Stromausfall
Wir leben in einer hochtechnisierten Welt, in der wir jederzeit von der absolut berechtigten Erwartung ausgehen, dass eine Steckdose hält, was sie verspricht, nämlich Strom abzugeben – und zwar beständig und ohne jegliche Unterbrechung, also immer. Hemmungslos.
Denn nur dann können wir uns Tag ein, Tag aus, nachts, frühmorgens, also immer hemmungslos unseren technischen Spielereien hingeben: Computer, Stereoanlage, Fernseher – klar, auch andere Dinge wie Staubsauger, Herd, Kühlschrank, Heizung haben an dieser Stelle ihre Berechtigung und sollten unter ferner liefen erwähnt werden.
Es ist ein Abend im Juni um 20:00 Uhr, zu Beginn der Nachrichten – oder im Chat mit einem äußerst interessanten virtuellen Partner, dessen virtuelles Augenmerk sich auf die besonders hervorstechenden Körpermerkmale seines virtuellen Gegenübers richtet – oder beim Download des gerade eben gefundenen Treibers, der es endlich ermöglicht, die Stereoanlage voll kompatibel zu der schon lange eingebauten Videokarte zu machen.
Und jetzt passiert es! Das unerwartete, das unmögliche, das völlig absurde Ereignis, nein: Der Supergau!
Nichts geht mehr. Schlagartig.
Was macht man in so einer Situation? Der Blick auf den Sicherungskasten offenbart, dass alles sitzt, wie es sitzen soll.
Man denkt angestrengt nach ...
und hört ... draußen die Vögel singen.
Und Stimmen.
Menschen stehen auf der Straße:
„ ... und dann machte es ´batsch´ und weg war die Musik ...“ „ ... mitten im Satz aufgehört ...“
Dazugesellt erfährt man, dass es im ganzen Straßenzug keinen Strom mehr gibt. Die angrenzende Spielstraße füllt sich mittlerweile langsam mit nachbarlichen Gruppierungen, die - diskutierend, plaudernd, sich: „Ach, Herr Nachbar, schon lange nicht mehr gesehen, da muss erst so ein Stromausfall kommen“ begrüßend - das Ereignis dazu nutzen, endlich einmal das zu tun, was sie schon immer einmal tun wollten: miteinander reden und sich nicht von Geräten beschallen lassen.
Ein Mann von der Störungsstelle kommt und prüft mit seiner großen Zange die entsprechende Sicherung im Hauptsicherungskasten an der Straße. Mit einem grellen Blitz – er lebt gefährlich, sein Heldentum wird bewundert – fliegt ihm die gerade neu eingesetzte Sicherung wieder entgegen. Ein ganz kluger Nachbar bemerkt sofort:
„Jetzt ruft er seine Kollegen!“
Nun wird es spannend! Wozu braucht man einen Fernseher?
Der Stromausfall liefert Spannung pur!
Von Haus zu Haus, von Reihe zu Reihe wandern neu hinzugerufene Störungsstellenangestellte, um überall zu Testzwecken die Hauptsicherungen zu entfernen.
Nachbarn kommen gleich mit. Um die Qualität der Inneneinrichtung anderer Häuser zu prüfen.
„Ach, Frau Wagner, ich wusste ja noch gar nicht, dass Sie neuen Parkettboden haben!“
„Oh, Herr Maus, so lange waren Sie schon nicht mehr bei uns? Vor einem Jahr haben wir den gelegt.“
„Morgen komme ich mit meiner Frau vorbei. Sie muss das sehen! Ihr Boden sieht fantastisch aus!“
Nein, nicht der Parkettboden: Der Stromausfall ist fantastisch!
Man sieht Menschen, Nachbarn, die man aus naheliegenden Gründen eigentlich nie sieht. Außer wenn man ihnen beim Nachhausefahren begegnet und durch die geschlossene Autoscheibe zuwinkt. Oder wenn man zufällig dann das Haus verlässt, wenn sie es auch verlassen.
So ein Stromausfall ist kommunikativ!
Schade, dass sie im achten Haus die „schuldige“ Sicherung finden.
Und dass wir alle wieder Strom haben.
Und wir uns in einer hochtechnisierten Welt, in der ohne jegliche Unterbrechung, also immer, Strom fließt, hemmungslos unseren technischen Spielereien hingeben.
Jetzt warte ich auf einen Hauptwasserrohrbruch.
Das könnte ein Erotik-Thriller werden, oder?
Wir leben in einer hochtechnisierten Welt, in der wir jederzeit von der absolut berechtigten Erwartung ausgehen, dass eine Steckdose hält, was sie verspricht, nämlich Strom abzugeben – und zwar beständig und ohne jegliche Unterbrechung, also immer. Hemmungslos.
Denn nur dann können wir uns Tag ein, Tag aus, nachts, frühmorgens, also immer hemmungslos unseren technischen Spielereien hingeben: Computer, Stereoanlage, Fernseher – klar, auch andere Dinge wie Staubsauger, Herd, Kühlschrank, Heizung haben an dieser Stelle ihre Berechtigung und sollten unter ferner liefen erwähnt werden.
Es ist ein Abend im Juni um 20:00 Uhr, zu Beginn der Nachrichten – oder im Chat mit einem äußerst interessanten virtuellen Partner, dessen virtuelles Augenmerk sich auf die besonders hervorstechenden Körpermerkmale seines virtuellen Gegenübers richtet – oder beim Download des gerade eben gefundenen Treibers, der es endlich ermöglicht, die Stereoanlage voll kompatibel zu der schon lange eingebauten Videokarte zu machen.
Und jetzt passiert es! Das unerwartete, das unmögliche, das völlig absurde Ereignis, nein: Der Supergau!
Nichts geht mehr. Schlagartig.
Was macht man in so einer Situation? Der Blick auf den Sicherungskasten offenbart, dass alles sitzt, wie es sitzen soll.
Man denkt angestrengt nach ...
und hört ... draußen die Vögel singen.
Und Stimmen.
Menschen stehen auf der Straße:
„ ... und dann machte es ´batsch´ und weg war die Musik ...“ „ ... mitten im Satz aufgehört ...“
Dazugesellt erfährt man, dass es im ganzen Straßenzug keinen Strom mehr gibt. Die angrenzende Spielstraße füllt sich mittlerweile langsam mit nachbarlichen Gruppierungen, die - diskutierend, plaudernd, sich: „Ach, Herr Nachbar, schon lange nicht mehr gesehen, da muss erst so ein Stromausfall kommen“ begrüßend - das Ereignis dazu nutzen, endlich einmal das zu tun, was sie schon immer einmal tun wollten: miteinander reden und sich nicht von Geräten beschallen lassen.
Ein Mann von der Störungsstelle kommt und prüft mit seiner großen Zange die entsprechende Sicherung im Hauptsicherungskasten an der Straße. Mit einem grellen Blitz – er lebt gefährlich, sein Heldentum wird bewundert – fliegt ihm die gerade neu eingesetzte Sicherung wieder entgegen. Ein ganz kluger Nachbar bemerkt sofort:
„Jetzt ruft er seine Kollegen!“
Nun wird es spannend! Wozu braucht man einen Fernseher?
Der Stromausfall liefert Spannung pur!
Von Haus zu Haus, von Reihe zu Reihe wandern neu hinzugerufene Störungsstellenangestellte, um überall zu Testzwecken die Hauptsicherungen zu entfernen.
Nachbarn kommen gleich mit. Um die Qualität der Inneneinrichtung anderer Häuser zu prüfen.
„Ach, Frau Wagner, ich wusste ja noch gar nicht, dass Sie neuen Parkettboden haben!“
„Oh, Herr Maus, so lange waren Sie schon nicht mehr bei uns? Vor einem Jahr haben wir den gelegt.“
„Morgen komme ich mit meiner Frau vorbei. Sie muss das sehen! Ihr Boden sieht fantastisch aus!“
Nein, nicht der Parkettboden: Der Stromausfall ist fantastisch!
Man sieht Menschen, Nachbarn, die man aus naheliegenden Gründen eigentlich nie sieht. Außer wenn man ihnen beim Nachhausefahren begegnet und durch die geschlossene Autoscheibe zuwinkt. Oder wenn man zufällig dann das Haus verlässt, wenn sie es auch verlassen.
So ein Stromausfall ist kommunikativ!
Schade, dass sie im achten Haus die „schuldige“ Sicherung finden.
Und dass wir alle wieder Strom haben.
Und wir uns in einer hochtechnisierten Welt, in der ohne jegliche Unterbrechung, also immer, Strom fließt, hemmungslos unseren technischen Spielereien hingeben.
Jetzt warte ich auf einen Hauptwasserrohrbruch.
Das könnte ein Erotik-Thriller werden, oder?