Stufen

Tallit

Mitglied
Sie saß mit gekreuzten Beinen auf den Stufen
Als hätte der Himmel sie zu sich gerufen
Die Tauben pickten vor ihren Füßen
Als hätten sie ihre Tränen zu büßen

Doch ihre Augen waren trocken, entrückt
Das Gesicht war ein Spiegel, von Träumen verzückt
Der Mund aber weinte, still und leise
Der Körper sang traurig auf seine Weise

Sie lächelte sanft
Sie wusste bescheid
Sie schloss die Augen
Sie war nun bereit
 

Svalin

Mitglied
Na Tallit

schonwieder am nörgeln? :))

Also ... diesmal habe ich erhebliche Probleme den Bildern in deinem Text zu folgen. Vieles ergibt keinen nachvollziehbaren Sinn, obwohl es direkt in einen kausalem Zusammenhang steht:
<Sie saß mit gekreuzten Beinen auf den Stufen,
als hätte der Himmel sie zu sich gerufen.>
- ???
Dieser ganze erste Absatz verwirrt mehr, als er in ein Szenarium einführt. Natürlich kann man den Kerngehalt auf 3 Dinge reduzieren: sitzen auf Stufen, pickende Tauben, Tränen ... aber das bleibt unbefriedigend.
Ähnliches gilt für den 2 Absatz: Ich kann es durchaus als gesetzt annehmen, daß Augen trocken sind und der Mund weint, der ganze Körper in eine Aura von Traurigkeit gehüllt ist ... aber der Grund hierfür erschließt sich mir nicht (auch nicht auf den 2. Blick).
Das Ende: ansich schön! Sie weiß es, sie lächelt, sie ist bereit. - Ich wüßte es jedoch auch gerne ;-) So hinterläßt mich dein Text in einem Zustand grübelnder Ungewißheit. Wenn das das Ziel war, ist es gelungen. Das kann und will ich aber gar nicht so recht glauben ;-)
Ich hätte mir (für mich) mehr nachvollziehbaren Inhalt gewünscht. Es gibt eine Menge Andeutungen, die jedoch nicht "freiwillig" miteinander korrespondieren. Um die zugrundeliegende Stimmung nachzuempfinden, ist dein Text für meine Verhältnisse zu abstrakt, zusehr in deiner Gedankenwelt verankert. Man muß immer daran denken, daß ein Leser einen Großteil der für dich evidenten Hintergründe nicht kennt.
So habe ich auch keinen konkreten Verbesserungsvorschlag. Vielleicht haben andere jedoch weniger Probleme mit deinem Text. Lyrik ist und bleibt immer etwas sehr subjektives.

Grüße Martin
 

Tallit

Mitglied
Vielleicht habe ich das Gedicht mehr für mich als für andere geschrieben. Allerdings finde ich es schön, wenn Gedichte Geheimnisse haben, sie nicht verraten, nur die Wirkung nach außen zeigen. Und doch, ja, ich will, dass die Leser nachdenken, eine <<grübelnde Ungewissheit>> finde ich deshalb gar nicht mal so übel. Danke vielmals, dass du dich dazu überwunden hast, mir zu antworten, vielen Dank.
 

selene

Mitglied
Lieber Tallit!


Diese Mystik in Deinem Gedicht finde ich wunderschön!

Auch ich verstehe es zwar nicht auf Anhieb, dennoch kommen viele Bilder und Gedanken in den Kopf beim Lesen.

Ich bin ein Fan solcher Gedichte, die nicht alles verraten.

Außerdem wirkt das Gedicht sehr rund auf mich, angenehm.

Also, Kompliment!

Lieben Gruß,
selene
 

Tallit

Mitglied
Selene? Wow! Vielen Dank! So ein riesengroßes Kompliment - darauf war ich nicht gefasst! Ich dachte mir gerade: Schau ich doch noch mal nach, was jetzt noch an meinem Gedicht auszusetzen ist, um es zu verteidigen. Aber ... wow, darauf war ich wirklich nicht gefasst, vielen, vielen Dank!
 

Svalin

Mitglied
Hi Tallit

wollte nochmal auf die letzten beiden Zeilen meines posts verweisen: "Vielleicht haben andere jedoch weniger Probleme mit deinem Text. Lyrik ist und bleibt immer etwas sehr subjektives." - Wie du siehst, findet sich immer jemand, der einen anderen Zugang zu deinen Texten hat und diese auch anders interpretieren kann. Laß dich also bitte nicht von den Meinungen scheinbar wichtiger Autor(ität)en in der Lupe "einschüchtern" ;-) Denn auch meine Meinung ist immer nur eine von vielen. Hoffe nicht, daß dich das sonderlich beeindruckt hat ;-)

Grüße Martin
 
ach wie gut, dass niemand weiss, dass ich rumpelheinzchen stiess ;o)

ich moechte svalin mal zustimmen,
da ist zuviel hineinmystifiziert ;o)

uebrigens:
ich weiss auch was,
verrate es aber auch
nicht jedem.
bin ich jetzt auch
bereit, auf stufen
gen himmel zu hocken,
wenn meine glocke
laeutet? (was ja bei
mir viel passender als
manch anderes symbol
waere ;o)


aber keine panik!
ich weiss ja,
ich bin ein komplett unmystischer
anti-esoterischer ignorant ->
berufskrankheit ;o)
 

Tallit

Mitglied
Hi ihr beiden!
keine Panik - Kritik kann ich vertragen!
Und - Esoterik, um himmelswillen, nein Danke!
Hab nur ein kleines Gedicht geschrieben, in der Hoffnung, es gefällt vielleicht jemandem, mir gefällts ja ;-).
Ach ja, Glöckner, was ist denn genau dein Beruf, dass du so gar nicht mit Geheimnissen kannst?
 
L

LilaFrosch

Gast
ich will, dass die Leser nachdenken, eine <<grübelnde Ungewissheit>> finde ich deshalb gar nicht mal so übel

Hierin kann ich Dir nur beipflichten !
Ich möchte sogar die Einschränkung auf "Gedichte" aufheben, denn auch Prosatexte müssen nicht immer gleich ihr Innerstes nach Außen kehren.

Texte, die Spielraum für die Interpretation des Lesers lassen, sind imvho oft vielfältiger, da sie nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern jedem Leser seine eigene, zumindest wenn sie handwerklich gut gemacht sind.

Gruß,
Der Lila Frosch
 

Svalin

Mitglied
Da haben wir ja mal wieder eine interessante Diskussion ;-)
Es gibt in den nachträglichen Betrachtungen zu Texten sehr häufig den minimalistischen Ansatz, daß ein Text, der das Nachdenken stimuliert, nicht schlecht gewesen sein kann, da er zumindestens einen Prozeß des Auseinandersetzens beim Leser in Gang gesetzt hat und somit mehr oder weniger nachhaltig nachwirkt. Solche Effekte produziert aber nach meinem Empfinden jeder Text. Was mir in diesem Fall schwer fällt, ist ganz einfach aus der Summe der (zweifelsohne vorhandenen) Indizien ein schlüssiges Gesamtbild zu ziehen. Mir fehlt sogesehen ... der Schlüssel. Obwohl ich glaube, als halbwegs erfahrener Leser über einen umfangreichen Bund zu verfügen ;-) Mein "Plädoyer" bezog sich ja nicht darauf, den Text zu entmystifizieren, vordergründig durchschaubarer zu machen (denn auch ich liebe den Anreiz an die eigene Phantasiewelt) .... nur ich verlaufe mich bei diesen Text in der Summe der möglichen Interpretationen. Auch ich habe viele Bilder und Assoziationen parat. Aber was ist das für ein Text, in dem alles oder nichts möglich sein kann, möchte ich etwas provokant fragen. Der entscheidende thematische Bezug ist es, der mir hier fehlt. Wenn es z.B. der Tod ist, wäre ein etwas stärkerer Hiweis darauf bestimmt sehr hilfreich.

Grüße Martin
 
eigentlich

eigentlich bin ich ja auch
jemand, der gern mal wo was
einfach so hineininterpretiert,
nur erscheint mir das hier
wirklich hinreichend beliebig,
was man sich dabei denken kann.

spannend wird es ja an der
stelle, wo die protagonistin
offenbar bescheid weiss.
doch ist das gedicht dann
leider zuende.
da kann ich doch nur die
schulter zucken und sagen,
logisch, ich weiss doch auch
bescheid, warum soll
nicht jemand bescheid
wissen, der irgendwo
herumsitzt.
worueber bescheid? keine
ahnung, hauptsache ich weiss
bescheid ueber meine sachen ;o)
das ist dann inzwischen so
originell wie der witz mit
dem, der mal bescheid sagen
soll.
da besteht der witz darin, dass
die erwartungshaltung nicht
erfuellt wird sondern eine
ueberraschende wende eintritt.
die mag hier nicht so recht
gelingen - so hat man eben
an dem geheimnis der
protagonistin nicht teil
und wendet sich ab -
wohlmoeglich geheimnissen
zu, die besser zu ergruenden
sind ;o)


oh beruf: physiker ;o)
 

Malte

Mitglied
Mir fällt auf Anhieb eine
Szenerie ein die perfekt zu
deinem gemalten Bilde passt.
Und diese Szenerie ist
ziemlich ziemlich schön, fur sie.
Aber pssst, ist geheim!

Lieben Gruß
Malte
 

Tallit

Mitglied
Hallo Malte!
Vielen Dank. Es freut mich sehr, dass dir das "Bild" gefällt! Mit meinen Händen kann ich nicht gut malen, aber in meinem Kopf gibt es viele Bilder. Und manchmal finde ich es fast schöner, jedem seine eigene Phantasie zu lassen...
 



 
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