicht unwürdig. Und Dienstboten könne er sich leider keine leisten.

Er behauptet, die Staubberieselung innerhalb einer Wohnung nehme anfänglich kontinuierlich zu, erreiche nach etwa zwei Jahren aber einen Stand, wo sie so gut wie nicht mehr wachse. Jedenfalls sehe von da an die Staubschicht stets gleich und völlig unverändert aus. Damit lasse es sich dann leben.

Ich konnte das nie selber ausprobieren. Irgendwann werde ich, wenn überall, wo ich hinsehe, feiner Staub im Sonnenlicht erstrahlt oder an den Figerkuppen haften bleibt, wenn ich wohin fasse, wo ich sonst eher selten hinfasse, depressiv. So depressiv, wie ich dann auch werde, wenn ich mit der Tortur des Saubermachens beginne. Aber, das weiß ich mittlerweile halt, wenn ich da mal durch bin, dann werden die nächsten zwei Wochen voller Sonnenschein. Dann geht der Zirkus wieder von vorne los.

Außerdem las ich mal ein anderes Buch, Titel und Thema hab ich mometan nicht mehr im Kopf, da kommt einer nach Monaten oder gar Jahren zurück in seine alte Wohnung. Und sagt, es sei ein zutiefst betrüblicher Anblick, dass absolut jede, auch die allerkleinste horizontale Fläche - auf jeglicher Höhe des Raumes - flauschig mit Staub überzogen sei. Da muss ich widersprechen!

Nicht nur die horizontalen, auch viele vertikale Flächen sauen bei mir mit Staub ein. Ich habe zum Beispiel so hölzerne, dunkle, aber nicht groß lackierte Türen. Fürchterlich, besonders die unteren Hälften davon. Und was rundum, 360 Grad, einsifft, sind diese vermaledeiten Kabel überall.
 
Absicht

Ja, es ist eine nette Plauderei und es hat Spaß gemacht, sie zu schreiben. Aber es ist auch eine kleine Sprachanalyse. Ich habe versucht, die verschiedenen Arten von Staub und ihre Bedeutung auszuloten. Es ist vielleicht nicht besonders tiefsinnig, aber - das möchte ich behaupten - auch nicht trivial oder bedeutungslos.
 

Charmaine

Mitglied
Es ist noch ein bisschen zu früh zum Staub wedeln. Aber in dein Staubkorn graviere ich eine Widmung ein.

LG
Charmaine
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Kühn-Schierholz,

Ob das Texterl geistreich ist oder nicht, lasse ich mal dahingestellt. Nur ein paar Anmerkungen zur Sprache:

"Ein einzelnes Staubkorn ist nur eine Winzigkeit. Viele Staubkörner verursachen uns Unwohlsein. Manche sind sogar allergisch dagegen."

So unbeholfen, wie das da steht, bedeutet der dritte Satz: Manche Staubkörner sind sogar allergisch gegen Unwohlsein. Es wird auch nicht besser, wenn du schreibst: Manche [blue]Menschen[/blue] sind sogar allergisch dagegen, dann sind nämlich die Menschen allergisch gegen Unwohlsein. Am ehesten ginge: [blue]Manche Menschen sind sogar allergisch gegen Staub[/blue].


"Aus manchen Staub entsteht aber neues Leben."

Du scheinst ein norddeutscher Sprecher zu sein, der die Endsilben verschluckt oder überhaupt Akkusativ und Dativ verwechselt, sonst hättest du geschrieben: Aus manche[blue]m[/blue] Staub ...
 
Alle Kritik ist berechtigt. Das erste war mir auch schon aufgefallen. Ja, ich bin norddeutsch, aber hier handelt es sich wohl um einen Tippfehler. Ich ändere entsprechend.
Danke für die Hinweise!
 
Staub

Ein einzelnes Staubkorn ist nur eine Winzigkeit. Viele Staubkörner verursachen uns Unwohlsein. Manche Menschen sind sogar allergisch gegen Staub. Ist Staub in unseren Wohnungen, beginnen wir abzustauben. Wir wissen natürlich, dass sich immer wieder Staub absenken wird. Dann wiederholen wir den Vorgang. Meine Nachbarin behauptete, der Staub auf unseren Fenstern sei Wüstenstaub aus der Sahara, der Hunderte von Kilometern durch die Luft getragen worden sei. Wie auch immer, der Staub und das Staubwischen ist eine ewige Last.

Unangenehm sind auch die Leute, die immer etwas abstauben wollen. Sie wollen etwas von uns haben, das wir vielleicht gar nicht abgeben wollen. Aber sie wollen nichts dafür geben. In dem Fall ist es am besten, einfach nein sagen.

Aus manchem Staub entsteht aber neues Leben. Auch unser Leben wäre gar nicht möglich ohne diesen Staub, den die Bienen von einer Blüte zur nächsten tragen. Nur wenn sie die Pflanzen bestäuben, können diese Früchte und Samen tragen. Was sollten die Tiere essen, was sollten wir essen, gäbe es nicht diesen Staub?

Aber es gibt wohl nicht nur auf der Erde Staub. Ich habe auch schon einmal von Sternenstaub gehört. Das Wort hört sich gut an. Es beflügelt die Fantasie. Es lässt mich träumen. Ich stelle mir goldenen Staub vor. Wie schön. Aber was ist Sternenstaub wirklich? Ist das überhaupt Staub? Oder sind es viele, ganz kleine Sterne? Bevor ich mich hier als unwissend entlarve, mache ich mich mal lieber aus dem Staub! Tschüss und weg bin ich.
 



 
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