Stompy Jones geht ins Aquarium

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wowa

Mitglied
Stompy Jones geht ins Aquarium

Stompy war nervös. Unübersichtliche Situationen waren Teil seines Jobs, aber die Organisation um Hilfe gebeten hatte er noch nie.
Mit knappen, unauffälligen Kopfbewegungen sah er sich um. Der Raum war groß, vierzig yards im Quadrat, schätzte er, eher ein Saal, angenehm kühl, gedämpftes Licht. Die gegenüberliegende Wand strahlte in tiefem Blau, Glas vom Boden bis zur Decke, große Fische zogen dahinter stoisch ihre Bahn. Ein Rochen mit langem, schwingenden Schwanz, gute drei yards Spannbreite, stand mit eigentümlich wiegenden Bewegungen in Augenhöhe direkt hinter der Scheibe und musterte die Besucher.
Sehr voll war es nicht, keine lärmenden Kinder, gut, dachte Stompy. Kinder sah er am liebsten im Fernsehen. Dafür auffällig viele junge Paare, die sich leise unterhielten und verstohlen an den Händen berührten.
Stompy ging nach vorne und setzte sich auf eine Bank im Blickfeld des Rochen. Einer von diesen beschissenen Stachelrochen, dachte er fasziniert. Er schaute auf den häßlichen Trockenblumenstrauß in seiner Hand, das Erkennungszeichen für seinen Kontakt und versuchte, nicht zum ersten mal in den letzten zwei Tagen, den Geschehnissen eine logische Struktur aufzuzwingen.
Was war schiefgelaufen?
Gut, die Zielperson war ausgeschaltet, der Auftrag ausgeführt. Das war positiv, aber den Rückzug hatte er vermasselt wie ein Anfänger. Die Camera im zweiten Stock, die hatten sie neu installiert, da ist er voll reingelaufen. Im nächsten Moment wimmelte das Haus von Bodyguards, er schaffte es trotzdem bis zur Tür, Stompy lächelte. Im Park in der Dunkelheit hatten sie keine Chance, er fand auch den Wagen relativ schnell, so weit, so gut, nur am Hotel warteten schon die Bullen. Wie war das möglich? Kleines Land, kurze Wege, die für ihre Effizienz berühmten Sicherheitskräfte, war das die Erklärung? Oder hatten sie einen Tip bekommen?
In derselben Nacht rief er die Nummer an, nannte den Code, schilderte die Lage, und sagte, was er brauchte: Geld, Ticket und einen Paß. Zwei Tage werden wir benötigen, sagte die Stimme, kommen sie dann und dann ins Aquarium mit einem Trockenblumenstrauß.
Die nächsten zwei Tage waren nicht die einfachsten in Stompys Karriere. Sein Bild und sein Name erschienen in allen Zeitungen. Auch ein paar Informationen aus den Staaten hatten sie rangeschafft, alles reißerisch aufgemacht, sehr unangenehm, das Ganze. Doch seine Fähigkeit, den Durchschnittsloser überall glaubhaft darstellen zu können, hatte auch in diesem Fall geholfen, spurlos in der Öffentlichkeit zu verschwinden. Und jetzt war er hier, pünktlich, und fragte sich, ob die Organisation nicht eher die einfache Lösung bevorzugt, sicherheitstechnisch gesehen. Er war ein Risiko, das war klar.
„Mr. Jones?“ Eine Frau saß neben ihm, große Sonnenbrille, dichtes schwarzes Haar unter hellgrünem Kopftuch, brauner Teint, volle, dezent geschminkte Lippen, heller landesüblicher Staubmantel. An der Seite trug sie eine dieser modischen, sackähnlichen Umhängetaschen. Anfang Dreißig, schätzte Stompy
„Miss Elaine,- seien Sie nett und geben Sie mir die Blumen. Dies ist ein Ort für Verliebte.“
Akzentfreies Englisch. Stompy tat es.
„Haben sie die Sachen ? „
„Natürlich,“ sie lächelte, griff in ihre Tasche,- Stompy stockte der Atem,- und gab ihm ein dünnes Buch. Er blätterte es kurz durch, Paß, Ticket, einige Dollarscheine, alles da. Er steckte es ein.
„Der Paß lautet auf Ed Burell, Kansas City, geb. 29.8.62 . Beherrschen sie den Akzent?“
Stompy nickte. „Haben Sie auch an das Visum gedacht und den Einreisevermerk?“
„Mr. Jones, wir arbeiten professionell,“ sie lächelte, „auch der Ausreisestempel ist bereits eingetragen. Wir fliegen sie mit einer Privatmaschine zum nächsten großen Flughafen. Der hiesige ist zu gefährlich. Ich bringe sie zum Startplatz.“
Stompy fühlte sich unbehaglich. Er blickte nach oben. Die Camera rechts über ihnen hatte sie in den Fokus genommen.
„Wir werden beobachtet.“
„OK, Zeit zu gehen, Mr. Jones.“
Sie standen auf und bewegten sich ohne Haßt Richtung Ausgang. Ihnen entgegen kommen drei Männer, die Stompy fixieren. Miss Elaine oder wie auch immer sie heißt, stößt einen leisen Fluch aus und Stompy macht sich locker. Doch der erwartete Nahkampf bleibt aus, Miss Elaine hat wie hineingezaubert einen großkalibrigen Coltrevolver in der Hand, dessen Lauf auf den Bauch des einen deutet. Sie zischt zwei halblaute, scharfe Sätze und seltsam gestelzt gehen die drei vorüber. Der Ausgang ist frei. Miss Elaine geht rückwärts, behält die Gruppe im Auge und kurz vor der rettenden Straße hebt sie die schwere Waffe und feuert über die Köpfe der Männer in die Glaswand des Aquariums.
Stompy fühlt, wie die Schallwelle der Detonation seine Trommelfelle kitzelt, ein vielstimmiger Schrei und dann ist überall nur noch Wasser und gurgelndes Gebrüll, der Stachelrochen scheint zu fliegen, weiße Haie lächeln sich zu und eine dicke Seeschlange verschwindet diskret in der Kanalisation.

Hier verliert sich die Spur von Stompy Jones, niemand weiß Genaues, keiner hat ihn seither gesehen, auch sein Name taucht nie mehr auf, - aber der war ja sowieso falsch.Stompy Jones geht ins Aquarium

Stompy war nervös. Unübersichtliche Situationen waren Teil seines Jobs, aber die Organisation um Hilfe gebeten hatte er noch nie.
Mit knappen, unauffälligen Kopfbewegungen sah er sich um. Der Raum war groß, vierzig yards im Quadrat, schätzte er, eher ein Saal, angenehm kühl, gedämpftes Licht. Die gegenüberliegende Wand strahlte in tiefem Blau, Glas vom Boden bis zur Decke, große Fische zogen dahinter stoisch ihre Bahn. Ein Rochen mit langem, schwingenden Schwanz, gute drei yards Spannbreite, stand mit eigentümlich wiegenden Bewegungen in Augenhöhe direkt hinter der Scheibe und musterte die Besucher.
Sehr voll war es nicht, keine lärmenden Kinder, gut, dachte Stompy. Kinder sah er am liebsten im Fernsehen. Dafür auffällig viele junge Paare, die sich leise unterhielten und verstohlen an den Händen berührten.
Stompy ging nach vorne und setzte sich auf eine Bank im Blickfeld des Rochen. Einer von diesen beschissenen Stachelrochen, dachte er fasziniert. Er schaute auf den häßlichen Trockenblumenstrauß in seiner Hand, das Erkennungszeichen für seinen Kontakt und versuchte, nicht zum ersten mal in den letzten zwei Tagen, den Geschehnissen eine logische Struktur aufzuzwingen.
Was war schiefgelaufen?
Gut, die Zielperson war ausgeschaltet, der Auftrag ausgeführt. Das war positiv, aber den Rückzug hatte er vermasselt wie ein Anfänger. Die Camera im zweiten Stock, die hatten sie neu installiert, da ist er voll reingelaufen. Im nächsten Moment wimmelte das Haus von Bodyguards, er schaffte es trotzdem bis zur Tür, Stompy lächelte. Im Park in der Dunkelheit hatten sie keine Chance, er fand auch den Wagen relativ schnell, so weit, so gut, nur am Hotel warteten schon die Bullen. Wie war das möglich? Kleines Land, kurze Wege, die für ihre Effizienz berühmten Sicherheitskräfte, war das die Erklärung? Oder hatten sie einen Tip bekommen?
In derselben Nacht rief er die Nummer an, nannte den Code, schilderte die Lage, und sagte, was er brauchte: Geld, Ticket und einen Paß. Zwei Tage werden wir benötigen, sagte die Stimme, kommen sie dann und dann ins Aquarium mit einem Trockenblumenstrauß.
Die nächsten zwei Tage waren nicht die einfachsten in Stompys Karriere. Sein Bild und sein Name erschienen in allen Zeitungen. Auch ein paar Informationen aus den Staaten hatten sie rangeschafft, alles reißerisch aufgemacht, sehr unangenehm, das Ganze. Doch seine Fähigkeit, den Durchschnittsloser überall glaubhaft darstellen zu können, hatte auch in diesem Fall geholfen, spurlos in der Öffentlichkeit zu verschwinden. Und jetzt war er hier, pünktlich, und fragte sich, ob die Organisation nicht eher die einfache Lösung bevorzugt, sicherheitstechnisch gesehen. Er war ein Risiko, das war klar.
„Mr. Jones?“ Eine Frau saß neben ihm, große Sonnenbrille, dichtes schwarzes Haar unter hellgrünem Kopftuch, brauner Teint, volle, dezent geschminkte Lippen, heller landesüblicher Staubmantel. An der Seite trug sie eine dieser modischen, sackähnlichen Umhängetaschen. Anfang Dreißig, schätzte Stompy
„Miss Elaine,- seien Sie nett und geben Sie mir die Blumen. Dies ist ein Ort für Verliebte.“
Akzentfreies Englisch. Stompy tat es.
„Haben sie die Sachen ? „
„Natürlich,“ sie lächelte, griff in ihre Tasche,- Stompy stockte der Atem,- und gab ihm ein dünnes Buch. Er blätterte es kurz durch, Paß, Ticket, einige Dollarscheine, alles da. Er steckte es ein.
„Der Paß lautet auf Ed Burell, Kansas City, geb. 29.8.62 . Beherrschen sie den Akzent?“
Stompy nickte. „Haben Sie auch an das Visum gedacht und den Einreisevermerk?“
„Mr. Jones, wir arbeiten professionell,“ sie lächelte, „auch der Ausreisestempel ist bereits eingetragen. Wir fliegen sie mit einer Privatmaschine zum nächsten großen Flughafen. Der hiesige ist zu gefährlich. Ich bringe sie zum Startplatz.“
Stompy fühlte sich unbehaglich. Er blickte nach oben. Die Camera rechts über ihnen hatte sie in den Fokus genommen.
„Wir werden beobachtet.“
„OK, Zeit zu gehen, Mr. Jones.“
Sie standen auf und bewegten sich ohne Haßt Richtung Ausgang. Ihnen entgegen kommen drei Männer, die Stompy fixieren. Miss Elaine oder wie auch immer sie heißt, stößt einen leisen Fluch aus und Stompy macht sich locker. Doch der erwartete Nahkampf bleibt aus, Miss Elaine hat wie hineingezaubert einen großkalibrigen Coltrevolver in der Hand, dessen Lauf auf den Bauch des einen deutet. Sie zischt zwei halblaute, scharfe Sätze und seltsam gestelzt gehen die drei vorüber. Der Ausgang ist frei. Miss Elaine geht rückwärts, behält die Gruppe im Auge und kurz vor der rettenden Straße hebt sie die schwere Waffe und feuert über die Köpfe der Männer in die Glaswand des Aquariums.
Stompy fühlt, wie die Schallwelle der Detonation seine Trommelfelle kitzelt, ein vielstimmiger Schrei und dann ist überall nur noch Wasser und gurgelndes Gebrüll, der Stachelrochen scheint zu fliegen, weiße Haie lächeln sich zu und eine dicke Seeschlange verschwindet diskret in der Kanalisation.

Hier verliert sich die Spur von Stompy Jones, niemand weiß Genaues, keiner hat ihn seither gesehen, auch sein Name taucht nie mehr auf, - aber der war ja sowieso falsch.
 

wowa

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Stompy Jones geht ins Aquarium

Stompy war nervös. Unübersichtliche Situationen waren Teil seines Jobs, aber die Organisation um Hilfe gebeten hatte er noch nie.
Mit knappen, unauffälligen Kopfbewegungen sah er sich um. Der Raum war groß, vierzig yards im Quadrat, schätzte er, eher ein Saal, angenehm kühl, gedämpftes Licht. Die gegenüberliegende Wand strahlte in tiefem Blau, Glas vom Boden bis zur Decke, große Fische zogen dahinter stoisch ihre Bahn. Ein Rochen mit langem, schwingenden Schwanz, gute drei yards Spannbreite, stand mit eigentümlich wiegenden Bewegungen in Augenhöhe direkt hinter der Scheibe und musterte die Besucher.
Sehr voll war es nicht, keine lärmenden Kinder, gut, dachte Stompy. Kinder sah er am liebsten im Fernsehen. Dafür auffällig viele junge Paare, die sich leise unterhielten und verstohlen an den Händen berührten.
Stompy ging nach vorne und setzte sich auf eine Bank im Blickfeld des Rochen. Einer von diesen beschissenen Stachelrochen, dachte er fasziniert. Er schaute auf den häßlichen Trockenblumenstrauß in seiner Hand, das Erkennungszeichen für seinen Kontakt und versuchte, nicht zum ersten Mal in den letzten zwei Tagen, den Geschehnissen eine logische Struktur aufzuzwingen.
Was war schiefgelaufen?
Gut, die Zielperson war ausgeschaltet, der Auftrag ausgeführt. Das war positiv, aber den Rückzug hatte er vermasselt wie ein Anfänger. Die Camera im zweiten Stock, die hatten sie neu installiert, da ist er voll reingelaufen. Im nächsten Moment wimmelte das Haus von Bodyguards, er schaffte es trotzdem bis zur Tür, Stompy lächelte. Im Park in der Dunkelheit hatten sie keine Chance, er fand auch den Wagen relativ schnell, so weit, so gut, nur am Hotel warteten schon die Bullen. Wie war das möglich? Kleines Land, kurze Wege, die für ihre Effizienz berühmten Sicherheitskräfte, war das die Erklärung? Oder hatten sie einen Tip bekommen?
In derselben Nacht rief er die Nummer an, nannte den Code, schilderte die Lage, und sagte, was er brauchte: Geld, Ticket und einen Paß. Zwei Tage werden wir benötigen, sagte die Stimme, kommen sie dann und dann ins Aquarium mit einem Trockenblumenstrauß.
Die nächsten zwei Tage waren nicht die einfachsten in Stompys Karriere. Sein Bild und sein Name erschienen in allen Zeitungen. Auch ein paar Informationen aus den Staaten hatten sie rangeschafft, alles reißerisch aufgemacht, sehr unangenehm, das Ganze. Doch seine Fähigkeit, den Durchschnittsloser überall glaubhaft darstellen zu können, hatte auch in diesem Fall geholfen, spurlos in der Öffentlichkeit zu verschwinden. Und jetzt war er hier, pünktlich, und fragte sich, ob die Organisation nicht eher die einfache Lösung bevorzugt, sicherheitstechnisch gesehen. Er war ein Risiko, das war klar.
„Mr. Jones?“ Eine Frau saß neben ihm, große Sonnenbrille, dichtes schwarzes Haar unter hellgrünem Kopftuch, brauner Teint, volle, dezent geschminkte Lippen, heller landesüblicher Staubmantel. An der Seite trug sie eine dieser modischen, sackähnlichen Umhängetaschen. Anfang Dreißig, schätzte Stompy
„Miss Elaine,- seien Sie nett und geben Sie mir die Blumen. Dies ist ein Ort für Verliebte.“
Akzentfreies Englisch. Stompy tat es.
„Haben sie die Sachen?"
„Natürlich,“ sie lächelte, griff in ihre Tasche,- Stompy stockte der Atem,- und gab ihm ein dünnes Buch. Er blätterte es kurz durch, Paß, Ticket, einige Dollarscheine, alles da. Er steckte es ein.
„Der Paß lautet auf Ed Burell, Kansas City, geb. 29.8.62 . Beherrschen sie den Akzent?“
Stompy nickte. „Haben Sie auch an das Visum gedacht und den Einreisevermerk?“
„Mr. Jones, wir arbeiten professionell,“ sie lächelte, „auch der Ausreisestempel ist bereits eingetragen. Wir fliegen sie mit einer Privatmaschine zum nächsten großen Flughafen. Der hiesige ist zu gefährlich. Ich bringe sie zum Startplatz.“
Stompy fühlte sich unbehaglich. Er blickte nach oben. Die Camera rechts über ihnen hatte sie in den Fokus genommen.
„Wir werden beobachtet.“
„OK, Zeit zu gehen, Mr. Jones.“
Sie standen auf und bewegten sich ohne Haßt Richtung Ausgang. Ihnen entgegen kommen drei Männer, die Stompy fixieren. Miss Elaine oder wie auch immer sie heißt, stößt einen leisen Fluch aus und Stompy macht sich locker. Doch der erwartete Nahkampf bleibt aus, Miss Elaine hat wie hineingezaubert einen großkalibrigen Coltrevolver in der Hand, dessen Lauf auf den Bauch des einen deutet. Sie zischt zwei halblaute, scharfe Sätze und seltsam gestelzt gehen die drei vorüber. Der Ausgang ist frei. Miss Elaine geht rückwärts, behält die Gruppe im Auge und kurz vor der rettenden Straße hebt sie die schwere Waffe und feuert über die Köpfe der Männer in die Glaswand des Aquariums.
Stompy fühlt, wie die Schallwelle der Detonation seine Trommelfelle kitzelt, ein vielstimmiger Schrei und dann ist überall nur noch Wasser und gurgelndes Gebrüll, der Stachelrochen scheint zu fliegen, weiße Haie lächeln sich zu und eine dicke Seeschlange verschwindet diskret in der Kanalisation.

Hier verliert sich die Spur von Stompy Jones, niemand weiß Genaues, keiner hat ihn seither gesehen, auch sein Name taucht nie mehr auf, - aber der war ja sowieso falsch.
 



 
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