Straßenbeleuchtung

Sebahoma

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Im Sommer saßen wir im Park und badeten in der heißen Sonne. Vögel sangen, ich trank meinen gekühlten Eistee und wir fühlten uns so wohl. Unsere Welt war in Ordnung. Ich dachte nicht einen Moment daran, dass es einmal anders sein könnte, denn wenn die Sonne heiß auf die Welt scheint, fällt es schwer sich vorzustellen, dass auf jeden Sommer ein Herbst folgt.

Der Herbst fing langsam an. Abends war es nicht mehr ganz so lange hell, nachmittags nicht mehr ganz so heiß und die ersten Blätter fielen von den Bäumen. Anstatt über unsere Probleme zu reden, saßen wir schweigend da und starrten nach draußen. Ich wunderte mich, dass die Schatten der Sonne so seltsam anders erschienen bis ich feststellte, dass die Sonne schon viel tiefer stand. Da ahnte ich, dass der Herbst angefangen hatte und unaufhaltsam den Sommer verdrängte.

Schon ein paar Wochen später lag der Boden voller Blätter, hellbraun, rot und gelb lagen sie bewegungslos da und ich streifte mit den Füßen beim Gehen hindurch. Wenn ich nach oben schaute, sah ich eine einzige trübe und graue Masse, als gäbe es keinen Himmel mehr. Die Sonne schien von diesem Meer aus Grau verschluckt worden zu sein. Es lag ein Herbstgewitter in der Luft. Würden wir es überstehen? Oft regnete es, manchmal stärker, manchmal schwächer. Regentropfen fielen auf den Boden, durchweichten Blätter und Kleidung und machten die kalte Luft noch kälter. Schon waren wir mittendrin im Herbst.

Wo ist die Sonne in meinem Leben? Gestern warst du doch noch da! Nein, gestern warst du auch schon weg, aber es fühlt sich an, als sei es gerade eben erst passiert, dass du gegangen bist. Ich hätte es wissen müssen, dass ich den Sommer nicht festhalten kann, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich ignorierte die Zeichen, die Herbststürme und lebte lieber in der Illusion, dass der Sommer ewig bleiben wird. Jetzt ist es schon lange Herbst und die Wirklichkeit hat mich eingeholt.

Als du gegangen warst, hielt ich es in der leeren Wohnung nicht mehr aus. Ich ging spazieren, um so der Einsamkeit zu entkommen. Ich ging die Straße entlang, so als wollte ich dich suchen. Aber da warst du schon lange weg, aufgebrochen zu neuen Ufern und ließest mich in meiner Welt zurück, in der sich die Ordnung in Chaos verwandelt hatte.

Seitdem gehe ich die gleiche Strecke. Jeden Tag. Es sieht eklig aus in den Straßen, der Matsch der Blätter liegt herum, alles ist grau und trüb, es wird früh dunkel und die Leute sehen zu, dass sie nach Hause kommen, weil die Kälte sie aufzufressen scheint. Der Nieselregen umhüllt dazu alles und macht es noch trostloser. Oft habe ich einen Schirm dabei, aber der Wind wirft mir den Regen direkt ins Gesicht. Alles fügt sich zu einem Bild der Hoffnungslosigkeit zusammen.

Aber als ich heute auf meinen täglichen Spaziergang ging war es anders. Als ich auf die trostlose und dunkle Straße kam, passierte plötzlich etwas Wunderbares: Licht erhellte die Straße. Sie hatten die Adventsbeleuchtung eingeschaltet. In meiner Traurigkeit versunken, hatte ich gar nicht daran gedacht, dass inzwischen schon Dezember ist und jedes Jahr zu dieser Zeit die Lichter angehen. Jetzt ist wieder Licht auf meinem Weg. Sterne und Sternschnuppen hängen an den Laternen und lenken alle Aufmerksamkeit auf sich. Ein paar Meter weiter kommt vom Weihnachtsmarkt ein süßlicher Zimtgeruch. Die ganze Straße glänzt und die Lichter erfüllen mich mit Hoffnung und Vorfreude. Der Herbst ist vorbei. Meine Welt ist wieder in Ordnung.
 



 
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