Sucht und Ängste

fatomato

Mitglied
Die Besessene
Eine Kurzgeschichte von Fatih Akarsu

20:21. Ich schaute immer noch in den Spiegel, um mein Gesicht von dem Dreck zu befreien. Ich sah müde aus und es ging mir - wie gestern um diese Uhrzeit - nicht sonderlich gut. Ich fühlte mich hoffnungslos und schwach. Mein Kopf dröhnte stark. Während ich mir die letzten Schweißtropfen vom Gesicht abwusch, berührten meine nassen Finger mein Gesicht, es war in dem Moment die Bestätigung dafür, dass irgendetwas mit meinem Körper nicht stimmt. Mein ganzer Körper fühlte sich so an, als hätte der Besitzer gnadenlos nicht drauf aufgepasst. Wieso macht man so etwas, schrie ich in mich hinein. Der Atem, der aus meinem Mund kam roch nach Mut und Befreiung, Gefühlskälte und Einsamkeit. Aber dessen war ich mir gestern um diese Uhrzeit auch bewusst. Und vorgestern auch und den Tag davor auch. Eigentlich jeden Tag um diese Uhrzeit. Muss das sein, schrie ich weiter in mich hinein. Alles um mich herum, sah mir jetzt dabei zu wie ich krampfhaft versuchte, meinen Körper von einer Last zu befreien.
,,Wie lange wohnen sie jetzt schon alleine in dem Haus?“ Die Stimme des Beamten im Fernsehen klang streng. ,,Ich bewohne das Haus seit gut zwei Jahren alleine, mein Sohn, der mittlerweile in England studiert, ist vor 7 Monaten ausgezogen“ antwortete die ältere Dame ängstlich. Der Beamte richtete sich auf, um das Fenster zu schließen: „Ich verstehe, vielen Danke für die Info, aber denken sie nicht, dass..“ Ich schaltete frustriert den Fernseher aus und ärgerte mich darüber, dass dieselbe Folge lief, die auch gestern schon ausgestrahlt wurde. „Langsam habe ich echt keinen Spaß mehr, es ist die einzige Serie, die mich interessiert und die ich verfolge, aber dann machen die so etwas!“ sagte ich meinem uralten Röhrenfernseher mitten ins Gesicht. Ich quetschte die Fernbedienung unter das rote Kissen und ging im Schneckentempo Richtung Küche. Es roch nach Zigarette und mir war danach eine Zigarette aus der Marlboroschachtel zu entnehmen, die auf der Mikrowelle im Brotkorb platziert war. Mit Vorfreude und die Zigarette zur rechten Hand, suchte ich verzweifelt nach Feuer. Ich öffnete den riesigen weißen Schrank mit der Hoffnung noch ein Streichholz irgendwo zwischen den Gewürzdosen zu ergattern. Es war immer das Gleiche mit dem Feuer. „Wann kaufe ich mir endlich wieder ein Feuerzeug?“ fragte ich mich selbst, während sich meine Mundwinkel nach oben richteten. Ich lachte mich in diesem Moment aus und meine Beine zitterten kurz. 21:42, flüsterte mir die eckige, bunte Kinderuhr zu. Ich erinnerte mich an meine Mutter, als ich in diesen Sekunden kurz auf die Uhr schaute. Sie schenkte sie mir vor vielen Jahren. Mit den Fingerspitzen streichelte ich sie kurz und ging in das leere Schlafzimmer. Die Gardinen erinnerten mich an Urlaub und die schwarze Bettdecke fiel fast auf den Boden. Ich nahm die lange Decke unmittelbar zur Hand, um mich ins Bett zu kuscheln. Ich wollte sofort einschlafen, aber ich wusste es wird nicht passieren. Ich hatte wieder ein Gefühl im Bauch, was mich kraftlos macht. Ich hasse dieses Gefühl. Aber noch mehr hasse ich die Angst, die ich in wenigen Minuten haben werde. Es kamen wieder diese schrecklich, kreischenden Menschenstimmen aus den Wände, ich hatte Mühe zu atmen und erinnerte mich wieder an jenes Erlebnis, was am 08.Mai 1996 geschah. Ich sehe es wieder vor mir, wie ich meiner Mutter zuschreie, sie solle schnell wegrennen, bevor eine riesengroße Stichflamme sich auf unser Haus legt und alles zu Schutt und Asche verbrennen möchte und auch meine Mutter. Meine kleine, liebliche, emotionale Mutter. Sie schlief seelenlos in diesem Raum auf einem Holzbett, ehe die Flammen alles Leben in ihr löschten. Ich tränte stark aus den Augen und es machte sich zusätzlich ein Gefühl von Selbstschuld in meinem steifen Körper breit. Ich war gezwungen an die Zeit vor dreizehn Jahren zu denken, wo es nichts mehr gab, was man hätte von ihr begraben können.
Schweißgebadet wachte ich auf und suchte nach der Wärme meiner Mutter, fand aber nur das kalte Holz des Bettgestells. Die nächsten Stunden werden für mich Routine sein – Deja Vu. Ein vertrautes Geräusch kam aus dem Wohnzimmer, das Telefon klingelte laut. Ich ging ran und die bekannte tiefe Männerstimme fragte mich, wann ich denn heute Zeit hätte. ,,Heute geht leider erst in drei Stunden“, antwortete ich hastig auf seine Frage. Er stimmte mir freundlicherweise zu und gab mir einige kurze bekannte Informationen und Anweisungen, wie der Termin ablaufen wird. Kaum hatte ich den Höhrer wieder abgelegt, kam in mir wieder dieses Verlangen hoch. Ich brauche es doch. Die Mittel meiner Hoffnung. Womit solle ich denn sonst am Leben bleiben? Das Licht der Toilette war noch vom gestrigen Abend eingeschaltet. Ich betrat den Raum meiner Hoffnung und öffnete den Spiegelschrank meiner Hoffnung und nahm die Mittel für die Hoffnung in die Hand. Jede Bewegung, jeder Griff meines Körpers, jeder Reflex meines Körpers, jeder Atemzug, der nur annähernd etwas mit diesen Mitteln zu tun hat, sind Mittel zu meiner Hoffnung, mich von dieser Welt abzukapseln und mich anders zu fühlen. Ich brauche dieses Anders-Fühlen. Ich brauche diese Besessenheit, kämpfe aber auch gegen sie an. Zeitlupe. Plötzlich wieder alles in Zeitlupe. Meine Zeit war wieder gekommen. Das Blut in meinem Körper fing an zu kochen und ich warf mich auf den kalten Fließboden. Ich lag also nun auf dem Boden und hatte keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Ich fühle mich gut aber auch anders. Meine Augen gingen von alleine zu und mir wurde ganz schwindelig. Ich spührte nun in diesen Momenten, wie das Frühstück langsam wieder seinen Weg nach oben fand. Ich versuchte auch nur irgendwie mit meiner Hand das Waschbecken zu erreichen, um wieder Aufrecht zu stehen. Es gelang mir und wie erwartet, kotzte ich meinen vorher pollierten Waschbecken voll. Im Anschluss nahm alles seinen gewohnten Lauf, ich kippte um. 20:24. Ich schaute in den Spiegel, um mein Gesicht von dem Dreck zu befreien. Ich sah müde aus und es ging mir - wie gestern um diese Uhrzeit - nicht sonderlich gut. Ich fühlte mich hoffnungslos und schwach. Mein Kopf dröhnte stark. Meine Arme waren schwach. Während ich mir die letzten Schweißtropfen vom Gesicht abwusch, berührten meine nassen Finger mein Gesicht, es war in dem Moment die Bestätigung dafür, dass irgendetwas mit meinem Körper nicht stimmt. Mein ganzer Körper fühlte sich so an, als hätte der Besitzer gnadenlos nicht drauf aufgepasst. „Habe ich das richtig gemacht“, schrie ich dieses Mal in den stillen weißen Raum.
Wieder dieses Geräusch aus dem Wohnzimmer. Mir ging es einigermaßen besser und ich konnte den Höhrer abnehmen. ,,Warum sind sie so früh?“, fragte die bekannte, tiefe Stimme dieses Mal mit einem ironischen Unterton. ,,Es tut mir leid, aber ich hatte noch was wichtiges zu tun, nehmen sie es mir nicht übel, ich bin in wenigen Minuten da!“, stotterte ich langsam in die nassen Lautsprecher des Telefons. Ich zog mir unverzüglich meinen langen schwarzen Mantel an und machte mich auf den Weg. Es sind Schritte die gegen das Mittel meiner Hoffnung sind, aber ich muss es einfach tun. Angekommen im Ort, wo alle Menschen gegen mich sind, klopfte ich zitternd und zähneklappernd gegen die große Glastür, während ich durch die Spiegelung des Fensters auf der rechten Seite noch schnell meine weiß-blonden Haare zurecht machte. ,,Kommen sie bitte herein“, sagte eine piepsig klingende Frauenstimme. Ich machte die Tür auf und ging durch den Gang und blickte in die leeren Menschengesichter, die die Hoffnung schon lange aufgegeben haben. Anschließend nahm ich im Warteraum Platz, wo die Wartezeit dieses Mal quälend war, wie schon lange nicht mehr. Die vertraute Männerstimme rief nach gefühlten 45 min meinen Namen auf. „Frau Everdeen bitte!“ Ich folgte ihm ins Sprechzimmer. „Wie geht es Ihnen, hatten sie heute wieder ihren üblichen Tagesablauf?“ Ich zuckte mit den Achseln: „Ja, leider. Ach und die eine Folge lief doppelt.“ Der Mann im schwarzen Anzug lachte laut und begann irgendwelche Papiere aus seinem Schrank herauszuholen, die ich unterschreiben müsse. Ich nahm die Papiere zu mir las sie durch. Es waren die üblichen Lücken, die ich jede Woche mit meinem Namen ausfüllen muss. Während ich meinen Nachnamen kritzelte ging mir wieder meine Mutter durch den Kopf, mir wurde wieder ganz schwindelig. ,,Ist alles ok mit Ihnen?“ fragte der Mann besorgt. „Ja.“, flüsterte ich ihm leise zu, während er noch die letzten Sätze auf seinem Laptop abtippte. ,,Diesen Zettel nehmen sie bitte mit und geben es der Polizei, es ist nichts schlimmes, sie wissen ja – illegaler Drogenkonsum – aber das haben wir ja letzte Woche schon abgeklärt.“ „Ja, ich weiß schon, worum es geht.“ Ich steckte den hellblauen Zettel in meine Handtasche. Das Gesicht des Psychiaters wurde plötzlich ernst. ,,Dies ist unser letztes Treffen, die Blutproben haben gezeigt, dass es so einfach nicht mehr weiter gehen kann!“ Was wollen sie mir denn damit sagen?“ Der Psychiater kratzte sich kurz am Kinn und sank seine Stimme: „Sind sie bereit die Mittel ihrer Hoffnung aufzugeben, damit sie ein neues besseres Leben beginnen können..?“
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo fatomato, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Bitte füge in Deinen Text noch Absätze ein und das "Sie" in der Anrede groß schreiben.


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 
Hallo fatomato,

Willkommen in der Leselupe.
Dein Debut spricht ein ewig aktuelles Thema an.
Die Geschichte eignet sich meiner Meinung nach besser ins Präsens.
Die Zeitangabe gestern ist auch in der Vergangenheitsform - glaube ich - nicht korrekt, da müsste es "am Tag davor" oder so heißen.

Hier und da sind noch kleinere Fehler drin:
Vielen Danke -> Vielen Dank
45 min -> 45 Minuten
nichts schlimmes -> nichts Schlimmes

Liebe Grüße,
DasKatastrophenprinzip
 

fatomato

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Die Besessene
Eine Kurzgeschichte von Fatih Akarsu

20:21. Ich schaute immer noch in den Spiegel, um mein Gesicht von dem Dreck zu befreien. Ich sah müde aus und es ging mir - wie gestern um diese Uhrzeit - nicht sonderlich gut. Ich fühlte mich hoffnungslos und schwach. Mein Kopf dröhnte stark. Während ich mir die letzten Schweißtropfen vom Gesicht abwusch, berührten meine nassen Finger mein Gesicht, es war in dem Moment die Bestätigung dafür, dass irgendetwas mit meinem Körper nicht stimmt. Mein ganzer Körper fühlte sich so an, als hätte der Besitzer gnadenlos nicht drauf aufgepasst. Wieso macht man so etwas, schrie ich in mich hinein. Der Atem, der aus meinem Mund kam roch nach Mut und Befreiung, Gefühlskälte und Einsamkeit. Aber dessen war ich mir gestern um diese Uhrzeit auch bewusst. Und vorgestern auch und den Tag davor auch. Eigentlich jeden Tag um diese Uhrzeit. Muss das sein, schrie ich weiter in mich hinein. Alles um mich herum, sah mir jetzt dabei zu wie ich krampfhaft versuchte, meinen Körper von einer Last zu befreien.

,,Wie lange wohnen Sie jetzt schon alleine in dem Haus?“ Die Stimme des Beamten im Fernsehen klang streng. ,,Ich bewohne das Haus seit gut zwei Jahren alleine, mein Sohn, der mittlerweile in England studiert, ist vor 7 Monaten ausgezogen“ antwortete die ältere Dame ängstlich. Der Beamte richtete sich auf, um das Fenster zu schließen: „Ich verstehe, vielen Dank für die Info, aber denken Sie nicht, dass..“ Ich schaltete frustriert den Fernseher aus und ärgerte mich darüber, dass dieselbe Folge lief, die auch gestern schon ausgestrahlt wurde. „Langsam habe ich echt keinen Spaß mehr, es ist die einzige Serie, die mich interessiert und die ich verfolge, aber dann machen die so etwas!“ sagte ich meinem uralten Röhrenfernseher mitten ins Gesicht. Ich quetschte die Fernbedienung unter das rote Kissen und ging im Schneckentempo Richtung Küche. Es roch nach Zigarette und mir war danach eine Zigarette aus der Marlboroschachtel zu entnehmen, die auf der Mikrowelle im Brotkorb platziert war. Mit Vorfreude und die Zigarette zur rechten Hand, suchte ich verzweifelt nach Feuer. Ich öffnete den riesigen weißen Schrank mit der Hoffnung noch ein Streichholz irgendwo zwischen den Gewürzdosen zu ergattern. Es war immer das Gleiche mit dem Feuer. „Wann kaufe ich mir endlich wieder ein Feuerzeug?“ fragte ich mich selbst, während sich meine Mundwinkel nach oben richteten. Ich lachte mich in diesem Moment aus und meine Beine zitterten kurz. 21:42, flüsterte mir die eckige, bunte Kinderuhr zu. Ich erinnerte mich an meine Mutter, als ich in diesen Sekunden kurz auf die Uhr schaute. Sie schenkte sie mir vor vielen Jahren. Mit den Fingerspitzen streichelte ich sie kurz und ging in das leere Schlafzimmer. Die Gardinen erinnerten mich an Urlaub und die schwarze Bettdecke fiel fast auf den Boden. Ich nahm die lange Decke unmittelbar zur Hand, um mich ins Bett zu kuscheln. Ich wollte sofort einschlafen, aber ich wusste es wird nicht passieren. Ich hatte wieder ein Gefühl im Bauch, was mich kraftlos macht. Ich hasse dieses Gefühl. Aber noch mehr hasse ich die Angst, die ich in wenigen Minuten haben werde. Es kamen wieder diese schrecklich, kreischenden Menschenstimmen aus den Wände, ich hatte Mühe zu atmen und erinnerte mich wieder an jenes Erlebnis, was am 08.Mai 1996 geschah. Ich sehe es wieder vor mir, wie ich meiner Mutter zuschreie, sie solle schnell wegrennen, bevor eine riesengroße Stichflamme sich auf unser Haus legt und alles zu Schutt und Asche verbrennen möchte und auch meine Mutter. Meine kleine, liebliche, emotionale Mutter. Sie schlief seelenlos in diesem Raum auf einem Holzbett, ehe die Flammen alles Leben in ihr löschten. Ich tränte stark aus den Augen und es machte sich zusätzlich ein Gefühl von Selbstschuld in meinem steifen Körper breit. Ich war gezwungen an die Zeit vor dreizehn Jahren zu denken, wo es nichts mehr gab, was man hätte von ihr begraben können.

Schweißgebadet wachte ich auf und suchte nach der Wärme meiner Mutter, fand aber nur das kalte Holz des Bettgestells. Die nächsten Stunden werden für mich Routine sein – Deja Vu. Ein vertrautes Geräusch kam aus dem Wohnzimmer, das Telefon klingelte laut. Ich ging ran und die bekannte tiefe Männerstimme fragte mich, wann ich denn heute Zeit hätte. ,,Heute geht leider erst in drei Stunden“, antwortete ich hastig auf seine Frage. Er stimmte mir freundlicherweise zu und gab mir einige kurze bekannte Informationen und Anweisungen, wie der Termin ablaufen wird. Kaum hatte ich den Höhrer wieder abgelegt, kam in mir wieder dieses Verlangen hoch. Ich brauche es doch. Die Mittel meiner Hoffnung. Womit solle ich denn sonst am Leben bleiben? Das Licht der Toilette war noch vom gestrigen Abend eingeschaltet. Ich betrat den Raum meiner Hoffnung und öffnete den Spiegelschrank meiner Hoffnung und nahm die Mittel für die Hoffnung in die Hand. Jede Bewegung, jeder Griff meines Körpers, jeder Reflex meines Körpers, jeder Atemzug, der nur annähernd etwas mit diesen Mitteln zu tun hat, sind Mittel zu meiner Hoffnung, mich von dieser Welt abzukapseln und mich anders zu fühlen. Ich brauche dieses Anders-Fühlen. Ich brauche diese Besessenheit, kämpfe aber auch gegen sie an. Zeitlupe. Plötzlich wieder alles in Zeitlupe. Meine Zeit war wieder gekommen. Das Blut in meinem Körper fing an zu kochen und ich warf mich auf den kalten Fließboden. Ich lag also nun auf dem Boden und hatte keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Ich fühle mich gut aber auch anders. Meine Augen gingen von alleine zu und mir wurde ganz schwindelig. Ich spührte nun in diesen Momenten, wie das Frühstück langsam wieder seinen Weg nach oben fand. Ich versuchte auch nur irgendwie mit meiner Hand das Waschbecken zu erreichen, um wieder Aufrecht zu stehen. Es gelang mir und wie erwartet, kotzte ich meinen vorher pollierten Waschbecken voll. Im Anschluss nahm alles seinen gewohnten Lauf, ich kippte um. 20:24. Ich schaute in den Spiegel, um mein Gesicht von dem Dreck zu befreien. Ich sah müde aus und es ging mir - wie gestern um diese Uhrzeit - nicht sonderlich gut. Ich fühlte mich hoffnungslos und schwach. Mein Kopf dröhnte stark. Meine Arme waren schwach. Während ich mir die letzten Schweißtropfen vom Gesicht abwusch, berührten meine nassen Finger mein Gesicht, es war in dem Moment die Bestätigung dafür, dass irgendetwas mit meinem Körper nicht stimmt. Mein ganzer Körper fühlte sich so an, als hätte der Besitzer gnadenlos nicht drauf aufgepasst. „Habe ich das richtig gemacht?!“, schrie ich dieses Mal in den stillen weißen Raum.

Wieder dieses Geräusch aus dem Wohnzimmer. Mir ging es einigermaßen besser und ich konnte den Höhrer abnehmen. ,,Warum sind Sie so früh?“, fragte die bekannte, tiefe Stimme dieses Mal mit einem ironischen Unterton. ,,Es tut mir leid, aber ich hatte noch was wichtiges zu tun, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, ich bin in wenigen Minuten da!“, stotterte ich langsam in die nassen Lautsprecher des Telefons. Ich zog mir unverzüglich meinen langen schwarzen Mantel an und machte mich auf den Weg. Es sind Schritte die gegen das Mittel meiner Hoffnung sind, aber ich muss es einfach tun. Angekommen im Ort, wo alle Menschen gegen mich sind, klopfte ich zitternd und zähneklappernd gegen die große Glastür, während ich durch die Spiegelung des Fensters auf der rechten Seite noch schnell meine weiß-blonden Haare zurecht machte. ,,Kommen Sie bitte herein“, sagte eine piepsig klingende Frauenstimme. Ich machte die Tür auf und ging durch den Gang und blickte in die leeren Menschengesichter, die die Hoffnung schon lange aufgegeben haben. Anschließend nahm ich im Warteraum Platz, wo die Wartezeit dieses Mal quälend war, wie schon lange nicht mehr. Die vertraute Männerstimme rief nach gefühlten 45 min meinen Namen auf. „Frau Everdeen bitte!“ Ich folgte Ihm ins Sprechzimmer. „Wie geht es Ihnen, hatten Sie heute wieder Ihren üblichen Tagesablauf?“ Ich zuckte mit den Achseln: „Ja, leider. Ach und die eine Folge lief doppelt.“ Der Mann im schwarzen Anzug lachte laut und begann irgendwelche Papiere aus seinem Schrank herauszuholen, die ich unterschreiben müsse. Ich nahm die Papiere zu mir las sie durch. Es waren die üblichen Lücken, die ich jede Woche mit meinem Namen ausfüllen muss. Während ich meinen Nachnamen kritzelte ging mir wieder meine Mutter durch den Kopf, mir wurde wieder ganz schwindelig. ,,Ist alles ok mit Ihnen?“ fragte der Mann besorgt. „Ja.“, flüsterte ich Ihm leise zu, während er noch die letzten Sätze auf seinem Laptop abtippte. ,,Diesen Zettel nehmen Sie bitte mit und geben es der Polizei, es ist nichts schlimmes, sie wissen ja – illegaler Drogenkonsum – aber das haben wir ja letzte Woche schon abgeklärt.“ „Ja, ich weiß schon, worum es geht.“ Ich steckte den hellblauen Zettel in meine Handtasche. Das Gesicht des Psychiaters wurde plötzlich ernst. ,,Dies ist unser letztes Treffen, die Blutproben haben gezeigt, dass es so einfach nicht mehr weiter gehen kann!“ Was wollen Sie mir denn damit sagen?“ Der Psychiater kratzte sich kurz am Kinn und sank seine Stimme: „Sind Sie bereit die Mittel Ihrer Hoffnung aufzugeben, damit Sie ein neues besseres Leben beginnen können..?“
 



 
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